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Kronik.
Deutschland.
Berlin, 7. August. Das englische Prisengcricht in Sansibar hat die Beschlagnahme des Dampfers „Neära" für unberechtigt erkannt. Nach den mancherlei liebergriffen, mit welcher man englischer- M die deutschen Bestrebungen in Ost- ajrika zu Hintertreiben versuchte, erscheint die Freigabe des Dampfers „Neära" als das erste wiederhergestellte Bürgschaftszeichen, daß auch in jenen fernen Landen Recht vor Gewalt geht. Man kann nunmehr hoffen, daß ebenso für die übrigen Gemlthätigkeiten Genugthuung nicht aus- bleiben wird.
DerIahreshaushalt, mit welchem die städtische Verwaltung von Berlin zu wirtschaften hat, ist ein sicherer Maßstab für das riesenhafte Anwachsen aller Verhältnisse der Reichshauptstadt. Vor 6i> Jahren betrug der Jahreshaushalt Berlins etwa 1 Million Thaler, heute stellt er sich ans über 72 Mill. Mark, wozu noch die Haushaltpläne der städtischen Werke in Höhe von beinahe 42 Millionen Mark kommen. Zusammengerechnet übertrifft jetzt das Budget Berlins dasjenige des Königreichs Württemberg und bleibt hinter dem des Königreichs Sachsen nicht viel zurück. Berlins Anleiheschulden betragen zur Zeit 185'/i Millionen Mark. Davon entfallen auf wirtschaftliche Unternehmen etwas über 151 Millionen, zur Verzinsung und Tilgung eigentlicher Kämmereischulden bedarf Berlin nur wenig über 2 Millionen Mark. Von den 35'/» Millionen Mark Steuern, welche im lausenden Etatsjahre den Bürgern auferlegt sind, kommen für Bolksschulwesen und sonstige Unterrichtszwecke 12 Millionen zur Verwendung, 12 718 000 für Armenverwaltung, Waisen- Erziehung, Hospitäler, Krankenhäuser, Irrenanstalten rc. und ein letztes Drittel für Verwaltungskosten, höhere Schulen, Polizeikosten rc.
Das rauchfreie Schießpulver ist bei den diesjährigen Schießübungen iu Garde-Feldartillerie-Brigade auf dem Schießplätze zu H a m m e r st e i n zum erstenmale zur Verwendung gelangt. Durch die Verwendung des neuen Pulvers wird auch die Anwendung neuer Feldgeschütze bedingt. Das rauchfreie Pulver habe die Probe glänzend bestanden. Die Rauchbildung pro Schuß bestand nur in einem sich schnell verteilenden und verschwindenden Rauchballe von etwa einem Meter Durchmesser und schwarzer Farbe. Der Rückstand im Rohre ist so gering, daß die Anwendung des Borstenwischers zur Reinigung während des Schießens gänzlich unterlassen werden kann; nur ein Durchfahren mit einem ölgetränkten Lappen durch das Rohr ist zeitweise erforderlich. Die Kartuschen waren nicht so stark wie die mit dem alten Geschützpulver gefüllten. Weil nun das rauchlose Pulver in der zu einem Schüsse benötigten Menge das Gnßstahlgeschiitz mit der Zeit in die Gelahr des Springens bringt, sind neue Feldgeschütze in Bronze konstruiert und mügeführt worden. Auch neue Geschoßzunder sind versucht worden.
Leipzig, 7. Aug. Die hiesige L i st-1 fei er am hundertjährigen Erinnerungstage bestand in der Bekränzung des Obeliskdenkmals am Leipzig-Dresdener Bahnhof (errichtet von Geh. Rat W. Seyfferth, Mitglied des ersten Direktoriums der von List ins Leben gerufenen Leipzig-Dresdener Eisenbahn-Kompagnie) und in dem Aufhissen des Sternenbanners der amerikanischen Union am Konsulat der Ver. Staaten im Brühl. (List bekleidete hier die Stelle eines Konsuls der Ver. Staaten.) Am 7. April d. I. hatte man Friedrich List zu Ehren die bisherige Eisenbahnstraße in „Friedrich List-Straße" umgetauft.
München, 7. Aug. Die Familie des Kaufmanns Emil König hatte am Montag mittags Schwämme genossen, welche König selbst tags zuvor bei einem Ausflug gesammelt hatte. In der Nacht auf Dienstag erkrankten Mann, Frau, fünf Kinder und das Dienstmädchen. Heute nachmittag sind zwei der Kinder gestorben, eines mit 1 (!), eines mit 10 Jahren. Die Magd wurde ins Krankenhaus verbracht; die übrigen Familienmitglieder sind noch bedenklich erkrankt.
