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so vollständig unterworfen, doch nach und fünf Minuten später betrat sie ihr An­kleidezimmer und gab Louison den Befehl, sie für die Ausfahrt anzukleiden.

Bald stand denn auch die kleine, sylphenhafte Gestalt Hilda's in voller Promenadentoilette vor dem großen Spiegel. Aber kalt und ernst betrachtete die junge Frau das entzückende Bild, welches ihr das Glas bot. Sie freute sich nicht mehr ihrer lieblichen Schönheit, daß sie eine Lubostrow war vom Scheitel bis zur Sohle. Vielleicht kamen ihr schon Stunden, wo sie dieser gefährlichen Aehn- lichkeit zürnte und mit Schrecken daran dachte, daß die russische Adelsfamilie Wladislaw Lubostrow verflucht hatte bis in's tausendste Glied. O Gott, und sie war erst seine Enkelin!

Da klopfte es an der Thür. Der Diener des Doktors war es, der nur durch die Spalte sagte:Der Herr Doktor lassen bitten!"

Hilda runzelte die Stirn.War Bollner denn wirklich schon der Gebieter im Palaste Bonetti?" Ihre Hände krampften sich ineinander. Und für einen Moment nahm ihr Gesicht wieder jenen dämonischen Ausdruck an. den wir schon mehrmals in den feinen Zügen beobachtet haben. Dann aber senkte sich das schöne Haupt, von dem der lange Trauerschleier graziös herabfiel und sie sagte in gleich- giltigem Tone:Ich lasse den Herrn Doktor ersuchen, nur noch wenige Minuten zu verziehen."

Aber der Herr haben gesagt, die Pferde könnten nicht länger stehen", er­widerte der Diener in einem Ton, der nur zu deutlich verriet, selbst er wußte schon, unter welcher Knechtschaft Gräfin Hilda von Bergenhorst stand.

Unverschämter !" knirschte die Gräfin. Dann befahl sie kurz:Gehen Sie!"

Mit einem cynischen Lächeln auf den Lippen gehorchte der Lakai. Als er außer Hörweite war, nickte er mit dem Kopf und murmelte vor sich hin:Dieser deutsche Doktor versteht sich auf das Weibervolk man kann von ihm lernen. Er hat auch ganz recht, wenn er sagt: Unter die Füße muß man die Frauen I treten, wenn sie uns lieben sollen." Ha, ha, ha, aber schöne Verhältnisse sind es doch, die jetzt im Palaste Bonetti herrschen! Der Herr und Gebieter liegt krank und hilflos auf seinem Schmerzens­lager, man sperrt ihn von jedem trösten­den Verkehr ab, wie einen Verbrecher; sein Arzt dagegen na, na, besser den Mund gehalten, auch die Wände können Ohren haben! Aber so viel sage ich doch: Wenn alle Deutschen sind, wie diese, dann begreife ich nicht, daß man so viel Auf­hebens von ihrer Herzensgüte und Tugend macht."

Die elegante Equipage, in der Doktor Bollner und Gräfin Hilda Bergenhorst saßen, hatte bereits das Ende der breiten, wunderschönen Straße erreicht, als Louison hastig ihren Arbeitstisch aufräumte und dann das Ankleidezimmer der Gräfin ver­ließ. Ohne sich auch nur einen Moment zu besinnen, eilte sie den Korridor hinab und klopfte bescheiden an die Thür, hinter

der sie die graue Schwester am Bette ihres Patienten wußte.

Wer ist da?" fragte die Diakonissin in italienischer Sprache.

Louison nannte ihren Namen und fragte, ob ihr erlaubt sei, ein Viertelstündchen bei der Schwester zu rasten. Die Frau Gräfin wäre mit dem Doktor ausgefahren und sie hätte Zeit zu einer kleinen Plauderei.

Lassen sie mich einen Augenblick überlegen," erwiderte die Schwester freund­lich. Dann aber öffnete sie auch schon

und Louison die schmalen Hände ent­gegenstreckend, flüsterte sie:Treten Sie leise auf, liebes Kind, der Herr Graf schlummert ein wenig. Am Vormittag hat es wieder einen besonders schweren Anfall gegeben und da kommt dann die Schwäche nach."

Louison war beim Betreten des Ge­machs, das wie alle übrigen hoch, groß und elegant ausgestattet war, bleich ge­worden wie das weiße Tüchelchen, das sie um den Hals trug. Sie zitterte auch und die Stimme des jungen Mädchens hatte einen merkwürdigen Tonfall, als sie leise fragte:

Welcher Art sind denn eigentlich die Anfälle, an denen der Herr Graf la­boriert?"

Leider epileptischer! Und ich würde entschieden glauben, die fürchterlichen Krämpfe stammen schon aus der frühesten I Kindheit des Unglücklichen, wenn der Herr Doktor nicht gesagt hätte, der arme Graf litte erst seit kurzer Zeit an den bösen Zufällen, die ich so hochgradig, wie sie sind, noch an keinem anderen Patienten ^ beobachtet habe!"

