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große Leidenschaften aber, welche die Qualen der Hölle und die Seeligkeit des Himmels in sich vereinigen und zumeist entscheidend auf den Lebensweg eines Menschen wirken, enden für den Betreffenden fast immer tragisch. Ich sehe auch in diesem Falle keinen Ausweg, mein Wille vermag hier nicht das Geringste. Martinas ist ein echter Mineiro, er wird sein Wort, das er gegeben, halten; Glück und Seelenfrieden seiner Tochter kommen dabei nicht in Betracht."
„Aber ist es denn unmöglich, Serena zu retten? rief Alvaro verzweifelt, „könnte sie sich nicht hier verbergen bis... ."
„Sin abenteuerlicher Plan," unterbrach ihn Ramiro, „der unausführbar ist, weil die Folgen desselben die denkbar schwersten und unbedingt verhängnisvoll für Sie beide würden."
Ramiro stützte das Kinn in die Hand und verfiel einige Minuten in tiefes Sinnen, welches der junge Arzt mit keinem Laut zu unterbrechen wagte.
„Wir müssen ruhig überlegen," äußerte er nach längerer Pause. „Ich kann Ihnen sagen, Sie sind mir sehr sympathisch, mein lieber Senhor Alvaro, ich hätte mich sehr gefreut, Sie als den Gatten meiner Nichte begrüßen zu dürfen, aber offen gestanden, dafür ist nicht der leiseste Schimmer einer Hoffnung vorhanden. Sie sehen, ich bin freimütig; die Leute nennen mich einen Menschenfeind, mit Unrecht, denn ich lernte während meines langen, erfahrungsreichen Lebens die Menschen nur meiden, nicht sie Haffen. Biele Jahre bekleidete ich die vorteilhafte Stellung eines Obergärtners auf der herrlichen Besitzung des Herzogs von Albrantes im Bai von Rio de Janeiro. Dort entwickelte sich in mir die hohe Bewunderung und Liebe für die Wunder und Schönheiten einer großartigen Natur. Diese Neigung nahm nach und nach fast die Dimensionen einer wirklichen Manie an, indem ich nur noch solche Gegenstände verehrte, die unmittelbar und rein aus der Hand des Schöpfers stammten, während gegen die Menschen eine gewisse Abneigung sich in mir festfetzte. Ich sah in ihnen das Böse, Sündhafte; aus ihren lasterverzerrren Gesichtern blickte mich die Hölle mit ihrem ganzen Gefolge an, und darum flüchtete ich in diese Einsamkeit, wo ich mich fast ausschließlich der Natur, sowie meinen Lieblingen, den Blumen und Pflanzen, widme. Der Himmel mit seinen Sternen, der Tag mit seinen Schönheiten, die Dunkelheit mit ihren Harmonien hier im Urwald sind meine geheimnisvollen Freunde, aus denen Geist und Phantasie gar reiche Lehren schöpfen. —
„Genug, Senhor Alvaro, Sie sind mein Freund, denn auf Ihrem Antlitz lese ich deutlich die schöne Sprache einer großen, reinen Seele. Ich möchte Ihnen helfen, um Ihretwillen und um Serena willen, die meiner verstorbenen Schwester einziges Kind ist, das ich wohl in dem Egoismus meiner Abgeschiedenheit schon zu lange vernachlässigte. Bor allem müssen wir Martinos aus dem Spiele lassen. Ich habe einen andern Plan, den ich ins Werk setzen werde, obgleich ich von seinem Mißlingen vollständig überzeugt bin."
„Darf ich erfahren, was Sie meinen?" fragte Alvaro.
„Gewiß; ich will mit Vizente Barroso selbst sprechen, er wird in nächster Zeit auf seinem Wege zu Martinos hier vorüberreiten und bei dieser Gelegenheit auch mich begrüßen. Ich kenne ihn; er ist strebsam und fleißig, aber ein Bursche von leidenschaftlicher, verwegner Gemütsart, stürmisch und ein wenig roh, er wird ganz gewiß nicht seine Braut einem Rivalen opfern! Gleichviel, ich werde dennoch den Versuch machen, ihn dafür zu bestimmen. Zuweilen giebt es im Innern des Menschen wunderbare Regungen, deren geheimnisvolle Triebfedern unfern trüben Erdenaugen entgehen."
„Und wird Senhor Martinos mir Serena geben, im Falle Vizente Barroso entsagt?"
„Er wird sicherlich nicht entsagen, Senhor Alvaro; wenn er es aber wider alles Erwarten doch thun sollte, so bin ich überzeugt, der Stolz des Mineiro würde derartig verletzt sein, daß er nicht zögern würde, die Tochter einem andern zu verloben."
„Bis dahin kann ich also gar nichts thun?"
„Nein, nur vorsichtig sein und jedes Gespräch mit Serena vermeiden! Mein Schwager ist von Haus aus ganz besonders zum Mißtrauen aufgelegt. Das vergessen Sie in Ihrem freurigen Jugendrausche, der alle Hindernisse mit Titanenfaust hin- wegräumen möchte, nicht."
