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Kapelle hat tüchtige Kräfte; ihre guten Leistungen ernteten gebührenden Beifall. Mit großer Befriedi­gung kann der Liederkranz auf dieses äußerst gelungene und allgemein befriedigende Gartenfest zurückblicken.

* Calw, 3. Sept. Die Hopfen stehen in unserem Bezirke im allgemeinen befriedigend. Sie sind von Krankheiten vollständig verschont geblieben und waren deshalb im Wachstum nicht gehemmt. Spät geschnittene oder dem Winde stark ausgesetzte Pflanzen zeigen kurze Triebe und weniger Dolden; die übrigen Hopfengärten aber haben sich gut entwickelt und ver­sprechen bei reichem Doldenansotz einen schönen Ertrag. Mit der Ernte wird in etwa 14 Tagen begonnen werden. Da in den letzten Jahren der Vorrat überall aufgekaust wurde, so wird Heuer eine größere Nach­frage eintreten und der Preis ein höherer werden. Der Mittelpreis wird sich jedenfalls auf 100 pro Zentner stellen.

Calw. Während der heurigen Hopfenernte wird für Hopfenpflücker eine Fahrtvergün- stigung in der Weise eingeräumt, daß mit g- wöhnlichen Rückfahrkarten III. Klaffe, welche im Binnenverkehr der württ. Staatseisenbahnen in der Zeit vom 1.20. September d. I. nach den für die Hopfengebiete haupt­sächlich in Betracht kommenden Stationen Herren- berg, Horb, Ro ttenburg, Meckenbeuren und Weilderstadt von Hopfenpflückern gelöst werden, die Rückfahrt nach der Ausgangsstation innerhalb 30 Tagen auSgeführt werden kann, wenn diese Rückfahrkarten (auf der Rück­seite) vor Antritt der Rückfahrt mit dem Amtsstempel deS Ortes, in dem die Fahrkarteninhaber als Hopfenpflücker beschäftigt waren, abgestempelt worden find. Diese Abstempelung gilt als Bestätigung seitens der Ortsbehörde, daß der Karteninhaber als Hopfenpflücker beschäftigt war.

Calw. Dem Vernehmen nach wird am 29. ds. der Naiurheilarzt Dr. Simoni im Saal ez. bad. Hof einen Vortrag überUrsachen und Be­kam p f u n g d s r Nervosität" Hallen. Welcher Belieb'.heit sich der berühmte Arzt selbst m dm höchstm Kreisen erfreut, beweist nachstrhendis Telegramm des greisen Oheims des österreichischen Kaisers:Anläßlich Ihres Vortrages in Budop-st sende ich Ihnen meine herzlichsten Grüße. Der Allmächtige möge Ihr edles Wirken stets mit seinem Segen begleiten, damit sich das Naturheilverfahren immer mehr ausbreite zum Wohl« der leidenden Menschen! Alcsuth, den 12. Oktober 1898, Erzherzog Joseph." Wer sich für die allerdings derkxn, aber wohlgemeinten Ratschläge Vater Simoni interessiert und etwas davon zu profi­tieren hofft, dem sei ein Besuch des Vortrag-s empfohl n, den er, wie bereits erwähnt, am 29. ds. Mts. Abends im Hotel z. Bad. Hof halten wird.

8 Simmozheim. Wir gehen cirer reichen Ernte, der Obsternte entgegen. Noch selten waren die Bäume auf unfern den Ort umschließenden geschützten Baumgütern so reichlich be­laden wie Heuer, namentlich sind eS die Zwetschgen­

bäume, die wohl noch nie so reichlich behängen waren. Nach einer in den letzten Tagen vorgenommen Schätz­ung dürfen wir rechnen auf: 5 500 Ztr. Aepfel, vor­wiegend Luiken, 2500 Ztr. Birnen, 2 500 Ztr. Zwetschgen vorwiegend Acksrzwetsch- gen. Von diesem reichen Obstsegen haben die hie­sigen Einwohnen nur den kleineren Teil für ihren eigenen Bedarf nötig, der größere Teil kann also zum Verkauf kommen. Die Qualität des ObsteS verspricht eine recht gute zu werden.

