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äs kerouso (Lorosa) übertragen. Bis zum Jahre 1825 wurde dajelbst französisch gepredigt.
Cannstatt, 19. Aug. Gestern vormittag tagte hier eine Delegirten-Versammlung der Homöopath. Zweigvereine Württembergs. Vertreten waren 15 württ. und 2 badische Vereine. (Pforzheim.)
Reu tlin g cn , 21. Aug. Im benachbarten Bezingen belustigte sich ein 4jähr. Mädchen mit Schaukeln. Die Seile der Schaukel verfingen sich und erdrosselten das unglückliche Kind. Dieser Vorfall zeigt, daß selbst die geringfügigsten Spiele unserer Kleinen der Beaufsichtigung der Eltern bedürfen.
f Schwann. Auch wir können ein Liedlein singen von den Folgen der neuen Posteinteilung. Ein Brief von Dobel, welcher morgens früh in Dobel dem Postboten übergeben wurde, kam früher zwischen 8 und 9 Uhr hier an und bis nachmittags 5 Uhr war die Antwort schon wieder in Dobel. Jetzt kommt ein Brief, der morgens in Dobel aufgegeben wird, am zweiten Tag über Höfen und Neuenbürg nachmittags 5 Uhr hier an und die Antwort ist, da der Brief von Schwann nach Dobel auch wieder zwei Tage braucht, schon am vierten Tag in Dobel. Von Paris und Berlin her hat man früher Antwort auf einen Brief als von Dobel her, das nicht ganz 9 Kilometer von hier entfernt ist. Daß eine Aenderung dieser Mißstände sehr angezeigt ist, dürfte auf der Hand liegen.
G r ä f e n h a u s e n> 22. Aug. Gestern nachmittag brannten im Ellmendingen 4 Wohnhäuser, 8 gefüllte Scheunen und 4 Nebengebäude ab. Der Brand soll durch Kinder entstanden sein. Bon hier gieng die Spritze ab, auch wurde nochmals Löschmannschaft requiriert.
Neuenbürg. Den 21. d. M. fand die Bezirksschulversammlung unter zahlreicher Beteiligung der Geistlichen und Lehrer des Bezirks hier statt. Aus dem eingehenden Reckenschaftsbericht des Vorsitzenden Herrn Dekan und Bezirksschulinspektor Cranz entnehmen wir, daß der Bezirk 5018 Schüler und 66 Schulstellen zählt und der Stand der Schulen nach Kenntnissen und Disciplin ein guter ist. Einem Referat des Herrn Pfarrer Beitler von Schömberg über die Erziehungsgrundsätze von Flattich wurde mit großer Aufmerksamkeit gelauscht. Allgemeiner Beifall wurde dem Herrn Referenten, als einem Urenkel Flattichs, für feine umfassende und interessante Arbeit gezollt. Nachdem ein Streichquartett durch den reinen und ansprechenden Vortrag von 2 Chorälen den 2. Teil der Konferenz eingeleitet hatte, folgte nach den Referaten von den Herrn Lehrern Kazenwadel und Schramm eine lebhafte Debatte über die neuen Wandtafeln von Lutz zum naturgeschichtlichen Unterricht. Die ganze Versammlung erkannte schließlich in diesem neuen Werk ein äußerst tüchtiges, brauchbares und praktisches Anschauungsmittel für genannten Unterricht. In dem betreffenden Schullokal selbst war auch eine reichhaltige Ausstellung verschiedener Bilderwerke zum Ge
brauch beim naturgeschichtlichen Unterricht zu sehen. U.
Ausland.
Der Gouverneur in Kamerun hat die Absicht, bei dem Orte Viktoria einen botanischen Garten anzulegen, in welchem er zunächst solche Gewächse anzupflanzen versuchen will, welche für die Zukunft durch ihren technischen Nutzen oder durch ihre Verwertbarkeit als Arzneipflanzen einen Vorteil versprechen. Er hat sich zu diesem Zwecke nach Europa gewandt, um die anzupflanzenden Slräucher und Bäume zu erhalten. Der Berliner botanische Garten hat nun, wie die Kol -Ztg. meldet, eine sehr reichhaltige Sammlung derartiger Pflanzen kostenlos zur Verfügung gestellt und zugleich auch die zweckmäßige Verpackung übernommen.
Miszellen.
Aer Sonnenwiri.
Bon Erich Norden.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
10. Nach dreißig Jahren.
Von dem Tage an erschien John dem Sonnenwirt noch unheimlicher als bisher und er nahm sich vor, sich nie wieder in ein Gespräch mit ihm einzulassen und ihm aus dem Wege zu gehen, wo er nur konnte. Es war ihm fatal, daß John eine Erinnerung in ihm wachgerufen, die ihn während der acht Jahre seiner Haft gequält und beunruhigt hatte.
