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Kronik.
Deutschland.
Der enthusiastische Empfang, den das deutsche Kaiserpaar auf seinem Zuge m die Reichslande in den großen süddeutschen Bundesstaaten gefunden hat, bot wieder einen glänzenden Beweis für die längst über allen Zweifel erhabene Entwicklung des Bewußtseins der geeinigten Nation, für die allen Wandel der Zeitgeschichte überdauernde Begeisterung "für Kaiser und Reich, welche gerade in den- jenigen Reichsgebieten am lebhaftesten zum Ausdruck kommt. in welchen ihr bei der Gründung der deutschen Einheit eine kurze Lebensdauer geweissagt wurde.
Straßburg, 21. August. Der Kaiser äußerte sich über den gestrigen ebenso großartigen wie herzlichen Empfang sehr anerkennend und beauftragte Bürgermeister Back, der Bevölkerung seinen laiserl. Dank auszusprechen. Der gestern abend stattgehabte Zapfenstreich ist aufs glänzendste verlaufen. Bis in die späten Abendstunden wogte eine zahllose Menschenmenge vor dem Kaiserpalast und in den benachbarten Straßen und brachte den Majestäten, die sich wiederholt auf dem Balkon zeigten, durch begeisterte Zurufe und das Absingen der „Wacht am Rhein" stürmische Ovationen dar. — Am Mittwoch morgen herrschte schon vor 7 Uhr ein reges Leben in den Straßen der Stadt. Die Truppen zogen in langen Kolonnen mit fliegenden Fahnen und mit längendem Spiel hinaus zum Paradefeld, zum Polygon. Da erschienen die Ulanen, blau und gelb, hier die bayrischen Chevaux- legers in ihrer olivengrünen Uniform mit dem Carmoisinrot, gar fein anzuschauen. Und hier wieder marschieren in langen Reihen die Jnfanterieregimenter, und dort wieder erscheinen Dragoner und zwischendurch drängt und schiebt sich die festlich geputzte Menge, alles eilt dem Metzger- lhor zu. Vor 8 Uhr sammelte sich in den am Wege des Kaisers zum Paradefelde liegenden Straßen die Menge. Reihen wurden gebildet, bald stand ein mehrgliedriges Spalier. Der Kaiser, der in GardeS du Korpsuniform erschien und den Mantel umgeworfen hatte, führte unaufhörlich salutierend die Hand an den Helm. Der Großherzog von Baden trug große Generalsuniform mit dem Bande des schwarzen Adlerordens. Truppenzüge, die zur Besichtigung durch den obersten Kriegsherrn marschierten; Fuhrwerke aller Art, vom flotten Hofwagen bis zum ländlichen Bernerwägeli; ganze Karawanen von Fußgängern, die mit Proviantkörben und Krimstechern ausrückten; berittene Offiziere aller Grade und Truppengattungen; Leibgendarmen des Kaisers mit dem adlergekrönten Stahlhelm und dem grünen Koller mit weißen Fangschnüren; ein kaiserlicher Stallmeister im roten Frack mit goldbesetztem Kragen, goldenen Epau- letten und weißen Beinkleidern; ein jeden Augenblick wechselndes, überaus farbenreiches buntbewegtes Bild. Gleich nach der Abfahrt des Kaisers bestieg die Kaiserin einen Vierspänner, um sich zur Parade zu begeben. Unter donnernden Hochrufen fuhr die Kaiserin über den droglieplatz und weiter durch die Stadt
zum Polygon hinaus. Ein weithin brausendes Hurrah zeigte den auf dem Polygon Harrenden an, daß die Majestäten das Paradefeld erreicht hatten. Eine nach Tausenden zählende Menge wohnte dem großartigen militärischen Schauspiele an; überall herrschte reges Leben auf dem Polygon. Um 9 Uhr erschienen die Majestäten bei dem Wacht- hause, bei dem die Generalität Aufstellung genommen hatte, und dann begann das Abreiten der Front. Dicht hinter Sr. Majestät ritt der Großherzog von Baden. Eine glänzende Suite folgte dem Allerhöchsten Paare. Die Parade war in zwei Treffen aufgestellt. Auf dem rechten Flügel des ersten Treffens befand sich das württ. Jnf.-Regt. 126 unter dem Kommando des Oberst v. Dettinger, und war das erste, das vor dem Kaiser defilierte. Die gewaltige Truppenmasse bot einen imposanten Anblick, im ersten Treffen die starre Masse des Fußvolks, im zweiten das bewegliche Element der Reiterei. Unter den Klängen der Musik ritt der Kaiser im Schritt die Paradeaufstellung des ersten Treffens vom rechten zum linken Flügel ob, sodann die des zweiten Treffens vom linken zum rechten Flügel. Bei Annäherung der Majestäten riefen die Truppen dreimal „Hurrah", wofür die Majestäten auf das huldvollste dankten. Nach dem Vorbeiritt gieng der glänzende Zug, an der Spitze Kaiser Wilhelm, in seiner Nähe der Großherzog der Tribüne zu, vor welcher Se. Majestät hielt. Der Vorbeimarsch geschah zuerst in Kompagnie- resp. Halbeskadronsfront, sodann in Regiments-, Bataillons- resp. Eskadronsfront. Beide Male führte der Großherzog dem Kaiser sein Regiment, das rheinische Ulan.- Reg. Nr. 7, vor. Beim zweiten Vorbeimarsch ritt die Kavallerie im Trabe. Der Vorbeimarsch gelang auf das Glänzendste, das Chevauleger-Regiment und die Ulanen- Regimenter erregten allgemeine Bewunderung, ebenso der tadellose Vorbeimarsch der Artillerie und des Train. Kurz nach 11 Uhr war die Parade zu Ende. Um 12'/4 Uhr traf der Kaiser zu Pferde vom Paradcfeld zurückkehrend hier wieder ein, nachdem die Kaiserin etwa '/r Stunde früher im Palast angekommen war.