Stuttgart. Obstpreife. Berichte der Zentraloermittlungsstelle für Obstverwertung in Stutt­gart) Engros-Markt bei der Markthalle am 1. Sep­tember: per L§ Heidelbeeren 12-A Pceiß-lbreren 20 -H, Brombeeren 20 -H, Aprikosen 40 -H, Pfi-sicbe 1645 A R-w-clauden 58 -A Aw-tschg-n 710--Z, Aepfel 610 Birnen 613 --Z, Haselnüsse 30 H.

Wochenbericht der Zentralver­mittlungsstelle für Ob st Verwertung in Stuttgart am 1. September. Angebote sind in dieser Woche eingegangen: Tafeläp'el 340 720 Lx, Mostäpfel 845 000 kx, Tafeldirnen 1400 LA, Most- bunen 2 250 Lx, Zwetschgen 50 000 Lx, Schlehen 4500 Nachfragen in: Tafel- und Most­äpfel, Tafel- und Mostbirnen, Zwetschgen für Haus­gebrauch und zum brennen, Preißelbeere», Brombeeren, Schlehen. Die Vermittlung geschieht unentgelt­lich. Vorschriften und Formulare sind prompt und franko erhältlich.

B er l i n, 1. September. Der Kaiser em­pfing während der heutigen Parade auf dem Tempel­hofer Felde die seit einigen Tagen hier anwksmde Abordnung deutsch-amer kanischer Sänger, die sich für einen von ihm gestifteten Ehrenpreis bedankten. Nach der Rückkehr ins königliche Schloß nahm der Kaiser eine größere Anzahl militärischer Meldungen entgegen und empfing d n neuen italienischen Militär-Attache sowie den hiesigen amerikanischen Marine-Attache. Um 1'/« Uhr fand im königlichen Schlosse beim Kaiser- vaar Familien-Frühstück, um 6 Uhr im weißen Saale Parade-Dmer statt.

Mailand, 2. September. Bressi hat gestern Abend seinem Verteidiger mitgeteilt, daß er gegen die Höhe der Strafe keine Berufung einlegen werde, da dieselbe doch nicht gemildert werden würde. Nur gegen die ConfiSzirung seines Vermögens werde er sich verwahren. Bressi benimmt sich im Gefäng­nis wieder frech und gewaltthätig.

Paris, 31. August. Die Ankunft des Zaren erfolgt am 18. September. Eine große Anzahl russischer Geheim-Polizisten ist bereits hier eingetroffen. Der Zar wird auch der großen Truppen- Revue in Chalons beiwohnen. Die Vorbereitungen für seinen Empfang sind in vollem Gange.

London, 2. September. Der Correspondent des Manchester Guardian berichtet über «ine lange neue Proklamation, welche Lord Roberts in BIömfontein erlassen hat und worin er

befiehlt, 30 Pachthöfe, deren Eigentümer überführt sind die Eisenbahn zerstört zu haben, in Brand zu steck.n und 50 andere Farmer wegen ähnlicher Ver­gehen mit einer Geldstrafe zu belegen, die den achten Teil deS Gesamtwertes der Farm beträgt.

Die Wirre« i« China.

