335

Lebensverficherungsbank für Deutschland in Gotha.

Die vorgenannte älteste und größte deutsche Lebensversicherungsanstalt hat im vorigen Jahre wieder recht günstige Geschäftsergebnisse erzielt. Es traten ihr 4205 neue Teilhaber bei, und die Summe der neuabgeschlossenen Versicherungen bezifferte sich auf 35,718,800 Mark. Dagegen blieben die Summen, welche für eingetretene Sterbeiälle zu zahlen waren, erheblich um I,M,3I4 Mark hinter der rechnungsmäßigen Enmrtung zurück, und ebenso hielten sich die Abgänge bei Lebzeiten in mäßigen Grenzen. Der Bersicherungsbestand stieg auf 550,475,900 Mar! und hat einen reinen Zuwachs von 21,283,200 Mark erfahren. Entgegen allcnBerbreitungen von anderer Seite hat also dieGothaerBank, wie bereits seststeht, von allen deutschen Lebens­versicherungs-Anstalten den größten Reinzuwachs erzielt.

Auch in finanzieller Hinsicht erwiesen sich die Geschäftsergebnisse im Jahre 1888 wieder durchaus günstig. Der reine Ueberschuß be­zifferte sich aus 6,570,457 Mark. Dieses Ergebnis ist außer dem günstigen Verlauf der Sterblichkeit hauptsächlich dem Umstande zu verdanken, daß die Bankfonds ungeachtet des niedrigen Standes des Zinsfußes immer noch einen den rechnungsmäßigen Bedarf erheblich übersteigenden Ertrag lieferten, und daß die Berwaltungskosten auf den außerordentlich niedrigen Satz von nur 5 Prozent der Jahres­einnahme gehalten werden konnten. Der Ver­mögensbestand der Bank erreichte die Höhe von 151,114,191 Mark; davon bilden 28,223,493 Mk. den Bestand des Sicherheitsfonds, welcher in dm nächsten fünf Jahren als Dividende an die Versicherten verteilt wird. Für das Jahr 1888 beträgt diese Dividende 40°/g der im Jahre 1884 eingezahlten Normalprämic nach dem alten System und 30°/g der Normalprämie, sowie 2,6 °/o der Prämienreserve nach dem neuenge­mischten" System der Ueberschuß - Verteilung, wonach sich bei dem letzteren System die Ge­samtdividende für die ältesten Versicherungen bis auf I 32 o/g der Normalprämie be­rechnet.

Aronik.

Deutschland.

Berlin, II. Mai. Heute feiern über 80000 Bergleute; ihre fried- und freud­lose Rast hat aber weiteren 15 000 Ar­beitern den Erwerb genommen, da bis jetzt 103 Fabriken wegen Kohlenmangels den Betrieb haben einstellen müssen, und mit jeder Stunde muß diese Zahl sich vermehren.

Berlin, 13. Mai. In der gestern im Palais des Reichskanzlers stattgehabten Sitzung des Staatsministeriums erschien auch der Kaiser und nahm an den mehr­stündigen Beratungen über die Arbeits­einstellungen in den Kohlengebieten Teil. Im Reichstage verlautete, Abordnungen der Arbeitgeber und Arbeiter seien hier­her berufen. (F. I.)

Berlin, 14. Mai. Die Abordnung der Bergarbeiter, bestehend aus 3 Ober­steigern, wird soeben vom Kaiser empfangen.

Die Nachrichten aus den Streikgebieten lauten heute besser. (S. M.)

Aus Oberschlesien, 10. Mai.Was dem Einen sein Leid, ist dem Andern sein' Freud'^, läßt sich auch mit Bezug aus die gewaltige Arbeitseinstellung der westfäli­schen Bergleute anwenden. Der bei den rheinischen und westfälischen Industriellen allenthalben sich einstellende Kohlenmangel hat bereits zur Folge gehabt, daß mehreren oberschlesischen Gruben Bestellungen auf Kohlenlieferungen nach Westfalen zuge­gangen sind.

