einem Blick, daß dem Pastor die Thränen in die Augen traten. Aber er sprach kein Wort.

Seit des Sonnenwirts Rieke auf dem Kirchhof ruhte, hatte sich in dem Dorfe von Jahr zu Jahr so manches verändert.

Mancher, der in derSonne" tag­täglich seinen Schoppen getrunken, war in das Land gegangen, daher kein Wieder­kommen mehr ist, manchen von denen die gut Freund mit dem Sonnenwirt Schulz gewesen, quälte die Gicht oder andere Gebrechen des heranziehenden Alters und er gedachte nun seufzend und bedauernd der Zeit, da die Knochen und Glieder noch gefügig waren, auch manchmal im Stillen des Sonnenwirts.

Seit das Gasthaus neu erstanden auf der Brandstätte, viel größer und schöner, seit es ein anderes Schild trug, war der Verkehr dort nicht mehr so gewesen wie früher. Es gieng aus einer Hand in die andere, binnen sechs Jahren hatte es drei­mal die Besitzer gewechselt, und man sagte, daß der jetzige Inhaber je eher desto lieber es sich wieder vom Halse schaffen wollte. Und mancher im Dorfe sagte ernsthaft und bedauernd:Ja, der Sonnen­wirt verstand seine Sache."

An den Fenstern der Blumen-Rosel blühte und duftete es, wie in früheren Jahren, aber in ihr Haus war ein anderer Geist gezogen. Nicht mehr still und einsam war es in ihrer Stube, be­sonders wenn der Nachmittag kam und die Schule zu Ende war. Da kamen von allen Seiten die kleinen und großen Mädchen aus dem Dorfe herbeigesprungen, singend und lachend, da wurde die Thür auf- und zugemacht, da klappten Holz­schuhe lustig, und Rosels Stube wurde gefüllt. Aus einem großen Korbe verteilte Rosel Handarbeiten, hier einen Strick­strumpf, da ein Hemd, dort eine Häkel­arbeit, und bald saßen die Mädchen auf Stühlen, Schemeln und Fußbänkchen. Die Nadeln klapperten lustig/ der Faden wurde emsig heraus- und hereingezogen.

Die Rosel Walter hatte sich schon seit Jahren, auf Bitten der Frau Pastor, da­zu verstanden, den Mädchen des Dorfes Handarbeitstunde zu geben. Es kostete ihr zwar erst einen schweren Kampf, ihr einsames Leben aufzugeben, aber die Frau Pastor hatte mit freundlichen Bitten und Vorstellungen nicht nachgelassen und der Rosel klar gemacht, wie viel Gutes sie dadurch stiften und wie viel Freude sie selbst dadurch haben werde; sie sollte es nur wenigstens einmal versuchen.

Und Rosel Walter entschloß sich zu einem Versuche. Jubelnd kam das Pastor- Gretchen als erste Schülerin mit dem Strickstrumps an, etwas scheu und zag­haft folgten die anderen Mädchen, die sich bis jetzt an die Blumen-Rosel nie heran­gewagt hatten.

Als die ersten Stunden vorüber waren, fanden sie es alle wunderschön und auch die Rosel hatte ihre Freude an den Kindern, die von Tag zu Tag zutrau­licher wurden. Als der ausbedungene Probemonat zu Ende war, da dachten weder die Rosel noch die Kinder daran, daß die Stunden je ein Ende haben könnten. Die kleinsten Mädchen waren

Rosels Lieblinge. Die verstanden so zu bitten und zu schmeicheln, wenn ja eine Masche heruntergefallen war oder wenn die Stiche so gar nicht gleichmäßig wur­den.Ihr müßt die Fehler allein in Ordnung bringen", sagte Rosel wohl mit anscheinender Strenge. Aber da erhob sich ein Sturm:Liebe, gute Rosel!" ach, allerliebste Rosel!"o bitte, bitte schön", und Rosel konnte nicht widerstehen, sondern brachte alles in Ord­nung. Den ersten Platz in ihrem Herzen behielt das Pastor-Gretchen, das sich von Jahr zu Jahr lieblicher entfaltete, und gleich dahinter kam des Pastor-Gretchens kleines Schwesterlein. Das Kätchen, welches im selben Jahre geboren ward, da des Sonnenwirts Rieke starb, und dann waren da des Pfeiffers Marie, des Müllers Hannchen, des Uligs kleine Tine und wie sie alle heißen, es wollten gar viele in ihrem Herzen Platz haben, und es fand sich auch immer wieder für jemand Raum, Rosel Walter hätte nie gedacht, daß ihr Herz so viele umfassen könnte.

Hatte sie auch vergebens, immer ver­gebens auf die Straße ausgeschaut, die nach Westen führte, konnte sie auch den einen, den sie geliebt, nie vergessen und blieb ihr Leben im ganzen ein einsames, so war sie dennoch reich, unermeßlich reich geworden an Liebe, die sie gab und nahm.

