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Scheitel bis zur Sohle. Er hat die hohe, kräftige Gestalt seiner Eltern geerbt, sonst aber gleicht er viel mehr Onkel Bergenhorst. Seine Manieren sind tadellos, seine Redeweise elegant. Aber trotz seines vornehmen Exterieurs, diesem echt kavaliermäßigen Auftreten, liegt doch in dem Wesen des jungen Mannes etwas, was deutlich genug verrät: Ueber all' diesen Aeußerlichkeiten war sein Inneres nicht verloren gegangen.
Man hatte soeben das erste Glas auf das Wohl des silbernen Brautpaares geleert und der Hausherr einen Scherz darüber gemacht, daß sich heute Vater und Sohn in Bräutigamsehren gegenüber säßen, als das Stubenmädchen (einen Diener gab es nicht auf Guntrunshof) die eben angekommenen Briefschaften in das Gemach brachte. Die lederne Posttasche war heute um ein Erheblicheres runder, als gewöhnlich und verriet schon äußerlich einen reichhaltigen Inhalt. So zögerte der Hausherr denn auch nicht, sie sich sofort reichen zu lassen.
„Es wird mancher Gruß von lieben Freunden zu unserem Ehrentage darin sein, Alte", sagte er und nickte der Gattin freundlich zu, die noch gar frisch und jugendlich dreinschaute, trotz des schneeweißen Haares, das in einem vollen Scheitel das rosige Gesicht umrahmte.
Ueber all' den Gratulationen befreundeter Gutsbesitzer aus der Nachbarschaft und entfernter wohnenden Verwandten, welche Herr von Guntrun an das Tageslicht förderte, befand sich aber auch ein Brief, der besonders weit hergekommen war — aus den Alpen und die Handschrift Graf Bergenhorst's trug.
Erstaunt blickte der alte Herr bald auf den Poststempel, bald wieder auf die mit energischen Zügen geschriebene Adresse. Dann erbrach er kopfschüttelnd das Siegel mit dem stolzen Wappen der Bergenhorst darauf. Aber nur wenige Blicke auf das zierliche, goldumrandete Blatt, das er alsbald in der Hand hielt, genügte, um ihn erbleichen zu lassen. Mit einem leisen Ruf des Erschreckens sank Herr von Guntrun in seinen Sessel zurück.
„Aber ist denn das möglich ?! stammelte er dann. „Jetzt noch möglich, nachdem —" Er unterbrach sich und nach einem kurzen, mitleidigen Blick auf den Sohn, welcher ahnungslos mit Lucie plauderte, reichte er seiner Eheliebsten das Blatt hin. Auch sie war entsetzt, erschrocken, aber sie fand sich doch schneller wieder, als der Gatte. Die Plauderei der Verlobten unterbrechend, rief sie ihren Sohn bei Namen: „Wir haben da eben eine Nachricht bekommen, mein Junge!" sagte sie mit gewaltsam erzwungener Festigkeit, „die uns die ganze Freude an dem heutigen Tage raubt. — Du bist ebensowenig auf sie vorbereitet, als wir, Leo, und doch bin ich im Moment viel zu aufgeregt, um Dich langsam nach dem traurigen Ziel zu führen!"
„Es ist auch nicht nötig, Mama, sage nur unumwunden, was uns betroffen!"
„Nun denn —" die alte Dame atmete tief aus, „so höre das Unglaubliche: Graf Bergenhorst hat sichwieder verheiratet!
Was aber noch unfaßbarer — seine Gemahlin ist — ist —!"
„Ist?" fragte Lev, dessen schönes Gesicht alle Farbe verloren hatte.
„Hilda Stettmüller!"
Wie elektrisiert sprang der junge Mann in die Höhe.
„Hilda Stettmüller? O, sie hat mir mit ihrer Rache gedroht, als ich meine Wege von denen dieser heuchlerischen schönen Furie schied! —"
Es war still geworden in dem kleinen Kreise. Der Schlag hatte sie Alle gleich tief getroffen. Lucie Hillmann aber faßte sich zuerst. Zärtlich strich ihre schmale, weiße Hand über die bleiche Wange des Verlobten:
„Gieb nicht sogleich Alles verloren, Leo", flüsterte sie, „ich kann mir nicht denken, daß der Graf sich so von seiner Gemahlin beeinflussen lassen sollte, daß er Dir auch das Versprechen in Betreff des Vorwerks bräche. Und hast Du das, Leo, so können wir ja auch zufrieden sein. Glaube mir, ein so großer Reichtum macht nicht immer glücklich!"
„Gewiß nicht", erwiederte Leo gepreßt, „aber das ist es ja, ich habe alle Veranlassung, zu denken, daß Graf Bergenhorst mir auch das Vorwerk entziehen wird. Was aber dann, Lucie?"
Die klaren, braunen Mädchenaugen blickten einen Moment verlegen in den Schooß. Nun aber schauten sie wieder lächelnd zu ihm auf. „Wir müssen arbeiten und sparen, bis wir so viel haben, daß Du Dir ein Gütchen pachten kannst."
Er seufzte: „Freilich, ich würde eine Stellung als Administrator annehmen — und wenn ich Glück dabei habe, so kann ich auch sparen."
„Und wie gesagt, tch helfe Dir dabei", flüsterte sie.