Karlsruhe, 7. Aug. Die in den letzten Jahren mit Riesenschritten emporgestiegene Residenzstadt Badens hat wieder einmal Festgewand angelegt. Seit dem 4. August tagt der deutsche Ingenieur- Verein daselbst und am 10. beginnen die Verhandlungen des 8. Zentralverbandtages des über 25 000 Mitglieder zählenden deutschen Bäckerverbandes Germania, verknüpft mit der unter dem Schutze der Frau Großherzogin von Baden stehenden Ausstellung von Erzeugnissen und Bedarfsartikeln der Bäckerei, Konditorei und verwandter Gewerbe. Die Ausstellung wird Sonntag den 11. August feierlich eröffnet werden. Als Lokal wird seitens des Stadtrats die sehr geräumige städtische Ausstellungshalle, nächst dem Stadtgarten, zur Verfügung gestellt und durch den Festausschuß für gute Restauration und allabendliche Militärkonzerte gesorgt. Die Ausstellung ist von etwa 270 Ausstellern, meist aus Deutschland, aber auch aus Oestereich, Schweiz, Holland und Italien beschickt. In der vorderen Halle werden vorzugsweise Back- und Konditoreiwaaren, Mühlenerzeugnissc, Preßhefe, Gewürze, Wein und Spirituosen, sowie eine griechische Weinfirma und das chinesische Theehaus Taen-Arr-Hen untergebracht werden, in der Hinteren die hunderterlei Bedarfsartikel vom Springerlesmodcl bis zum Gas- und Dampfmotor. BesondcresJnteresse dürften, auch beim Laien, drei im Betrieb stehende Backöfen erregen und ist für den besten Backofen vom Bäckerverband Germania eine Prämie von 500 vkL ausgesetzt.
(S. M.)
Baden-Baden, 6. Aug. Wie wir erfahren, sind die Unterhandlungen mit der Regierung soweit gediehen, daß dem Bau eines Rasthauses auf dem Merkur kein Hindernis mehr im Wege steht. Das reisende Publikum wird diese Nachricht mit Freude begrüßen. Der Merkur ist unbestritten der schönste Aussichtspunkt in unserer Umgebung und in kurzer Zeit ohne besondere Anstrengung zu erreichen.
Dietlingen, 8. Aug. Ein hiesiger Milchhändler hatte eine mit Pulver und Pfropfen geladene Pistole im Backofen aufbewahrt. Er zündete, ohne diesen genauer zu untersuchen, das Holz zum Backen an. Durch die Hitze entlud sich die Waffe und die Ladung verletzte dem Unglücklichen den linken Arm derart, daß er schwer darniederliegt. (Pf. B.)
Dietlingen, 8 Aug. Die Ernte für Dinkel und Gerste ist hier vorüber. Elfterer ist, wie fast überall, gering ausgefallen, während Letztere wenigstens teilweise vortrefflich geriet. Für die Kartoffeln sind die Aussichten gut, und die Trauben haben sich bei der günstigen Witterung so rasch entwickelt, daß man in einem Weinberge des Goldarbeiters Th. Freivogel bereits gefärbte Trauben sehen kann, was für diese Zeit sonst selten ist. (Pf. B.)
Württemberg.
Am 6. August wurde von der evangelischen Oberschulbehörde die zweite Schulstelle in Dobel, Bezirks Neuenbürg, dem Unterlehrer Siegle in Ottenhausen, desselben Bezirks, übertragen.
Stuttgart. 9. August. Wie wir erfahren, wird S. K. H. Prinz Wilhelm Ende nächster Woche hieher zurückkehren, um im Aufträge Seiner Majestät des Königs den Schah von Persien zu begrüßen. (St.-Anz.)
Der Staatsanz. schreibt aus Friedrichshafen vom 8. Aug.: „Die dem „Oberschwäb. Anzeiger" entnommene Mitteilung in Nr. 183 des Staats-Anz. ist unrichtig. Die Pferde giengen nicht mit dem Wagen Ihrer Majestät durch, sondern mit dem Dressierwagen. Ebensowenig wurde der Kutscher vom Bock heruntergeworfen. derselbe verlor nur den Hut und brachte mit Geschick und Besonnenheit die durchgegangenen Pferde wieder zum Stehen."
Ludwigsburg, 5. Aug. Im Aufträge der k. Zentralstelle für Gewerbe und Landwirtschaft besuchte GemeinLeratWeckler von Reutlingen in den letzten Tagen die Gemeinden Neckacweihingen, Poppenweiler und Hoheneck. Bei der in Neckarweihingen gestern gehaltenen Versammlung wurde von ihm der Schaden, welchen die Weinberge in den genannten Gemeinden erlitten haben, bei dem Prozentsätze von 100 für das lü, in Neckarweihingen auf 90 000 in Hoheneck auf 20 000 »-L und in Poppenweiler auf 10 000 vlL berechnet. Im Verlauf seiner Rede gab Hr. Weckler, unterstützt vom Rentamtmann Aldinger von Aldingen, sebr schätzbare Winke für die Behandlung der durch den Hagel beschädigten Weinberge. (S. M.)
Plochingen, 8. Aug. Ein entsetzliches Unglück hat sich hier durch Spielen mit einem geladenen Revolver zugetragen. Zwei junge, dem Postfach angehörige Leute, vergnügten sich in dem Wirtschaftsgarten zur Sonne mit Kegelschieben und Schießen aus einem mitgebrachten Revolver. Nachdem der Eigentümer der Letzteren die noch in der Waffe steckenden Kugeln, wie er glaubte, sämtlich entfernt hatte, setzte er ein gewöhnliches Käpselchen auf und zielte auf die mit Stricken beschäftigte Kellnerin und