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über Alles geliebten Frau verschuldet habt", entgegnete ernst und tief Nörlinger, der Sterbenden die Hand reichend, die sie kaum noch zu fassen vermochte,gehet heim in Frieden und möget ihr in Gott einen gnädigen Richter finden!"

Tief bewegt standen die Anwesenden an dem Sterbebett, dann nahm Nörlinger den Arm seiner Tochter und führte sie, von Thalheim gefolgt, aus dem Leichen­zimmer an ihren Wagen, in dem sie, die seltsamen Ereignisse ihres Lebens be­sprechend, bald die Fabrik erreichten. Der Anblick der kleinen Gertrud, die auf dem Arm ihrer Wärterin ihnen an der Treppe des Wohnhauses entgegenstürzte, ließ dies Gespräch bald verstummen, und unter Thrünen der Freude und Rührung schloß Nörlinger sie zum erstenmal als Groß­vater in seine Arme.

Unsere Erzählung ist hier zu Ende, denn was bliebe uns, nachdem die so Ge­trennten vereint, noch zu berichten übrig? Alle Prophezeiungen der Zigeunerin sind in Erfüllung gegangen, und diejenige, die Gertrud denn so wurde Frau Thal­heim auf den Wunsch ihres Vaters ge­nannt, noch zu erfüllen übrig blieb, ein teures Grab in einer fernen Gegend zu besuchen, wurde nur so lunge hiuausge- schoben, bis die Vorbereitungen zu einer längeren Reise nach Süddeutschland ge­troffen werden konnten, die denn die Fa­milie gemeinschaftlich unternahm.

Auf derselben reifte in Nörlinger ein Plan, über den er, seit er seine Tochter wiedergcfunden, vielfach nachgesonncn. Es war nämlich immer seine Absicht gewesen, neben seiner Gattin seine letzte Ruhestätte zu finden und er hatte schon dazu die Bestimmungen in seinem Testament ge­troffen. Da er nun aber so ganz uner­wartet seine Tochter wiedergefunden, und seinen jetzigen Aufenthalt liebgewonnen, so beschloß er, auf dem Kirchhofe des Dorfes Kronshagen ein Familiengrab zu errichten, und als der Bau desselben vollendet, wurde unter stiller Feier, an einem schönen Herbstmorgen, die von einem zweiten Sarge umgebene Leiche der Gattin des Gutsbesitzers Nörlinger, die aus Süd- dcutjchland herübergeführt war, zu ihrer letzten Ruhestätte begleitet.

Nörlinger selbst erreichte ein hohes Alter, das durch das Heranblühen der sieben hoffnungsvollen Kinder seiner Tochter, die einst die Zigeunerin ihr prophezeiet, viel­fach erheitert und verschönt war. Er lieble sie Alle mit großer Zärtlichkeit, allein Diejenige, die zuerst ihn Großvater ge­nannt, seine zweite Gertrud, behielt doch in seinem Herzen den Vorzug, auch hatte er ihr, ehe er noch ahnen konnte, wie nahe sie ihm stand, als Pathengeschenk das schöne Gut Kronshagen vermacht, welches sie jetzt mit ihrem Gatten und einer heranblühenden Familie bewohnt.

Hierschuh und Jagd.

Mitgeteilt im Tierfreund von Prof. H.

Eberhard von Gemmingen war einer der besten Staatsmänner, die das alte Herzogtum Württemberg gehabt hat, in jener Zeit, welche der großen Revolution von 1789 zutrieb, als reiner unabhängiger Charakter hochgeachtet, insbesondere weil

er seinen vertrauten Freund, den auf der Seite der Opposition stehenden Huber, dem Haß des Laudesherrn nicht preisgab. Huber hat dem vor ihm dahingeschiedenen Freunde ein litterarisches Denkmal voll Pietät und Verehrung gewidmet (Stuttgart 1794), welchem wir, ohne an dem Rokoko­stil der Darstellung etwas zu ändern, einen Abschnitt entnehmen möchten, der den edlen Staatsmann von einer besonders liebens­würdigen Seite uns wert macht: als Tier­freund und Tierschützer in Ausübung der Jagd, der Jagd, welche damals und noch lange hernach meist recht grausam und roh geübt worden ist.

Gemmingen schreibt sein Freund -- war ein Jäger holzgerecht uud wildgerecht, ein vortrefflicher Schütze. Er kannte bei ihrem Namen jede kleine Gegend der Forste, die er besucht hatte. Oft war er das Lagerbuch, wenn Forststreitigkeiten in der Regierung - deren Präsident er gewesen ist entschieden wurden. In seinen besseren Zeiten der Jugend und Gesund­heit liebte er die mühsame Jagd an den Urfelsen von Sankt Johann (bei Urach) oder an dem kaum ersteiglicheu Meister (bei Wildbad) und nicht die barbarische Lust, das Metzeln einer Herde Gewildes mit Garn umstellt, uud nicht die lange Todesangst des Hirsches, der endlich den Hunden preisgegebeu wird. Ihm galt ein überlisteter Fuchs, ein Hase im Lauf uud eine Wachtel im Flug geschossen mehr als der weidende Hirsch in der Ruhe erlegt.