Die Firma Krupp hat an die Arbeiter ihrer Zeche Hannover folgende Kund­machung gerichtet:

Zu meinem großen Bedauern sind auch die Arbeiter meiner Zeche Hannover kontraktbrüchig geworden, indem sie ohne die vorschriftsmäßige Kündigung die Arbeit Plötzlich niedergelegt haben. Es ist dies um so überraschender, als ein großer Teil der Belegschaft seit langen Jahren auf der Zeche arbeitet, sich in vorgerücktem Lebensalter befindet und sich bei ruhiger Ueberlegung sagen mußte, daß der Kontraktbruch eines besonnenen und braven Arbeiters nicht würdig ist. Eine Vereinbarung mit Arbeitern, welche, ohne ihrer vertragsmäßigen Pflichten zu gedenken, die Arbeit einfach nicderlegen, kann nicht getroffen werden; denn es fehlt jede Garantie für die gewissenhafte Erfüllung der neuen Vereinbarung. Ich kann den besonnenen Teil der Arbeiter daher nur auf­fordern, die Arbeit wieder aufzunehmen, nach Wiederaufnahme der Arbeit eine Verständigung mit der Verwaltung der Zeche zu versuchen und, wenn diese Verständigung nicht gelingt, die Ab­kehr in der ordnungsmäßigen Weise zu verlangen und sich anderweit Arbeit zu verschaffen. Ich habe mit diesem wohlmeinenden Rate nur das Interesse der Belegschaft im Auge. Die Guß­stahlfabrik in Essen und die zu derselben ge­hörigen Hütten und Bergwerke bleiben hierbei vollständig außer Betracht. Für diese ist der erforderliche Kohlen- und Cokesbedarf aus anderen Revieren für beliebige Zeit in vollem Maße ge­deckt worden. Friedr. Krupp.

Der Streik wird sich voraussichtlich bald in Paris und auf der dortigen Weltausstellung fühlbar machen. Die Pariser Gasfabriken beziehen seit Jahren ihren Kohlenbedarf aus Gelsenkirchen. Früher wurde täglich ein ganzer Kohlen­zug nach Paris befördert; seit voriger Woche sind diese Kohlenzüge eingestellt.

Der R.-Anz. bestätigt, daß dem Or. mecl. Felix Semon in London (be­rühmter Halsarzt, der sich gegen Mackenzie ausgesprochen) der Rote Adlerorden dritter Klasse verliehen worden ist. (S. M.)

Berlin, 13. Mai. Der von mehreren Blättern gemeldete angebliche Streik der Kutscher der großen Berliner Pferdebahn beschränkt sich darauf, daß dreiundzwanzig Kutscher eines Depots heute früh die Arbeit einstellten, weil ihre Forderung nach verminderter Dienstzeit unberücksichtigt blieb. Die Streikenden wurden sofort durch Reservekutscher ersetzt, so daß keiner­lei Betriebsstörung stattfand. (F. I.)

In der Seydelstraße in Berlin wütete am 7. d. Mittags ein mächtiges Schaden­feuer, durch welches mehrere Personen in ernste Lebensgefahr gerieten. Das Feuer brach in der Küche der zu dem Damen­kleidergeschäft von A. Samelsohn ge­hörigen Wohnung im 2. Stockwerk aus und griff so schnell um sich, daß sämtliche Räume und auch der Treppenflur binnen kurzem in Hellen Flammen standen. Ein Rohr an der Dampf- und eines an der Gasspritze waren in Thätigkeit. Die Feuerwehr setzte die großen Witteschen Rettungsleitern an, stieg durch die Fenster des 2. Stockwerks und brachte jene Per­sonen, welche den Ausgang nicht mehr zu erreichen vermochten, über die Hinter­treppe in Sicherheit. Ein Dienstmädchen kletterte, von Rauchwolken bedrängt, aus einem Fenster des 3. Stockwerks und stellte sich, um Hilfe rufend, auf den Sims. Die Feuerwehr hatte unten bereits die Rettungstücher ausgespannt, da öffnete sich im anstoßenden Hause ein Fenster und ein junger Mann, der sich über die Brüstung schwang, zog das Mädchen mit großer Beherztheit hinüber.