„Du -?!"
Er mußte lachen, aber sie blieb vollkommen ernst. „Ja — ich — ich habe ja Manches gelernt, was sich leicht ver werten läßt!" — — — — — — — (Fortsetzung folgt.'/
Folgendes interessante Jagdvorkommnis wird aus Uhlbach geschrieben: Der dortige Jagdpächter, Herr G. Schaber, hatte im Jahre 1880 auf einer Fuchsjagd einen jungen Fuchs lebend eingefangen und in seinem Gehöft an eine Kette gelegt. Noch im gleichen Jahre gelang es jedoch dem schlauen Freund Neinecke die goldene Freiheit wieder zu erlangen; er hatte sich von der Kette losgerissen. Im vergangenen Monat verschwanden aus den Geflügelställen des Uhlbacher Pfarrhofes und des Hrn. Schaber Hühner und man vermutete, daß ein Fuchs nächtlicherweile dem Federvieh einen Besuch abstatte. Diese Voraussetzung erwies sich als richtig, denn Herrn Schaber gelang es, den frechen Räuber bei einer solchen nächtlichen Exkursion durch drei wohlgezielte Schüsse zu erlegen. Wie erstaunte der glückliche Schütze aber, als er in dem angeschossenen Fuchs den Ausreißer vom Jahre 1880 erkannte. Reinecke hatte als Zeichen seiner früheren Gefangenschaft noch ein eisernes Halsband um und hat sich mit diesem demnach volle 8 Jahre
in der Freiheit Herumgetrieben. Das er- legte Tier wog 15 Pfund und das eiserne ! Band hat demnach keineswegs die Ent- ! Wickelung des Fuchses gehindert. !
,W. Ldz., -
(Ein Laternengesetz.) Bor zweihundert j Jahren gebot ein Hochweiser Rat zuOude-! narde in Flandern seinen Bürgern, daß, niemand abends nach 8 Uhr ohne Laterne/ über die Gasse gehen sollte; wer dawider handle, müsse eine Strafe von zehn Gulden zahlen. Die Bürger murrten, jedoch keiner wagte, dem Wortlaut des Gebotes ungehorsam zu sein; nach gemeinsamer Verabredung trug aber jeder, der spät ausgieng, wohl eine Laterne, jedoch kein Licht darin. Da befahl der Rat zum andermnale, eS solle ein jeder ein Licht in der Laterne tragen. Wiederum waren die Verwarnten gehorsam; sie trugen eine Laterne mit einem Licht darin, das aber freilich nicht brannte. Hiedurch wurde obenbemeldeter ' Rat abermals gezwungen, zum drittenmale bei doppelter Strafe zu befehlen, daß jeder ein brennendes Licht in der Laterne tragen solle. Die Bürger gehorchten nun zwar diesem Befehl, trugen aber die Laternen samt dem darin brennenden Lichte unter dem Mantel. Hierauf erfolgte denn das vierte Gebot der ärgerlich ihre Allongeperrücken schüttelnden hochweisen Herren: „Man solle die Laterne frei, öffentlich und unverdeckt mit dem brennenden Lichte tragen" und nun erst war den schalkhaften Bürgern, die lange Zeit ihre Obrigkeit genarrt und verspottet hatten, das Handwerk gelegt.
(Kindliche Auffassung.) Knabe: „Mama, ist cs wahr, daß die Menschen aus Staub gemacht sind?" — Mutter: „Ja, mein Kind." — Knabe: „Dann sind die Neger aus Kohlenstaub gemacht, nicht wahr?"
Einem Lebemann.
Das Leben glaubt er zu genießen
Und doch verzehrt das Leben ihn!
Gemeinnütziges.
Ueber die den Pferden geschlagenen Striemen, über das Blindschlagen mit der Peitsche — alles Etwas, das gesehen werden kann, wird wohl geschrieben. Schlimm, ja oft die schlimmste Pein aber hat das arme Tier da zu erdulden, wohin wir selten einmal blicken, im Maule. Legt einmal eure Zunge an das Gebiß, nachdem es die ganze Nacht hindurch in einer Temperatur unter Nullgrad ge- !
hangen. Ihr werdet eure Zunge nicht so , leicht wieder von dem Geschirr zurück- !
ziehen können, und wenn ihr frei kommt, '
so werdet ihr ein Stück von der Haut eurer Zunge eingebüßt haben. Taucht
man aber das Gebiß vorher in abge- s standenes, also wärmeres Wasser, so wird : sich alles dies nicht ereignen. Wir machen daher die Fuhrleute auf das Anwärmen der Gebisse aufmerksam. Sie haben es > ohne große Mühe in der Hand, ihren j Tieren große Leiden zu ersparen. :
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Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.
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Für die am 13. F borene und schon längst schollene Aisabethe Bitzl O.A. Neuenbürg wird e ca. 1600 Pflegschaft! ist dasselbe bereits im I damaligen Präsumtiverb neu gegen Sicherheitsl, worden.
Da nun die Verschölle jahr zurückgelegt hat, er an ihre etwaigen Leib/ sorderung, binnen
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Am Dienstag den ö nachmittags wird die hiesige Gemeind d. I. ab wieder auf wc dem Rathaus verpachtet Den 18. Februar 1
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