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Rrcmik.
Deutschland.
Berlin, 6. Dez. Bis zur Stunde hat die Reichstagskommission für die Zoll- Vorlage ihre Sitzung noch nicht beendet und noch keine entscheidende Abstimmung vorgenommen. (F. I.)
Münster. Sämtliche Garnisonen im Bereich des niederrheinisch - westfälischen Armeekorps sind nunmehr mit Proben eines neuen Genußmittels versehen, welches künftig dem Soldaten im Felde als sogenannte eiserne Ration mitgegeben werden soll. Es besteht der „Rh. Wests. Ztg." zufolge aus würfelförmigen Brotstückchen von der Größe eines Bonbons. Jeder Mann erhält davon eine genau verwogene Menge in einem bequem tragbaren Leinenbeutel. Das Gebäck besteht aus feinstem Weizenmehl mit verschiedenem Gewürz und ist dem Verderben nicht ausgesetzt. In den Mund genommen erweicht es sehr schnell und giebt eine überaus kräftige Nahrung. Es ist besonders geeignet zur Verwendung bei Eilmärschen rc., wo die Kürze der Zeit das Lagern und Abkochen nicht gestattet. Für den Bereich des 7. Armeekorps wird das Gebäck in Münster hergestellt. Der noch vorhandene Fleischzwieback wird vermahlen und im Kommißbrot» wieder verbacken.
Pforzheim. (Champigny-Feier auf dem Dobel!) Am letzten Sonntag den 4. Dezember machte eine Anzahl Veteranen und Freunde derselben einen Ausflug aus den Dobel, um wie schon eine Reihe von Jahren der Tage einer großen Zeit zu gedenken. Auf der Höhe angekommen, wurde die Gesellschaft durch blauen Himmel und herrlichen Sonnenschein begrüßt, während die Thäler von dichtem Nebelmeer bedeckt blieben. Der Mittagshalt wurde in den gastlichen Räumen der Sonne gemacht, wo ein kräftiges Mahl der Gäste harrte, das in animiertester Stimmung eingenommen wurde. Selbstverständlich fehlte es hierbei nicht an Reden, Toasten und Reminiseenzen an die gemeinsam verlebte Kriegszeit. (Pf. B.)
Pforzheim, 5. Dez. Der heutige Viehmarkt war mit 675 Stück Großvieh einschließlich der Pferde und 2 Stück Kleinvieh beschickt.
Württemberg.
Stuttgart. Vor einigen Tagen wurde hier von zwei Zigeunern ein raffinierter Diebstahl ausgeführt. Dieselben kamen nämlich zu einem hiesigen Musiklehrer, um demselben ein „Meisterwerk" von einer Violine zum Kauf anzubieten. Der Künstler, welcher ein erfahrener Jnstrumentenkenner ist, war von dem großen Werte des ihm angebotenen Instruments ganz und gar nicht überzeugt und lehnte daher den Kauf rundweg ab, worauf sich die beiden entfernten. Die Zigeuner hatten übrigens dennoch ein Geschäft gemacht; denn kaum waren sie verschwunden, so vermißte der Musiker eine Birtuosenflöte im Werte von etwa 300 welche aus einem auf einem Tische liegenden Etuis verschwunden war. Bis jetzt ist es noch nicht gelungen, der Diebe habhaft zu werden und der Künstler wird
sein wertvolles Instrument wohl schwerlich wieder zurückerhalten.
Wildbad, 5. Dez. Bei den New- Jorker Wahlen hat laut Nachricht dieses Blattes vom 1. Dez. der demokratische Bewerber für das Staatssekretariat, Frederick Kook, ein geborener Wildbader Namens Kuch, den Sieg über seinen republikanischen und sozialistischen Gegner davongetragen. Ein Mann in so hervorragender Stellung. welche er schon zum zweiten Male innne hat, lenkt die Aufmerksamkeit seiner Landsleute und seiner Vaterstadt in hohem Maße auf sich; um so mehr als sein Lebenslauf einer jener merkwürdigen ist, die im alten Europa undenkbar sind, im jungen Amerika aber zu den häufigen Vorkommnissen zählen. F. K. ist einer der ältesten Schüler des damaligen Neallehrers in Wildbad, jetzt Prof. a. D. Ziegler, und liefert ein lebendiges Zeugnis dafür, daß die württem- bergische Realschule ihren Schülern brauchbare und sichere Grundlagen für das Leben mitgibt. Die Thatsache wird von einem amerikanischen Blatte in folgender Lebensbeschreibung anerkannt. F. K. ist Präsident der deutschen Versicherungsgesellschaft in Rochester. Er ist in Wildbad , einem berühmten Badeorte Württembergs, am 2. Dez. 1833 geboren. Die höhere Schule (Realschule) daselbst gewährte Herrn K. die Grundlagen einer guten Erziehung. Als er 12 Jahre alt war, starb sein Vater und die Familie von 8 Kindern wurde bald getrennt. Herr K. kam 1848 nach Newyork und ging nach Buffalo, wo er eine verheiratete Schwester hatte. Als er 17 Jahre alt war, wurde er Bremser an der Buffalo- Rochester Eisenbahn und später Kondukteur. Er blieb bei der Gesellschaft nahezu 20 Jahre und wurde durch seinen Fleiß Teilnehmer an der Pullmann-Car-Gesell- schaft, wodurch er den Grund zu seinem Vermögen legte. Im Jahr 1870 wurde er Stadtacciser von Rochester und gab die Stelle nach 2 Jahren auf, um nach Europa zu gehen. Nach seiner Rückkehr wurde er zum Bürgermeister von Rochester vorgeschlagen. Vor seiner jetzigen Stellung war er mehrere Male Abgeordneter der Nationalversammlung zur Präsidentschaftswahl. (S. M.)