Den Segen des Schaffens für andere lernte sie jetzt erst kennen und schätzen. Saß sie auch am späten abend oder zu nächtlicher Stunde noch gar oft bitterlich weinend vor ihrer Truhe, versunken in schmerzlicher Erinnerung und im Anblick ihrer Schätze aus einer längst vergangenen Zeit, so freute sie sich doch, wenn der Morgen anbrach und die Sonne in ihr Stübchen schien.

Wenn die Weihnachtszeit heranrückte, wurden die Strick- und Nähstunden sehr in die Länge gezogen. Da galt es arbeiten für die Armen im Dorfe. Die Frau Pastor wollte den Bedürftigen einen Weihnachtstisch Herrichten und brauchte viele Sachen dazu. Rosel Walter schloß vor jeder Weihnachtsbescheernng ihre Truhe auf und nahm Strümpfe heraus, so viel noch fehlten. Sie wollte diese aufgehäuften Schätze nicht mehr zurück­behalten. sie bot sie den Armen dar, willig und gern.

(Fortsetzung folgt.)

(Ein Hund als Entlastungszeuge.) Vor dem Schöffengericht in Meißen hat neu­lich ein Einwohner der Stadt, der be­schuldigt war, durch seinen Hund einem Auswärtigen Schaden zugefügt zu haben, in höchst origineller Weise seine Frei­sprechung erwirkt. Zur Feststellung der Thatsache mußte auch der Hund vor Ge­richt erscheinen und da in Meißen die be­treffende Rasse nicht selten ist, so bestritt der Beklagte einfach, daß sein Hund der Uebelthäter gewesen sei. Der Hund wurde vorgesührt und an den Kläger wurde die Frage gerichtet, ob dies der Hund sei, der ihn verletzt habe. Da der Kläger die Frage sofort mitJa" beantwortete, so mußte der Gerichtshof auf Freisprechung erkennen, denn der vorgeführte Hund war

nicht derjenige des Beklagten, man hatte vielmehr einen anderen Köter derselben Rasse mitgebracht.

(Berliner Wirtshaus-Humor.) In einem hiesigen Keller findet sich folgenderSinn­spruch" :

Wer am Teller leckt,

Sagt mir, daß ihm's schmeckt;

Wer mir 'was läßt stehn,

Muß zu Dresse! gehn."

Recht eindringlich warnt ein Wirt in der Alten Jakobstraße:

Seid gemütlich, meine lieben Gäste, Thut, als wäret Ihr bei mir zu Haus, Laßt's Euch schmecken auf das Allerbeste, Streiten zweie, fliegen Beide raus."

Sehr unparteiisch hält sich ein Wirt in Berlin 0:

Mir sind alle Gäste gleich, Christen, Juden, Heiden,

Nur auf die Hab' ich 'nen Piek, Die politisch kohlen,

Die verfluchte Politik Soll der Teufel holen." Weisheitsvoller klingen die Sprüche in einigen vornehmeren Wirtshäusern. So heißt es im Pschorr:

Trinke nicht in Hast, als sei's ein Spiel, Der Weise trinkt bedächtig, aber viel."

In den Restaurationsräumen eines Hotels in L'liV. mahnt ein Vers: Drückt Dich ein Kummer,

Quält Dich ein Schmerz,

Trinke 6 Liter,

Leicht wird das Herz."

Ein anderer Spruch lautet philo­sophisch:

Die Menschen sagen immer,

Die Zeiten werden schlimmer:

Die Zeiten bleiben immer,

Die Menschen werden schlimmer."

In den vongemischterer" Gesellschaft besuchten Lokalen haben die Sprüche meist praktischen Zweck, wie aus dem folgenden hervorgeht:

Wenn ich mein Brot verdienen soll, Mußt Du Dein Brot bezahlen,

Drum schlägst am Brote Du Dich voll, Denk' nicht, daß wir es stahlen!"

Mit epigrammatischer Kürze predigt ein anderer Bierwirt seinen Gästen: Pumpst Du, so lumpst Du!"

Gemeinnütziges.

Gegewärtig ist die beste Gelegenheit, Garten­beete von Würmern aller Art zu befreien. Man nimmt eine gute Hand voll frische Nußblätter, zerquetscht sie auf einem Stein oder Brett, bringt sie dann in eine Gießkanne voll Wasser und rührt tüchtig um, damit der Geruch der Blätter sich dem ganzen Wasser mitteilt. Gießt man von diesem Wasser in ein Wurmloch 25 Lößel voll, so kriecht nach einigen Minuten alles, was Wurm heißt auf der Oberfläche.

Mit einer Beilage Prospekt

für das Buch:

Meine Wasserkur" von Seb. Kneipp,

Pfarrer in Wörishofen (Bayern.)

Bestellungen auf den KnMler

können täglich bei allen Postämtern ge­macht werden.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.