suche bei den Mitgliedern der k. Familie und anderen Fürstlichkeiten und nahmen sodann an der Tafel teil, zu welcher Ihre Königliche Hoheit die Frau Prinzessin Katherina von Württemberg die sämtlichen fürstlichen Besuche Seiner Majestät eingeladen hatte.
Stuttgart. Die seit dem 26. Juni wieder versammelte Ständekammer wurde, nachdem noch der Hauptfinanzetat und das Finanzgesetz pro 1889/91 mit sämtlichen 88 Stimmen angenommen worden war, vertagt.
Falsche Zweimarkstücke sind, wie aus Friedrichshofen geschrieben wird, dieser Tage dort in Umlauf gesetzt worden. Dieselben tragen das Münzzeichen 6 mit dem Bildnis Kaiser Wilhelm I.
MisMen.
Aer Sonnenwirt.
Von Erich Norden.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
„Bleib", sagte die Rosel gebieterisch, „ich will dir was erzählen."
Sie kniete an ihrer Truhe nieder und wühlte in ihren Sachen, faßte das vergilbte Papier, das sie so oft schon in Händen gehabt, dann stand sie jäh auf und streckte wie abwehrend die Hände gegen Wilhelm aus: „Gehl" rief sie, „geh, keiner soll's wissen, aber nicht wahr, du vergiebst es dem Sonnenwirt nie, daß er Dir die Rieke nicht gegeben!"
„Nie", antwortete Wilhelm zähneknirschend.
Rosel trat dicht an ihn heran: „Er hat Dir Dein Liebstes genommen, das ist wahr, er hat Dich einen „Lump" und „Vagabund" genannt, aber er hat Dir doch Deinen ehrlichen Namen gelassen, wenn er Dich auch geschimpft hat; weißt Du's, Wilhelm, was es heißt, einem Menschen seinen ehrlichen Namen stehlen, ein Verbrechen ihm andichten, das er nie begangen hat, nie begangen haben kann?"
Wilhelm Härtel wandte sich hastig zur Thür.
Rosel hielt ihn noch zurück : „Weißt Du, Wilhelm, was das heißt? Das hat der Sonnenwirt gethan, und wenn es eine Gerechtigkeit giebt, so muß ihm ein Gleiches geschehen, aber er hat ja keinen ehrlichen Namen, der Brandstifter. Geh', geh' jetzt, Wilhelm, und zeuge wider den Sonnenwirt."
3. Das Urteil.
Was noch vor wenigen Tagen für ein Unding gegolten haben würde, geschah. Der Sonnenwirt wurde in Anklage gebracht, eines schweren Verbrechens beschuldigt. Wilhelm Härtel war der Hauptkläger und vermaß sich so und so viele Zeugen vorzuschlagen, die verdächtig lautende, auf das Verbrechen hinzielende Reden beschwören könnten.
Ein Schrei der Entrüstung gieng durch das ganze Dorf: „Der Wilhelm thut's aus Haß, aus Rache", sagte jeder. Die älteren, bedächtigen Leute waren sehr bekümmert und schüttelten bedenklich den Kopf: die Sache hatte einen zu schlimmen Anschein und sprach zu sehr gegen den
Sonnenwirt, und dem haßerfüllten Wilhelm wurden die belastenden Beweise nur so in die Hand gespielt. Daß auch das Feuer just in dieser Nacht ausbrechen mußte! Einer und der andere begann zu fragen: ist der Sonnenwirt auch wirklich unschuldig oder hat er sich doch vielleicht durch Hoffnung auf Gewinn zu dem Verbrechen verleiten lassen?"
Wo der Volksmund erst anfängt zu fragen und zu zweifeln, da wächst das Mißtrauen, und die Neigung, Schlechtes von dem Nächsten zu glauben, ist immer vorhanden. Sprechen gar so und so viele Beweise für eine vermutete Schuld, so retten den in Verdacht Stehenden weder Freundschaft, noch gute Stellung, noch unbescholtener Name. Der Sonnenwirt mußte das erfahren. Als er auf Grund der Anklage gefänglich eingezogen wurde, glaubte der größte Teil der Dorfbewohner, die tagtäglich in der „Sonne" verkehrt hatten, an die Schuld des Wirtes. Wenn sie sichs zusammen überlegten und die Einzelheiten besprachen, fand der und jener bald die eine und andere verdächtige Bemerkung des Sonnenwirtes heraus, und sie wunderten sich nur, daß sie bisher so blind gewesen waren, seine Absicht nicht schon längst zu merken. So sind die guten Freunde! Der Wilhelm hatte Wohl Recht gehabt, als er bemerkte, die Leute nennten den Sonnenwirt einen ehrenwerten Mann, so lange sie am Stammtisch saßen und ihren Schoppen trinken konnten.
Jetzt blieben die Stammtische in der „Sonne" leer, und die bis dahin so getreuen Stammgäste, die vermeint hatten, ihren Schoppen nirgendwo anders als in der „Sonne" trinken zu können, gierigen alle in den am andern Ende des Dorfes gelegenen „Rautcnkranz," Der Rautenwirt strich sich den Tag, da der Sonnen- wirt den vernünftigen Gedanken gehabt hatte, sich das Hans über dem Kopfe anzustecken, rot an.
