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Lagesneuigkeiten.

* Calw, 8. Okt. In der am SamStag unter dem Vorsitz von Hrn. Oberamtmann Voelter stattgefundenen AmtLversammlung kam eine sehr umfangreiche Tagesordnung zur Erledigung. Auf die Gemeinden wurde ein Amtsschaden von 38500 umgelcgt; zur Deckung des Defizits der Be­zirkskrankenpflegeversicherung wurde ein Beitrag be­willigt. Die Beiträge zur Bezirkskrankenpflegever­sicherung erfuhren eine Erhöhung, wie auch die Be­soldung des HauptkaffierS der Bezirktkrankenpflege- versicherung. Di« Errichtung einer OberamtSspar- kasse wurde nach lebhafter Debatte mit 34 gegen 4 Stimmen beschlossen. Für die Gründung dieser Kasse stimmten besonders jdie Vertrete« der Landge­meinden. Die Stellung und Bezüge des Oberamts­baumeisters und Oberfeuerschauers wurden neu ge­regelt; wegen Geschäftsüberhäufung deS OberamtS- baumeisters wurde ein weiterer Beamter als Ober­feuerschauer angestellt; zugleich soll dieser Beamte auch etwaig« Baupläne aussühren dürfen; die Neu­regelung ist vorderhand nur provisorisch und soll erst später ein endgültige Entscheidung getroffen werden. Für einige Gemeinden des Bezirks auf der Schwarz­waldseite ist die Anstellung eines Arztes erforderlich. Von der Anstellung eines besonder» DistriktsarztiS wurde abgesehen; dagegen wurde Hr. vr. Auten- rieth als Arzt für einige Ort- der Waldseite gewählt mit der Verpflichtung gegen ein jährliches Wartgeld die betreffenden Gemeinden wöchentlich 3mal zu be­suchen.

* Calw, 8. Okt. Gestern fand in der Traube in Nagold die Hauptversammlung deS neu ge­gründeten Verbandes der Postunterbe- dienstetcn statt. Zu der Versammlung, welche von dem Obmann Hrn. Briefträger Schroth geleitet wurde, hatten sich zahlreiche Kollegen aus dem Ober­amt Nagold «ingefunden. Nach einigen Begrüßungs­worten der Vorsitzenden gab Hr. Briefträger Strecker weitere Aufklärungen über die Zwecke und Ziele des Verbandes, worauf Hr. Briefträger Steiner überden Stand der Kaffe Mitteilungen machte. Die lebhaft geführten Debatten ließen eine volle Einigung und Uebereinstimmung der Verbandsmitglieder erkennen. Dem neuen Verein traien 10 weitere Mitglieder bei. Der Obmann schloß die in schönster Harmonie ver­laufene Versammlung mit der Aufforderung, treu zum Verbände zu stehen und neue Mitglieder zu ge­winnen ; sein beifällig aufgenommenes Hoch galt dem ferneren Blühen und Gedeihen des jungen Vereins.

(Amtliches aus dem Staatsanzeiger.s Am 5. Oktober d. I. ist von der Evangelischen Ober­schulbehörde die Schulstrllr in Rieth, Bez. Aurich (Vaihingen a./Enz), dem Schullehrer Floruß in Hünerberg-Meistern, Bez. Calw, übertragen worden.

Stuttgart, 5. Okt. Dir Belästigung durch Motoren bildete heute den Gegenstand einer Verhandlung vor dem Schöffengericht. Ingenieur Hunnewell rekurierte gegen ein Strafmandat, das ihn wegen zu schnellen Fahrens, in der oberen Königs- straße und Belästigung des Publikums durch Abdampf

getroffen batte. Sein Anwalt machte geltend, daß der Begriffzu schnelles Fahren" überhaupt schwer festzustellen sei Wolle man Motorfahrzeuge nicht überhaupt verbieten, so solle man sie wie Prioatfuhr- werke fahren lassen, um so mehr, da ein Motorwagen leicht zu lenken sei und im Moment angehalten werden könne. Auch die Belästigung durch Abdampf lasse sich besonders bei anfahrenden Motoren nicht vermeiden. Das Gericht schloß sich diesen Ausführungen an und sprach Hunnewell von Strafen und Kosten frei.

