244
herabgesunken war, wegen staatsgefährlicher Umtriebe in Anklagezustand versetzt und, wie bereits bekannt wurde, ereilte dasselbe Schicksal die Häupter der Boulang- isten, von denen sich aber gerade der General Boulanger durch die Flucht nach Brüssel der Verhaftung entzogen hat.
Gegenwärtig wird nun viel in der französischen Presse aller Parteien darüber orakelt, ob sich General Boulanger durch seine Flucht geschadet habe oder nicht, wobei natürlich die meisten republikanischen Blätter Boulanger zu den politisch Toten werfen, während die boulangistischen Zeitungen, mit Ausnahme des „Clairon", welcher seinen früheren Herrn und Meister Boulanger einen „jämmerlichen Ausreißer" schilt, die baldige siegreiche Rückkehr des Generals prophezeien. Bemerkenswert ist aber auch, daß einige große republikanische Zeitungen sehr zurückhaltend in ihren Urteilen sind und in ihrer Doctrin so weit gehen, daß sie die gerichtliche Verfolgung der Boulangisten nicht gerade als eine glückliche Idee ansehen. Diese seltsamen Schwärmer scheinen gar nicht zu wissen, daß in der Politik nur die Macht entscheidet, und daß jede Regierung, welche die Macht in den Händen hat, auch das Recht haben muß, für ihr Dasein zu kämpfen, und daß dieses Recht zur Pflicht wird, wenn die Umtriebe der Gegenpartei den Ausbruch eines Bürgerkrieges befürchten lassen. Die Minister Tirard und Constans haben daher mit ihren Maßregeln ganz entschieden das Recht der gesetzmäßigen Staatsgewalt auf ihrer Seite und im Interesse Frankreichs und Europas ist nur zu wünschen, daß die französische Regierung von ihrer Macht denjenigen Gebrauch macht, der geeignet ist, neue Staatsumwälzungen in Frankreich zu verhüten.
Paris, 6. April. In dem Prozeß gegen die Patriotenliga wurde heute da^ Urteil verkündigt. Die Angeklagten sind von dem Vergehen, einer geheimen Ge-, sellschaft angehört zu haben, freigesprochen;! doch ist jeder derselben wegen Mitgliedschaft an einer nicht erlaubten Gesellschaft zu einer Geldstrafe von 100 Franken verurteilt. Ferner sind den Angeklagten gemeinschaftlich die Kosten zur Last gelegt worden. (Biel Lärm um nichts.)
MisMeii.
Drei
Methoden der Lieöes-KrLtärung.
Humoreske von A. von Winterfeld.
(Fortsetzung.)
„Mein Gott, welche Bereitsamkeit!" lächelte diese; „Sie haben also wirklich noch nie einen Brief geschrieben?" — „Niemals!" — „Und welches andere Mittel besitzen Sie, die Frauen zu gewinnen?" — „Das beste von allen, gnädige Frau!" flammte Dornburg auf. — „Und das ist?" — „Die mündliche Erklärung, gnädige Frau." — „O . . . o, neigte die schöne Frau mißbilligend das blonde Köpfchen; „das ist ja ein ganz abscheuliches Mittel ... ich rate Ihnen, es nie zu versuchen . . . solche Erklärungen flößen mir einen förmlichen Schauder
ein." — Dornburg brach schon wieder der Angstschweiß aus. „Ich kenne nichts komischeres", fuhr die Dame fort, „als einen Mann, der plötzlich eine theatralische Stellung annimmt, um uns zu sagen: ich sterbe ... ich bete Sie an! Das ist nervenangreifend! Schon in den bloßen Worten: ich liebe Sie! liegt für mich etwas peinliches. Erstens ist es ein Gemeinplatz, den man fast in allen Romanen bis zum Ueberdruß findet, und zweitens sind die drei kleinen Worte für die Männer doch gar zu leicht zu sagen. Finden Sie das nicht auch, Herr Graf?"
Dornburg machte einen letzten Versuch, sich noch einmal aufzuraffen. „Sie urteilen doch wohl etwas zu streng, gnädige Frau", cntgegnete er, „die mündliche Erklärung hat doch auch ihr Gutes." Dann warf er sich in die Brust, nahm die Schultern zurück und sprach mit großer Leidenschaftlichkeit weiter: „Wenn Sie einen Mann vor sich sähen, gnädige Frau, der nach einem Jahr unsäglichen Leidens es endlich wagte, vor Ihnen niederzusinken und Ihnen mit gefalteten Händen zu sagen: gnädige Frau, ich . . ." Diese faßte mit schnellem Griff die Klingelschnur. — Durch Dorn- burgs Körper lief ein nervöses Zittern. „Bitte, bitte", flehte er; „spielen Sic nicht mit dieser verhängnisvollen Schnur . . . ich kann es nicht vertragen . . . nehmen Sie die Hand da wieder fort."
„So habe ich Sie ja aber noch niemals gesehen, lieber Graf", sagte Frau von Seeberg mit gut gespieltem Staunen, indem sie die Schnur wieder losrieß.
Dornburg warf einen schnellen Seitenblick nach der Pendule; es mußte in diesem Moment drei schlagen. Der Anblick ließ ihn den letzten Rest seiner Besonnenheit verlieren.
„Gnädige Frau . . . Ihre Uhr geht vor!" rief er wie ein Verzweifelnder; „allerwenigstens zehn Minuten!"
„O nein, Herr Graf", lächelte Jene, „es muß sofort von der Mathäikirche schlagen. Hören Sie, da fängt es bereits an!"
Dornburg horchte mit angehaltenem Atem. Die drei ernsten metallenen Schläge töteten erbarmungslos seine drei kleinen !üiebesworte.