Ausland.
Rom, 3. Dez. Die Ortschaft Bisig- nano in der Provinz Cosenza (Calabrien) ist durch Erdbeben größtenteils zerstört worden. Die Katastrophe hatte den Tod Vieler im Gefolge; die Rettung der Verwundeten begegnet Schwierigkeiten. Die ganze Provinz Cosenza ist von Erdbeben heimgesucht worden.
Aus Petersburg schreibt der Berichterstatter der Daily News: „Die Enthüllungen der „Köln. Ztg." werden in diplomatischen Kreisen viel besprochen. Allgemein wird geglaubt, daß Baron Mohrenheim, der russ. Botschafter in Paris, in die angeblichen orleanistischen Ränke verwickelt ist. Fest steht, daß er stets ein Gegner des Herrn v. Giers war Der bekannte dänische Zeitungsschreiber Julius Hansen, der Herausgeber der Gazette Diplomatique, soll ebenfalls
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.
thätigen Anteil an der Sache genommen haben.
Miszellen.
(Schwarze Rache einer Eifersüchtigen.) Die Wiener „Allgemeine Zeitung" erfährt aus Rom die nachfolgende dunkle Eifersuchtsscene: Fräulein A., eine nicht mehr ganz junge, ziemlich launenhafte Dame, hielt seit einigen Jahren ein Landmädchen als Kammerjungfer im Dienst, dem sie das Leben recht sauer zu machen verstand. In letzter Zeit setzte sie ihrer Brutalität die Krone auf, indem sie den Verlobten ihrer Zofe, einen jungen Beamten, durch ihr Geld an sich fesselte und demselben geraden Wegs ihre Hand anbot. Am 16. d. M. sollte die Hochzeit des Paares gefeiert werden. Lina, die Kammerjungfer, half, scheinbar unbefangen, ihrer Herrin beim Ankleiden des weißen Spitzenkleides, sie setzte ihr den Orangenblütenkranz auf das Haupt und hüllte sie in den Tüllschleier. Als die Toilette beendet, wollte sich Fräulein A. vom Stuhle erheben, die Kammerjungfer hielt sie indeß noch einen Augenblick zurück und goß ihr blitzschnell aus einem Füßchen ungefähr drei Liter Dinte über den Kopf, Gesicht und Toilette. Die Braut fiel begreiflicherweise in Ohnmacht und die Reinigung, die erst in acht Tagen vollständig sein dürfte, veranlaßt eine Verschiebung der Hochzeit. Die Zofe ist flüchtig geworden und der Bräutigam scheint nicht übel Lust zu haben, dem energischen Mädchen zu folgen.
(Mißverständnis.) Neu engagierter Kapellmeister auf der Probe zum ersten Geiger: „Was für eine Stimmung haben Sie hier?" „So lange wir jut behandelt werden, jemietlich, wenn wir aber kujoniert werden, dann kriejen Sie Ihre Keile, so jut wie der vorichte."
(Die würdige Vorbereitung.) Pfarrer (zu einem bäuerlichen Brautpaare, das am nächsten Tage getraut werden soll): Es ist ein bedeutsamer, für das ganze Leben entscheidender Schritt, den Ihr unternehmen wollt. Seid Ihr auch auf den wichtigen Akt würdig vorbereitet? Bräutigam: „Freili san mer's Hochwürden. A Kalbl, a Sau und a vierzig Gäns und Ant'n san scho ag'stocha!"
(Das in Schlaf- oder Krankenzimmern stehende Wasser ist schädlich.) Das Wasser nimmt verschiedene in der Luft befindliche Stoffe, namentlich auch die fauligen und die Ansteckungsstoffe in sich auf. Es ist daher nicht anzuraten, sich des Wassers, das in einem Krankenzimmer stand, zu bedienen, besonders wenn es in einem unbedeckten Gefäße war. Selbst das Wasser, das über Nacht im Schlafzimmer stand, kann in manchen Fällen schädliche Teile ausgenommen haben. Man hat mehrere Beispiele, daß durch Trinkwasser, das, damit es überschlagen sollte, in Krankenzimmer gestellt wurde, ansteckende Krankheiten verbreitet wurden.
Auflösung des Rätsels in Nr. 189. Bergamo, Bergamotte, Berg, Motte, amo.