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Verantwortlich« Lchristleitung: Zrieckrich tzan. Scheel«. Druck »ml Verlag cker A. velschlöger'scheu vuchöruckerei.
Nr. 32
Montag, de« 9. Februar 1925.
SS. Jahrgang
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Die englische Schuldennote an Frankreich.
Die Aebergabe der Note
Paris» 8. Febr. Lord Crewe hat die englische Antwort in der Frage der interalliierten Schulden gestern Nachmittag Herriot persönlich überreicht.
Die britische Antwortnote auf das französische Memorandum vom 10. Januar 1925 über die Regelung der Kriegsschulden hat folgenden Wortlaut:
Die britische Regierung hält an den Grundsätzen der Balfournote fest. Der Inhalt dieser Note wurde in der Note Lord Curzons vom 11. August 1923 zum größten Teil erneut bestätigt, besonders die 8 2 und 8 und 11. Die 8 6 und 7, die sich auf die Vorschläge Bonar Laws vom Jan. 1923 beziehen, können auf die gegenwärtige Lage keinerlei Anwendung mehr finden. (Diese Paragraphen wurden vor der Jnkraftretung des Dawesgutachtens abgefaßt und setzen voraus, daß alle deutschen Cchuldenverpflichtungen niedriger als im Dawesgutachten beziffert werden). Das Prinzip der Balfournote besteht darin, daß Großbritannien von Europa Zahlungen erhält» die denen entsprechen, die Großbritannien an die Vereinigten Staaten von Amerika zu leisten hat. Die Regierung nimmt an, daß dieses Prinzip auf der Basis der normalen Durchführung des Dawesgutachtens oder unter Zugrundelegung des nominellen Wertes der Schulden der z. Zt- nicht als ein feststehendes Aktivum angesehen werden könne, zu erreichen ist. Die Regierung hat sich nicht allein dazu bereit erklärt, ihre Echuldenforderung an die alliierten Länder auf die Summen herabzusetzen, die zur Deckung der Zahlungen der britischen Kriegsschuld an die Vereinigten Staaten notwendig ist, soirdern auch dazu für diese Zahlungen den Gesamtanteft Großbritanniens an den deutschen Reparationen zu verwenden. Großbritannien übernimmt also zu seinen Lasten nicht nur seine sämtlichen Kriegsschäden, sondern auch die 80a Millionen Pfund Sterling ausländischer Werte, die es vor dem Kriegseintritt der Vereinigten Staaten für gemeinsame Zwecke «usgegeben hat. Die Regierung legt sich, indem sie an den Grundsätzen der Val- fournote festhült, Rechenschaft davon ab, daß die interalliierten Kriegsschulden für ein« gemeinsame Sache ausgenommen wurden und ist bercitv. Vorschläge zu prüfen, nach den die französische Schuld an England herabgesetzt wird, vorausgesetzt, daß der Modus bestimmter Zahlungen von Frankreich unter gebührender Berücksichtigung seines Reichtums im Verhältnis zu dem der anderen Länder und seiner fiskalischen Leistungsfähigkeit und der Auslastung der Reparationen gesichert wird. Die Regierung ist der Ansicht, daß die Zahlungen von Frankreich folgendermaßen vorgenommen werden können:
al In festen Jahresleistungen, ohne daß den Beträgen Rechnung getragen wird, die Frankreich aus dem Dawesgutachten erhält;
b) In einer anderen Jahresieistung, die aus dem französischen Anteil an den Dawesannuitäten bestritten wird.
Es versteht sich von selbst, daß alle Gegenforderungen Frankreichs an Großbritannien fallen gelassen werden. Andererseits ist aber auch selbstverständlich, daß die an
Großbritannien auf Rechnung seiner europäischen Kriegsschulden und auf Rechnung der Reparationen gezahlten Beträge dazu ausreichen-müssen, die britischen Schuldenverpflichtungen an die Vereinigten Staaten im Gesamtver- lauf dieser Schuldverpflichtungen zu decken und daß jeder Ueberschuß dazu verwandt wird, die Lasten der Verbündeten Großbritanniens zu vermindern. Die Regierunq hofft, daß wenn die französische Regierung bereit ist, diesen Anregungen entsprechende Vorschläge zu unterbreiten, ein« für beide Länder befriedigende Regelung zustande kommen kann. Herriot hat sofort den Londoner französischen Botschafter telegraphisch angewiesen, Churchill mitzuteilen, daß die französische Regierung die englische Note eingehend prüfen werde.
