606

pfleger Hayd und Hr. Fr. Pfromm er ssn.; Mitglieder über 35 Jahren sind die HH. Ehrenvor­stand Lutz sen , Joh. Sattler und Sattler F. Widmann. Hr. Lutz ssn. dankte für die uner­wartete Ehrung und gab feiner Freude über das Blühen und Gedeihen des Vereins Ausdruck. Eine weitere Ueberraschung wurde den Vereinsmitgliedern bereitet, als der Vorstand des Nagoldpau-Sänger- bundes, Hr Zahntechniker Bayer daS Wort ergriff. Zur Zeit der Gründung vor 45 Jahren zurückgreifend und den Entwicklungsgang verfolgend, gab der Redner seiner Freude über das Wachsen und Gedeihen des Vereins Ausdruck. Nur dem Fleiß und dem vor­wärtsstrebenden Geist, der die Sänger beseele, sei dieses Vorwärtskommen zu verdanken. Mit einem Hoch auf den Verein schließend, übergab Hr. Bayer die Ehrengabe des Hohenwarter Vereins, einen silbernen Epheu-Kranz, welcher vom Vorstand Hrn. Lutz srm. dankend entgegengcnommen wurde. Dem Herrn Vereinsdirigenten gebührt zum Schluffe alle Anerkennung für das Zustandekommen des in so schöner Weise verlaufenen CorcertS.

Calw, 10. Okt. Auf dem heute stattgehabten Pferde-, Vieh- und Schweinemarkt waren zugeführt- 14 Pferde, 373 Stück Rindvieh, 49 Körbe Milchschweine, 80 Stück Läufer. Der Handel war nur in Fettvieh belebt. Preis der Läufer­schweine 3575., der Milchschweine 1539 pro Paar.

Heidelberg, 8. Okt. Gestern Sonntag den 7. ds. gegen 7 Uhr Abmds verbreitete sich das Gerücht von einer furchtbaren Eissnbahnkata- strof«, des sich vor dem KarlSthor, also so zu sagen inmitten der Stadt, ereignet habe. Von dem Heiliggeistkirchturm ertönte daS Feueralarmzeichen und alsbald waren Aerzte, Krankenschwestern, Ambulanzen auf dem Weg nach der Unglücksstätte. Das Un­glück war wert furchtbarer als man geahnt harte. Ein hier gegen °/»7 Uhr eintrcffender, dicht besetzter Lokalzug hielt oberhalb des KarlSthorS auf einer scharfen Kurve, da dis Schaffner wegen der Menge der Passagiere mit der Billetabgabe (diese erfolgte im Zug) nicht hatten fertig werden können. Trotz­dem gab ein junger Beamter der Karlsthorstation einem auf derselben Linie nachfolgenden Kurszug di« Bahn frei. Da infolge der Kurve der Lokalzug nur auf wenige Meter gesehen werden konnte, fuhr der KurSzug fast mit vollem Dampf von hinten in den Lokalzug hinein. Der letzte Wagen wurde völlig eingedrückt, der vorletzte schob sich vollständig in den dritten hinein und legte sich über diesen. Ein« furchtbare Panik erfaßte die nicht Verletzten, die durch Thüren und Fenster den AuSgang suchten. AuS den zertrümmerten Wazen erscholl furchtbares Schreien, Stöhnen und Wimmern, während eine von Entsetzen erfaßte Menge auf den Böschungen umherirrte. ES dauerte fast Stunden, bis man alle Toten und Verletzten aus den Trümmern befreit hatte. Durch die Hauptstraße begann unterdessen der schauerliche, nicht enden wollende Transport der Toten und Verwun­deten mittels Wagen nach dem Akademischen Kranken­haus. Die ganze Nacht und den ganzen Vormittag wurden hier schwere Amputationen an den unglücklichen Opfern vorgenommen. Die Zahl der Toten beträgt bis jetzt 7. Leider wird voraussichtlich noch ei» große Zahl der Unglücklichen ihren Verletzungen erliegen. Bis jetzt sind 73 schwere Verwundungen festgestellt.

Die Zahl der leichten Verletzungen kann bis jetzt noch gar nicht übersehen werden. Betroffen sind fremde Auiflügler, solche von Mannheim uno Heidel­berger Bürgerkreise. Die Pferdebahn ließ bis spät in die Nacht hinein Wagen laufen, die von Menschen über­füllt waren. Auch heute ist die Aufregung in der Stadt eine ungeheure. Der Beamte, der das Unglück verursacht hat, wurde noch in der Nacht verhaftet.

