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Deutschland.

DieParade der Berliner und Span­dauer Garnison am Mittwoch vormittag verlief aufs glänzendste. Der Kaiser kommandierte die Parade selbst, ritt dem König Humbert entgegen, geleitete ihn dann die Front der Truppen entlang und führte die Truppen zweimal im Parade­marsch vor dem König vorüber. Die Kaiserin ritt zur Rechten des Königs Humbert, auch die Erbprinzessin von Meiningen war zu Pferde, ein glänzendes Gefolge schloß sich an. der deutsche Kron­prinz, Prinz Eitel Fritz mit Minister­präsident Crispi waren zu Wagen. Die Musikkorps der Regimenter spielten, als der König die Front der in zwei Treffen ausgestellten Truppen abritt, den italien­ischen Kriegsmarsch.

Die begeisterten Berichte der nach Berlin entsandten Spezialberichterstatter der italienischen Blätter rühmen einstimmig den glänzenden, überaus herzlichen Empfang, der vom Kaiser Wilhelm und der ganzen Berliner Bevölkerung dem König Humbert bereitet wurde. Der Berichterstatter der Tribuna" sagt sogar:Der Straßen­schmuck Berlins verhielt sich zum Schmucke der via nationalv beim Besuch Kaiser Wilhelms in Rom wie die Pracht eines Königsschlosses zum Flitter einer Theater­dekoration." Ein anderer Korrespondent sagt, daß seit Kaiser Wilhelms I. Sieges- cinzuge Berlin keinen solchen Empfang mehr gesehen habe. Diese Berichte er­wecken überall die wärmste Begeisterung.

DieMorning Post" meint, die poli­tische Bedeutung der Berliner Fürsten­zusammenkunft liege weniger darin, was für die Zukunft beschlossen werde, als in in dem unverkennbaren Einflüsse, die gegenwärtigen Zustände zu behaupten; nichts sei geändert in Betreff der mög­lichen Gegner, allein es sei notwendig, der Welt von Zeit zu Zeit klar zu machen, daß der Dreibund ungeschwächt fortbe­stehe.

Berlin, 23. Mai. Die 3. Beratung des Altersgesetzes im Reichstage ist heute beendet worden. Die Gesamtabstimmung über das Gesetz, die als namentliche be­antragt ist, sinket morgen statt. Heute stimmte das Haus meist ohne, oder nach unerheblicher Debatte den Verständigungs­anträgen Buhl u. Gen. bei.

Berlin, 24. Mai, Freitag nachm. Reichstag. Nach längerer wichtiger Debatte stimmten in namentlicherAb- stimmung 185 für und 165 gegen das Altersversicherungsgesetz.

Straßburg, 23. Mai. Wie wir so­eben aus zuverläisiger Quelle erfahren, wird der König von Italien auf seiner Rückreise von Berlin Straßburg kommen­den Sonntag berühren und etwa nach­mittags hier eintreffen.

Karlsruhe, 22. Mai. Zwei große Biersteuer-Hinterziehungen, bei welchen «trasen von 20000 und 22 000 ^aus­gesprochen wurden, geben der Presse An­laß, neuerdings die Unhaltbarkeit der alten, jetzt noch bestehenden Kcsselsteuer zu erörtern. Bekanntlich war die Ein- luhrung der Braumalzsteuer vor einigen

Jahren angeregt; allein es entspannen sich Meinungsverschiedenheiten insbesondere über den Steuersatz, die nicht gelöst werden konnten, und schließlich fiel die Vorlage in der 2. Kammer durch den Skichent- scheid des Präsidenten Lamey bei Stimmen­gleichheit. Der heutige Stand des Brauerei­gewerbes mit seiner Zusammenfassung in Großbetriebe und die in Folge dessen völlig veränderte Stellung des Brauerei­kleingewerbes legt die Frage nahe, ob nicht ein neuer Versuch gemacht werden sollte, die Braumalzsteuer auch in Baden ins Leben zu rufen.

Baden-Baden, 24. Mai. Ein schweres Gewitter überzog heute nachmittag 4 Uhr unsere Stadt, dem unmittelbar darauf ein großer Hagelschlaq folgte, wo­bei Schloßen in der Größe wie Tauben­eier niederfielen. Die Baumblüten haben dabei am meisten gelitten.

Pforzheim. Das Bäckerei-Anwesen des Johannes Lay ist an Philipp Regel- mann hier um den Kaufpreis von 33,500 Mark übergegangen.

Pforzheim, 23. Mai. Die Chefs der Benckiserschen Bijouteriefabrik, eines der ältesten hiesigen Goldwarengeschäfte, begiengen letzten Samstag in Gemeinschaft mit dem sämtlichen Arbeiterpersonal das 50jährige Dienstjubiläum ihres Arbeiters Karl Ludwig Growig in festlicher Weise.

Württemberg.

34. Sitzung der Kammer der Abge­ordneten, Donnerstag 23. Mai, T.O.: Fortsetzung der Beratung der außerordent­lichen Exigenz von 2 000000 für Staatsbeiträge zu Unterhaltung der Kor­porationsstraßen in der Finanzperiode 1889/91. Ziff. I.III. werden im wesent­lichen nach den Kommijsionsvorschlägen genehmigt. Schließlich wird Ziff. III. mit einer von Hang vorgeschlagenen Fassungs­änderung angenommen. Nächste Sitz­ung Freitag '/-IO Uhr. T.O. 1. Außer­ordentliche Exigenzen für Kureinrichtungen in Wildbad und Herrenalb.