Der Herzog kannte die Amtsarbeit des Mannes und die Notwendigkeit seiner Erhol­ungen. Er bestimmte ihm nahe Forstgegendcn zur Jagdlust. Gemmingen ehrte diese seltene Erlaubnis durch seine Mäßigung. Ein Förster begleitete ihn, streng wurden die Pürschzeiten beobachtet, der Förster oft beschenkt, und das Gericht, das ihm der Wald gab, ward die teuerste Platte seiner Tafel. Auch war der Wald sein Park und jede Wildhütte eine Grotte des Denkens oder ein Tempel der Freundschaft. Uns begleitete dahin ein Sencca, ein Tacitus. ein Lnciau und ein Montaigne oder, wenn wir lachen wollten, ein Gichotte, Tristram, Gulliver, ein Oberon.

Die Jagd verwilderte nicht eine so sanfte Seele. Hundertmal waren wir auf der Schlotwicse (zwischen Stuttgart und Ludwigsburg) und sahen nur den präch­tigen Hirsch sich weiden. Zahm gemachtes Wild lief unter seinen Haustieren im Hofe, und der Jagdhund spielte mit ihm.

Er liebte das Leben. Der von Wild uubevölkerte *) und der stumme gesauglose Forst war ihm so unerträglich wie eine holzlose Steppe. Ob sein Gedanke, den wildesten Teil des Schwarzwaldcs mit dem nützlichen Elen oder dem Renntier zu be-

') Hiebei erinnert sich der Einsender an eine öfters von seinen Verwandten, dem längst ver­storbenen Geheimrat H., gehörte Erzählung. König Wilhelm gedachte bei seiner Thronbesteig­ung 1816 den berechtigten Klagen über den unter König Friedrich furchtbar angewachsenen Wild­schaden durchAusrottung" des Wilds ein Ende zu machen. H. erklärte als Referent im Ge­heimen Rat: eins Klasse von Gottesgeschöpfen ganz auszurotten, komme dem Menschen nicht zu. Und so wurden nur verstärkte Maßregeln zu Ab­wendung des Wildschadens verfügt.

Völkern, den Beifall meines Vaterlandes erhielte, das weiß ich nicht.

Mitten in seinem Vergnügen der Jagd bemerkte Gemmingen die kahlen Gegenden des Forstes, den schädlich gefüllten Schlag, die mißbrauchte Weide des zahmen Viehs, den jungen Hau, der nicht gewarnt und nicht umzäuul ist. Er uuterredete sich mit den Forstmännern mehr über die Pflanzung des unentbehrlichen Holzes und über die Befriddigung eines Anflugs, als über den Hirsch. Seiner Ermunterung haben wir viele Pflanzungen zu danken. Und ihm danken wir eine seiner letzten vortrefflichen Schriften, über die Wirtschaft des Holzes.

(Das Pflücken des Obstes) wird ge­wöhnlich zu den Tageszeiten vorgcnommen, an denen die meiste Zeit übrig ist, oder wenn gerade Bedarf vorhanden ist. Das ist jedoch durchaus falsch. Jede Art von Obst, gleichviel ob Beeren-, Stein- oder Kernfrüchte, sollte nur in der frühen Morgenstunde gepflückt werden. Zu dieser Zeit sind die Früchte am frischesten, sast- reichsten und schmackhaftesten. Diese Eigen­schaften vermindern sich im Laufe des Tages und auch am Abende sind sie nicht in dem Umfange vorhanden, wie am Morgen. Die große Menge welken Obstes, das auf die Märkte kommt, zeigt, wie wenig die Notwendigkeit bekannt ist, das Obst morgens zu ernten. Wer aber erst einmal den Versuch damit gemacht hat, wird nie mehr davon abgehen.

(Der Wert des Hühnermistes) kommt nahezu dem des peruanischen Guanos gleich, nur daß jener mehr Wasser enthält; die Düngung damit liefert bei allen Fcld- früchten ausgezeichnete Resultate. Man sollte deshalb nicht versäumen, in die Hühnerställe Gyps, oder wo dieser fehlt, trockene Erde einzustrcuen. Man rechnet, daß eine Henne etwa 10 Kilo Dung während des Jahres im Stalle produziert. Es ist deshalb für den Landwirt und Gärtner schon der Mühe wert, dieser Sache seine Aufmerksamkeit zuzuwendeu. Mit dem Dung von 80 Hühnern kann man einen Hektar Land düngen.

Was ist das Merkwürdigste am Men­schen? Die Nase: sie hat den Rücken vorn, die Flügel unten, und die Wurzel oben.

Bei gegenwärtiger Herbst-Geschäftszeit eignet sich

der Enzthäler

zur wirksamsten Verbreitung von Anzeigen aller Art. Erfahrungsgemäs finden Inserate in einem nicht alltäglich erscheinen­den Blatte mehr Beachtung als in Blättern, in denen sie alltäglich durch neue verdrängt werden oder in der Masse verschwinden. Auch kommt es für wirksamen Erfolg der Anzeigen nicht immer auf die Quantität sondern auch auf den geeigneten Leserkreis au. Wir bitten die geehrten Inserenten, sich von dem Nutzen der Veröffentlichungen durch Proben zu überzeugen uud des Euzthälers dabei freundlich zu gedenken. Red. u. Verlag des Enzthälers.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.