Allein saß die Sonneuwirtin in ihrem Jammer und ihrem Unglück, allein stand sie händeringend neben der Brandstätte und dachte, was wohl werden sollte, wenn ihr Mann schuldig gesprochen würde. Er konnte es ja nicht gewesen sein, es war ja nicht möglich, aber keiner würde glauben, daß Unvorsichtigkeit der Mägde vielleicht das Feuer veranlaßt habe; alles, alles sprach ja gegen ihren Mann. Von dem Tage an, da ihr Mann dem Wilhelm mit harten Worten die Thür gewiesen, hatte sie irgend ein Unglück gefürchtet, sie hatte ihren Mann beschworen, sich gerade den Wilhelm nicht zum Todfeinde zu machen, sie hatte den haßerfüllten Blick gesehen, mit dem er von ihnen gegangen war, aber ihr Manu hatte nicht hören wollen, hatte des Wilhelm gespottet und gefragt, was so ein Lump wohl dem Sonnenwirt anhaben könne.
Gar hart hatte er die Rieke angelasfen um ihrer Thränen und ihrer Liebe willen für den Wilhelm.
Die Rieke konnte der Mutter kein Trost sein, sie lag krank zu Bett, weinte Tag und Nacht und wünschte, daß sie tot wäre. Schon lange bot ihr das Leben keine Freude mehr. Seit die alten
Härtels im Elend und in Not verstorben ! waren, wußte sie es, daß der Vater nun und nimmermehr seine Einwilligung geben werde zur Heirat mit dem Wilhelm. Der Wilhelm war früher so gutherzig gewesen, aber die letzten Jahre hatten ihn verbittert, er hatte oft auf ihren Vater geschmäht ^ und gesagt, wenn er ihm die Rieke ver- ; weigere, trage er die Schuld, wenn er ! ein schlechter Kerl werde, der sich um keinen Menschen, um Gott und Teufel nicht schere. Wie wild er ausgeschaut hatte, als er vor acht Wochen zu ihr in den Obstgarten kam und ihr des Vater» Bescheid auf feinen Antrag brachte. Da hatte sie sich noch einmal an seinen Hals geworfen und gesagt: „Wilhelm, ich bleib' dir treu" und hatte gefleht: „Vergiß was der Vater gesagt, er wird's so schlimm nicht meine», er wird seinen Sinn noch ändern." Heftig hatte er sie von sich gestoßen und gesagt: sie werde doch einem Lump nicht Treue versprechen, und war fortgeeilt ohne ein freundliches Wort, ohne einen freundlichen Blick. Sie hatte ihn nicht mehr gesehen und gesprochen, aber in der Nacht des Feuers, als sie in dem Obstgarten lag und das Bewußtsein ihr allmühlig zurückkehrte, hatte sie gemeint, seinen angsterfüllten Ruf zu hören. Sie hatte gemeint das Schrecklichste durchzumachen als sie den Wilhelm verlor. Und jetzt! Jetzt wurde ihr Vater eines Verbrechens beschuldigt und der l Verkläger war Wilhelm! Ach daß sie tot ^ wäre! Die Tage und die Wochen schlichen hin, das Gerichtsverfahren gieng seinen langsamen, schleppenden Gang und die Sonnenwirtin wünschte brennenden Herzens ! die öffentlichen Verhandlungen und das gerichtliche Urteil herbei; es konnte ja s doch nicht anders sein, ihr Mann mußte s freigesprochen werden.
Auch die Blumeu-Rosel wünschte sehn- , süchtig das Ende herbei; es konnte ja ! nicht anders sein, der Sonnenwirt mußte ! schuldig gesprochen werden. s
Durch Stunden hindurch saß sie an den langen Winterabenden vor ihrer Truhe, betrachtete ihre Schütze, las Wort für Wort den vergilbten Brief, aber sie weinte nicht mehr, sondern sagte triumphierend: „Du wirst gerächt, die Vergeltung kommt, auch ein verlorenes Leben, aber doch nicht Qual genug, denn er s leidet unschuldig, er hat's gethan, aber du hast's nicht gethan, nein, nein, du hast's nicht gethan."
(Fortsetzung folgt.)
(Mißverstanden.) Fritz, in der Ge- mäldcgallerie im Katalog lesend: „Alter Mann", gestochen von Unger: „Aber Papa, was hat denn der alte Mann dem Unger gethan?"
Marktpreise. Neuenbürg, 2S. Juni.
Butter V» Kilo 1.25 bis 1.30.
Erer Pr. St. 6 und 2 St. 11 !
Kirschen 14—18 pr. V 2 Kilo.
Mit einer Beilage
enthaltend:
Erklärung des Forstmeisters Grasen Uxkull
in Bezug auf die Kammerverhandlung vom ! 18. Juni d. I. betr. die Anfechtung der > Abgeordnetenwahlen.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.