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Knaben hängen, so daß die Kette ihn in das Wasser der Enz hineinzog. Der Knabe, welcher sich bei dem Sturz in die Enz an der Kette mit den Händen festhielt, konnte sich an derselben zu dem Nachen emporziehen. Sein älterer Bruder, welcher im Nachen saß, faßte ihn an beiden Armen, doch konnte er ihn nicht in den Nachen hineinziehen. Nun riefen beide Knaben mit lauter Stimme um Hilfe. Schleifer Stahl, ein tüchtiger Turner und guter Schwimmer, welcher gerade an der Betzmann'schen Sügmühle beschäftigt war, eilte herbei, warf sich ins Wasser, schwamm zu den beiden Knaben und rettete an einer tiefen Stelle den in großer Gefahr schwebenden Knaben, welchen sein Bruder kaum noch halten konnte. Stahl brachte den Knaben im Nachen sicher ans Ufer.

tS. M.

Bietigheim, 9. Mai. Gestern ver­unglückte in der Träger'schen Holzwaren­fabrik hier ein 17 Jahre alter Arbeiter dadurch, daß ein eichener Baumstamm, der sich beim Aufziehen in die Sägerei von der Kette löste, ihn zu Boden schlug; er er­litt einen Beinbruch und schwere innere Verletzungen. Es ist wenig Hoffnung vor­handen, ihn am Leben erhalten zu können.

Von einem Gasthausbesitzer in Langenkandel in der Rheinpfalz er­halten wir eine freundliche Zuschrift in Welcher darauf aufmerksam gemacht wird, daß nach einer ges. Bestimmung jeder Fuhrwerksbesitzer, welcher in der Pfalz verkehrt, seine Adresse (Namen und Wohnort) an dem Fuhrwerk auf einem Schild anzubringen und zu führen habe. Im Unterlassungsfälle würden fünf Mark Strafe angesetzt. Dies ist eine wohlbeachtenswerte Vorschrift. D. Red.

Ausland

Von Zeit zu Zeit erscheinen im Figaro Artikel von Saint-Genest, die fast immer anerkennenswert sind wegen der großen Offenherzigkeit und Rücksichtslosig­keit, mit der der Verfasser das ansspricht, was er denkt und empfindet. In einem letzten Artikel hatte er ausgeführt, daß eine Aussöhnung mit Deutschland leichter sei, als ein Einvernehmen mit Italien, da elfteres nur Erworbenes behaupten, letzteres sich aber auf Kosten Frankreichs im Mittelmeer ansdchnen wolle. Heute, kommt er auf diesen Artikel und die An­griffe, die er ihm eingetragen hat, zurück und wendet sich in längerer Ausführung gegen die auf unberechtigter Gefühls­politik beruhende chauvinistische Feindselig­keit gegen Deutschland.Der Deutsche", so heisit es in dem Artikel,ist ein er­klärter Feind, mit dem wir seit Jahr­hunderten im Kriege leben. Der Feldzug von 1870 ist kein vereinzelt stehender Fall, keine Ueberraschung, kein Verrat. Es ist die logische Folge eines zwischen zwei Nachbarvölkern entbrannten Zweikampfes. Unter Ludwig XIV. waren wir Sieger, verwüsteten die Pfalz und brannten und mordeten alles nieder. Unter Ludwig XV. wurden wir besiegt, der große Friedrich nahm seine Revanche und zerschmetterte alle, die seine Verbündete gewesen waren. Unter Napoleon I. siegten wir noch ein­mal, Berlin wird besetzt, das preußische

