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Mit einem Fuhrwerk aus der Stadt kam an einem Sommerabend ein alter Mann vor dem Gasthof zum weißen Roß an, und wollte Quartier auf einige Tage haben.
Der Wirt starrte ihn schier ungläubig an, das war im weißen Roß noch nie passiert. Flugs ließ er aber sein bestes Zimmer für den Gast Herrichten, man konnte ja nicht wissen, das war am Ende ein reicher Mann und konnte wohl gar ein Käufer sein, er hatte ja sein Gasthaus in vielen Zeitungen ausgeboten und angepriesen.
Der Gast hatte Hunger und die Frau Wirtin richtete in aller Eile ein Abendbrot her, so gut sie es vermochte, und trug es in der großen Wirtsstube auf.
Dort saß der fremde Mann in eifriger Unterhaltung mit dem Wirt. Der Fremde hatte schneeweißes Haar, müde, traurige Augen, ein sonnverbranntes Gesicht. Er nannte sich John, sagte, daß er den größten Teil seines Lebens im Auslande zugebracht habe, nun aber den Rest desselben in Deutschland beschließen wolle. Er gedenke auch irgend etwas vorzunehmen, wisse aber noch nicht recht, was, und schaue sich jetzt im Lande um.
Da brachte es denn der Wirt durch allerlei Redewendungen zur Sprache, daß er sein Gasthaus verkaufen wolle und der Fremde ja ein Geschäft mit ihm machen könne. Er lobte das Besitztum nach allen Richtungen, sagte, es sei eine Kleinigkeit, die Zinsen herauszuwirtschaften, und entschuldigte seine Absicht, sich dieses Besitztums zu entledigen, damit, daß er nie recht Lust in sich verspürt zum Gastwirt, seine Frau die viele Arbeit nicht vertrage und was dergleichen Gründe mehr waren.
Der Fremde erwiderte, er wolle sich die Sache überlegen, er bleibe ja einige Tage hier, da brauche nichts übereilt zu werden.
Der Wirt schmunzelte vor Vergnügen, bediente den Gast aufs eifrigste, erzählte ihm von den früheren Besitzern des Gasthauses bis auf den Sonnenwirt, berichtete, was er wußte, von dem Brande, dem Verdacht, der Verurteilung u. s. w.
Der Gast unterbrach ihn nicht ein einziges mal und der Wirt fühlte sich durch die fast starre Aufmerksamkeit, mit welcher John ihm zuhörte, sehr geschmeichelt Und da er nun einmal im Redefluß war, fand er auch, nach echter Gastwirtsart, kein Ende, nannte dem Fremden die hauptsächlichsten Dorfbewohner mit Namen, und fand immer und immer noch etwas zum Berichten. Er hatte in seinem ganzen Leben noch keinen so äusmerksamen Zuhörer gehabt.
Da kam der Dorfwächter die Straße herauf und pfiff die zehnte Stunde. Der Fremde stand auf, bot dem Wirt zur Gutenacht die Hand und bat ihn, die Hausthür offen zu lassen und sich nicht zu verwundern, wenn er noch einen Spaziergang ins Dorf mache, es sei das so eine eigene, liebe Gewohnheit von ihm, auf stiller Straße zu wandern, wenn alle andern sich schon dem Schlaf ergeben haben.
Langsam, als sei er totmüde, gieng der Fremde die Dorfstraße hinab und blieb zögernd stehen, als er in die Nähe des Pfarrhauses kam.
Da fiel sein Blick auf ein mit Blumen dicht besetztes, noch hell erleuchtetes Fenster. Dort mußte die Blumen-Nosel wohnen, von der ihm der Wirt erzählt. Behutsam trat er näher bis dicht an das Fenster und schaute zwischen den Blumen hindurch ins Zimmer. Es sah so behaglich und freundlich dort aus. Des Fremden Auge glitt von einem Gegenstand zum andern, als habe jede Kleinigkeit Bedeutung für ihn. Plötzlich legte er die Hand über die Augen und seufzte tief. Und wieder schaute er hinein, jetzt wanderte sein Auge nicht mehr von einem Gegenstand zum andern, sondern blieb fest an einem Punkt haften. Rosel war aus einer anstoßenden Kammer eben in das Stübchen getreten.
Rosel schloß die große Truhe auf, nahm ein kleines Päckchen heraus und der Fremde beugte sich weiter und weiter vor, um alles genau sehen zu können. Sorglich und langsam löste Rosel ein Schnürchen und legte verschiedene Sachen nebeneinander — da waren kleine Büchlein mit Goldschnitt — da waren vertrocknete Blumen und Blätter — all, all ihre Schätze einer verlorenen Jugend, eines verlorenen Lebens. Immer von neuem machte sie die Wunde bluten, wenn sie auf diese Erinnerungszeichen schaute, und doch konnte sie's nicht lassen.