England und der Sicherhettspakt.
London, 7. Febr. Die am Samstag erscheinenden Wochenschriften beschäftigen sich alle sehr eingehend mit der Sicherheilsfrage. „Saturday Review" sagt, man könne nicht umhin, eine gewisse Sympathie' mit den Ausführungen des Reichskanzlers zu haben. Besonders sei di« Forderung gerecht, daß er gesagt habe, man sollte Deutschland auseinandersetzen, woran es gefehlt habe. Dies sollte sofort geschehen. Man könnte dann verlangen, daß das auch ebenso prompt anerkannt würde.
Man sehe wohin man komme, wenn man Frankreich überlaste, den Ton anzu geben.
Man müsse einen Weg finden, um das französische Verlangen nach Sicherheit zufrieden zu stellen, doch müsse das ein anderer Weg sein als der, welchen Herriot erwähnt«.
Die „Nation" beschwert sich über den Ton Chamberlains. Es sei wirklich zu spät, um zu hasse», daß das Auswärtige Amt in der Towning-Street endlich einmal die europäische Krise von einem vernünftigen Gek^pnnkt aus betrachte. Die pedantische und weltferne Ärt, «an der Chamdcrlain die Dinge abzutun gedenke, scheine allerdings alle Hoffnungen zu nehmen. Glücklicherweise >ehe es so aus, als ob der neue amerikanische Staatssekretär Kellogg die Frage von einem andern Gesichtspunkte aus betrachte. Das Blatt kommt zum Schluß, daß es vielleicht besser sein würde, das Genfer Protokoll vorläufig noch nicht zu begraben. Auf dem europäischen Festlande und selbst in Deutschland gäbe es viele Leute, die das Genfer Protokoll als einzige Rettung ansehen und Herriot habe gezeigt, welche Folgen es haben könnte, wenn man es ablehne. solange Ehamberlain nichts besseres an die Stelle des Protololls zu setzen wisse.
Der „New Ttateman" macht den Vorschlag, daß Großbritannien die Grenzen Frankreichs garantieren lallte. Das könnte ruhig geschehen unter der Bedingung, daß das Saargebiet und das linke Rheinuser gemäß den Bestimmungen des Versailler Vertrages pünktlich geräumt würden. Wünschenswert und vielleicht auch notwendig sei, daß Deutschland einem solchen Pakt Heilrete schon im Interesse Frankreichs. Ein Pakt mit England allein würde unter den gegenwärtigen Bedingungen und vielleicht in Zukunft noch mehr den Franzosen gar nichts nützen, wenn Deutschland nicht dabei sei. Eventuell könnten neutrale oder entmilitarisierte Zonen eingerichtet werden, aber man dürfe keinen Unterschied zwischen Sieger und Besiegten machen. Der Krieg gehöre der Geschichte an.
Durch die Furcht, welch« Frankreich vor Deutschland habe, erkenne es die lleberlegenheit Deutschlands bereits an. Was habe es für einen Grund, sich nicht auf gleichen Boden mit Deutschland stellen zu wollen und einem Vertrag mit seinem Nachbarn abzuschließen? Wenn Frankreich verstäirdig iei und einen solchen Vertrag abschließen wolle, so sei Großbritannien bereit.
Das deutsche Eigentum in Amerika.
Eine wichtige Vorlage Borahs.