Tettnang, 4. Okt. Heute hat Herr Post­meister Richter, nachdem derselbe 31 Jahre lang dem hiesigen Postamt vorgestanden, unsere Stabt ver­lassen,. um nach Calw überzusi-dsln. Herr R chter hat sich gegenüber dem Publikum allezeit als ein sehr gefälliger» freundlicher Beamter erwiesen, und deshalb fehlte eS in den letzten Tagen auf Seiten derjenigen, w:iche mir dem Postamt viel zu verkehren haben, auch nicht an A-ußeruvgsn des Bedauerns über den Weg­gang desselben. Auch als Vorstand deS MuseumS hat Hr. R'chrer in den l'tzten Jahren in anerkennens­werter Weise gewirkt. Eine Abschiedsfeier, die zweifel­los ein glänzendes Zeugnis für seine Beliebtheit hier abgelegt hätte, hat er bescheidenerweise dankend ab- gelehnt. So bleibt uns nur übrig, Hrn. Postmeister Richter und dessen werter Familie auf diesem Wege unsere besten Wünsche für ihr ferneres Wohlergehen nach ihrem neuen Wohnort nachzusenden. (A.-Bl)

K Pforzheim. Am gestrigen Sonntag wurde in einem Hause hier an einem Mädchen ein Verbrechen gegen dar keimende Leben verübt. Auf der Polizeiwachstuds erschien nämlich der 24 Jahre alt« Arbeiter Bohnenberger aus Dennjächt und teilte mit, daß in seinem Zimmer die 24 Jahre alte Bohnenberger von Dennjächt, eine Verwandte von ihm, tot liege. Bohnenberger und ein weiterer Mann namens Uhl wurden alsbald verhaftet. Heute früh d Uhr wurde an dem Leichnam der Bohnenberger die Sektion vorgenommen. Die Untersuchung scheint die obige Angabe zu bestätigen.

Detroit (Staat Michigan), 6. Okt. Der Vater der Baronin v. Ketteler, der Witwe des er­mordeten deutschen Gesandten in Peking, ist in großer Besorgnis wegen seiner Tochter. Die Baronin hat China Ende August verlassen, um sich nach Aokohama zu begeben, wo sie ihr Bruder erwarten und nach Amerika zurückbringen sollte. Seitdem ist keine Nach­richt mehr von ihr bei ihrem Vater eingetroffen.

Die Wirre» in China.

Berlin, 6. Okt. Nach einer Meldung des Lokal-AnzeigerS aus London wird aus Peking tele­graphiert, dort werde täglich eine deutsche Kolonne von 8000 Mann erwartet. Gerüchtweise verlautet, Graf Waldersee werde bis zur Fertigstellung ver Bahn-Reparaturen in Tientsin verbleiben. Ein Ba­taillon deutscher Truppen wurde zur Hilfeleistung bei den Bahnarbeiten abgeordnet, um diese möglichst schnell zu fördern. Die Deutschen verlangen das Verfügungs­recht über die Bahn von Tientsin bis nack Peking. Dis Russen bewilligen die Forderung. Die Deutschen

werden binnen Kurzem die Reparatur der zerstörten Bahnstrecke zwischen Aantsun und Peking beginnen.

Dem BerlinerLok.-Anz" wird aus Shanghai telegraphiert: Li-Hung-Tschang reiste in ge- drückte« Stimmung nach Peking ab, nachdem Graf Waldersee cs abgelehnt hatte, ihn zu empfangen. Nach Meldungen aus Tientsin ist Li-Hung-Tichang begleitet von emcm russischen Admiral, emer russischen und einer chinesischen Echutzwache.

Ueber die Expedition unter General Hopfner, die am 35. September bis 30 Kilometer südlich von Peking unternommen wurde, wird dem Berliner Lokalanzeiger" aus Peking vom 26. Septem­ber berichtet: Wir fanden ein Boxernest m Seijung, wohin uns 50 Japaner geführt hatten, bereits leer. Bei unserem ohne Führer unternommenen Weitermarsch nach Nanhungmen (am Südostrande des Jagd- parkeS) empfingen unS um 5 Uhr nachmittags bei dem Dorfe Peijitschang, sowie von der daran an­stoßenden Umfassungsmauer des kaiserlichen Wildparks aus größere Boxerhaufen mit heftigem Gewehrfeuer. Sie hielten auch eine kurze Weile unserem Gewehr- und Granatfruer stand; ein Bcxerhaufen versuchte sogar einen Flankenangriff, wurde aber von der vierten Kompagnie deS zweiten Seebataillons mit Schnellfeuer und dann mit dem Bajonett niedergemacht; dabei entriß Leutnant Poland einem feindlichen Fahnen­träger eine Boxerfahne. Die eintretende Dunkelheit verhinderte die Verfolgung der nach allen Seiten zurückweich-nden Boxer. Unserer Schützenlinie war besonders ein Boxer aufgefallen, welcher, halbgedcckt hinter einem Erdaufwurf, fortwährend eine rote Fahne schwenkte. Sie konzentrierte dorthin ihr Feuer. Die Fahne sank, ihr Träger war getroffen. Unsere Leute fanden daselbst später einen kaum zehnjährigen, in nagelneu« Boxertracht gekleideten Knaben, dem ein kleiner Kindersäbel umgeschnallt war, auf der roten Fahne liegend, erschossen vor. Das Expeditions­korps übernachtete rn den gänzlich verlassenen Dörfern Peijitschang und Nanhungmen, wo viel Waffen und Munition gefunden wurde. Bride Ortschaften wurden am 26. September niedergebrännt, worauf die Truppen nach Peking zurückkehrten. Unser Verlust beträgt 4 Verwundete, die Boxer haben 150 Tote.