(Fortsetzung folgt.f
(Heimat, du süße...) Eine Schwester des Grafen Benomar, des früheren spanischen Gesandten am deutschen Hofe, war in Havana mit einem hohen Beamten vermählt. Dort erkrankte sie vor einiger Zeit und zwar so bedenklich, daß die Aerzte sie aufgaben und sie selbst ihr Ende nahen fühlte. Da bat sie den Gatten, als letzten Wunsch ihr die Bitte zu gewähren, in Madrid sie bestatten zu lassen. Am liebsten, sagte sie, möchte sie ihre Heimat noch einmal sehen und deshalb möge er sie sobald als möglich auf ein nach Spanien gehendes Schiff bringen. Am nächsten Tage ging der „Alfonso XII" nach Satander ab und dorthin geleitete der aufs tiefste erschütterte Gemahl seine Gattin. Ein Sarg und die Mittel zur Einbalsamierung wurden mitgenommen, da ihr Ende nach dem Ausspruch der Aerzte in zwei bis drei Tagen zu erwarten war. Doch die Seereise bewirkte Wunder. Von Tag zu Tag erholte sich die Gräfin, und als sie nach sechzehntägiger Fahrt am 13. Juli Santander erreichte, konnte sie frisch und munter das Schiff verlassen mitsamt dem Sarge.
Orientalische Deutung der Farbe der Augen. Ein graues Auge Ein schlaues Auge;
Auf schelmische Launen Deuten die braunen;
Des Auges Bläue Bedeutet Treue;
Doch eines schwarzen Auges Gefunkel Ist stets wie Gottes Wege, dunkel.
Gemeinnütziges.
(Versendung frischer Fische.s Alle frischen Fische, welche zur Verwendung kommen, sollten ausgeschnitten und ausgeweidet werden; das Eingeweide ist zu entfernen und das Inner- sauber zu reinigen. Wenn auch die Fische frisch abgesandt werden, so schmilzt aus dem langen Wege nach entfernten Orten doch das Eis ab und das Eingeweide verdirbt zuerst. Es trägt dann die Schuld, daß die Fische so schnell m Fäulnis übergehen. Dann werden die Gräten lose und die Fische weich. An der Stelle, wo das Eingeweide liegt, ist dann die Verwesung am größten, während das Schwanzstück noch gut und genießbar bleibt. Durch das sofortige Ausweiden beim Fang oder doch vor dem Versandt wird dies vermieden. Soll erst der Empfänger den Fisch ausweiden, so ist er schon weich, auch hat sich das Blut schon in das Fleisch gesetzt. Das Eingeweide ist immer schädlich und nutzlos. Mancher Fisch wäre gut zu brauchen, wenn derselbe vor der Versendung ausgeweidet worden wäre. Damit wären viele Klagen über schlechte Hnkunft vermieden, weil der Fisch dreimal so viel aushält, wenn er ausgeweidet verschickt worden ist. Wenn frischer Lachs z. B. gleich nach dem Fang ausgeschnitten, ausgewcidet und ausgewaschen würde, so würde der Fisch 5 bis 8 Tage länger als sonst halten. Niemand ißt die Eingeweide; warum läßt man in dem wertvollen Fisch diese Fäulniserreger? Manche Schwierigkeit könnte leicht beseitigt werden, wenn alle Fischhändler nur ausgeweidete frische Fische versenden wollten.
Liste
der im Juli 1889 im Königreich Württemberg erteilten Reichspatentc ausgestellt durch das Patent-Bureau von Gerson u. Sachse in Berlin 8.U.
Nr. 48386. Aus Holz und Eisen zusammengesetzter verstellbarer Leisten für Schuhmacher. — L.Gühringin Stuttgart, Leonhardstr. Iö.
Nr. 48449. Parallelschraubstock. — I. Leinen in Eßlingen a. N.
Nr. 48471. Einspannvorrichtung für Weißbleche; usatz zum Patente Nr. 47270. — Z. R. lee in Schalke i. W. Kaiserstr. 24.
Nr. 48558. Verfahren zur Herstellung einer rauhen Oberfläche beim Grundieren von Metallen für die nachherige Dekorierung — H. Gießler in Stuttgart, Schloßstr. 40.
Nr. 48500. Mit einer Noten-Anzeige-Vorrichtung versehener Apparat zum Spielen von Klavieren und Harmoniums. — A. Wider, Stuttgart, Augustenstr. 33.
Nr. 48503. Greifer mit Bremsvorrichtung snr Straßenbahnen mit unterhalb der Fahrschienen liegendem Seilkanale. —Maschienenfabril Eßling enin Eßlingen s R. M. de Ponsard in Lissabon.
Nr. 48501. Apparat zum Sterilisieren von Filtermasse, sowie zum Waschen und Aufziehen von Hefen. — I. Grözinger in Reutlingen.
Nr. 48541. Gesteinbohrmaschine mit stoßendem Werkzeug für gasförmige Betriebsflüssigkeit.— A. B. Drautz in Stuttgart.
Nr. 48687. Einrichtung zur Reinigung von Dampfkesseln während des Betriebes mittelst schraubenförmiger Bürste. — C. Fromm in Stuttgart, Augustenstr. 82s.
Nr. 48743. Neuerungen an Musikwerken, welche mit Mechanismus zum Drehen von Unter- sätzen für Weihnachtsbäume versehen sind; Zusatz zum Patente Nr. 30617. — I. C. Eckardt in Stuttgart, Böblingerstr. 59.
Nr. 48798. Vorrichtung zum Ausstößen viereckiger Löcher in Holzcylindern. — Gebrüder Schmohl in Göppingen, Württemb.
Nr. 48762. Feuerthür. A. B. Drautz in Stuttgart, Friedlichste. 32 und A. Ernecke m Berlin, Bergmannstr. 9611.
Nr, 48722. Verfahren zur Darstellung von O-Nitrobenzaldehyd aus O-Nitrobenzylchlom. Dr. E. Fischer in Stuttgart, Schloßstr.--v.
Bestellungen auf den Knzthäker
können täglich bei allen Postämtern gemacht werden.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.