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ihrer Befähigung zum Betrieb dieses Ge­werbes zu ermöglichen, finden an den Lehr­werkstätten für Hufschmiede in Heilbronn, Reutlingen, Hall, Ulm und Ravensburg 3 monatliche Unterrichtskurse im Hufbeschlag statt, welche am Montag 7. Oktober 1889 ihren Anfang nehmen. Die Anmeldungen zur Ausnahme in einen dieser Kurse sind bis 15. Sept. d. I. bei dem Oberamt, in dessen Bezirk sich die betreffende Lehrwerk­stätte befindet, vorschriftsmäßig einzureichen. Dem Zulassungsgesuch sind in Form ur­kundlicher Belege anzuschließen: ein Ge­burtszeugnis; der Nachweis der mit Er­folg bestandenen Lehrzeit im Schmiede­handwerk und einer 2jährigen Thätigkeit als Schmiedgeselle, wobei der Bewerber schon im Hufbeschlag beschäftigt gewesen sein muß; ein von der Gemeindebehörde des Wohnsitzes des Bewerbers ausgestelltes Prädikatszeugnis, sowie eine Bescheinigung derselben darüber, daß dem Bewerber die erforderlichen Geldmittel zur Bestreitung seines Unterhalts während des Unterrichts­kurses zu Gebot stehen werden; eine von den Bewerbern Unterzeichnete Erklärung, durch welche die Verbindlichkeit über­nommen wird, die der Staatskasse er­wachsenden Kosten zu ersetzen, wenn von dem Schüler der Unterrichtskurs vor seiner Be- endiguug ohne Genehmigung der Kgl. Zentralstelle für die Landwirtschaft ver­lassen oder durch eigenes Verschulden die Entfernung aus demselben veranlaßt oder die Prüfung binnen einer gesetzten Frist nicht erstanden wird. (St.-Anz.)

Stuttgart. Im Nill'schen Tiergarten ist ein junger Tieger zur Welt gekommen, welcher jedoch sofort nach seiner Geburt der Mutter genommen wurde, damit sie ihn nicht auffresse. Das Junge wird mit Milch aus der Flasche wie ein Kind ge­nährt und erhält nachher als Nährmutter eine Katze, welcher man ihre Jungen weg­nimmt.

Ulm, 28. August. Die bienenwirt­schaftliche Ausstellung, welche der würlt. Landesverein für Bienenzucht vom 7. bis 9. September d. I. abhält, wird von den Mitgliedern des Vereins in reichhaltiger, umfassender Weise beschickt werden und auch aus Bayern wollen verschiedene Bienenzüchter sich beteiligen. Von seiten der Stadt Ulm geschieht alles, um das Unternehmen zu fördern. Die Eröffnung der Ausstellung findet Samstag den 7. Sept., vormittags 9 Uhr statt.

Freudenstad t, 29. Aug. Freuden­stadt wurde im Jahr 1599 von Herzog Friedrich gegründet, indem er hier einer Anzahl vertriebener Protestanten aus Salz­burg eine Zufluchtsstätte anwies. Aus diesem Grunde wird wohl im Jahr 1899 hier eine würdige Jubiläumsfeier veran­staltet werden.

Die württemb. Bibel - Anstalt verbreitete 1888 bis 1889: 19 783

Bibeln, 33 200 Neue Testamente und 972 Bibelteile. Im Vorjahre wurden 12 201 Exemplare weniger ausgegeben. Seit Bestehen der Gesellschaft, also seit 1812 wurden 926 527 Bibeln abgesetzt, dazu kommen noch 402 653 Neue Testa­mente, 54 544 Bibelteile, 10782 Blinden­schriften, zusammen also 1 833 506 heilige Schriften.

Neuenbürg, 2. September. Die Nationalfeier des heutigen Tages wurde gestern hier in der üblichen Weise durch Festgottesdienst und abends durch Fest­banket in der Post begangen. Der Saal war mit den Büsten der Kaiser und des Königs Karl dekoriert. Der Festrede voraus ging die Anregung zu einem feierlich ernsten Gedächtnis an die Kaiser Wilhelm I. und Friedrich; ihr folgten die Toaste auf Kaiser Wilhelm II. und König Karl. Heute findet in den Schulen die Feier mit den geeigneten Ansprachen seitens der HH. Lehrer statt, wobei die liebe Schuljugend mitSedan- Küchlein" bedacht wird. Das Ge­denken an den Tag von Sedan gipfelt mehr und mehr in dem Ausdruck dank­barer Freude über die daraus hervor­gegangene Errichtung des deutschen Kaiser­reichs und die Errungenschaft des Völker­friedens. (Näheres folgt.)

Calmbach, 1. Septbr. Unter zahlreicher Beteiligung wurde gestern abend im Gasthaus z. Sonne hier der Abschied des Herrn Regierungsbaumeister Stahl gefeiert, welcher, seit Jahren in unserem Bezirk thätig, den Ruf auf die Stelle eines Kreis-Ober-Jngenieurs in Gießen, Ober Hessen, angenommen hat.