Heer aufgelöst, die Städte ausgeraubt. Gegen Ende des Kaiserreichs erleiden wir eine neue Niederlage. Paris wird ge­nommen, unser Landgebiet verkleinert, das Volk gebrandschatzt. Unter Napoleon III. kommt Frankreich wieder an die Reihe. Es zerreißt die Verträge von 1815, besiegt Oestreich bei Solferino und bereitet sich vor, Preußen zu schlagen, wird jedoch von diesem bei Sedan vernichtet. Das ist der große Kampf zwischen Germanen und Frankendie Germanen verteidigen ihre Unabhängigkeit und streben ihre Einigung an, die Franken suchen ihre Grenzen auszudehneu und den Rhein zu erobern ein Kampf ums Dasein, ein offener erbitterter Kampf, wie ihn alle Geschöpfe führen, seit die Welt besteht. Jedes Volk führt ihn in der Weise, die seinem Temperament entspricht, die einen mit höherer Großmut, aber auch mit größerer Wildheit in der Zerstörung und im Gemetzel; die andern mit mehr Achtung vor dem Eigentum, aber auch mit kalter Grausamkeit und kaufmännischer Habgier, die manchmal den Krieg entehrt. Aber nach der Schlacht können beide Gegner, in Erwartung der Wiederaufnahme des Kampfes, einander frei und stolz in die Augen sehen. Die nationale Würde scheint sogar zu fordern, daß keiner den Sieger beschimpft, weil dieser ihm das zugefügt, was er selbst ihm vorher angethan hat. Denn wenn man sich nach Jena über Sedan und nach Tilsit über Frankfurt beklagt, so wird man von Europa aus- gelachl .... Haben wir selbst nicht auch andere Länder zerstückelt und ver­wüstet? Waren wir es nicht, die in Berlin, Moskau, Wien und Madrid ge­wesen sind? Haben wir nicht auch Pro­vinzen erobert und Völker gebrandschatzt? Tragen die Ufer des Rheins nicht heute noch die Spuren unserer Verwüstungen? . . . . Wenn ihr (Chauvinisten) noch wenigstens etwas Vernünftiges redetet, was in Berlin verletzen könnte, statt uns vor ganz Europa lächerlich zu machen! Statt dessen aber wie eigensinnige Kinder fortwährend zu wiederholen, daßdiePreußen einVerbrechen" begierigen, weil sie uns nach Sedan drei Departements nahmen, während wir ihnen nach Jena drei Viertel ihres Landes genommen haben, und den Preußen vorzuwerfcn, daß sie alles ge­plündert und zerstört haben, während die Trümmer des Heidelberger Schlosses dem wohlerhaltenen Palaste von Versailles gegenüberstehen, das ist denn doch wirklich zu albern! Welche Geduld muß man haben, um solche Kindereien anzuhören! Und das dauert schon 18 Jahre und wird noch 18 Jahre dauern." Mit besonderer Schärfe schildert Saint-Genest, in welcher Weise der Chauvinismus hier ausgenützt wird:Was man heute gewöhnlich Patriotismus nennt, ist nichts anderes mehr als Anfälle kindischen Chauvinismus oder niedrige Interessen der Parteipolitik. Die Methode ist so einfach, daß der Dümmste sie begreifen kann. So lange man in der Opposition ist, erkennt man den Frankfurter Frieden nicht an und spricht nur von Revanche; tags darauf aber, wenn man an die Herrschaft ge­kommen ist und das Bedürfnis fühlt, die

Mengen zu beruhigen, so hängt man die Revanche an den Nagel und schickt Herrn v. Bismarck die versöhnlichsten Botschafter. Wenn man nachher dem Pariser Wühler gefallen will, so fängt man wieder a» kläglich über Elsaß-Lothringen zu weinen und den Kanzler herausfordernd a,M- blickcn. Geht man aber aufs Land, s wird die Revanche wieder in die Tajtz gesteckt und von den Segnungen de; Friedens gesprochen und das allkö mit der ernstesten Miene von der Weil" (K. Ztg.;

WitiMkn.

Vorsichtsmaßregeln bei einem Gewitter.

