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Ausland.

Paris, 1 . Mai. Bei dem gestrigen Gewitter fürchtete man, der Eiffelturm könne den Blitz anziehen; derselbe erwies sich jedoch im Gegenteil als ein sehr wirk­samer Blitzableiter, der einen steten und darum nicht heftigen Strom von Elektri­zität aus den Wolken in die Erde führte. Das Gewitter stand in der Höhe von 250 m. Die Arbeiter, welche auf dem obersten Stockwerk des Turmes Bolzen vernieteten, arbeiteten über den Wolken im heitersten Sonnenschein; sie hörten den Donner und sahen das Leuchten unter sich. Die Lust am Fuße des Turmes war während des Gewitters und nach dem­selben äußerst stark mit Ozon geschwängert und der Turm übte eine sehr merkliche Ablenkung auf die Magnetnadel aus, auf weit größere Entfernung als gewöhnlich, wobei die Nordseite als positiver, die Südseite als negativer Pol wirkte. Etwa */- kw westlich vom Turme schlug der Blitz in die Erde und machte ein tiefes Loch am Eingang der Rue de Passy; ein anderer Blitz fällte 1 km östlich vom Turm eine Platane auf dem Boulevard des Invalides.

In Guanajuato (Mexiko) hat ein Volks­aufruhr stattgefunden. Die Regierung verhaftetere 5 Jesuitenväter wegen auf­rührerischer Reden. Ein bewaffneter Mob griff das Gefängnis an, suchte die Priester zu befreien und mißhandelte den Gou­verneur und die Beamten. Es wurden Truppen aufgeboten, welche Feuer gaben, infolge dessen 200 der Angreifer getötet wurden.

MisMen.

Km MütjlenLeich.

Erzählung von Marc. Boyen- (Fortsetzung.)

Vater", sprach Marie gefaßt,ich schwöre Dir einen heiligen Eid, ich halt' mein Wort, ich werd' des Oberhofbauern Frau, sobald er mich dazu begehrt; laß die Qual, Vater, denk nicht an Tod und Gericht, ich Hab' Dich mein Lebtag geehrt und geliebt, ich halt Dein Andenken alle­zeit vor den Menschen in Ehren, ich halt' meinen Eid."

Der alte Mann sah sie mit glänzen­den Augen an,Gott segne Dich, mein Kind", sprach er langsam, er zog ihre Hand zu sich und küßte sie.

Vater, was thut Ihr da!" rief das Mädchen erschrocken. Da flammte ein Heller Blitz nieder, ein betäubender Schlag folgte, mit schwerem Dröhnen schlug die Hälfte einer der vor den Fenstern stehen­den Ulmen, welche der Blitzstrahl gespalten hatte, gegen das Haus, daß die Fenster in tausend Stücke sprangen. Dann brach der Sturmwind los, der das Haus in seinen Fugen erschütterte, in das Heulen des Sturmes mischte sich das Rauschen des aufgewühlten Mühlteiches, in welchen der Bach endlose Mengen Wassers führte. Mutter, um Gotteswillen, seht nur, der Vater ist hin", schrie jetzt Marie. Be­wegungslos lag der Kranke, angstvoll beugten sich die Frauen über ihn hin.

Er ist vielleicht nicht tot?" sprach die! Müllerin entsetzt,ruf' die Magd."

Die Magd sollte ins Dorf, den Arzt holen.Ich kann nicht gehen, Frau; das! Wasser kommt zu stark, ich meine, es flösse! schon über den Teich", sagte diese.Geh", bat die Müllerin angstvoll,Du kommst noch ohne Gefahr ins Dorf, gehst ja bergan, bring uns den Doktor, man wird Dich nicht ohne Beistand lassen, wenn's Gefahr geben soll."

So gicng die Magd hin, um den Arzt zu holen, der doch dem Müller nichts mehr helfen konnte, denn der war heim­gegangen, wie er selbst vorausgesagt hatte, und seine Seele stand vor Gottes Thron. Verstört, thränenlos starrte die Müllerin auf das stille Gesicht des Toten.O Kind, warum hast Du den Schwur ge­sprochen", sagte sie leise.Mutter", sprach Marie,denkt an des Vaters Angst und Qual, und nun seht her, wie friedlich und glücklich sieht er jetzt aus; mit einem Segen für mich ist er gestorben, macht mich nicht irre an meiner Pflicht." Weinend hielten sich die Frauen umschlungen, sie hörten nichts von dem Toben der Elemente, ihre Gedanken zogen dem Geschiedenen nach in weite, unbekannte Fernen und Gegenwart und Zukunft war vergessen.

O Kind, Kind, das Wasser kommt!" schrie jetzt die Frau.