Die Meisterschaft des Scheidenden im Wehr-, Brücken- und Wegbau fand in Toasten volle Würdigung, wie auch all­seitig das Bedauern zum Ausdruck kam, daß das Enzthal diesen tüchtigen Techniker verlieren soll, der uns bleibende Denk­mäler seiner Wasserbaukunst hinterläßt, es wurde daher auch mit Recht der Wunsch laut, Herr Reg.-Baumeister Stahl möchte nicht für alle Zeit der Heimat entzogen sondern möglich werden, seine bewährte Kraft wieder dem Dienst des engeren Vaterlandes zuzuführen.

Wir erfahren von mehreren Seiten, daß mit den gegen die koroiuwpora oder den Mehlthau der Reben, auchBlattfall­krankheit" genannt, angeordneten Mitteln fast überall die besten Erfolge erzielt worden sind. Es sind dies bekanntlich verdünnte Lösungen von Kupfervitriol und Kalkmilch, oder Kupfervitriol und Salmiak. Wo die Bespritzung mit dieser Lösung stattgefunden hat, ist die Krank­heit zurückgegangen, hat jedenfalls keine weiteren Fortschritte gemacht, während in den Weinbergen, wo die Behandlung unterlassen wurde, die Zerstörung der Traubenblätter zum Teil schreckliche Di­mensionen annahm. Wo aber die Blätter einmal abgefallen sind, da ist, da die Traube ihren Zuckergehalt nur durch Vermittlung des Blattes erhält, keine Möglichkeit des Reifens mehr vorhanden, und der Schaden ist um so größer, als an diesen Weinstöcken auch das Holz wahrscheinlich nicht ausreifen kann und deshalb auch die nächste Lese in Frage gestellt ist. Mit dem Bespritzen muß schon zeitig in der Zeit der Blüte be­gonnen, und es muß noch ein- bis zwei­mal wiederholt werden, wenn man des gefährlichen Feindes wirklich Herr werden will. (St.-Anz.)

Stuttgart. (Neues im Lande s- Gewerbemuseum.) Ein gegossener Zinnteller, Präge-Jmitation in verschie­

denen Farben, versilbert und vergoldet aus Paris.

Ausland.

Paris, 31. August. Der (machia- vellistische) Wahlaufruf des Grafen von Paris, welcher die Unterstützung Boulangers gutheißl, ruft großes Aufsehen hervor. Nächsten Montag wird hier der Fürst von Montenegro cintreffen, welcher der Träger einer politischen Sendung des Zaren sein soll.

London. Der Schaben, der durch den Streik gestiftet wird, ist bereits enorm. In den Docks liegt Schiff an Schiff und die Themse selbst ist angefüllt mit träge vor Anker liegenden Dampfern, darunter leider auch viele deutsche. Viele Dampfer, die nicht löschen konnten und noch Kohlen hatten, sind nach mehrtägigem Warten abermals in See gegangen, andere trachten, um jeden Preis Kohle zu er­halten, um gleichfalls unverrichteter Dinge auslausen zu können. Es werden bis 40 Shilling für die Tonne Kohle gezahlt und selbst zu diesem enormen Preise können die Dampfer ihren Bedarf nicht decken. Butler, Fleisch. Obst, Gemüse, Geflügel, Kaninchen, Fische verderben in ungezählten Mengen. Ein Dampfer von Ostende warf über 4000 Pfund Ware (Kaninchen und Tauben) in die See. In London ist kein einziges Geschäft, das durch den Streik nicht schon in Mitleidenschaft gezogen wäre. Alles zieht im Preise an.

Im Streik der Dockarbeiter nehmen angesehene englische Zeitungen Stellung gegen die Dockgesellschasten. Die Pall Mall Gazette" fordert ein staat­liches Eingreifen.Ein großer Ausstand ist nur dem Namen nach eine Privat­angelegenheit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. In Wirklichkeit ist er eine öffentliche Angelegenheit ersten Ranges. Fürst Bismarck und der deutsche Kaiser erkannten diese Tharsache bei dem kürz- lichen Ausstand der Bergleute. Sie machten sich zum Fürsprecher des öffentlichen Inte­resses und bestanden auf einer Schlicht­ung. Der Augenblick erheischt dringend, auch bei uns ein Organ ausfindig zu machen, welches das öffentliche Interesse in gleicher Weise vertritt und die Dock­direktionen mittelst der öffentlichen Mein­ung zu Zugeständnissen zwingt. Wo ist unser Bismarck?"

Ein schöner Anfang. Der erste Zug über die neue Strecke der Louisville- Eisenbahn von Knoxville nach Cumberland, der mit den angesehensten Bürgern Knox- ville's besetzt war, entgleiste. Bon 56 Passagieren blieben 9 tot, 41 wurden ver­letzt, wovon viele lebensgefährlich.

Marktpreise.

Stuttgart, 31. August. Kartoffel: 400 Ztr. 5 . 2 50 ^ bis S F

^ per Ztr.

Filderkraut: 5000 Stück. 10 bis 15 per

100 Stück.

Mostobst württ.: 150 Ztr. ü 6 ^ 50 ^ per Ztr.

Bestellungen auf den Knzthäler

können täglich bei allen Postämtern ge­macht werden.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.