Ein Herr, der sich im hintersten Wagen des Lokalzuges befand, erzählt der Heidelberger Ztg.: Ich hatte ursprünglich am Fenster der oiertletzten Bank gesessen. Auf der Station Jägerhaus füllte sich der Wagen aber so, daß einige Damen nicht Platz fanden: ich stand also auf und räumte den Platz, mir zum Glück, den Damen aber vermutlich zum Unglück. Beim Hausacker fuhr unser Zug sehr langsam, vielleicht stand er ganz, daS kann ich nicht genau angeben, als man plötzlich den hinter uns herbrausenden Kurszug hört«. Ein zum Fenster hinauSschauender Passagier machte im gleichen Augen­blick verzweifelte Anstrengungen, aus dem Fenster ins Freie zu gelangen. Ich hatte an der Kante einer Bank mich angelehnt, sprang in die Höhe, im gleichen Augenbl ck gab es auch schon einen furchtbaren Stoß und Krach, worauf ein schreckliches Schreien, Stöhnen und Wimmern antwortete. Ich fühlte mich an beiden Füßm ein wenig festgeklemmt, zugleich drang ein unerträglich heißer Wasserdampf gegen mich vor. Einen Augenblick gab eS durch Zugluft ein wenig Kühlung, zu gleicher Zeit bekam ich meine Füße frei, kletterte über daS Gepäcknetz einen anderen Weg gab es nicht in das nächste Abteil und ge­langte von da durchs Fenster ins Freie. Als ich dann von außen nach meinem Abteil ging, um nach meinen beiden Mitreisenden Freunden zu sehen, waren schon Bahnbeamte zur Stelle und mit der Hilfsleistung beschäftigt. Einer meiner Freunde ist leider auch ein Opfer der Katastrophe geworden, beide Beine wurden ihm abgequetscht.

Die Wirre« i« China.

Berlin, 9. Okt. In einem Telegramm des Berliner Lokal-Anzeigers aus London wird aus Peking gemeldet: Die Deutschen wollten den von den Russen geräumten Sommerpalast besetzen, doch die Engländer kamen ihnen zuvor und halten ihn jetzt besetzt. Die Russen räumten daS Gebiet des Kaiserpalastes außer­halb der verbotenen Stadl. Dasselbe ist jetzt von den Deutschen vccupiert. Li-Hung-Tschang übermittelte dem Prinzen Tsching Waldersee's Forderungen, die Anstifter der Boxerbrwegung zu bestrafen. Prinz Tsching erklärte, nichts thun zu können, bevor Li- Hung-Tschang angekommen sei. Nach Privatbriefen auS Tayen-fu soll Kaiser Kwangsü bei voller Gesund­heit, die Kaiserin-Witwe aber sehr leidend sein und dringend eine Verständigung herbeiwünschen.

Berlin, 9. Okt. Der Lokal-Anzeiger meldet auS Shangai: Nachrichten aus chinesischer Quelle besagen, Graf Waldersee habe an den Prinzen Tsching und an Lihung Tschang die Forderung auf Auslieferung veS Pr inzen Tuan und der übrigen Boxerführer vor Eröffnung von Verhandlungen gestellt.

Rom, 9. Okt. Der Mefsaggero meldet auS Liangbang: Graf Waldersee ließ die Militär- und Zivilbehörden der Provinz Petschili auffordern, sich innerhalb 48 Stunden zu unterwerfen. Diese

kamen dem Befehl nach, worauf sämtliche chinesische Truppen entwaffnet wurden. 8000 Chinesen flohen vor den internationalen Truppen nach befestigten Orten an der Großen Mauer.

Paris, 9. Okt. Auch in hiesigen politischen Kreisen bezeichnet man die Friedens erkiär- ungen des chinesischen HofeS als keines­wegs vertrauenswürdig. Sie bezweckten vielmehr nichts anderes als eine Verschleppung der Verhandlungen. Ein Wiederaufnahme der Feindselig­keiten im kommenden Frühjahr wird für unvermeid­lich gehalten.

Obst- u. Weiupreije, KartoM- u. Krautmarkt.

Calw, 10. Okt. (Obstmarkt.) Auf den heutigen Markt war kein Obst zugebracht, die Ab­schlüsse vollziehen sich direkt. In den BezirkSorten wurde bisher ^ 1.90 bis ^ 3.30 bezahlt, während in der Stadt vieles auf Durchschnittspreis gekauft wird.

Stuttgart. Obstpreise vom 9. ds.: Gemischtes Obst 2.40 bis 3.60, Cannstatt 2.40 bis 3 Eßlingen 3.7080. Kirchheim u. T., Aepfel 3.6070, gemischt etwas billiger. Zufuhr 2000 Säcke.

Stuttgart, 9. Okt. Zufuhr auf den LeonhardSplatz: 600 Ztr. Kartoffeln, Preis per Ztr. 3 80 k»s 3 30 iZ. Zufuhr auf dem

Schillerplatz: 1500 Stück Filderkrauk, Preis per 100 Stück 3022

In Stuttgart und Cannstatt beginnt die Weinlese am 15. Okt. Preise sind bekannt von Besigheim 130 pro 3 bl, Marbach 115 Maulbronn 95-105 Mark­gröningen Bergwein 130145 Mittelge- wächs 125 Höpfigheim, Verkäufe auf MiUklpreis und zu 133150 Schwaigern 130

Ensingen OA. Vaihingen. Verkauf leb­haft, Preis 120 bis 125 pro 3 kl; noch viel Vorrat.

Horrheim, 9. Okt. Heute Verkauf ziemlich lebhaft. Preis- 110120 ^ pro 3 kl. Noch viel Vorrat. Qualität übertrifft die Erwartungen. Käufer erwünscht.