Jawohl, das Wasser war schon lange über die Ufer des Mühlteichs gegangen, Hof und Garten lag wie ein großer, tosender See anzusehen vor den Augen der erschrockenen Frauen, unter derf Thür quoll das Wasser in dickem Strahl hinein, von dem tiefer gelegenen Hof her scholl das angstvolle Brüllen des Viehes und als es endlich gelang, die Thür vollends zu öffnen, um einen Versuch zu wagen, den Hof noch zu durchschreiten und dem Vieh noch Hilfe zu bringen, da drang das Wasser gewaltig hinein und umspülte die Füße der ganz entsetzten Frauen. Die Müllerin hatte im ersten Jahre ihrer Ehe einmal eine ähnliche Wassersnot erlebt, sie sah auf ihr Kind und schauderte als sie an die Stunden der Angst damals dachte; sie waren hier beide allein ohne > Beistand, allein auf sich angewiesen in ^ dieser Not, allein mit dem schweigenden Toten.

In den Ställen verstummte das Brüllen des Viehes, wie konnten die Frauen Hilfe bringen, betäubt lehnten sie lange in ihren Stühlen, dann ermannte sich die Müllerin, als ihr ein Windzug den Ton der Alarmglocke im Dorf zuführte, viel­leicht war im Dorf selbst die Not noch nicht so groß, daß man dort noch ihrer gedenken würde, die doch am schwersten bedroht waren. Sie stand auf und watete durch das steigende Wasser, um die wenigen Wertsachen zusammenzulegen, welche sie in ihrer Tasche unterbringen konnte, ihr war zu Mut wie einer Trunkenen. Marie lag in dem gelben Wasser, das im Zimmer wogte, am Bette des Vaters und betete, unbekümmert um ci- Gefahr ihrer Lage. Der Mutter grauste. .Wenn das Wasser käme und wir ertränken hier", dachte sie, das wäre doch am besten.

(Fortsetzung folgt.)

Berlin, 28. April. Daß sogar der Diebstahl eines Ueberziehers für den Be­stohlenen zur Rettung seines Lebens dienen und dadurch ihm wie seinen Angehörigen zum Heile ausschlagen kann, erhellt aus folgender Geschichte, welche ein Lokal­berichterstatter, hoffentlich der Wahrheit gemäß, in folgender Weise erzählt:I« einem feineren Restaurant der Friedrich­straße saß am Freitag abend Herr G O.-Straße wohnhaft, mehrere Stunden lang und schrieb emsig Briefe. Nicht wenig erschrak er, als kurz nach 9 Uhr in furchtbarster Hast sein Vater, seine Mutter, seine beiden Brüder und seine Schwestern im Lokal erschienen, um ihn am Selbstmord zu verhindern. In der That mußte der junge Mann zugeben, daß er die Absicht gehabt habe, sich zu erschießen, was auch durch den Inhalt der auf dem Tische liegenden Briefe bestätigt wurde. Auf welche Weise jedoch feine Angehörigen davon Kenntnis erhalten und wer denselben seinen Aufenthalt verraten hatte, erfuhr er erst durch seinen Vater. In dessen Wohnung ließ sich gegen S Uhr ei» Herr melden, der in stürmischer Hast ihn zu sprechen wünschte. Der Fremde übergab ihm einen Revolver und einen Zettel mit der Bemerkung, er solle denselben sofort lesen, denn das Leben seines Sohnes stehe in höchster Gefahr. Im nächsten Augenblick war der Fremde wieder verschwunden. Auf dem Zettel war zu lesen:Werter Herr! Soeben stahl ich Ihres Sohnes Ueberzieher und fand in den Taschen desselben einen ge­ladenen Revolver und eine Karte, aus deren Inhalt ich erkannte, daß Ihr Sohn die Absicht habe, sich noch am Abend um- zubringen. Da er Ihre Adresse auf die Karte gesetzt, so war es mir möglich, Sie zu rechter Zeit noch zu warnen. Ihr Sohn sitzt im Restaurant F. in der Friedrichstraße. Da der Ueberzieher und das in demselben gefundene seidene Tuch, sowie die silberne Cigarettendose mir durch den großen Dienst, den ich Ihnen leisten konnte, gesichert sind, so kann ich mich wohl mit Ruhe ihres Besitzes erfreuen. Hoffentlich verdanken Sie mir die Er­rettung Ihres Sohnes und ich werde noch gelegentlich von mir hören lassen. R."

Gemeinnütziges.

(Gegen Kopfschmerzen, deren.Ursache Blutarmut ist, empfiehlt man folgendes Mittel: Sobald der Schmerz anfängi, lästig zu werden, nehme man ein Gramm Antipyrin und lege sich ruhig zu Bett; nach einer Stunde ein weiteres Gramm, und sehr bald ist der Schmerz vollständig verschwunden. Für schwache Naturen ist

Gramm ausreichend. Das MedikameM ist in jeder Apotheke zu erhalten. Anti- pyrin ist ein durchaus unschädliches Mittel.

(Gegen Stuhlbeschwerdenj nehme man sowohl morgens als abends in kurzen Zwischenräumen (//-stündlich) je einen Eßlöffel Honig, etwas erwärmt, ein, 7 - Wer täglich zum Frühstück Honig gemeßb wird damit seine Verdauung wesentlich unterstützen.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh Neuenbürg.