Berlin, 1. Sept. Der Lokal-Anzeiger ver­öffentlicht eine Unterredung mit einer diplomatischen Persönlichkeit, die über die in den deutschen amtlichen Kreisen herrschende Ansicht genau informiert ist. Nach dm Mitteilungen dieses Gewährmannes ist es ganz verfehlt, von einer von Rußland und den Vereinigten Staaten unternommenen Sonder-Aktion zu sprechen. Die Vereingten Staaten haben sich sogar dem rus­sischen Vorschläge, Peking zu räumen, durchaus nicht so unbedingt geneigt gezeigt, wie man aus Washing­toner Zeitungsmeldungen schließen könnte. Die Re­gierung der Vereinigten Staaten erklärten ihre prin- cipielle Bereitwilligkeit, ihre Truppen aus Peking und Tientsin zurückzuzichen, wenn die andern Mächte daS Gleiche thäten. Bisher hat noch keine Macht eine definitive Antwort auf den russischen Vorschlag ge­geben, der allen Kabineten einschließlich des Pariser überraschend kam. Die französische Regierung scheint dis russische» Bedenken bezüglich der Schwäche der Verbündeten in Peking nicht ganz zu teilen. Die­selbe ist damit einverstanden, de» Sitz der Gesandt­schaften einstweilen nach Tientsin zu verlegen. Ueber die Motive, die Rußland zu dusim plötzlichen Ideen- Wechsel veranlaßt haben, läßt sich schwer etwas sagen. Es spielen hiebei zu viele Faktoren mit. Die Be­fürchtung, daß diese neueste Wendung der Dinge, das Einvernehmen der Mächte gefährden könnte, er­scheint durch die tatsächlichen Verhältnisse kaum ge­rechtfertigt. Auch Japan scheint entschlossen zu sein, dieser Einmütigkeit gegenüber seine Sonder-Jntsreffen einstweilen in den Hintergrund zu stellen und schickt sich an, seine Aktionen in Amoy wieder rückgängig zu machen. Was die deutsche Politik betrifft, so wird dieselbe nach wie vor bestrebt sein, im Sinne der Früdensoermittlung zu wirken und auftauchende Meinungsverschiedenheiten auszugleichen versuchen.

Berlin, 1. Sept. Die Londoner Meldung de- Figaro, nach welcher die Verbündete» Peking räumen und die Streitkcäfte in Tient­sin zusammenziehen werden, wird als unzutreffend bezeichnet. Man glaubt in hiesigen Kreisen nicht an die baldige Rückkehr deS chinesischen Hofes nach Peking, selbst dann, wenn die fremdlän­dischen Truppen Peking wirklich verlassen und sich in Tientsin festsetzen würden. Als richtig wird da­gegen derjenige Inhalt der genannten Meldung be­zeichnet, nach welcher sowohl Tientsin als auch Taku noch ziemlich lange von den Verbündeten besetzt bleiben wird. Man glaubt hier nicht, daß Lihung- Tschang in der Lage ist, unanfechtbare Vollmachten für feine Berechtigung zur FriedenS-Vermittelung bei­zubringen.

London, 1. Sept. Morning Post meldet

Aussehen; eine große Herde wohlgehaltener Kühr, das laut schallende Bockshorn deS Ziegenhirten (eine eigenartige Erscheinung für uns) und das Vorbeifahren hochbeladener, meist mit Ochsen bespannter Heuwagen aber erinnerten uns, daß wir in einem schönen und belebten, ländlichen Orte uns befanden. Samaden ist der Zentralpunkt des Postcnverkehrs; in diesem Sommer hat eS 36 ankommende oder abfahrende Posten. Auch wir benützen die Post, um unser selbstgepflücktes Edelweiß nach Hause zu schicken.

Der folgende Tag brachte uns in daS nahe, weltberühmte Bad St. Mortz und nach Pontresina. St. Moriz ist ein Kur- und Badeort ersten Ranges. Nicht nur die Badequellen sind «8, welche St. Moriz den Weltruf verschafft haben, sondern nicht minder das alpine Klima, welches an und für sich die besten Luft­kuren gestattet, zugleich aber die Wirkung der Wasserkuren in kräftigster Weife unterstützt. Alle 3 Quellen sind starke Eisensäuerlinge, di« nur wenig von ein­ander adweichen, wir begnügten uns deshalb mit dem Wasser auS der Paracelsus - quelle. St. Moriz hat Gasthöfe ersten Ranges neben bedeutend einfacheren und ungefähr 4000 Fremdenbetten. Dorf und Badegegend find durch elektrische Bahn mit einander verbunden. Da« Dorf liegt hoch ob dem St. Morizsee an sonniger Halde und gestattet einen weiten, herrlichen Ausblick auf Berg und Thal. Die Badegeaend dehnt sich vom ober» Ende des SeeS links und rechts vom Jnnfluß aus. Nach Besichtigung der Sehenswürdigkeiten machten wir eine Fahrt auf dem 50 w tiefen See und betrachteten sodann den mächtigen Jnnfall. Am See vor­über kamen wir zu der Meierei, einer vielbesuchten Erholungsstätte, wo frische Milch und Kaffee zu haben ist. Die Aussicht auf dm See und das jenseitige Gelände ist von diesem idyllischen Plätzchen ungemein freundlich. Von der Meierei wenden wir unS an den Statzersee und kommen in einen prächtigen, schattigen Waldweg, der unS in 1 Stunde nach dem herrlichen Pontresina führt.

