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langes Stück ins Thal geschwemmt. Es regnet unaufhörlich.
Paris, 8. Okt. In den Pyrenäen schneit es wie im tiefsten Winter.
London, 8. Oktbr. Derbyshire und Merionetshire in Wales wurden am Samstag von einem heftigen Schneesturm heimgesucht. Das Berwyugebirge ist meilenweit in Schnee gehüllt.
Miszellen.
Aie Zigeunerin.
Original-Novelle von Mary Dobson.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Und dieses geschah schneller noch fast, als zu erwarten war. Anfänglich folgte Donner auf Blitz in längeren Pausen, dann erhob sich ein furchtbarer Sturm, der das Unwetter in wenigen Minuten heranwehte, wo es mit solcher Gewalt sich zu entladenjbegann, daß die krachenden Donnerschläge die Gebäude der Fabrik bis auf die Grundmauern erzittern machten, und die Bewohner derselben fürchteten, sie jeden Augenblick von einem Blitzstrahl getroffen, in Flammen aufgehen zu sehen. Dazu heulte ein Orkan mit zunehmender Gewalt! Riesige Bäume zerbrachen wie dünnes Rohr oder wurden auch mit ihren Wurzeln aus dem Erdboden gerissen, und handhoch lag überall das Laub, welches aus dem nahen Walde herangepeitscht ward.
Im Wohnhause wie in der Fabrik herrschte die größte Angst und Besorgnis, die noch die überall herrschende Dunkelheit vermehrte, während welcher fortwährend der Regen in Strömen vom Himmel goß. Von einem Gange durch sämtliche Gebäude zurückgekehrt, sagte Thalheim zu seinem Gaste: „Sie können unmöglich so lange dies Gewitter währt, nach Hause reiten, lieber Freund! das hieße Ihr Leben der größten Gefahr aussetzen!"
„Ich bin meinetwegen so ängstlich nicht, und mein Rappe trägt mich schnell hinüber. Mich treibt die Sorge um mein Haus und meine Leute, und es verlangt mich zu wissen, wie es auf Kronshagen aussieht."
Gehen Sie nicht, Herr Nörlinger," bat auch Regina. „Schon so lange das Gewitter währt, quält mich eine furchtbare Angst und Aufregung, und würde ich Sie jetzt vom Hofe reiten sehen, ich hätte keine Ruhe, bis ich wieder von Ihnen hörte, denn eine sichere Ahnung sagt mir, daß uns ganz etwas Ungewöhnliches bevorsteht!" und sie brach bei diesen Worten in lautes Schluchzen aus.
„Ruhig, ruhig doch, Frau Thalheim," entgegnete ernst der ältere Mann, während der Fabrikherr besorgt auf seine Gattin blickte. „Ihre Befürchtungen meinetwegen sind ganz ohne allen Grund, denn ich bin schon durch manch starkes Gewitter hindurch gekommen, als noch Weib und Kind daheim meiner warteten. Uebrigens will ich zu Ihrer Beruhigung heute bei Ihnen bleiben und morgen von hier aus meine Geschäfte in der Stadt besorgen. Auch scheint für Sie die Gefahr noch nicht vorüber, da gerade in dieser Richtung sich das Gewitter zusammengezogen, und wer weiß, wozu es noch gut, daß ich mich entschlossen, hier zu bleiben!"
„Ich danke Ihnen, daß Sie meiner Frau den Gefallen gethan," sprach Thalheim. ihm die Hand reichend, „ich kenne sie in ihrer seltsamen Aufregung kaum wieder-"
„Die nur die verwünschte Wahrsagerin hervorgerufen," erwiderte Nörlinger in fast heftigem Tone. „Wer weiß, was Sic noch Alles erleben werden, wenn Sie fortfahren, diesen Landstreichern und Betrügern Haus und Thor zu öffnen! — Die Alte von heute hatte es auf unsere kleine Frau abgesehen, denn sie hat sie unverwandt mit ihren stechenden Augen betrachtet!"
„Gewiß würde Nörlinger dies Gespräch noch länger verfolgt haben, da er seine jungen Freunde so gern zu seiner Ansicht bekehren wollte, wäre nicht hastig ein Fabrikarbeiter in's Zimmer getreten, mit der Meldung, daß im nächsten Flecken der Blitz gezündet habe, und schon ein Haus nebst Scheunen in Brand stehe.
„Wir müssen sogleich den Leuten zu Hilfe kommen!" sagte Thalheim. „Bespannt zwei unserer Spritzen je mit vier Pferden, und laßt die Hälfte unserer Leute mitzieheu! Ich komme gleich, um das Weitere anzuordnen!"
„Du willst doch nicht auch gehen, Georg?" fragte Regina, als der Mann das Zimmer verlassen.
„Nein, Kind, ich bleibe hier, die beiden Inspektoren mögen mitfahren. Sie können so viel leisten, wie ich, da sie ohnehin den Anweisungen der Behörde Folge leisten müssen."