Newport, 8. Febr. Aus Washington wird gcmelder: Senator Borah hat im Senat einen Gesetzcsoorschlag eingebracht, der die Rückgabe des von der amerikanischen Regierung beschlagnahmten Eigentums von deutschen und österreichischen Staatsangehörigen in Höhe von 300 Millionen Dollar verlangt. Senator Borah geht mit seinen Anschauungen weit über das im Februar vorigen Jahres vom Repräsentantenhaus verabschiedete Gesetz über das feindliche Eigentum hinaus, das nur die Rückgabe der Vermögen zusprach, welche nicht über lü 000 Dollar betragen. Die Höhe des jetzt freigegebenen deutsche» Eigentums betragt insgesamt nur etiva 40 Millionen Dollar, sodaß also bisher noch rund 300 Millionen Dollar aus einer Gesamtsumme von rund 340 Millionen Dollar als Pfand in den Händen der amerikanilchen Regierung zurückgeblieben sind. Das Schicksal des von Borah eingebrachten Gesetzemwurfes ist also für Deutschland von großer Wichtigkeit. -
, A. Febr, Die Morgenblätter melden aus Washing-
ton: Die Eindringung des Antrags Borah über die Rückgabe beschlagnahmten Eigentums hatte im Senatskomitee für auswärtige Angelegenheiten eine Debatte zur Folge, in der der demokratilche Senator Johnson erklärte, die Regierung habe gemäß den Bestimmungen des deutsch-amerikanischen Friedensver- tragcs nicht das Recht, dasbeicklagnahmte Eigentum zurückzu- geben. Wenn Amerika das beschlagnahmte Eigentum zurück- geben wurde, so wurden die amerikanischen Steuerzahler schließ
lich die Lasten sür die Ansprüche amerikanischer Staatsbürger gegenüber Deutschland zu tragen hoben. Der Demokrat Simons erklärte, das Eigentum solle solange beschlagnahmt bleiben bis Deutschland die Versicherung abgegeben habe, daß es die amerikanischen Schadeners atzansprüche zu bezahlen beabsichtige.
Die deutsch-französischen
Wirtschastsverhandlungen.
Paris, Febr. Di« deutsch-französischen Wirischaftsverhand- luiigeii scheinen nach den Andeutungen der Paris» Morgenpresse eine günstige Wendung genommen zu haben. Nach dem „Petit Parisien' Ijat die gestrige Zusammenkunft Reynaldys mit Tren- delcnburg. die nahezu 2 Stunden dauerte, zu einem ernsthaften Fortschritt in den Besprechungen geführt. Der „Peiit Parisien" meldet weiter: Schon gestern sei der Entwurf eines provisorischen Abkommens in seinen Umrissen fcrtiggestellt worden. Mit der Abfassung des Textes Hütten die Sachverständigen begonnen. Wahrscheinlich würden die vorbereitenden Arbeiten einige Tage in Anspruch nehmen. Ein« Vollsitzung der beiden Delegationen sei für Montag gepkani. Auch die anderen Blätter stellen eine Entspannung der Lage fest. Wie „Petit Parisien" meldet, hält Trendelenburg daran fest, daß vor der Unterzeichnung eines provisorischen Abkommens unzweideutige Aufschlüsse über die Bestimmungen des endgültigen Handelsvertrages erteilt werden. Der französische Handelsminister scheine auch bereit zu sein, Trerrdelenbura die erbetenen Garantien für das endaültiae Ab-
Neueste Nachrichten.
I» konservativen englischen Blättern wird für einen Sicherhcffspakt zwischen England, Frankreich, Belgien und Holland, der sich ausdrücklich gegen Deutschland richtet, scharfe Propaganda gemacht.
In der Barmataffäre steht das gerichtliche Verfahren gegen Dr. Höfle und Lange-Hegermaa« bevor. — Weitere Enthüllungen über Dr. Fleischers „Geschäfte".
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Die Absicht des Reichszentrums, auch im rechtsrheinischen Bayern eine eigene Parteiorganisation aufzutun, hat zu einem Konflikt mit der Bayerischen Bolkspartei geführt
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Balkanmelduugen «ollen von einem bevorstehenden Krieg der Balkanmächte gegen die Türkei wissen.
kommen zu geben. „Avenir" meldet ergänzend, oaß der Hanvels- minrster dem deutschen Unterhandlungsleiter gestern adenv den Entwurf eines msdus vivendi vorgelegt habe, der auch die Grundsätze enthalte, nach denen die Besprechungen für die Ausarbeitung eines endgültigen Handelsvertrages fortgesetzt werden sollen. Nach der Rückkehr Reqnaldis werden die Delegaiions- fitzungen und die Sachverständigenbesprechungen wieder ausgenommen. Die französischen Unterhändler werden an erste- Stelle die Zölle auf Eisenwaren, Textilwaren und Weine zur Sprache -ringen. Von deutscher Seite werden die Sachverständigen für Keramik, chemische Produkte und Maschinen aufgeboten werden.
