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Staatsregierung so sehr gewünschte Zustand der Duldsamkeit überall Platz finden und zur Geltung kommen! Redner brachte sodann bei dem sich an die Feier anschließenden Festmahle ein Hoch auf den religiösen Frieden im Staate Württemberg aus und verlas ein Beglückwünschungs- Telegramm des Königs.
Neuenbürg, 1. August. Dem im heutigen Staats-Anz. (Nr. 177) enthaltenen Bericht über die am 25. Juli d. I. in Heidenheim unter dem Vorsitz des Staatsministers der auswärtigen Angelegenheiten, Herrn v. Mittnacht, stattgefundenen Sitzung des Beirats der Verkehrsanstalten zufolge, bildete den Hauptgegenstand der Beratung die Berichterstattung des ständigen Ausschusses über die Denkschrift der Generaldirektion der Staatseisenbahnen, betr. die Revision der Grundtaxen für den Güterverkehr auf den württ. Staatseisenbahnen. In Betreff dieser Angelegenheit hatte der ständige Ausschuß in seiner am 15. Juli d. I. in Wildbad abgehaltenen Sitzung Vorberatung gepflogen.
In dieser Denkschrift der Generaldirektion der Staatseisenbahnen ist nunmehr eine Revision der Grundtaxen (Streckeneinheitssätze) und der Expeditionsgebühren (feste Zuschläge) für sämtliche Tarifklassen analog dem im preußischen Staatsbahngebiet bezw. in Baden bestehenden System angeregt worden.
Von dem Beirat wurde entsprechend dem Vorschlag seines Ausschusses dem Ministerium die Annahme der preußischen Grundtaxen und der badischen Expeditionsgebühren anempfohlen.
Der Einnahmeausfall durch solche Frachtermäßigung wird von der Eisenbahnverwaltung annähernd zu 530000 c/tL jährlich geschätzt.
Als weiterer Hauptgegenstand kam die Zusammenstellung der von der Generaldirektion der Württ. Staatseisenbahnen bei dem Ministerium in Bezug auf die Gestaltung des Winter-Fahrplans 1889/90 gestellten Anträge zur Beratung.
Was dabei die Sache des Enzthals betrifft, so ist anzunehmen, daß, da die bezüglichen (im Staatsanz. vom 19. und im Enzthäler vom 20. Juli d. I. veröffentlichten) Anträge keine widersprechenden Bemerkungen erfahren haben, solche genehmigt find.
Wir freuen uns für das Enzthal, dies mitteilen zu können, da wir, statt seitheriger 4. nunmehr für den Winter fünf Züge nach jeder Richtung bekommen.
Die eben erwähnten Anträge der K. Generaldirektion lauten bekanntlich (s. Enzth. Nr. 113) kurz so:
vom 1. November bis 28. Februar wird ein Lokal-(Arbeiter)-Zug eingelegt:
ab Neuenbürg 7.20, an in Pforzheim 7.45 morg.;
die fünf Züge sollen abgehen: in Wildbad 5.35 7.50 12.10 5.20 8.50 in Pforzheim 6.55 9.40 2.10 7.40 9 55
Seither kursierten vom Oktober bis I. Mai folgende 4 Züge: ab Wildbad 5.35 — 12.10 5.40 8.25 ab Pforzheim — 9.45 2.10 7.15 9.50
Der Vorschlag in Nr. 104 und 106 d. Bl. lautete:
ab Wildbad 5.35 7.05 12.45 5.20 8.50 ab Pforzheim 7.35 9.40 2.10 7.40 9.55
Eine Abänderung, wie solche jetzt von der K. Generaldirektion beabsichtigt ist, ist also nur bei den unterstrichenen Zügen bemerkbar. An maßgebender Stelle werden hiefür wohl besondere Gründe in Betracht kommen.
-f- In der nächsten Zeit wird den Evangelischen der Umgegend ein Genuß religiösen Charakters bereitet, wie er bisher nur in den größeren Städten Deutschlands ermöglicht war. In Pforzheim wird nämlich das Lutherfestspiel von Herrig in der dortigen Turnhalle aufgeführt und zwar am Samstag den 3. August, abends 7 Uhr, ebenso am Sonntag den 4. August, Mittwoch den 7., Freitag den 9., abends 7 Uhr und Sonntag den 11., nachm. 3 Uhr und abends 7 Uhr. Das Festspiel währt 2*/- Stunden, so daß nach Schluß die Rückkehr mit der Eisenbahn nach allen Seiten möglich ist, und wird aufgeführt von Bürgern Pforzheims unter Mitwirkung des evang. Kirchenchors. Die Billete werden abends an der Kasse abgegeben. Der Reinertrag ist zu wohlthätigen Zwecken bestimmt. Da der Zudrang im Anfang ein starker sein wird, so wird es sich für die Besucher aus der Umgegend empfehlen, die letzten Aufführungen zum Besuch zu wählen. Bekanntlich haben diese Lutherfestspiele überall in Deutschland einen großen religiöserhebenden Eindruck gemacht, und sicher wird es auch der Fall in Pforzheim sein bei der Gediegenheit der Kräfte, die Mitwirken und der großen Sorgfalt, mit welcher die Vorbereitungen getroffen worden sind.