Straßburg, 22. Aug. Der Kaiser begab sich heute morgen 8 Uhr in Husaren- Uniform nach dem Polygon. Die Kaiserin besuchte das Münster und die Thomaskirche. Dieselbe stattete gestern der Fürstin Hohenlohe einen längeren Besuch ab. — Das heutige Gefechtsexerzieren aller Waffen fand nach den Dispositionen des Kaisers statt. Nach Beendigung desselben kehrte der Kaiser an der Spitze der Fahnenkompagnie in den Palast zurück, überall enthusiastisch begrüßt. Die vor dem Kaiserpalast angesammelte Menge sang die Nationalhymne und die Wacht am Rhein. Die Kaiserin erschien wiederholt auf dem Balkon und dankte, sich huldvollst verneigend.
Bonn, 16. Aug. Professor Theodor Christlieb ist gestorben, (vr. Urool. ot, pllil. Christlieb war am 7. März 1833 in Birke nfeld geboren. Nachdem er in Tübingen das theologische Studium vollendet, war er 1861 —1865 Pastor in London, dann 1865—1868 Stadtpfarrer
in Friedrichshafen. Seit 1868 war er ord. Professor der evang. Theologie und Universitätsprediger in Bonn. Seit 1874 war er Mitherausgeber von Warnecks Allgemeiner Misssonszeitschrift. Der Verstorbene war Inhaber des Olga-Ordens).
Die Nachricht von der in Aussicht genommenen Vermählung der Prinzessin Viktoria von Wales mit dem Prinzen von Hohenlohe-Langenburg wird von anderer Seite für erfunden erklärt.
Einziehung von Einhundertmarkscheinen. Das „Reichsgesetzblatt" veröffentlicht in seiner neuesten Nummer die Bekanntmachung, betreffend den Aufruf und die Einziehung der Einhundertmarknoten der Hannoverschen Bank in Hannover.
Württemberg.
Für die Besucher der am 1. bis 4. September l. I. in Regensburg stattfindenden 34. Wanderversammlung deutscher und österreichischer Bienenzüchter wird eine Fahrtvergünstigung in der Weise gewährt, daß die Giltigkeitsdauer der vom 31. Aug. bis 3. Sept. l. I. nach einer der württem- bergisch - bayerischen Uebergangsstationen Crailsheim, Nördlingen und Ulm zu lösenden Rückfahrtkarten des inneren württem- bergischen Verkehrs bis zum 8. September einschließlich unter der Bedingung erstreckt wird, daß die Besucher durch eine Mitgliedskarte auf der Rückreise dem Fahrpersonal sich ausweisen.
Stuttgart, 17. Aug. Zur kirchlichen Feier des Geburtfestes II. Majestät der Königin haben Allerhöchdieselbe den Text Psalm 119 V. 94 gewählt : „Ich bin Dein, Hilf mir, denn ich suche Deine Befehle."
Stuttgart, 22. Aug. In der heute staltgefundenen öffentlichen Sitzung beider bürgerlichen Kollegien wurde die Veranstaltung einer Nationalfeier am 1. und 2. September in der bisherigen Weise beschlossen und Gemeinderäte sowie Bürgerausschußmitglieder als Kommission für die Feier bestimmt.
Stuttgart. Die Schul -- Musst e l l u n g wurde dieser Tage von Pforzheim aus wiederholt besucht, diesmal vom Vorstand der Gewerbeschule Rücklin und dem Landtagsabgeordneten Gsell nebst 27 Lehrern, welche gegenwärtig an dem Verbandstage bad. Gewerbe- u. Zeichenschulen in Pforzheim teilnehmen.
Leonberg, 19. Aug. (Ausflug der Waldenser.) Aus Perouse und den andern benachbarten früheren waldensischen Gemeinden geht in diesen Tagen, wie die „Glems- und Würm-Ztg." meldet, eine kleinere Gesellschaft unter Führung des Pfarrers von Pinache nach Piemont, um ihre Vorfahren, welche in den dortigen Alpenthälern ihren Sitz haben, zu besuchen. In 10 Jahren sind es 200 Jahre, daß die Waldenser in unserer Gegend sich niedergelassen hatten, und zwar unter Führung des in Schönenberg begrabenen Predigers Arnaud; sie wurden bekanntlich wegen Verfolgung ihres Glaubens zur Auswanderung veranlaßt. Perouse wurde im Jahre 1699 von 60 Waldenserfamilien auf Gütern, welche auf der Markung Heimsheim infolge des 30jährigen Krieges öde lagen, gegründet; der Name ist von 'der piemontesischen Heimat 6omwuug,utS