Stuttgart, 8. Okt. (Hopfenmarkt im städt. Lagerhaus.) Dem heutigen Markt waren 300 Ballen zugefohcen, so daß unter Einschluß deS Bestandes vom Vormarkt zus. 302 Ballen zum Ver­kauf standen. Abgesetzt wurden 136 Ballen. Die Eigner von Primaware verbleiben in ihrer abwarten­den Haltung. Der Verkehr erstreckte sich zum großen Teil auf Mittelsorten. Die Preise find unverändert für Pnma 85100 für Mittel 70 - 85 Unverkaufter Vorrat 166 Ballen, meist lauter Prima­ware.

MrLkrmrtri!,

und höher 14 Meter! Porto- und zollfrei zugesandtl Muster umgehend; ebenso von schwarzer, weißer u. far­bigerHenneberg-Seide" von 85 Pf. bis 18.65 p. Met.

6. iivnnsbvl'g, 8eit!en-k.ibritniiit (!i. v. k. Haß.) lülsivtl.

Gleich darauf schwelgten wir, mein Onkel und ich in dem Genuß einer herrlich duftenden Havanna, und ich entsinne mich nicht, daß mir dieselbe weniger geschmeckt hätte, als ich bemerken mußte, daß Mr. Hawke geflissentlich vermied mich anzusehen oder mit mir zu sprechen, ich vielmehr für ihn vollständig Luft geworden war.

Nachdem wir etwa zehn Minuten zusammengesessen hatten, während welcher nur ab und zu zwischen den beiden alten Herrn ein Wort gewechselt worden war, bat unser Gastgeber meinen Onkel um Entschuldigung, wenn er ihn auf kurze Zeit verließe, um einmal nach dem Kranken zu sehen, damit dieser sich in seinem Hause nicht vernachlässigt fühle.

Al» er gegangen und wir allein waren, fragte mein Onkel:Hast du dich gut unterhalten?"

Ueber alle Beschreibung gut," antwortete ich, noch ganz berauscht von den schönen Stunden.

Das freut mich," fuhr er ernst fort,koste die Gelegenheit au», denn ich vermute, du hast heute zum ersten und letztenmal hier gegessen."

DaS fürchte auch ich," erwiderte ich etwas kleinlaut,denn Mr. Hawke zeigt eS mir nur zu deutlich."

Na, einen Vorwurf kannst du ihm daraus aber auch nicht machen. Du verfluchter Kerl hast e» wirklich etwas zu toll getrieben. Dich und da» Mädel zu sehen war gerade so, als wenn man ein paar verliebte Turteltauben vor sich hätte. Ihr hattet ja rein gar kein Lug« und Ohr mehr für uns andere. Wenn Hawke mich und dein« Tante bald auS der Liste seiner Befreundeten streicht, soll r» mich nicht wundern."

Sprichst du im Ernst?" rief ich erschrocken.

Nun natürlich, denkst du aber, ich würde deshalb Trauer anlegrn? Wir wollen nächste Woche seine Einladung erwidern, und wenn er annimmt, magst du mir den Kopf rasieren. Aber sag'. Junge, war es nicht fein von mir eingefädelt, di« die Florence zuzuschanzen? Ich konnte doch nicht wissen, welche Tochter er meinte, daß ich führen sollte," lachte er herzlich.

Ja, wirklich, ich habe dich bewundert, du warst unübertrefflich. Deine kleine List hat mich wahrhaft gerührt, ich schulde dir viel Dank."

Versteht sich, und nun will ich dir noch etwas sagen, Schlingel," dabei blinzelte er mich mit halb geschloffenen Augen an:Weißt du, ich glaube nicht, daß wenn du auch das Mädchen gewinnst, du jemals die Einwilligung des Alten erlangst. ES wird dir nichts übrig bleiben als mit ihr davon zu laufen, und da bin ich geneigt, eine Summe Geld auf dein Glück zu wagen. Findest du noch ein paar weitere Gelegenheiten Florence zu sprechen, so will ich darauf wetten, daß du sie dazu dringst dir zu folgen, aber da» sage ich dir," und hierbei wurde er sehr ernst,sind deine Gefühle für das liebe Kind nicht ganz von Herzen aufrichtig, dann erwarte ich von dir, daß du dich fortscheerst, eh« sie ihr Herz verliert und eine Liebe zu dir faßt, die vielleicht nur Kummer über sie bringt."

Mein teurer Onkel . .

Hör' mich zu Ende, damit du mich ganz verstehst," schnitt er mir da» Wort ab.Ich dulde kein« Liebelei mit diesem reinen Wesen. Du wunderst dich, mich so sprechen zu hören und ich kann mir denken, wa» du sagen willst, aber du bist erst 25 Jahr«, und in dem Alter ist in der Regel der Charakter noch wie Sand. DaS schönst« Schloß, welche» darauf gebaut ist, verschwindet plötzlich, wie ein Kohlenschiff auf den Godwin-Sandbänken." (Forts, folgt.)