In Hamburg haben am 11. ds. sämtliche Brauer die Arbeit eingestellt.

Köln, 11. Mai. Heute ist der Kölner Gesangverein von seiner italie­nischen Reise wieder hier angekommen und unter großem Andrang der Bevölkerung von der Militärmusik und brausenden Hochrufen empfangen worden.

Pforzheim, 13. Mai. Ein volles Jahrhundert ist heute verflossen, seit Pforz­heims evangelische Stadtkirche ein Raub der Flammen wurde. Drei Viertel auf 4 Uhr war an jenem 13. Mai 1789 der letzte Schlag, den die Uhr des brennenden Gotteshauses that. Der Vieruhrschlag wurde unter der verheerenden Wirkung der sengenden Lohe erstickt. Und heute? Noch immer fehlt unserer gewaltig ge­wachsenen Gemeinde das neue Gotteshaus. Möge der heutige für unsere evangelische Gemeinde so schmerzliche Erinnerungstag eine Mahnung sein, daß das Jahr 1889 mit der Grundsteinlegung zu einer neuen Kirche wieder gut zu machen beginne, was der 13. Mai 1789 verschuldet. (Pf. B.)

Pforzheim. Der Sängerkranz macht Sonntag 19. Mai mittags einen Ausflug nach Neuenbürg.

Württemberg.

Stuttgart. Ihre Majestät die Königin beehrte am Samstag Nachmittag den Stadtgarten mit Allerhöchstem Besuch. Die hohe Frau wurde von dem rasch herbeigerufenen Garteninspektor Wagner durch den Garten geleitet, über dessen prächtigen Stand Ihre Majestät sich er­freut aussprach.

Infolge der an den Seminaren zu Nagold, Eßlingen und Nürtingen vor­genommenen ersten Dienstprüfung sind nachstehende Kandidaten zur Versehung von unständigen Lehrstellen an Volks­schulen für befähigt erklärt worden: Bachtel er, Albert, von Gräfenhausen, Frey, Wilhelm, von Conweiler, Höll, Friedrich, von Conweiler, Oelschläger, Theodor, von Birkenfeld.

Stuttgart, 13. Mai. In der seit Jahren üblichen Weise vollzog sich auch gestern das Schillerfest des Stutt­garter Liederkranzes, welches noch eine ganz besonders festliche Weihe dadurch erhielt, daß zu gleicher Zeit das 50jährige Jubiläum der Einweihung des Schiller­denkmals mitgefeiert wurde.

Stuttgart. Cafs Stollsteimer ist um den Preis von 173,000 Mark in den Besitz des Restaurateurs Schwalb, bis­herigen Pächters des Michouds-Restaurants, Lindenstraße, übergegangen.

Cannstatt, 12. Mai. Heute fand die Eröffnung des Kursaals statt. Be­günstigt durch das schöne Wetter, war der Besuch von auswärts ein ziemlich starker.

Waiblingen, 10. Mai. Ein heftiges Gewitter mit starkem Regen ent­lud sich heute abend 5 Uhr über unserer Stadt und dauerte beinahe bis 8 Uhr fort. Der Blitz schlug um 6Vr Uhr in das Haus eines Gerbers mitten in der Stadt, ohne jedoch zu zünden. An den Spuren, welche der Blitz hinterließ, konnte man deutlich den Weg sehen, den er ge­nommen.

Oehringen, 14. Mai. Seit gestern nachmittag ist die Bevölkerung in der