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Kleinsten sind, schon im Wagen? Ja Kuchen! Die haben sich bei den Haaren gekriegt, weil Louis Max'n seine Schiebekarre und Max'n sein'n Sandwagen haben wollte. Einsteigen, einsteigen! Heilig Kreuzelement, der Zug geht ab. August, Äuguuust!
Da stehe ich mit Liese, Max, dem Volizipöh, dem Spezeristenkorb und den auf die Erde gefallenen Komfitüren. Nein, es ist doch wirklich-
Natürlich gebe ich Max'n eine Ohrfeige. Das hat man von den Aufmerksamkeiten ! Und das nennt man kein Handgepäck haben!
Glücklicherweise war's nur der Vor- Zug. Zehn Minuten später kam der richtige, mit dem ich nachfuhr. Aber mir soll noch mal Jemand mit Aufmerksamkeiten kommen! S. H. (Ulk.)
Are Aragonermütze.
Humoreske von A. Oskar Klaußmann.
(Nachdruck verboten.)
I.
„Heinrich!"
„Herr Leutnant!"
„Zieh dir den dritten Rock an und gehe nach dem Gartenfelde hinaus zu meiner Tante, dem Freifräulein v. Werkenheim, richte eine Empfehlung von mir aus, und ich lasse fragen, ob ich die Fräulein Tante heute nachmittag zu Hause träfe, wenn ich einen Besuch machte. Hast du mich verstanden?"
„Zu Befehl, Herr Leutnant!"
„Und bleib nicht wieder so lange weg, daß man glaubt, du seiest desertiert, was du doch wohl noch einmal aus angeborener Bummelei thun wirst, und halte der Marie, dem Dienstmädchen meiner Tante, nicht stundenlange Vorträge über Kavallerie- Manöver. Ich weiß gar nicht, was das für einen Zweck haben soll, wenn du ihr immerfort Aufklärungen über den Reiterdienst giebst!"
„Sie ist so wißbegierig, Herr Leutnant!"
„Neugierig ist sie wahrscheinlich. Mach, daß du fortkommst!"
„Zu Befehl, Herr Leutnant!"
Der Dragoner Heinrich Wandelbein, Bursche des Dragonerleutnants Fritz von Brause, begab sich nach der Kabuse, die für ihn Prunk-, Wohn-, Studier- und Schlafgemach war, und halb einer Räuberhöhle, halb einem Kerker glich, und kleidete sich sorgfältig im Finstern an. Als er aus der Hausthür trat, machte er einen wirklich angenehmen Eindruck, und das runde, mit kleinem Schurrbart gezierte Gesicht sah recht unternehmend unter der Extramütze hervor. Als er um die nächste Ecke war, sah er sich vorsichtig um und zog ein Paar blendend Weiße Waschleder- Handschuhe an, die allerdings nicht ihm, sondern dem Leutnant gehörten.
Seinen Auftrag vollzog er in aller Eile mit Ausnahme von zwei kleinen Strörungen, von denen eine darin bestand, daß er am Brunnen eine junge Dame aus dem allgemeinen städtischen Küchendepartement traf, mit der er eine längere eingehende Beratung über die am nächsten Sonntag stattfindende Tanzmusik hielt, die andere dadurch hervorgerufen wurde, daß er einem Schwadronskameraden begegnete,
mit dem er eine kleine Sitzung in einem Bierkeller veranstaltete, wobei höchst interessante militärische Themata mit Behagen und Verständnis durchsprochen wurden. Aber wie die Stunde durch den schlimmsten Tag läuft, so kam auch Heinrich endlich nach der Villenvorstadt, die im Westen der Stadt lag und den angenehmen Namen des „Gartenfeldes" in der Thal verdiente. Geschmackvolle Häuser verschiedenen Stiles lagen hier in Gärten und Parken halb versteckt, oder zeigten gleißnerisch ihre bunten Mauern, und der Spaziergang durch diese Kolonie hätte selbst den Dragoner Wandelbein lyrisch stimmen können, wenn er dazu auch nur die geringste Anlage gehabt hätte.
Am Ende der Kolonie lag eine Villa im italienischen Stil, die dadurch einen eigentümlichen Anblick bot, daß sämtliche Fenster im Erdgeschoß und ebenso in den Giebelfeldern stark vergittert und noch dazu durch eiserne Rolljalousien, letztere allerdings jetzt aufgezogen, geschützt waren. Für ein Gefängnis konnte man das elegante Haus nicht halten, aber auch derjenige, der geglaubt hätte, vor einer Irrenanstalt zu stehen, hätte sich geirrt. Heinrich kgnnte wohl den Kunstgriff, durch welchen die Gitterthür des Vorgartens geöffnet wurde, (dieselbe zeigte weder eine Klinke noch einen Klingelzug) und stieg die Stufen empor, bis vor die schwere, eisen- beschlagene Hausthür, in der westlichen Giebclseite.