Dieser Touristenort (1828 w hoch) ist weltbekannt. Am Fuß« des von Alters her berühmten BrrninapaffeS gelegen, umgeben von den Ausläufern der Thäler, welche tief in daS Herz deS gewaltigen GebirgSstockeS einschneiden, ist Pontresina ein Punkt, welcher an Großartigkeit der Naturscenerir einer erhabenen GebirgSwelt den berühmtesten Touristenorten in keiner Hinsicht nachsteht. Hotels

an Hotels stehen in dem Dorf; Straßen und Häuser sind mit elektrischem Licht beleuchtet, da die Gegend sehr starke Wasserkräfte besitzt. Die Mehrheit der Be­wohner ist deutscher Nationalität; die alten Engadiner Familien sind ihrem wohl­tönenden Romanisch treu geblieb-n und eS ist anzunehmen, daß daS Romanische noch längere Zeit die vorherrschende Konversationsspracht bleiben wird. Wir trafen in Pontresina Leute aus aller Herren Länder. Viele kommen hieher, um de» Genüssen zu fröhnen, die sie auch im Tiefland und noch billiger haben können und man hat reichlia, Gelegenheit, ein buntes Gemisch von echter und unechter Vornehmheit, von wirklichen Kraftnaturen und schwächlichen Gigerln zu beobachten. Wir wählten zum Aufenthalt daS einfache Hotel Bernina und befanden uns recht gut dabei. Am andern Morgen wollten wir in aller Frühe auf den bekanntesten Berg der Umgebung, auf den Piz Languard. Mein hiesiger Kamerad weckte uns um 3 Uhr, da wir aber gewohnt waren, von demselben absichtlich um 1 Stunde getäuscht zu werden, und da eS auch im Hotel ruhig blieb, schliefen wir wieder ein. Wir hatten nichts versäumt; das Wetter war nicht günstig, der Himmel war bewölkt. Gegen 7 Uhr kam ein Umschlag, die Wolken zerteilten sich und alles deutete auf eine gute Fernsicht hin. Drum rasch auf den viel- gerühmten Piz Languard (3266 w).

An dem alten Sarazenenturm vorüber, unter alten, noch frischen Lärchen und Arven und zwischen dem Gebüsch von Alpenrosen steigt man hinauf und ge­langt auf eine Thalstufe, wo «ine große, schwarze Alphütte steht, bewohnt von BergamaSker Schafhirten. Schon bei der Hütte ist ein Rückblick recht lohnend. Wir steigen weiter. Plötzlich ein Heller Pfiff! Was bedeutet das? Ein wach­sames Murmeltier giebt seiner Familie plötzlich das Zeichen, daß menschlich« Tritte nahen. Wir gehen an den letzten, verkrüppelten Arven vorbei und steige» an einer Halde den langen Weg hinauf, bis zur Robstation. Vom Fuße des Kegels an führt der Weg auf Felsenboden in vielen Biegungen hinauf; keuchend wird das Ziel in 4 Stunden erreicht. Aber der Preis ist de» Schweiße« wert. Jeder, der hier da« erste Mal steht, wird von Staunen ergriffen werden und unentschlossen fein, welchen Punkt er zuerst fixieren soll.

(Fortsetz, folgt.)