Alvaro führte die Hand des alten Mannes an seine Lippen und küßte sie ehrfurchtsvoll. „Ich werde Ihren Rat befolgen, Senhor Ramiro; unvergeßlich bleibt mir diese Stunde, welche ich mit Ihnen verleben durfte! Ihr klarer Geist hat beruhigend auf mein erschüttertes Gemüt gewirkt, ich bin gefaßter geworden, hoffentlich wird auch Serena es sein. Ich will nun gehen, vielleicht sehen wir uns unter glücklicheren Umständen wieder."
Gleich darauf bestieg Alvaro sein Pferd und ritt durch den Wald nach Martinos Hause zurück.
(Fortsetzung folgt.)
(Einen kühnen Sprung ins Wasser) von der Brooklyner Brücke herab that unlängst ein neunzehnjähriger Neuschotte. Er sprang vom höchsten Punkt des Brückengeländers herab. Ein Polizist packte ihn an der Ferse, um ihn an dem Sprunge zu verhindern, aber er riß sich los, überschlug sich in einer Tiefe von etwa 90 Fuß zweimal und berührte das Wasser zuerst mit dem Kopfe. Zwanzig Sekunden später kam sein Körper, gerade und steif, wieder zum Vorschein. Er schwamm kräftig auf das Gestade zu, landete gänzlich unversehrt und klagte nur, daß er sich betäubt fühle, als ob er einen Keulenschlag auf den Kopf erhalten hätte.
(Polizei in Gummischuhen.) In Regensburg haben häufige Einbruchdiebstähle zu verschiedenen Neuerungen im Sicherheitsdienste der Polizei Veranlassung gegeben. So werden unter anderem die Nachtpatrouillen mit Benützung von Gummischuhen bewirkt.
Der bekannte Menagerie- und Zirkusbesitzer Barnum hat für seinen Jumbo, den von der Grand Trunk Bahn überfahreneu Elefanten, zwar keine 100 W Dollars, wie er anfangs verlangte, aber doch eine ganz anständige Entschädigung erhalten. Die Bahn zahlt ihm 5000 Doll, und verpflichtet sich während des kommen- den Sommers seinen Zirkus kostenfrei zu befördern, was ungefähr derselben Summe gleichkommt.
(Einsturz eines Kirchendaches.) In Linguaglossa (Italien) stürzte während einer Leicheneinsegnuug in der Kirche plötz- das Dach ein; ungefähr hundert in der Kirche anwesende Personen wurden ver- schüttet, einnudvierzig davon sind schwer verwundet, drei starben während des Transports.
(Ein durstiges Gewerbe.) Der Verbrauch von Freibier, welches den Angestellten der deutschen Brauereien geliefert wird, beträgt in ganz Deutschland im vergangenen Jahre 800 000 Hektoliter oder 1,7 bis 1,9 Prozent der Gesamtfabrikation.
(Bestrafte Aufschneiderei.) A.: Saper- lot, haben Sie aber einen schönen Anzug! Was kostet er denn? — B. (stolz): Hundert Gulden! — A. So? Da scheint der Schneider gleich die Gerichtskosten d'rauf- geschlagen zu haben!
(Nette Zufriedenheit.) Nun, Fritze, wie ist denn Dein Meester mit Dir zufrieden? — Metzgerlehrling: O janz jut. Morgen läßt er mir's Fell abziehen und nächste Woche will er mich schlachten lassen.
(Doch etwas.) Kaufmann (verliebt): „Sie wollen mich nicht zum Manne, Fräulein?" — „Nein, ich liebe einen Andern." — „So kaufen Sie wenigstens die Möbel zu Ihrer Ausstattung bei mir."
(Gegen schweißige Hände.j Man wasche dieselben täglich mit Salbeiwasser, oder reibe sie täglich mehreremale mit Weizen- kleie oder Salicylsäurepulver ab.
(Aus der Schule.) Lehrer: Woher hat Amerika seinen Namen? — Schüler: „Weil — weil es am Meere liegt."
(Wortspielerei.) Die Fuhrleut, welche an einem Chokoladen-Laden laden, laden Ladenmädchen zum Tanz.
(Bewährtes Mittel gegen Wundgehen.j Die deutschen Militärbehörden haben nach eingehenden Versuchen als bestes Mittel gegen Wundgehen den Salicylsäuretalg eingeführt. Denselben stellt man sich her, indem man 2 Teile Salicylsäure in 5 Teile Benzoetinktur löst und der Lösung 100 Teile Hammeltalg, welche vorher mit 5 Teilen Benzoeharz verrieben sind, zusetzt. Das Ganze wird tüchtig umgerührt und in passende Blechbüchsen oder Dosen gefüllt.
Goldkurs der K. Staatskassenverwaltung vom 23. Juni 1887. 20-Frankenstücke . . . 16 10 ^
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.