Mizellen.
1 Die trotz aller Warnungen noch von vielen Leuten befolgte Gewohnheit, bei einem Gewitter unter Bäumen Schutz zu suchen, hat in der Nähe des Dorfes Hoogstraeten mit einem Schlage vier Opfer gefordert. Ein Bauer, der mit Frau und Kindern auf dem Felde arbeitete, flüchtete sich mit diesen während eines schweren Gewitters unter die dichte Krone des höchsten Baumes eines nahe gelegenen Tannengehölzes. Der Blitz schlug in den Baum ein, tötete drei Sohne und eine Tochter des Bauern und betäubte diesen selbst derart, daß man an seinem Aufkommen zweifelt. Nur die Mutter, die ihre beiden jüngsten Kinder auf dem Arme hielt, ist verschont geblieben.
(Die schnellste Reise.) Der neue Hamburger Schnelldampfer Columbia ist nach einer Reise von 6 Tagen 19 Stunden von Southampton in Newyork eingetroffen. Es ist dies die schnellste Reise, welche je gemacht worden ist.
Eine Kugel, die aus der Schlacht bei Mars la Tour herrührte, wurde dieser Tage einem Fabrikarbeiter aus Iserlohn aus dem Fuße entfernt.
Von einem ehemaligen Viehhändler, der jetzt als wohlbestallter Renti« in einem Städtchen nahe an der böhnüsch- sächsischen Grenze von den Strapaze, seines Lebens ausruht, wird folgende! Geniestreich erzählt, den er beim Verlaus einer Kuh augewendet haben soll. Der Biedermann war mit seiner Kuh zu Mach gegangen und wegen derselben auch bald in Handel mit einem Kauflustigen getreten. Auf die Frage des Letzteren, ob die Kuh viel Milch gebe, antwortete er schmunzelnd: „Na, wenn Se Milch haben wollen, da müssen Sie se ganz getch kaufen!" wobei er seinem Tier gleichzeitig liebkosend das Euter streichelte. Auf diese „symbolische" Versicherung hin erwarb der Kauflustige die stattliche Kuh und führte sie heim. Dort wurde das Tier tüchtig gefüttert, versagte aber jede Milch. Wütend eilte nun der getäuschte Unser zu dem Viehhändler und stellte dies« energisch zur Rede. Derselbe gab dm Mann aber unverfroren zur Antwort: „Ich Hab' es Ihnen ja gleich gesagt, wenn Se Milch haben wollen, müsse« Sie se kaufen, die Milch nämlich."
(Der Verbrauch von Schönheitsmitteln in Berlin.) Eine junge Dame hatte sich kürzlich die Aufgabe gestellt, zu erkunden, wieviel an Schönheitsmitteln täglich in Berlin von den Damen verbraucht würde. Die großen kosmetischen Handlungen gaben ihr bereitwillig die gewünschte Auskunft und es stellte sich heraus, daß bei den bekannten diesbezüglichen Geschäften in Berlin zusammen täglich gekauft werden: 202 M Puder, 117 Rot, 61 '/« Augenbraunenfarbe, 50 Lippenpomade, 29'/i Glyuün und 15 Kilo Gold-Cream. Der Jahresbedarf beträgt demnach 73 730 Kilo Puder, 42 705 Kilo Rot, 22 356 Kilo Augen- brauncnfarbe, 18 250 Kilo Lippenpomade, 10 865 Kilo Glycerin und 5775 Kilo Gold-Cream.
! Lonckitio sine yua. non. In einer Heilanstalt werden die Kranken um vier Uhr morgens geweckt, um kalt begossen zu werden. Das Frühstück fällt weg und wird durch ein Dampfbad mit nachfolgender kalter Douche ersetzt; zu mittag bekommt man nur vegetarisch zu essen; nachmittags wird ein Halbbad genommen, dann folgt Massage, abends ein Sitzbad, und in den Zwischenzeiten erfreut man sich an nassen Abreibungen u s. w. in lieblicher Abwechslung, wobei fleißig Wasser getrunken wird. Einer der Kranken beklagte sich nun heimlich bei dem Oberkellner der Anstalt, daß er von alledem schon ganz schwach geworden sei. „Jamein Herr", meinte der Kellner, „um eine solche Kur zu ertragen, muß man schon eine eisenfeste Gesundheit besitzen."
Frankfurter Course vom 31. Juli 1889.
Geldsorten. ^
20-Frankenstücke.16.29-33
Englische Souvereigns .... 20.34-39
Ruß. Imperiales .16.67-71
Dukaten.9.63-68
Dollars in Gold.4.16-2"
Mt einer Beilage.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.