und Volksfeste geworden. Was die Jugend, der sie anfänglich vorzugsweise galten, in kultureller Beziehung dabei gewonnen, wollen wir hier nicht untersuchen.

Welch hohen Wert die graphische Aus­stellung in technischer Beziehung besitzt, geht am deutlichsten hervor aus der Aufmerksamkeit, die ihr von auswärtigen bedeutenden graphischen Anstalten und Körperschaften gewidmet und durch Entsendung von Fachautoritäten und Mit­gliedern bewiesen wird. Bereits Anfang voriger Woche war Geh. Ob.-Reg.-Rat Busse, der Direktor der deutschen Reichsdruckerei, in Stutt­gart anwesend und wurde vom Mitglied«! des Ausstellungsausschusses, Hrn. Th. Göbel, durch die Ausstellung geführt, bezüglich deren ge­nannter Herr seine lebhafteste Befriedigung aus­sprach. Kaum zurück nach Berlin, sandte er einen Stellvertreter, Postrat Gürtler, nach hier, und im Laufe dieser Woche werden noch einige Abteilungsvorstände der Reichsdruckerei hier eintreffen, und auch der stellv. Direktor und der Inspektor der k. k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien werden in den nächsten Tagen hier erwartet, um die Ausstellung noch vor deren der kommenden Schulausstellung halber leider so bald Notwendig werdenden Schluß zu be­sichtigen. Aus Leipzig waren von Samstag bis Montag anwesend der Custos des Buch­gewerbemuseums, Hr. Burger, und ein Stipen­diat der Tauchnitz'schen Stiftung, der Maschinen­meister einer Leipziger großen Druckerei, die sämtlich unter der sachkundigen Führung des Hrn. Göbel die Gewerbehalle durchwanderten, und deren Urteil dahin zusammenzufassen ist, daß sie alle bestätigten, ihre hochgespanntesten Erwartungen seien bei weitem übertroffen worden.

Zur Jubiläumslitteratur gehört auch der prächtig ausgestatteteKatalog der Graph­ischen Ausstellung der Württemberg. Buch- und Druckgewerbe", nicht nur weil die betr. Ausstellung, wie auf dem Titel des Katalogs steht,zur Feier des 25jährigen Regierungs- Jubiläums Sr. Maj. des Königs Karl" veran­staltet worden ist, nicht nur weil dem Titelblatt ein schönes, die wohlgelungenen Bildnisse Ihrer Majestäten umrahmendes chromozinkographisches Blatt gegenübersteht, sondern namentlich auch, weil die dem Katalog vorangestellte historisch­technische Skizze über Einführung und Ent­wicklung der Buch- und Druckgewerbe in unserer Heimat neben einer Fülle sonstiger Belehrung ein Bild davon geben kann, welche Bedeutung Stuttgart im Verein mit mehreren anderen württembergischen Plätzen für das Buchgewerbe im weitesten Sinne des Wortes während der letzten 25 Jahre behauptet und fortschreitend errungen hat. Möge der Katalog seinen Zweck erfüllen und allen denjenigen Besuchern der Graphischen Ausstellung, welche in den Räumen der Gewerbehalle etwas mehr suchen als flüchtige Befriedigung äußerlicher Schaulust, eine ge­diegene Vorbereitung für den Besuch der Aus­stellung werden, ein freundlicher Geleiter durch ihre Räume sem und eine nachhaltige Erinner­ung an das hier Geleistete bleiben. Und da beim neulichen Festessen der süddeutschen Buch­händler in Stuttgart ein Stuttgarter Buch­händler in seinem Trinkspruch auf die Schrift­steller die einfache, aber für manche Kreise beherzigenswerte Wahrheit ausgesprochen hat, daßein Buch nicht nur gedruckt und gesetzt, sondern auch geschrieben werden müsse": so hilft vielleicht der Katalog dazu mit, eine Lücke auszufüllen, welche er bis jetzt blos aufdeckt.

