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Deutschland.
Ein Gedenkjahr?)
Das Jahr 1889 ist ein ernstes Gedenkjahr: im Jahre 1789 begann mit der Einberufung der französischen Stände jene Bewegung, welche in die blutige französische Empörung, die „große" Revolution, wie ihre Bewunderer sie nennen, auslief.
Schwere Lasten drückten das Volk; die Staatszustände entsprachen nicht den Forderungen der Gerechtigkeit; Vorrechte, welche die herrschenden Stände besaßen, wirkten als Druck auf den „dritten Stand"; die Staatskassen waren leer; das Königtum hatte furchtbare Sünden auf dem Gewissen; die herrschenden Stände waren zum Teil verfault; diese Zustände hatten den Bestand des Staatswesens erschüttert, zumal, nachdem zahlreiche, begabte Schriftsteller durch revolutionäre Schriften dem Umsturz vorgearbeitet hatten. Er bedurfte nur eines Anstoßes, um die zerstörenden Kräfte zur Entfaltung zu bringen. Die Einberufung der Stände, welche seit Jahrhunderten nicht zusammengetreten waren, schuf die Gelegenheit zur öffentlichen Vertretung zunächst der reformato rischen Pläne und Absichten, welche im Volke vorhanden waren. Aber gar bald und in schneller Abwärtsentwickelung verwandelten sich diese Pläne in solche des nakten und rücksichtslosesten Umsturzes. Gar bald wurden die Stände und erst recht die Nationalversammlung, welche ihr folgte, aus Beratern des Königs zur herrschenden Gewalt, welche nicht nur den Staat, sondern auch den König selber beherrschte. Gar bald wurde aus der Herrschaft der Erwählten des Volkes eine Herrschaft des Schreckens, welche eine größere Tyrannei und Gewaltherrschaft ausübte, denn je ein Selbstherrscher in der Weltgeschichte. Die Thaten der blutgierigsten Despoten, eines Nero, eines Iwan, — sie verblassen gegen die entsetzlichen Gewaltthaten derjenigen, welche behaupteten, im Namen der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, im Namen der Aufklärung zu regieren.
Das Jahr 1889 wird Gelegenheit geben, diese bezeichnende Thatsache ins Gedächtnis des Volkes zurückzurufen. Diejenigen, welche auf die französische Revolution alles Große und Schöne zurückführen, was das 19. Jahrhundert gebracht hat, hüten sich wohl eine Schilderung des wahren Verlaufes jener Ereignisse zu geben, welche das Ende des 18. Jahrhunderts durchbrausten. Um so mehr ist es Pflicht der staatserhaltenden Parteien und ihrer Zeitungen, in diesem Gedenkjahre die Ereignisse der französischen Revolution und ihrer Nachwirkungen zu schildern, zu zeigen, daß auch die französische Revolution und gerade sie ein warnendes Zeichen für die Völker
1889*^ Zeitschrift „Das Volk." Berlin
ist, aber auch ein warnendes Zeichen für die Regierungen.
Neue umstürzlerischeForderungen klopfen an die Thore der Gesellschaft; neue Zerstörungskräfte sind entstanden. Die französische Revolution lehrt, wie ihnen begegnet werden muß, lehrt aber auch, wie thöricht es ist, das Heil in der Empörung zu suchen.
Die angebliche deutsche Kriegserklärung gegen Samoa, oder vielmehr gegen den Häuptling Mataafa, wird von der „Nordd. Allgem. Ztg." auf das rechte Maß zurückgeführt. Das Kanzlerblatt erklärt zwar, es sei bei der mangelhaften Verbindung mit Samoa nicht möglich, die Glaubwürdigkeit der Meldung, welche von einer Kriegserklärung wissen wollte, mit Sicherheit zu prüfen, aber das Blatt fügt hinzu, es sei jedenfalls nicht wahrscheinlich, daß eine Kriegserklärung gegen den Häuptling deutscherseits, also von Seiten des dortigen Konsuls oder kommandierenden Offiziers erfolgt fei, weil erstens kein derartiger Auftrag erteilt sei und weil es zweitens für das Deutsche Reich in Samoa an einem Gegner fehle, dem völkerrechtlich der Krieg erklärt werden könnte. Freilich könne es an den Küsten eines im Bürgerkriege befindlichen Landes Vorkommen, daß Schiffe und Mannschaften einer mit dem von ihr anerkannten Souverän des Landes in Frieden lebenden Nation angegriffen würden; dieselben würden sich in solchem Falle jedenfalls wehren, den Angriff erwidern und Genugthuung sich zu verschaffen suchen, aber eine Kriegserklärung würden sie an die Partei, die sie als Rebellen gegen den von ihnen anerkannten Souverän ansehen, schwerlich richten.
Berlin, 2. Februar. Um 4 Uhr Nachmittags entlud sich heute über Berlin während eines fürchterlichen Schneesturms ein heftiges Gewitter. Der Verkehr in den Straßen stockte für einige Zeit völlig.