Stuttgart, 24. Mai. In der heut­igen Sitzung nahm die Kammer die Exi­genz für Erweiterung der Kureinrichtungen in Wildbad in Beratung. Gegen die Exigenz sprachen Becher. Frhr. v. Bautz, Egger, Frhr. v. Herman, Prälat v. Ege, Dr. Göz. Für die Exigenz sprachen Be­richterstatter Uhl, v. Luz, Staatsminister der Finanzen v. Renner, Geh. Hofrat Dr. v. Renz, Medizinalrat Dr. Burkhart, v. Wolfs, Corres. Leibbrand, Haußmann. Nach einem Extrablatt der Wildbader Chronik wurde die Exigenz von 470 000 zur Erbauung eines neuen Bades in der Kammer der Abgeordneten mit 44 gegen 36 Stimmen nach einem soeben von dem heute in Stuttgart anwesenden Hrn. Stadt­schultheißen Bätzner eingclaufenen Tele­gramm genehmigt. Samstag 9 Uhr. Tagesordn. Exigenz für ein Kurhaus in Herrenalb.

Stuttgart, 24. Mui. Heute nach Schluß der Sitzung der Kammer der Abgeordneten traten die Mitglieder der Kammer auf Veranlassung des Abgeord­neten von Schorndorf, des Präsidenten der Generaldirektion v. Hofacker zu einem

gemeinsamen Mahle zusammen, das bei Reininger im Bahnhof eingenommen wurde.

Stuttgart, 20. Mai. Lebensver- sicherungs- und Ersparnis-Bank in Stutt­gart. In der heute stattgehabten 34. ordentlichen Generalversammlung waren 149 Stimmen vertreten. Der Präsident der Versammlung, Herr Rechtsanwalt R. Probst, berichtete, daß der Zugang an neuen-Mitgliedern durch die langschwebende Frage der Kriegsversicherung im abge­laufenen Jahre etwas gehemmt worden, daß aber dessenungeachtet doch 4862 An­träge mit 29 784 250 zu erledigen ge­wesen seien und der Gesamtversicherungs­stand auf 56 981 Policen mit Mark 289 689 870 Versicherungssumme sich er­höht habe, daß ferner die Sterblichkeit sehr günstig verlaufen und überhaupt ein durchaus günstiges Rechnungsergebnis er­zielt worden und infolge dessen der Bank­fonds von 66 402 931 auf </lL 72 153 971 gestiegen sei. Um dieallgemeine Reserve", welche in erster Linie im Kriegs­fälle einzutreten habe, möglichst zu stärken, bezw. eine Schmälerung der Dividende im Kriegsfälle möglichst fernzuhalten, habe die Verwaltung es für angezeigt gehalten, der allgemeinen Reserve ^ 400 000 zu überweisen und dieselbe dadurch aus ^ 1 800 625 zu erhöhen. Weitere Zuschreib­ungen sollen je nach Lage der Verhält­nisse Vorbehalten bleiben. Diese Ver- waltungsmaßregel, sowie überhaupt der Rechnungsabschluß wurde einstimmig gut­geheißen und es war damit die Tages­ordnung erschöpft.

Der Verein früherer Angehöriger des Grenadier-Regiments König Karl (5. Württ.) Nr. 122 und des demselben einverleibten 3. Jäger-Bataillons hält am Pfingstsonntag und Montag den 9. und 10. Juni zu Ehren des 25 jährigen Re­gierungsjubiläums Sr. Mas. des Königs Karl, dem hohen Chef des Regiments, in Ulm ein Regimentsfest ab und ladet hiezu alle seine früheren Kameraden, von den ältesten bis zu den jüngsten Jahr­gängen, jeden Standes und jeder Lebens­stellung ein. Das hohe Königliche Ministerium der auswärtigen Angelegen­heiten, Abteilung für die Verkehrsanstalten, hat in hochherziger Weise auf eine Bitte des Komitees den auswärtigen Festbesuchern eine Fahrtaxermäßigung bewilligt, indem ein einfaches Billet III. Klasse für ge­wöhnliche Züge, welches am 8. oder 9. Juni gelöst wird, freie Rückfahrt gewährt, wenn dasselbe in Ulm mit dem Vereins­stempel versehen wird. Auf Frauen und Kinder hat diese Fahrpreisermäßigung keine Wirkung. Die gelösten Billete haben eine Gültigkeitdauer vom 8. bis 12. Juni.

Reutlingen, 21. Mai. In der hie­sigen Dampfziegelei ereignete sich diesen Morgen ein gräßliches Unglück. Einem daselbst thätigen, aus Eningen gebürtigen, verheirateten Arbeiter wurde durch den Aufzug der Kopf vollständig zerquetscht.

In Reutlingen soll der 100jährige Geburtstag Friedrich Lifts (6. Aug. d. I.) festlich begangen werden. Auf Anregung des Gewerbevereins haben diejenigen Ge­sellschaften, welche im Jahre 1850 sich zu einem List-Komite für Errichtung des Denk­mals vereinigten, die Sache in die Hand genommen.