Aber der verstorbene Baron, Schwester, litt auch der an Epilepsie?"

Behüte! Dagegen war der Geist des armen Herrn umnachtet. Er machte seiner Pflegerin viel zu schaffen, erkannte auch die Gräfin nicht, die er immerfortmeine Vera" nannte!"

Ah!" flüsterte Louison, dann faßte sie plötzlich die Hände der Schwester und sagte eindringlich: '

Wenn ich Ihnen bei meiner Seele Heil zuschwöre, daß ich nur einen guten Zweck verfolge, möchten Sie mir gestatten einen Blick, einen einzigen aus das Antlitz Ihres Patienten zu werfen?"

Die Diakonissin schaute befremdet in die erregten Züge des Mädchens.

Ich verstehe Sie nicht," sagte sie dann zurückhaltend und trat rasch vor die Thür, die zu dem Raume führte, in dem der Patient schlummerte.

Schwester ich erkläre Ihnen nach­her Alles - Alles!"

Aber die Diakonissin zögerte noch immer.

Da warf sich Louison in die Kniee

Schwester, und wenn ich Ihnen nun sage, es ist mehr als wahrscheinlich, daß Sie einem Verbrechen dienen und ich im Stande wäre, /Ihnen darüber Gewißheit zu geben -7- wenn Sie mir einen Blick in das Antlitz Ihres Kranken gestatten würden Sie dann noch zögern?"

Auch die Schwester war jetzt erbleicht

auch sie zitterte. Nun trat sie lang­sam von der Thür zurück und schlug die schwere seidene Portiere auseinander.

Ich wehre Ihnen den Eintritt nicht mehr", sagte sie. Aber bitten möchte ich doch, den Armen auf keinen Fall in seinem Schlummer zu stören ihm sind diese wenigen Stunden Ruhe zu gönnen/

Louison hatte sich rasch erhoben, jetzt zog sie eine kleine Photographie aus der Tasche. Mit dem Bildchen in der Hand betrat sie das Gemach. Schon ein« Minute später aber stand sie wieder nebr der Diakonissin:

Es ist wahr, wirklich wahr, was Ihnen vorhin gesagtSie dienen emm I Verbrechen, Schwester!"

Jesus, Maria und alle Heiligen!' stammelte diese erschrocken und fuhr sich mit der Hand nach dem Herzen.

(Fortsetzung folgt.',

Eine unerwartete reiche Beute machten die Eingeborenen der Gilbert-Inseln - nämlich ein großes Schiff mit voller Ladung, welches angescgclt kam, ohne einen Menschen an Bord. Das Schiff war derRock ^ Terrace" und das seltsamste bei der Ge- t schichte ist, daß das Schiff zwölf Monate zuvor von der Besatzung verlassen worden war. Jetzt ist es bekannt geworden, daß das Schiff nicht untergegangen, sondern auf dem Meere fortgetrieben ist, bis ck die Gilbert-Inseln erreichte. DerRock Terrace" segelte im September 1887 von Philadelphia nach Hiogo in Japan ab. In der Nähe der Philippinen verließ du Mannschaft das Schiff und landete auf einer Insel. Es hieß, der Kapitän habt alles aufgeboten, um das Schiff über Wasser zu halten. Seitdem hatte man nicht vomRock Terrace" gehört und die Versicherungsgesellschaft zahlte auch ohne ' Anstand die Versicherungssumme aus. Nn» ist das Fahrzeug, wie erzählt, plötzlich wieder aufgetaucht und auch ziemlich un- ^ beschädigt.

! (Eine Kritik.) Jn B., so erzählt man uns, sitzen Musikfreunde beim Bier und sind voll des Lobes über das unvergleich­liche Violinspiel des Geiger-Kaisers Joachim, welcher am Abend zuvor in der Stadt aufgetreten war. Endlich wurde es dem anwesenden Stabstrompeter des dort gar- nisonierenden Dragoner-Regiments zuviel und er machte sich Luft mit den Worten: Nun ja, spielt gut, aber setzen Sie'n uffs Pferd, dann kann er nischt!"

(Feine Mohren-Wäsche.) Unsere neuen schwarzen Mitbürger in Deutsch-Afrika fangen an, in der Kultur vorwärts zu schreiten, auch in der textilen! Einer Berliner Wäschefirma in der Königstraße ist von einem Hamburger Exporteur eine Ordre auf Lieferung eines bedeutenden Groß-Postens von OberhemdenfürKamerun zugegangen. Die Ware wirb in meist

grcllenFarbenzusammensteüungen verlangt,

und rot-weiß, rotblau, gelb-blau rc. spielt dabei eine Hauptrolle.

(Ordnungssinn.) Die kleine Elise: Unser neues Dienstmädchen ist aber eine unordentliche Person, Mama!" so denn, Elschen?"Ja, denke Dir nur, die geht mit dem Zopf ins Bett!" ^

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.

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Anzeiger 1

Nr. 37.

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