Rom, 6. Okt. Die Tribuna meldet aus Shanghai: Graf Waldersee habe einen Tagesbefehl erlassen, worin er seine Bewunderung über die Tapfer­keit und die Disziplin der internationalen Truppen ausspickt.

DieTimes" meldet aus Shanghai vom 3. Ok!: Depeschen aus Tientsin berichten, deutsch« Seesoldaten seien von 3000 Boxern ange- gritien worden, welche 400 Tote verloren haben. Der Verlust der Deutschen sei geringfügig.

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sind häufig nachgewiesen. Wer sich schützen will, ver­wende Palmin, das reine appstittliche Pflanzenfett zum Kochen und Braten. Dabei spart er 50 Prozent gegenüber der Verwendung von Butter, und alle Speisen sind leichter verdaulich. ?slmin bräunt. Zu kaufen beim Materialisten daS Pfund zu 65 Man nehme stets ein Viertel weniger und beachte die Gebrauchsvorschriften.

Ereignis eintrat. Aeh hm Sie kennen ja das Hündchen meiner Tochter Florence. . ."

Hier wurde er von meiner Cousine Sophie unterbrochen, die mit ihrer Schwester und Miß Florence zu uns trat und rief:Denke dir, Papa, die alte, gute Flora ist tot!"

Ach Gott, noch viel schlimmer als tot," setzte Amalie gleich fort, ohne meinem Onkel Zeit zu lassen, diese Trauerkunde mit dem paffenden Schreck ent- gegenzunehmen.ES ist entsetzlich, sie ist umgebracht!"

'WaS! umgebracht!" platzte ich nunmehr mit dem Ton eines so innigen Mitgefühls und einer so tiefen Entrüstung heraus, daß Mr. Hawke plötzlich noch «in ganzes Stück höher wurde und mich ansah, als wollte er fragen: ,WaS, zum Henker, geht das dich an?'

Gleich darauf nahm er wieder das Wort:Ich war soeben im Begriff den traurigen Hergang zu erzählen. Ja, es ist ein doppelt zu beklagender Vor­fall; er raubt meiner Tochter «in« aste, anhängliche, treue Freundin, und allen daS Vergnügen, die Gesellschaft des Sohnes meines sehr verehrten Freundes Sir Reginald Morecombe genießen zu können."

Ich spitzte di- Ohren und warf einen schnellen Blick auf Miß Florence, wobei ich sie überrascht«, wie sie gerade von mir fortsah.

Das Unglück geschah in folgender Weise," fuhr er fort.Flora war meiner Tochter auf der Treppe gefolgt, dann wohl aber, hm infolge ihrer Kurzatmigkeit und Schwäche, auf dem Treppenabsatz liegen geblieben und später «ingeschlafen. Einig« Zeit darauf stieg Mr. Morecombe di« Treppe hinab, sah das Hündchen nicht, trat auf dasselbe und äh stolperte dadurch einige

Stufen so unglücklich herunter, daß er sich einen Knöchel verstauchte, und jetzt genötigt ist das Bett zu hüten."

I, das ist ja sehr traurig," bemerkte hier mein Onkel, in der ihm eigenen Art, und mühsam seinen Ernst bewahrend.Natürlich hat der grobe Tritt dem armen Tier das letzte Bißchen Atem, was eS noch hatte, völlig ausgepreßt."

Miß Florence zuckte ordentlich zusammen bei diesen Worten und sagte mit rauher, fast weinerlicher Stimme:Papa hat aber nur Mitleid für Mr. Morecombe, und wer weiß, ob «S nicht eine ganz gerecht« Straf« ist, daß er sich Schaden that."

Ein Diener meldet« jetzt das Essen. Mr. Hawke reichte meiner Tante den Arm, und flüsterte meinem Onkel zu, seine Tochter zu führen. Dieser, anstatt, wie eS gemeint war, Miß Florence seinen Arm zu bieten, gab ihn Miß Emilie, und überließ die Schwester mir. Dabei warf er mir über die Schultern einen seiner schlauesten Blicke zu, indem er ein Auge zukniff. Der Himmel segne ihn!

Der Tisch war mit einer Füll« von Blumen dekoriert, und überladen von silbernen Leuchtern und kostbarem Kristall. Zwei reich galonnierte Diener servierten. Ich glaubte mich meiner lieblichen Nachbarin zur Rechten am angenehmsten zu machen, wenn ich dem Andenken deS toten HundeS noch einige Worte zollte. Ich beklagte deshalb noch einmal das unglückliche Ereignis und endet«:Wenn die That wirklich, wie Sie vorhin anzudeutr» schiene», nicht nur aus Versehen, sondern mit Absicht geschah, so hätte der Thäter verdient sich den Hals zu brechen."

(Fortsetzung folgt.)