Als die Turmuhr ausgeschlagen, ahmte ihr die Pendule nach wie ein feines, silbernes Echo.
„Zu spät!" sagte Frau von Seeberg ernst; dann zog sie die Klingel und die Kammerfrau erschien.
„Ich lasse Herrn von Moorheim bitten, hier einzutreten", sagte sie dieser; dann wandte sie sich an Dornburg: „Wollen Sie die Güte haben, Ihren Freund so lange zu unterhalten, bis ich wiederkomme, lieber Graf? Bor allen Dingen gehen Sie aber nicht fort, bis ich wiederkomme; ich werde die Geduld der Herren auf keine zu harte Probe setzen.
(Schluß folgt.)
Noch eine Erinnerung an Kaiser Wilhelm I., eine wehmütige und schöne, die heut, an dem Tage, der so in erster Reihe seinem Gedächtnis geweiht ist, hier ihre Stelle finden mag: „Es war im Anfang März des Jahres 1871", so erzählt dem Schreiber dieses, ein pensionierter
württembergischer Offizier, „als die aus Preußen, Sachsen und aus Württembergeni zusammengesetzte Armee, welche der dadamalige Kronprinz und jetzige König Albert von Sachsen commandierte, in der Nähe von Villiers konzentriert wurde. Auf den blutgetränkten Schlachtfeldern, wo wir so manchen harten Strauß mit den belagerten Pariser Truppen zu bestehe« hatten, wollte der greise Heldenkaiser, nachdem er Versailles für immer verlassen und im Triumph nach Deutschland zurückkehrte, noch eine letzte große Heerschau abhalten.
— Etwa 40 000 Mann waren zur Stelle, während eine fast ebenso große Truppenzahl zur Bewachung der Cernierten zurück- bleiben mußte. — Wir Württemderger standen auf dem Flügel, den der Kaiser zuerst passierte. Der Weg zu unserer Aufstellung war durch Fahnen und Fähnchen ^ markiert, und unvergeßlich wird mir der Anblick sein, als ich den greisen Monarchen mit seinem Gefolge die kleine Anhöhen hinauf galoppieren sah, über welche er zu i uns gelangte. — Nachdem der Kaiser den Rapport unseres Divisionärs entgegengenommen hatte, entbot er uns den Gruß und ritt, jeden einzelnen Krieger mit freundlichen Blicken musternd, im Schritt die lange Front ab. Wir sahen, wie der kaiserliche Oberfeldherr wiederholt sein Taschentuch an Stirn und Augen führte und so that, als ob er sich, durch den kleinen Ritt erhitzt, den Schweiß trocknen wolle; dem aber war nicht so. Offenbar wollte der Greis die verräterischen Zeichen tiefer Rührung durch diese Manipulation unterdrücken, was ihm aber trotz aller Mühe nicht gelang, denn ich und mit mir mehrere Kameraden sahen Thränen in des Fürsten Augen. Thränen, die uns tief i» das Herz drangen, und deren sich der Held wahrlich nicht zu schämen brauchte. — Wie wir später erfuhren, soll Kaiser Wilhelm zu seiner nächsten Umgebung geäußert haben, daß ihn der Anblick der stark decimierten Süddeutschen, die 1866 noch gegen ihn und jetzt für ihn gekämpft hatten, sehr ergriffen habe und daß er Gott nicht genug danken könne für all das Große, das der Herr an ihm gethan. —
— „Auf der Totenbahre habe ich den greisen Kaiser nicht gesehen", schloß der württembergische Offizier seine Erzählung, „aber so, wie ich den Einiger Deutschlands vor nunmehr 18 Jahren zum letztenmale sah, wird er in meiner Erinnerung fortleben: als ein hünenhafter greiser Held, vor der Front seiner siegreichen Truppen, als das Prototyp eines Kaisers, wie ihn ' sich die Phantasie eines Kriegers nicht herrlicher denken kann." (B. N. N.)
(Mißlungene List.) Lieber Vater!
Habe soeben mit meinen Bundesbrüdern 10 Flaschen Champagner gewettet, daß Du mir bis morgen abend 100 Mark schickest. Die Chancen, wie Du siehst, vortrefflich! Dein Sohn A. Pump, cand. med.
Lieber Sohn! Dein Brief, den ich gestern Abend, als ich in Gesellschaft war, erhielt, hat die anwesenden Herren st wettlustig gemacht, daß mein Freund, der Assessor, augenblicklich mit mir 100 Mark gewettet hat, daß ich Dir das Geld schicke- Du wirst zu würdigen wissen, auf wessen Seite die Chancen größer sin d. Dein Bat er-
nbürg. !
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neue
Amei«
Rr. »7.
Erscheint Z>te««t« >m Bezirk viert
Rev
We«-,AH> h«h- md
Am Mit vor:
auf dem Rathl Staatswald A Schwann), Ber hau (Hut Dob 186 St. E 99,83 III., 9 St. Aho 0.43 Fm. i mit 0,36 stammholz 2 St. eiche Halde) mit ferner aus Ab Rm.: Anln birk., 48 3 Reisprügel Entfernung > Rothenbach 3- Enzthal güusti Die Forstt und Leidig in das Holz vorz
Im Mc von
Olpp, Friedr-, Schuepf, Karl, Köhler, Chr. j von
Burghard, An Rieth, Albert, von Gräfe Nittel, Jakob, Kappler, Jako Grimmer, Chr Kern, Friedr,, vo
Burghard, Wi von
Schöninger, C Ehrhardt, Chr
von
Glauner, San vo
Gann, Michae vc
Knüller, Ludw von U Kieselmann, K Forderung,