Jetzt, nun die wärmere Zeit angebrochen ist, haben auch die Gewitter nicht allzulange aus sich warten lassen. Es ist deshalb gewiß sür manche Haussrau von Interesse, die wichtigsten Vorsichtsmaßregeln bei einem Gewitter keimen zu lernen.

Bor dem Donner, der nur eine hestige Er­schütterung der Luft ist, braucht man sich nicht zu fürchten; denn wenn derselbe gehört wird, so ist die Gefahr des Blitzes bereits vorüber. Bekannt ist, daß der Blitz von metallene» und feuchten Gegenständen angezogen wird und gern eiuschlägt. Um die Blitzgefahr für Menschen möglichst zu vermeiden, beobachte man folgende Vorsichtsmaßregeln: 1) Hält man sich in der Wohnstube auf, so setze oder stelle man sich nicht in die Nähe des Ofens, der Thüre, der Fenster, der Kronleuchter, des .Klaviers re., man lege auch Alles Bietall von sich ab, wie Schlüssel, Messer, Uhren und halte sich in der Mitte des Zimmers auf. Es ist auch ratsam, während eines starken Gewitters das Feuer im Ofen aus­zulöschen, Iveil der aufsteigende Rauch ein guter Elektricitätsleitcr ist. Während des Gewitters halte man immer ein Fenster offen, damit wenn der Blitz einschlägt, die Menschen nicht in der erstickenden Luft umkommen; Luftzug im Zimmer vermeide man und ebenso das Hinaussehen aus dem geöffneten Fenster. Schon häufig ist es vorgekommen, daß die Menschen beim Hinaus­sehen vom Blitze erschlagen wurden. Man ver­meide alle Räume, wo Gegenstände sind, welche Stickluft und Wasserdampf verbreiten, also Feuer­herde, Schornsteine, Wäsche, selbst die Nähe vieler Tiere und die Gesellschaft vieler Menschen. 2) In den Straßen des Wohnorts gehe man in der Mitte und nicht an den Seiten, besonders vermeide man die Stellen, wo das Wasser in starken Güssen von den Dächern niederstürz! oder wo Dachrinnen sich befinden. 3) Im Freien gehe nian langsam und sei nicht ängstlich. Laufen und Angst befördern den Schweiß, der wie alle Feuchtigkeiten, zu den Elektricitätsleitern gehört. Fährt oder reitet mau, so steige man ab und gehe so weit, als möglich, vor dem Wagen oder neben den Pferden her. Außerdem vermeide man einzelnstehende Bäume, Getreide- Haufen, die Nähe der Gewässer und der Tiere. Wer auf einem Berge ist, der eile ins Thal, denn dort ist man der Gewitterwolke am fernsten. Man hat die Beobachtung gemacht, daß die Mehrzahl der vom Blitze erschlagenen Menschen solche gewesen sind, welche unter Bäumen Schuh gesucht hatten. Man stelle sich deshalb nicht unterBäume, besonders nicht unter Eichen, Pappeln und Nadelhvlzbäume. Der verstorbene Professor Lichtenberg in Göttingen gab daher den Rat, man solle an alle freistehenden Bäume ei» Täfelchen mit der Aufschrift anhesten:Allhier wird man vom Blitze erschlagen." Es ist besser, sich beregnen zu lassen, als der Gefahr auszu­setzen, bei trockenem Körper erschlagen zu werden. Für Gebäude gewährt der von Franklin er­fundene Blitzableiter den besten Schutz; jedoch versäume man nicht, denselben öfters nachzusehen, ob er nicht fehlerhaft geworden ist. Reben den angegebenen Vorsichtsmaßregeln beobachte man während dieser erhabenen und oft furcht­baren Naturerscheinung die größte Ruhe Mio befehle man Leib und Seele, Hab und Gut dem allmächtigen und allgegenwärtigen Vater »» Himmel, der auch Donner und Blitz in Hand hat und uns vor allem Unglück behüte» und bewahren kann. _.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.