Unter steter Besorgnis, daß noch mehr Unglück geschehen könne, verfloß der Abend, denn obgleich das Gewitter endlich vorübergezogen , wütete doch der Sturm fort, und erst spät in der Nacht trat Ruhe ein, so daß sämtliche Bewohner der Fabrik daran denken konnten, sich auf einige Stunden dem Schlafe zu überlassen.
Erst spät am folgenden Morgen sahen Wirt und Gast sich am Frühstückstisch wieder, und die Ereignisse des verflossenen Abends wurden in allen ihren schreckenerregenden Einzelheiten noch einmal besprochen. Das Feuer im Flecken übrigens war bald gelöscht worden, und auch die Arbeiter schon lange wieder heimgekehrl.
„Kaum sollte man an diesem wahrhaft herrlichen Sommermorgen glauben, daß gestern uns fast der Weltuntergang bedrohet, sprach Nörlinger, „denn ein so furchtbares Gewitter habe ich noch nie erlebt! Ich habe von meinem Fenster ans die Verwüstung gesehen, welche der Orkan unter Ihren Bäumen ungerichtet."
„Wenn nur kein Menschenleben in Gefahr gekommen oder zu beklagen ist," versetzte Thalhcim, „denn viele Schläge waren derart, daß dergleichen wohl zu erwarten ist. Die Unglücksfülle aus der nächsten Umgebung wird uns schon unser heutiges Kreisblatt melden," bei diesen Worten nahm er dies, welches bereits gebracht war, hastig von Tische auf und begann den Inhalt zu überblicken.
„Es ist wirklich viel Schaden durch das Gewitter angerichtet," sagte er, nachdem er die Lokalnachrichten mit großem Interesse gelesen, „und hat sich dabei ein besonderer Fall zugctragen, den ich so
gleich mitteilen muß. „Gestern während des furchtbaren Gewstters wurde eine schon ältere Zigeunerin von einem Blitzstrahl schwer getroffen. Heimkehrende Bewohner unseres Fleckens nahmen sich der Bewußtlosen an und brachten sie auf ihrem Wagen ins Hospital, wo sie zwar die Besinnung wieder erlangte, doch zugleich dis Untersuchung des Arztes ergab, daß sie gänzlich vom Blitze gelähmt und lebensgefährlich verletzt sei. Der Zustand der Aermsten hat sich während der Nacht verschlimmert und ist jetzt als hoffnungslos anzusehen."
„Die Unglückliche," sprach teilnehmend Regina, „wie wenig hat sie wohl, als sie uns gestern verließ, — denn wahrscheinlich ist sie es — gedacht, daß sie auf Erden ihren letzten Gang antrete! — Ich will anspannen lassen, lieber Mann, und hinfahren ; ein gewisses Gefühl sagt mir, daß sie sich freuen wird, mich wiederzusehen".
(Fortsetzung folgt.)
Gemeinnütziges.
(Verwertung der Weintrauben.j Unreife Weintrauben werden nach Angabe des Professors Dr. Länderer in Griechenland zur Darstellung eines sehr beliebten kühlenden Getränkes verwendet. Die sauerschmeckenden Beeren werden zerquetscht, der Saft derselben mit Wasser verdünnt und mit Zucker versüßt. Dieselben ersetzen die Limonade. Besonders benützen dies die in den Weingärten arbeitenden Leute. Die mit Zucker eingekochten Beeren bilden eine beliebte Konserve. Der Saft gleicht dem der Zitrone; er dient in kleine Gläser eingeschloffen und mit aufgegossenem Oele konserviert, gleich dem Zitronensäfte, zu allen Arten der feinsten Speisen und Saucen.
(Billiger Tannenduft.j In ein Gefäß (Topf oder Krug) gießt man ein Liter kochendes Wasser, verbindet einen Thee- löffel voll Terpentinöl damit durch Hineinträufeln, und der schönste Tannengeruch durchströmt das Zimmer. Jeder An- steckuugsstosi wird durch dieses täglich zwei bis dreimal zu wiederholende Verfahren unschädlich gemacht. Bei Brustkranken ist die Wirkung überraschend günstig. Dabei ist das Mittel sehr billig, da eine Quantität Terpentinöl für zehn Pfennige die ganze Woche hindurch ausreicht.
Daß die Kleiderfarbe einen Einfluß auf die Ansteckung ausübt, dürfte nicht allgemein bekannt sein; und doch hat es damit, wie die „Leipziger Ztg." zu berichten weiß, nach angestellten Versuchen seine Richtigkeit. So ist beispielsweise gefährlich, in Räumen, in denen sich Ansteckungsstoffe befinden.', dunkle Kleider zu tragen, denn diese sind der Ansteckung mehr ausgesetzt als Helle Gewänder. Wenn man, um nur ein Beispiel anzuführen, dessen unfehlbare Wirkung jeder mit Leichtigkeit selbst prüfen kann, einen Hellen und einen dunklen Rock 5 Minuten laug starkem Tabaksdampf aussetzt, so wird man gewahren, daß der dunkle Rock weit stärker nach Tabak riecht als der Helle, und daß der Geruch auch länger an dem dunklen haften bleibt.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Nefuenbürg.