Die Preutzenkrise.
Besprechungen über die Regierungsbildung.
Berlin. 7 .Febr. Der interfraktionelle Ausschuß des Preußischen Landtags, bestehend aus Zentrum, Demokraten und Sozialdemokraten, trat am Sonnabend mittag zu einer etwa 1 stiindi- aen Sitzung ztffü.nmen, Um dis durch den Rücktritt des Ministerpräsidenten Braun geschaffene Lage zu besprechen. Der Landeshauptmann der Rheinprovinz Horion scheint als Ministerkandidat nicht mehr in Frage zu kommen. — Das Zentrum verhandelt, wie wir hören, noch mit dem früheren Reichskanzler Marx, ob er gewillt sei. die Kabinettsbildung in Preußen zu übernehmen. Eine Entscheidung des Herrn Marx liegt noch nicht vor. Man ist in parlamentarischen Kreisen der Ansicht, daß zunäcksst die Frage nach der Persönlichkeit des Ministerpräsidenten gelöst sein müsse, che man an die weiteren Fragen herangeht. _
Der Barmal-Skandal.
Strafverfahren gegen den früheren Reichspestminister Höfle.
Berlin, 8. Febr. Man rechnet, wie die „Voss. Ztg." mitteilt, in parlamentarischen Kreisen damit, daß dem Reichstag schon in den nächsten 48 Stunden von der Staatsanwaltschaft ein Antrag auf Aufhebung der Immunität für den Abg. Höfle zugehen wird Es erschein nicht ausgeschlossen, daß die Untersuchung der Staatsanwaltschaft auch auf den Zentrnmsabgeordneten Lange- Hegermann ausgedehnt wird.
Berlin, 8. Febr. Im Reichstagsausfchuß haben sich die Bedenken des Justizministeriums gegen die Art, wie bi: parlamentarischen Untersuchungsausschüsse arbeiten, dur' gesetzt, nachdem in geheimer Sitzung die Gründe bckan gegeben worden waren, die aus einer öffentlichen Ver Handlung eine
Gefährdung der gerichtlichen Untersuchung befürchten lassen. Auch in der Presse verstärkt sich de- Widerstand gegen dies parlamentarische Gericht. Die „Ger mania" meint am Samstag abend, daß irgend etwas ge schehen müsse, um das Nebeneinander von Untersuchungsausschüssen und Gericht zu verhindern.
Inzwischen sind
neue Enthüllungen
erfolgt, die nicht nur Herrn Höfle, sondern auch den Abgeordneten Dr. Fleischer schwer belasten. Die Sozialdemokraten suchen offenbar zu diesem Fall möglichst viel Material zusammenzutragcn, um den Nachweis zu erbringen daß auch bei anderen Parteien nicht alles in Ordnung gewesen ist. Sie vergessen dabei nur, daß Dr Fleischer Mitglied des Auftoertungsausschusses des Reichstages, der als Aussichtsratsmitglied einer Bank anscheinend stark in Kriegsanleihen spekulierte und erheblich kompromittiert schien, auf einen Druck von der Parteileitung hin von dc>- ostpreuhischcn Wählern fallen gelassen worden war, und daß man schließlich auch bei Herrn Dr. Höfle nicht gewartet hat. bis nichts mehr zu verdecken war. Das Zentrum hat ebenfalls von sich aus rechtzeitig einen Schnitt gegen all« Elemente gemacht, die sich an Barmat oder an andere die Finger zu vergolden versucht haben, während die Le zialdemokraten dis zum letzten Augenblick ihren Prominei ten zu decken suchten. Die
Gesamtverluste der Post
schätzt man übrigens nach Mitteilungen, di« der „Ta: Rnndichau" zugeaangen sind, aut 00 Millionen Goldmari.