Es war ihm daher eine sehr unangenehme Ueberraschung, als John am andern Morgen aus geschäftlichen Gründen schon wieder in der „Sonne" vorsprach.
Der Sonnenwirt machte ein finsteres Gesicht und erwiderte Johns Gruß kaum, bot demselben auch keinen Stuhl an, daß er sich setze, während er eine verlangte Quittung auszustellen hatte.
John stand neben dem alten Schreibtisch, und es zuckte in seinen Zügen, aber der Sonnenwirt sah es nicht. Der wollte ein Quittungsformular aus einem Schube nehmen, und konnte doch den Schub nicht aufziehen, so viel er sich auch anstrengte.
„Was soll denn das heißen?" sagte er ärgerlich, drehte am Schlüssel, zog wieder, und doch wieder vergeblich.
„Ziehen Sie stärker", sagte John ruhig, „es wird irgend etwas dazwischen liegen."
Der Sonnenwirt zog mit aller Gewalt, es gab einen Krach, als wenn eine Feder springe, und als er den Schub jetzt herausnehmen konnte, entdeckte er am äußersten Ende eine geheime Feder, von der er keine Ahnung gehabt. Die war durch den heftigen Ruck gesprungen und es zeigte sich jetzt, daß der Schub einen doppelten Boden hatte, der durch die Feder so fest zusammengehalten wurde, daß, wer keine Ahnung davon hatte, ihn nicht entdecken konnte.
John war totenbleich geworden, seine Hand griff nach dem Schube, zog sich aber wieder zurück und mit fühlbarer Aufregung beobachtete er jede Bewegung des Sonnenwirls.
Kopfschüttelnd betrachtete der Sonnenwirt die Sache, stellte den Schub auf den Tisch und löste den zweiten Boden. — Da lag ein sauber zusammengefalteles Päckchen.
Jetzt war die Reihe zu erbleichen an dem Sonnenwirt. Mit zitternden Händen entfaltete er das Päckchen und die darin enthaltenen Kassenanweisungen, die wohl verwahrt und unberührt dort durch ein ganzes Menschenalter gelegen, entglitten seinen Händen, in denen er sein kreideweißes Gesicht barg.
John wollte rufen, aber die Stimme versagte ihm. Er raffte die Kassenanweisungen auf, legte eine neben die andere auf den Schreibtisch und zählte-
„Reinyold! Reinhold!" schrie er plötzlich auf, „3000 Thaler — Reinhold! — 3000 Thaler, die Franz gestohlen."
Der Sonnenwirt nahm die Hände vom Gesicht, starrte John an, als sei er ein Geist.
„Reinhold!" rief John wieder, „zähle nach — zähle, 3000 Thaler sind es, o Gott!"
Dem Sonnenwirt brach der kalte Schweiß aus; wie Schuppen fiel es von seinen Augen: der da vor ihm stand, der fremde Mann mit dem schneeweißen Haar, in dessen Nähe er sich stets unbehaglich gefühlt, war Franz — Franz, sein Bruder, dem er Ehre und Namen, Heimat und Braut, dem er ein ganzes langes Leben gestohlen.
„Franz!" kam es wie ein gellender Hilferuf über seine Lippen, und seine Hände streckten sich abwehcend gegen den Bruder aus, der vor seinen Augen zu einer Schreckensgestalt heranwuchs.
„Unschuldig! unschuldig!" murmelte Franz. Seine Hände schlossen sich fest zusammen, aus seinen Augen rann Thräne um Thräne. „Unschuldig! unschuldig!" flüsterte der müde Mann mit dem weißen Haar wieder und wieder, und neue Krast schien durch seine Adern zu fließen und aus den sonst so traurigen Augen brach ein Strahl unsagbaren Glückes und seliger Freude.
„Unschuldig! unschuldig! Reinhold, glaubst Du's nun, daß Dein Bruder unschuldig ist?" wandte er sich an den Sonnenwirt.
„Nimm das Geld fort! nimm das Geld fort!" schrie der Sonnenwirt und stürzte zur Thür hinaus, als eben die Sonnenwirtin, durch die lauten Ausrufe beunruhigt, eintrat.
„Was ist geschehen?" fragte sie voller Schrecken, schaute ihrem forteilenden Manne nach und wandte sich dann mit fragendem Blick an Franz.
In fliegender Eile gab dieser eine Erklärung, zeigte auf das Geld und bat sie, es sorglich zu verwahren.
(Fortsetzung folgt.)
(Splitter.) Es giebt liebenswürdige Fehler, ebenso wie es unausstehliche Vorzüge giebt.
Durch Geld sind schon Viele um den Verstand gekommen, aber noch Wenige haben ihn dadurch erlangt.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.