Nichte des Sonnenwirts Bauer. Ein
Knall! und das Mädchen sank, von einer Kugel in die Brust getroffen, zur Erde nieder. Der sofort herbeigerufene Arzt
konnte leider nur den augenblicklich erfolgten Tod festftellen. In der ent
standenen Aufregung und Verwirrung gelang es den jungen Leuten unbemerkt zu fliehen; dieselben wurden jedoch von Landjägern mittelst einer nachgefandten Lokomotive eingeholt und gestern vom
Staatsanwalt verhört, worauf der eine derselben in Freiheit gesetzt, der Thäter aber in Gewahrsam gehalten wurde.
(S. M.)
Buchau, 7. Aug. Ein seltenes Schauspiel bot in den ersten Tagen dieser Woche das Dach des hies. Fürstlich v. Thurn- und Taxisschen Schlosses den vielen neugierigen Spaziergängern. Etwa 50 Störche aus der Umgegend fanden sich Sonntag abends daselbst zusammen und übernachteten dort; auch Montags wurde wieder ein Teil derselben bemerkt.
(Künstliche Wurstdärme.) Von 'der Fabrik Karl Brandegger in Ellwang en werden seit einigen Jahren künstliche Wursthülsen aus Pergamentpapier in Handel gebracht, welche immer mehr an Boden gewinnen. So werden dieselben seit einiger auch von großen Wurstfabriken in Gotha verwandt.
Calw. Die Bäckergenossenschaft besucht nächsten Dienstag, den 13. ds., mit den Frühzügen die Fach-Ausstellung in Karlsruhe, wozu jedes Mitglied freund- lichst eingeladen ist.
Ausland
Co wes. 9. Aug. Ueber die Abreise von gestern nacht wird gemeldet: Die Königin begleitete den Kaiser bis an den Wagen und küßte ihn auf beide Wangen. Sämtliche Mitglieder des Königshauses fuhren mit nach dem Qai, wo sie sich vom Kaiser herzlich verabschiedeten. Der Prinz und die Prinzessin von Wales begleiteten den Kaiser bis zur „Hohenzollern". Nach der herzlichsten Verabschiedung dampfte die „Hohenzollern" unter Geschützsalut nach Dover ab.
Wie die Post aus Brüssel erfährt, hat Rußland für Oktober 800.000 Kochtöpfe und 1'/- Millionen Wasserbehälter bestellt.
Ein nachahmenswertes Beispiel gab die Stadtverwaltung von St. Louis in Nordamerika. Ein Polizeidiener hatte bei Ausführung einer Verhaftung einen gefährlichen Schuß in den Unterleib erhalten. Der Wundarzt, welcher ihn behandelte, Dr. Bernays. stellte durch eine schwierige Operation (Bauchschnitt und Darmnaht) den Mann wieder her und erhielt von der Verwaltung von St. Louis dafür eine Belohnung von 2000 ^
MiüU'llen.
Der Sonnenwirl.
Von Erich Norden.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Und der Brief — der Brief — das vergilbte Papier mit den durch Thränen fast ganz verwischten Schriftzügen! Sie
faltete ihn auseinander und las — der Fremde da außen am Fenster war ein gar absonderlicher Mensch, er tastete mit der Hand nach einer Stütze — er mußte wohl gar müde sein. —
Rosel hatte den Brief wieder zusammengefaltet, legte ihre Schätze in die Truhe, verschloß dieselbe, barg dann ihr Antlitz in den Händen und weinte bitterlich.
Dem Fremden liefen die Thränen über das sonnverbrannte Gesicht, verlangend streckte er die Hand aus, „Rosel! Rosel!" sagte erleise, aber die da drinnen weinte, hörte den leisen Ruf nicht.
Der Fremde verließ seinen Platz am Fenster und setzte sich. Rosels Haus gegenüber, auf einen großen Stein.
Es war eine schöne, warme Sommernacht mit Sternenglanz und geheimnisvollem Rauschen in den Bäumen. Der Fremde schien den Reiz der nächtlichen Schönheit zu empfinden, er konnte sich nicht entschließen, in das Gasthaus zurückzukehren. Den Nachtwächter, der ihn barsch fragte, was er so spät noch auf der Straße schaffe, überzeugte er bald durch freundliche Worte, daß er nicht Uebles im Sinne habe, sich nur an der schönen, sternenhellen Nacht erfreuen wolle.
Dem Nachtwächter erschien das allerdings ein absonderliches Vergnügen, er hätte viel lieber im Bett der Ruhe gepflegt, anstatt den Glanz der Sterne zu schauen, aber es gab ja komische Käuze in der Welt, und der Fremde da auf dem Stein mochte wohl zu der Sorte gehören.
Erst, als das Licht in Rosel Walters Zimmer erloschen war, kehrte der Fremde langsamen Schrittes in das Gasthaus zurück.