Berlin. Hauptmann Wißmann wird jetzt sobald als möglich nach Ostafrika ab- reisen, nachdem auch die Mannschaft, etwas über 60 Köpfe zählend, zusammengebracht ist. Nur der kleinere Teil derjenigen, welche sich meldeten, hat berücksichtigt werden können, da außer militärischer Tüchtigkeit auch eine gute Konstitution im Hinblick auf unausbleibliche Strapazen gefordert wird.
Kempten, 30. Jan. Das Schöffengericht am Amtsgericht Kempten hat ein für Bierbrauer grundsätzlich wichtiges Urteil gefällt. Der Leiter und mehrere Bedienstete einer kleineren hiesigen Brauerei standen unter der Anklage, sich durch Zusetzen von Wasser zum fertigen Bier gegen das Nahrungsmittelgesetz vergangen zu haben. Der angeklagte Brauereileiler gibt den Thatbestand zu, verteidigt sich aber damit, daß die Lagcrkeller seiner Brauerei schlecht seien und er daher das Bier, um es vor dem Verderben zu bewahren, ungewöhnlich stark einsieden müsse. Beim Abfüllen in die kleinen Fässer werde dies dann durch den Zusatz einer geringen Menge Wasser wieder hereingebracht. Es sei dies eine alte Praxis kleiner Brauereien. Der als Sachverständiger vernommene Brauerei-Schulleiter Karl Michel aus München stellt sich mit seinem Gutachten
ganz auf die Seite des Angeklagten und erklärt, daß es sich hier lediglich um eine durch die Verhältnisse gebotene Geschäftspraxis, keineswegs aber um eine strafbare Fälschung handle. Der Angeklagte habe dem fertigen Bier nur diejenige Menge Wasser nachträglich zugeschüttet, die er mit Rücksicht auf die Beschaffenheit seiner Lagerkeller während des Brauprozesses nicht verwendete. Er sei, wenn er dem Hektoliter Bier 5—6 Liter Wasser nachträglich zuschüttet, nicht über das Vorgehen hinausgegangen, das etwa in der Münchener Musterbrauerei hinsichtlich der im Bier befindlichen Wassermenge herrsche. Der Amtsanwalt hielt dem gegenüber die Anklage vollständig aufrecht und legte dar, daß jeder nachträgliche Wasserzusatz zum fertigen Bier eine Fälschung sei. Das Schöffengericht jedoch sprach die sämtlichen Angeklagten mit Rücksicht auf das Gutachten des Sachverständigen frei.
Karlsruhe, 1. Febr. Der Großherzog und die Großherzogin sind heute Vormittag SO Minuten nach 11 Uhr in die Residenz zurückgekehrt.
Württemberg.
Das Reg.-Bl. Nr. 3 vom 31. Jan. enthält eine Verfügung der Ministerien des Innern und des Kriegswesens vom 5. Januar 1889 betr. die Bekanntmachung der Deutschen Wehrordnung vom22. Nov. 1888.
Reutlingen. 1. Febr. Die hiesige Webschule erfreut sich unter ihrer tüchtigen Leitung, den ausgezeichneten Lehrmitteln und den neuesten Maschinen, deren Anschaffung der k. gcwerbl. Zentralstelle zu verdanken ist, einer immer mehr wachsenden Schülerzahl, sogar aus Ländern, in welchen an Webschulen kein Mangel ist.
Sulz a. N., 31. Jan. Heute traf von Dürrcnmettstetten die Trauerbotschaft hier ein, daß Lindenwirt Link von da, ein geachteter und sehr fleißiger Mann in den 30er Jahren, von dem Obertennloch, durch welches er Stroh hinunterließ, in die Scheuer herabgestürzt und augenblicklich tot gewesen sei.
Heidenheim, 1. Februar. Das gestern eingetretene Thauwetter brachte uns ohne viel Regen über Nacht das Wildwaffer, den sog. Wedel, in einer Stärke, wie das seit Frühjahr 1878 nicht mehr der Fall war. Bei wenig Schnee fließen bei plötzlichem Thauwetter von den bewaldeten Höhen Bäche herab, die sich zu einem reißenden Strom vereinigen, der seine gelben Fluten quer durch die Stadt wälzt. Das Wasser stieg so rasch, daß es den kleineren Steg überflutete und teilweise mitnahm. Darum stand Morgens um 6 Uhr eine Menge von Fabrikarbeitern, Metzgerburschen, Bückerjungen rc. auf beiden Ufern eines großen Stromes, und keiner konnte hinüber, weshalb verschiedene Fabriken geschlossen blieben. Ebenso er- gieng es um 8 Uhr den Schulkindern.
Von der Donau, 30. Januar. Der deutsche Fischereiverein hat im verflossenen Jahre an 26 Stellen in die Donau 100,000 Aale einsetzen lassen. Die S—8em. langen Fischlein waren im Arno (Italien) gefangen worden und wurden, in frische Pflanzen verpackt, gut befördert. ^Die Einbürgerung des Aals im Donau-