(S. M.)

Ausland.

Es ist von Interesse, die Stimmung kennen zu lernen, welche sich in England, dem Lande der politischen Flüchtlinge, be­züglich des Afylrechts in der Schweiz anläßlich der Note Deutschlands und Ruß­lands kundgiebt, soweit sich diese Stim­mung in der Presse wiedcrspiegelt. So schreibt die dem Hofe nahestehendeSt. James Gazette":Die Nihilisten in Ruß­land , die Fenier in England und die

Agenten Ter internationalen Verschwörung in ganz Europa haben unsere Ansichten über das politische Asylrecht geändert. Selbst die demokratische kleine Schweiz wird es satt, ein Hospital für die in den politischen Kämpfen Verwundeten zu sein, und es will die Vorstellung Deutschlands und Rußlands in Erwägung ziehen. Dieses ist weise und versöhnlich, wie wir es lange den Staatsmännern der Schweiz ange­raten haben. In früheren Zeiten rühmte sich England, daß Leicester-Square ein glücklicher Jagdgrund wäre für Leute, welche cs nicht für geraten hielten, in dem Lande ihrer Geburt zu wohnen. Das war aber in den Tagen, da politische Verbrechen wirklich politisch und nicht zu kaltblütigen Morden herabgesunken waren. Wenn das Asylrecht wieder revidiert wird, waS ohne Zweifel geschehen muß, wird es noch weit genug bleiben, um Flüchtlinge wie den General Boulanger zu decken, so lange er nicht au dem Ort seines Asyls eine Verschwörung anzettelt. Wahr­scheinlich würde es aber nicht Herrn Garaschanin, falls er des Mordes be­schuldigt würde, oder Alexander Sullivan sicher stellen. Weil ein Mörder ein Politiker ist, folgt daraus noch nicht, daß der Mord eine politische Handlung ist. Die Elenden, welche bezahlt werden, um Dynamit und Dolch zu gebrauchen, sind Gewürm, welches aus jedem Schlupfwinkel verjagt und bei der ersten besten Gelegen­heit aufgeknüpst werden sollte." Der konservativeStandard" läßt sich wie folgt vernehmen:Das Asylrecht wird nirgends höher geschätzt als in England, aber zwei Gründe sind es, weshalb die Schweiz in dieser heiklen Sache sich mit weiser Vorsicht benehmen sollte. Der erste ist die wachsende Macht und Einigkeit der Nachbarn der Schweiz, der zweite der, daß die moderne Wissenschaft den Ver­schwörern bedeutend größere Mittel in die Hände gegeben hat. Es gab eine Zeit, wo die stärkste Macht nicht daran gedacht hätte, mit der Schweiz über das Asylrecht zu hadern. Wir müssen aber gestehen, daß selbst wenn Rußland und Deutschland eine herrischere Haltung der Schweiz gegenüber jetzt annähmcn, sie kaum auf Widerstand von anderer Seite stoßen würden. Was Deutschland an­betrifft, welches wegen der Wohlgemuth- Angelegenheit den ersten Schritt gethan hat, so kann man ihm kaum den Borwurf machen, einen herrischen Ton angenommen zu haben. Im Gegenteil hat es seine Riesenstärke mit der seiner hohen Stellung entsprechenden Würde gebraucht. Dies ist ein weiterer Grund, weshalb die Schweiz allen vernünftigen Forderungen Nach­kommen und berechtigte Empfindlichkeit schonen sollte."

MisMen.