Hier legte er die breite Fläche der Daumenspitze auf den Elfenbeinknopf der Telegraphenklingel und hielt ihn so lange darauf, als ob er die Feuerwehren zwei Meilen im Umkreise alarmieren wollte. Nach einigen Minuten hörte man von jenseits der Thüre eine weibliche Stimme fragen:
„Wer ist da?"
„Heinrich Wandelbcin mit Auftrag vom Herrn Leutnant!"
(Fortsetzung folgt.)
. Zur Alkoholfrage.
Das französische Gesetz gegen die Trunkenheit vom 4. Februar 1873 bestimmt: Art. 1. Mit einer Geldbuße von 1—5 Fr. wird derjenige bestraft, der im Zustande offenbarer Trunkenheit auf der Straße, auf einem öffentlichen Platz oder Wege, in einem Kaffee oder Wirtshaus oder anderen öffentlichen Orten gefunden wird. Art. 2. Wer innerhalb 12 Monaten nach der zweiten Bestrafung rückfällig wird, wird dem Korrektionstribunal übergeben und mit Gefängnis von 6 Tagen bis zu einem Monat oher mit 15—300 Francs bestraft. Art. 3. Jeder, der wegen öffentlicher Trunkenheit zweimal bestraft ist, wird mit der zweiten Verurteilung unfähig, folgende Rechte auszuüben: 1. zn stimmen und zu wählen; 2 gewählt zu werden; 3. zum Geschworenen und zu öffentlichen Aemtern ernannt zu werden; 4. zwei Jahren lang Waffen tragen zu dürfen.
Die Häufigkeit der öffentlichen Trunkenheit soll in Frankreich unter dem Einfluß dieses der öffentlichen Sittlichkeit Rechnung tragenden Gesetzes ziemlich abgenommen haben.
Ueber die Notwendigkeit, gegen die Gewohnheitstrinker gesetzlich einzuschreiten, sagt der Verfasser des „Alkoholismus," Sanitätsrat Bär, sehr richtig: „Der Gewohnheitstrinker entzieht sich durch seine krankhaft gewordene Leidenschaft, die seine materielle und moralische Existenz früher oder später unausbleiblich vernichtet, allen Pflichten, die er dem Staat, der Gemeinde, der Familie schuldet. Hat der Staat nicht die Pflicht, das schutzlose Weib, die unmündigen Kinder vor dem Ruin zu wahren, den ihnen die Trunksucht des Gatten, des Vaters bereitet?" Schon Süßmilch, der erste Statistiker (1775), klagt: „Die Trunksucht ist eine Quelle unzähliger Laster, aber es ist ein Laster, das ganz ungestraft ausgeübt werden kann. Ein Bürger, ein Ehemann, kann sich und seine Familie durch den Suff zugrunde richten. Niemand achtet darauf. Man läßt es geschehen (Iai 8862 aller!), daß ein Mensch sich durch den Trunk um das Leben bringt, daß er sich und seine Familie an den Bettelstab bringt, daß er auf einem Weg zu allen möglichen Lastern ungestört wandelt. Man sieht es, man schweigt dazu und läßt ihn in das Verderben ,laufen. Ist das verantwortlich?" Bär fährt fort: „Soll der unmäßige Säufer seine Rechte in Gemeinde, Staat und Familie uneingeschränkt ausüben, nachdem er sich ihrer unwert gezeigt und unter dem Einflüsse eines Lasters steht, dem er sich durch eigene Willenskraft nicht zu entziehen vermag?" „Man will," heißt es in den psychiatrischen Zeitfragen Roller's mit Recht, „die Freiheit eines Menschen schützen, welcher ihrer längst verlustig geworden ist, und giebt die Freiheit der Angehörigen eines Trunkenboldes, giebt dessen eigene Freiheit dem schwersten und empfindlichsten Eingriffe preis."
Die gesetzlichen Maßregeln, welche auch im deutschen Strafgesetzbuch gegen die Trunksucht (K 361 und 362) vorgesehen sind, greifen zu spät ein, wenn die materielle, moralische und physische Existenz des Trinkers schon meistens ganz vernichtet ist. Wir empfehlen bei dieser Gelegenheit den Beitritt zum deutschen Verein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke. Demselben gehören Männer aller Richtungen ungen an, und er hat sich durch sein besonnenes, sachdienliches Vorgehen alles Vertrauens würdig gezeigt. (K. K')
(Eine glückliche Heimat) baut man sich aus sechs Dingen. Es sind nämlich hierzu nötig der Architekt Rechtschaffenheit und Tapezierer Sauberkeit. Das Haus muß ferner durch Liebe erwärmt und und durch Heiterkeit erleuchtet werden, nützliche Thätigkeit aber wird der Ventilatorsein, welcher die gesunde Atmosphäre erneuert, während als schützende Decke über Allem der Segen Gottes walten muß.
Vor dem Amtsgefängnis zu Dingolfing (Niederbayeru) hielt dieser Tage ein Radfahrer, stieg ab, läutete, präsentierte dem Schließer ein Haftsantrittsbefehl, gab ihm die Maschine zum Aufheben, „machte seinen Tag" und fuhr nach 24 Stunden graziös von dannen.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.