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sie würde mir fluchen, wenn ich käme. Ich kann und will keinen anderen genauer fragen, wie es wirklich um sie steht, und muß es doch wissen. Rosel, Ihr versteht cS und könnt es begreifen, daß ich den Vater gehaßt und ihm geflucht habe, Ihr thut es ja selber, aber ich kann die Rieke nicht vergessen."

Wilhelm konnte nicht sehen, wie Rosel bei seinen Worten abwehrend die Hand erhob, er hatte so hastig gesprochen, daß er Plötzlich innehielt und nach Atem rang.

Setze Dich, Wilhelm", sagte Rosel und zündete ein Licht an.

Sie schaute in Wilhelms Gesicht und prallte entsetzt zurück; er sah so toten­bleich und so wild, so verzweifelt aus.

Bist Du krank, Wilhelm?" fragte sie, um ihren Schreck zu verbergen.

Krank?" wiederholte Wilhelm und lachte rauh.Ich hab's Euch ja gesagt, Ihr braucht mich nicht bei Licht zu be­sehen. Hat mir neulich ein guter Freund gesagt, ich laufe herum, wie das leib­haftige böse Gewissen meint Jhr's auch?"

Sag' jetzt, was Du von mir willst, Wilhelm?

Jst's wahr, daß die Rieke nahe am Sterben ist?"

Ich hab's gehört."

Und die Leute sagen, sie sei krank seit seit seit jener Nacht, da der Sonnenwirt sein Haus ansteckte."

Ja, die Leute sagen's und es mag wohl so sein."

Wilhelm fuhr mit einer Geberde der Verzweiflung mit der Hand durch die Haare.

Haben's Euch die Leute selbst gesagt, Rosel?"

Die Leute? Ich komme mit den Leuten nicht mehr zusammen. Der Herr Pastor hat mir's gesagt."

Der Herr Pastor!" wiederholte Wilhelm langsam, Wort für Wort, als traue er seinen Ohren nicht,Rosel, was habt Ihr mit dem Pastor, mit dem Pfaffengelichter zu schaffen? Seid Ihr fromm geworden, Rosel? Da kann ich nur meiner Wege gehen."

Er wollte sich entfernen, aber Rosel hielt ihn zurück.Es wäre vielleicht besser gewesen, Wilhelm, Du wärst früher nie zu mir gekommen, Daß Du jetzt kommst, schadet Dir nichts. Was willst Du von mir?"

Was ich von Euch will, Rosel!" und Wilhelm faßte Rosels Hände so fest, daß sie hätte vor Schmerz mögen auf- schreien.Geht zur Rieke, seht, wie es um sie steht, jeden Tag, hört Jhrs, jeden Tag, und ich will am Abend kommen und fragen, wie es ihr geht." Rosel schaute ihn an und griff seufzend mit der Hand nach der Stirn.Zur Rieke Schulz, zu des Sonnenwirts Tochter!"

(Fortsetzung folgt.)

Wadegeschichten aus atten Hagen.

(Schluß.)

Welch' heroische Kur, wie sich ihr heute kein slovakischer Bauer unterziehen und sie vertragen würde, hat die viel besungene schöne Philippine, von der die

Zeitgenossen die so zarte Haut und den weißen Hclls rühmen, durch den der rote Wein durchschimmerte, in Karlsbad durch­gemacht. Die ersten vierzehn Tage wurde nur getrunken man trank und badete im Hause und zwar beginnt sie am 28. August mit einem SeidelSprudel" und steigt bis auf neun Seidel; während der dreiundzwanzig folgenden Tage nimmt sie anfangsVor- und Nachmittag" ein einstündiges Bad und steigt allmälig bis zu einem zweimaligen sechsstündigen Bad, worauf rotlaufartiger Ausschlag eintrat und sie wieder nur eine Stunde badet und auch den Rodisfurter (jetzt Gießhüb- ler) Sauerbrunn trinkt. Am 7. Oktober ist die Kur beendet. Handsch kündet zwar nicht, wo die hohe Patientin wohnte und auch die Karlsbader Chroniken wissen davon nichts auszusagen, aber der Haus­frau gedenkt er mit süßsaurer Miene; dieselbe trat, wie dies in allen Kurorten heute noch Sitte oder Unsitte ist, mit ihrer reichen autochthonen Erfahrung an die Erzherzogin heran und auf ihren Rat bemerkt der Leibarzt kürzte sie die Badezeit, und ein anderesmal trinkt sie gegen seinen Rat den Brunnen. Ob Handsch diese hausfrauliche Einmengung in seine Amtssphäre so sehr den Aufent­halt verleidet, daß er sein Tagebuch am 7. Oktober abschließt mit den Worten: Die Kur beendet, um 8. reisen wir von Karlsbad ab, Imu8 Oco Gott sei Dank! oder die Langeweile? ist nicht ersichtlich; denn sein Memorial ist aus­schließlich eine Krankengeschichte. Auch spricht er kein Wörtlein von der Bade­diät und derDiätetik der Seele" und doch wurde auf diese beiden bei Kuren damals großer Wert gelegt. Der Grund­satz der berühmten Schule von Salerno: tzui curat, non curatur" (Sorgen ver­eiteln die Kur) galt in allen Badeorten und als Vorwand oft für die tollste» Belustigungen. In Holzschnitten von Albrecht Dürer, in Zeichnungen von Hans Sebald Bchaim, sowre in den Blättern derCosmographey" von Se­bastian Münster sind Bade-Attribute ab­gebildet: Musikalische Instrumente,um den Geist aufzumuntern"; sie vertraten die heutigen Badekapellen; Trinkgefäße. Blumen undKrätzer", die Nachkommen des römischen Strigiles. Auch wurde während des Bades getrunken. Albrecht Dürer verbucht während seines Aachener Aufenthaltes die AnzahlStüber", die er verbadet und vertrunken hat, unter Einem. In einer bildlichen Darstellung des Frauenbades in Baden bei Wien (der Llcosrapdia Llaviana, k. k. Hof­bibliothek) ist eine Badende zu sehen, in der Linken einen mit Rotwein gefüllten Humpen, in der Rechten ein gestieltes Glas, links naht eine Dienerin mit einer mächtigen Pastete und rechts auf einem Brett steht noch ein Weinkandel. Und ein Verslein spricht:

Noch ist zu merken zu der Letz.

Ein nutz und nötig Badgesetz,

Daß wer allda will sitzen ein

Der bring' mit sich ein Flaschen Wein.

Der Wein gehörte übrigens auch oft zu den damals üblichenBadegeschenken", diese standen bis ins 17. Jahrhundert

hinein in Brauch; Verwandte und Freunde sandten den Badenden Geschenke nach, hohen Herren uud Amtspersonen wurden von den Unterthanen und Untergebenen Gold- und Silberwaren, Wild und sonstige Lebensmittel in reicher Auswahl gespendet, und die fürstlichen Persönlich­keiten, die ein Bad besuchten, erhielten von den Eigentümern oder dem kolleg­ialen Landesvater ein Kurangebinde. Ein solches Badegeschenk hätte beinahe zu dem ersten diplomatischen Konflikt zwischen den Höfen von Oesterreich und Rußland ge­führt. Als Peter der Große 1711 nach Karlsbad kam, sandte ihm Kaiser Leopold zwölf Eimer edelsten Rheinwein als Kur­trunk, aber das Geschenk wurde nicht an 8a Llajcstö ckmpcriale, sondern an 8z Najcstc O-mricnnc adressiert, da Oesterreich sich gegen die Einführung Rußlands in die europäische Staaten­familie stemmte. Peter der Große, um nicht schroff abzulehnen und doch auch nicht anzunehmen, erklärte,daß es sich mit seiner Kur nicht vereine", obgleich er während derselben ganz gehörig bürstete, und schenkte die edle Weingabe der dortigen Schützengesellschaft. Der Wein wurde alsZarenwein" verkauft und mit dem Erlös diePeters-Stiftung" begründet, deren Zinsen alljährlich noch den Schützen einen guten Tropfen kre­denzen. Die Badegeschenke blieben übrigens noch bis Ende der vierziger Jahre dieses Jahrhunderts in Mode, freilich be­schränkten sie sich meist auf Spenden von allerhand autochthonem Backwerk, n>ie Gugelhupf. Torten, Oblaten. Riesenkipfel u. A. Dann verwandelten sie sich in musikalische Ovationen, indem hohen Herrschaften ex otko, anderen von Freunden und BekanntenMorgenständ­chen" oder Serenaden von der Kur­kapelle oderBrunnenmusik" gebracht wurden.

(Die Wette.) Ein Briefwechsel. Lieber Bierberg! Gestern wettete ich mit Meyer um zehn Mark, Du würdest mir hundert Mark leihen. Solltest Du mich die Wette verlieren lassen, so schicke wenigstens die zehn Mark, daß ich sie zahlen kann.

W e i n t h a l.

Lieber Weinberg! Es hat mich einiger­maßen überrascht zu sehen, daß Meyer mich besser kennt als Du, mit dem ich viel länger bekannt. Dich scheint er weniger gut zu kennen : denn heute wettete er mit mir, Du werdest ihm die zehn Mark zahlen. Du wirst einsehen, daß ich Dir nicht selbst die Mittel bieten kann, mich meine Wette verlieren zu machen.

Bierberg.

(Wörtlich genommen.) In einer Wirt­schaft bestellt ein Gast zwei weiche Eier, und ein anderer ruft dem davoneilenden Kellner zu:Mir auch zwei, aber frische!" Der Kellner in der Küche:Vier weiche Eier; zwei müssen frisch sein!"

(Nobel.) Chef (zum Lehrling): Se bekommen bei mir jeden Abend eine warme Knoblauchwurst, wenn Se sich waiter führen ßu meiner Zufriedenheit, kriegen sie vvm nächsten ersten auch Senf daßn.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.