8. Der Sonnenwirt ist unschuldig.
Die Kunde von der Ankunft eines Fremden, eines Ausländers, wie der Wirt zum weißen Roß mit großer Wichtigkeit erzählte, hatte sich schnell im Dorfe verbreitet und erregte die Gemüter von Jung und Alt. Das Gasthaus zum weißen Roß durfte sich jetzt über zu geringen Zulauf nicht beklagen. Wer irgend ein paar Minuten Zeit erübrigen konnte, sprach dort vor, um einen kleinen Schwatz mit dem Wirt zu halten und ihn soviel als möglich auszufragen. Ohne einen Schoppen zu trinken, gieng das nicht ab und der Wirt triumphierte innerlich. Er legte sichs so zurecht, daß wenn der Fremde den Zuspruch sehe, der dem „weißen Roß" zu teil werde, er sich sicherlich entscheiden werde, den Kauf abzuschließen.
Als die Mädchen sich am Nachmittag bei der Rosel zur Strickstunde versammelten, herrschte eine fast fieberhafte Aufregung unter ihnen und jede wollte der Rosel etwas von dem Fremden erzählen, den keine gesehen hatte, von dem aber jede genau wußte, wie er aussah. „Rosel, groß ist er", „Rosel, er hat schneeweiße Haare", „und John heißt er", „und er kommt von weit her übers Meer", „und er wird gewiß das weiße Roß kaufen", so schwirrte es durcheinander, so daß Rosel, obgleich selbst innerlich aufgeregt, sich lachend die Ohren zuhielt und Schweigen gebot.
Aber sie hatte den redseligen Mädchenzungen gut Schweigen gebieten, keins der Kinder hielt ihr Gebot für ernsthaft. Alle wollten am Fenster sitzen, daß, wenn der , Fremde vielleicht vorüberkäme, sie ihn j doch sehen könnten. Rosel ließ sie gr- j währen, sie hatte heute viele gefallene Maschen zu retten, viele schlechte Stiche auszubessern, denn sobald Schritte von der Straße her gehört wurden, sprang die ganze kleine Gesellschaft von ihren Sitzen auf und eilte ans Fenster, in der Hoffnung, den Fremden^ zu erblicken, und das war weder für L-trickstrumpf noch für Näh- und Häkelarbeit sehr ersprießlich.
Aber der Fremde kam nicht, betrübt und enttäuscht giengen die Mädchen wieder nach Hause, vertrösteten sich aber gegenseitig auf morgen.
Rosel schaute den forteilenden Kindern nach und stand wie im Traum. Uebers Meer her war der Fremde gekommen! Ob er aus Amerika kam, ob er wohl etwas vom Franz wußte? Und dann lächelte sie traurig über sich selbst, über ihr thörichtes Herz und über ihre thö- richten Gedanken. Viele kamen übers Meer herüber, und viele kamen aus Amerika, von denen keiner etwas vom ! andern wußte. Trotzdem ihre Haare > weiß waren, ergieng es ihr wie den kleinen Mädchen: sie hätte so gern den Fremden mit dem schneeweißen Haar und dem sonnverbrannten Gesicht gesehen.
Aber der Fremde war nicht zu sehen.
Er saß während des ganzen Tages in seinem Zimmer, kam nur zu den Mahlzeiten in die Wirtsstube, und die Frau Wirtin meinte, der müsse wohl viel Leid erfahren haben, er sehe gar so traurig und müde aus.
Als der Wirt beim Abendessen dm Fremden Gesellschaft leistete, lenkte er das Gespräch geschickterweise wieder auf des Gastes Pläne und den Verkauf jeincs Wirtshauses. „Ich habe mir die Sache überlegt", sagte John, „und mir einen Plan gemacht, wenn Sie darauf nn- gehen, Herr Wirt, so kann aus dem Geschäft etwas werden." Der Wirt bat um nähere Erklärung.
„Ich will das Gasthaus kaufen", begann John wieder, „aber ich bin nicht f zum Wirt geschickt, und wenn Sie darauf s eingehen, daß ich Ihnen auf die Dauer eines Jahres die Wirtschaft in Pacht gebe, bis ich mich hier eingelcbt und vielleicht eine» andern gefunden habe, der es entweder pachtet oder nur für mich leitet, so können wir schnell handelseinig werden. Ich will Wohnung und Kost und möchte vor allen Dingen ein Jahr lang so ganz in Ruhe leben können, auch stelle ich noch als Bedingung, daß Sie das jetzige Schild vom Gasthaus entfernen, und dem Hause den alten Namen „Zur Sonne" geben." !
(Fortsetzung folgt.)
Marktpreise. Neuenbürg, 10. Aug. Butter '/r Kilo 1.20.
Eier pr. St. 5, 6 und 7 2 St. 11 -«?-
Kartoffeln, rot u. weiß, 2 und 3 pr. K>w'
Bestellungen auf den Hnzthäter
können täglich bei allen Postämtern gemacht werden.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.