Ein Arzt in Bonn wurde wie die Köln. Volksztg." mitteilt kürzlich zu einem zweijährigen Mädchen geholt, welches durch plötzlich eingetretene Krämpfe, Er­brechen und Gliederschmerzen die Eltern in Besorgnis setzte. Der Arzt stellte so­gleich Vergiftungs-Erscheinungen fest und blieb bei dieser Erklärung auch, als die

Angehörigen bestimmt behaupteten, das Kind könnte unmöglich etwas Schädliches genossen haben. Man rief schließlich das ältere Schwesterchen der Kleinen herbei und nun ergab sich, daß dieses dem Kinde etliche Pflaumenkerne aufgeknackt und zum Essen gegeben hatte. Die Pflaumenkerne enthalten bekanntlich Blausäure. Durch schnell eingegebene Gegenmittel wurde die Gefahr beseitigt. Das Kind würde aber, nach der Erklärung des Arztes, verloren gewesen sein, wenn die Hilfe nur eine Stunde später gekommen wäre.

(Ein Gedicht des Fürsten von Mon­tenegro.) Es dürfte in Deutschland noch wenig bekannt sein, daß Fürst Nikolaus von Montenegro auch literarisch thätig ist. Ein besonders charakteristisches Ge­dicht geben wir hier nach einer französi­schen Uebersetzung:

Der Fürstin Snrja.

Mein Kind, trau' nicht dem falschen Schimmer, Ein Thron gewährt nicht süße Rast,

Er bringt uns oft nur schweren Kummer, Und Freude ist ein selt'ner Gast.

Den aoldnen Schein der Fürstenkrone,

Des Leidens Kreuz gar oft umflicht;

Von Fürsten, die stets glücklich waren, Erzählen selbst die Märchen nicht.

Glaub' mir, mein Kind, es wohnt der Friede Nur in der Heimat stillbeglückt,

Wo Arbeit und das edle Streben Nach Wahrheit unser Leben schmückt.

Wenn man Alles im Leben nur nach seiner Nützlichkeit beurteilen wollte, dann müßte das Trinkwasser teurer sein als das Gold.

Gemeinnütziges.

fDer Stachelbeerstrauch nach der Ernte.j Es giebt kein dankbareres Beerenobst als die Stachel­beere, und nur selten einmal versagt sie die Ernte. Je mehr man aber den Strauch Pflegt, um so größere, schönere und wohlschmeckendere Früchte giebt er, besonders auch dann, wenn im Sommer seiner gedacht wird. Man entferne, so rät dieGart.-Ztg." , darum in dieser Zeit alle Wurzelschoffen nnd suche ihn auch gegen allzugroße Trockenheit zu schützen. Wo man es haben kann, bedecke man die Erde um den Stamm herum, soweit der Umfang der Mauer­krone geht, mit altem klarem Dünger. Derselbe schützt gegen zu starkes Austrocknen des Bodens, kräftigt die Pflanzen ungemein und trägt zur Erlangung guter Ernten im kommenden Jahre bei.

sZum Räuchern des Fleischesj empfiehlt die Landw. Zeitschr. f. Oberösterr." folgendes einer Probe werte Verfahren: Das zu räuchernde Fleisch wird von frisch geschlachtetem Vieh noch im warmen Zustande entnommen und dann so­fort in einem innigen, zuvor fertiggestellten Gemenge von 1 Teil fein gepulvertem Salpeter und 32 Teilen Kochsalz tüchtig herumgewalzt. Nunmehr wird das Fleisch mit so viel Kleie bestreut, als irgendwie an ihm haften bleibt, und, in eine Lage Fließpapier gewickelt, in den Rauch gehängt. Bei diesem Verfahren vermeidet man, daß die Oberfläche des Fleisches zu schnell austrocknet und dadurch eine Kruste und m dieser Risse entstehen. Auch bildet sich eine nur wenig dichte Rauchkruste, und wenn Wafier- dämpfe sich verdichten, so bleibt diese Feuchtig­keit in der Kleie und dringt nicht in das Fleisch. Ein derartig geräuchertes Fleisch .erhält em einem stark geräucherten Lachs ähnliches Aus­sehen, einen guten Geschmack und kann, ohne zu verderben, mehrere Jahre hindurch ausbe- wahrt werden.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.