Rnmili.
Deutschland.
Dresden. 22. Juni. Die Internationale Ausstellung von Bedarfsartikeln der Bäckerei, Konditorei und verwandter Gewerbe, die hier in der Zeit vom 13. bis 21. August d. I. abgehalten werden soll, dürfte eine in ihrer Art großartige werden. Nicht blos aus Deutschland und Oestereich, auch aus England, Holland, Rußland und anderen Staaten sind bereits zahlreiche Anmeldungen eingegangen. Die Königin Carola hat einen Ehrenpreis auf das beste Roggenbrot ausgesetzt. Unter den übrigen Ehrenpreisen ist der aus einem Porzellan-Kaffeegeschirr nebst silbernen Löffeln für 12 Personen bestehende Preis des Porzellangroßhändlcrs Hoffmann auf das beste Frühstücks- („Dreier-") Brot hervorzuheben.
Karlsruhe, 22. Juni. Die Fachbehörden sind eifrigst mit den Vorarbeiten zur Durchführung des Brauntweingesctzes beschäftigt. Man befindet sich aber noch immer in einem Vorstadium, da das Gesetz noch nicht verkündigt ist und eingehende Vollzugsanordnungen Seitens des Bundesrats Vorbehalten sind. In Baden hat man neben beiläufig 25 Großbrennereien mit etwa 28 000 Kleinbrennern zu rechnen, so daß die Verhältnisse mit jenen im Norden kaum verglichen werden können.
Baden-Baden, 18. Juni. Die Restaurationspacht im Konversationshause dahier wurde in der heutigen Sitzung des Stadtrates dem Bewerber Cesar Ritz, Direktor des Hotel National in Luzern, um das Angebot von 15 000 -/lL jährlich zugeschlagen, nachdem der frühere Pächter, welcher um die minimale Summe von 6000 ^ die Restaurationspacht 10 Jahre lang inne hatte, sein durch Nachgebot auf 12 000 c/lL erhöhtes Angebot noch in letzter Stunde zurückzog. (F. J-)
Dur lach, 20. Juni. Vorgestern vormittag verhaftete die Gendarmerie in hiesiger Stadt zwei Hausiererinnen, welche Putzpulver für Jnsekenpulver feilboten. Bei näherer Untersuchung stellte sich heraus, daß das sog. Putzpulver aus gewöhnlichem Sandstein hergestellt ist. lieber diese Fälschung werden sich dieselben vor Gericht zu verantworten haben.
Pforzheim. (Evang. Kirchenchor.) Montag den 27. Juni, abends 8 Uhr, Kirchenkonzert in der Schloßkirche. Nichtmitglieder: Karten a 1 ^6 am Portal der Kirche.
In den letzten Tagen sind wiederholt bittere Klagen über die unangenehmen Erfahrungen laut geworden, welche deutsche Reisende in Frankreich zu wachen haben. Wir erinnern an das Schicksal der zwei Tübinger Studenten in Nancy. Wie die Zeitungen berichten, sind wiederholt auch englische Reisende die Opfer von Belästigungen geworden; und deutschsprechenden Schweizern ergeht es nicht besser. Die „Nordd. Allg. Ztg." wiederholt bei dieser Gelegenheit die alte Lehre, die wir Deutsche aus solchen Vorkommnissen zu ziehen haben. Sie schreibt: „Was das Baseler Blatt seinen Landsleuten ans Herz legt, können sich auch viele Deutsche gesagt sein lassen. Zur Befriedigung touristischer Bedürfnisse ist
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doch wahrlich auch außerhalb des Bannkreises der Patriotenliga Raum genug, und wenn die französische Bevölkerung eine Befriedigung darin sucht, sich außerhalb der Regeln des Verkehrs unter zivilisierten Völkern zu stellen, so mag ihr dies Vergnügen innerhalb ihrer Landesgrenze nicht verwehrt werden. Die Folgen werden die Franzosen selbst bald am empfindlichsten fühlen."
Württemberg.
Stuttgart. Die in unser gestriges Blatt zu unserem Bedauern übergegangeue Notiz, betreffend eine Parade des Grenadier-Regiments Königin Olga vor Ihrer Majestät der Königin war durchaus irrig und verfrüht. Der Urheber der Notiz, welche von mehreren hiesigen Blättern gebracht wurde, ist ein Lokalreporter, welcher sich, statt auf eigene Anschauung, auf Information Dritter stützen zu können glaubte, und somit etwas erzählte, was noch gar nicht stattgefunden hatte.
(St.-Anz.)
Reutlingen, 23. Juni. Seine Majestät der König ließ sich heute vormittag durch persönliche teilnahmvolle und eingehende Anfrage des Hrn. Reg.-Präs, v. Luz in dem G. Werner'schen Änstalts- gebäude nach dem Befinden des G. Werner erkundigen. Der Kranke hatte eine ruhigere Nacht, wobei ein erquickender Schlaf einige Stärkung brachte. — Heute mittag 2'/r Uhr lief folgendes Telegramm von I. Maj. der Königin bei G. Werner ein: „Ihre Majestät die Königin läßt sich teilnehmend nach dem Befinden des guten Vaters Werner erkundigen. Staatsdame Baronin v. Massenbach." Vater G. Werner diktierte selbst folgende telegraphische Antwort: „Patient ist durch königliche Huld und und Teilnahme tief gerührt und dankbar. Befindet sich heute besser." In Reutlingen selbst ist allgemeine Teilnahme über die schwere Krankheit G. Werners. Derselbe bedarf der höchsten Ruhe; Krankenbesuche sind vom Arzt strenge untersagt.
(S. M.)
Eßlingen, 22. Juni. (Kirschenmarkt.) Zugeführt wurden 200 Körbe. Preis 14—18 Pf. (S. M.)
Hall, 21. Juni. Demnächst sollen in der Nähe von Tullau auf der sogen. Liendwiese seitens des Staats Bohrversuche auf Steinsalz angestellt werden. Man hofft hauptsächlich auf eine natürliche Sool- quelle zu treffen, von der aus die Soole nach der Saline geleitet werden könnte.
Ebingen, 23. Juni. Ein furchtbares Brandunglück hat heute Nachmittag unsere Stadt heimgesucht. Das Feuer entstand bald nach 1 Uhr in einer der engst gebauten, älteren Straßen der Stadt und griff unter dem Einfluß der herrschenden Trockenheit und Hitze mit so rasender Schnelligkeit um sich, daß die links und rechts anstoßenden weiteren 2 Gebäude fast zugleich mit diesen und nach kaum einer halben Stunde schon 7—8 Häuserin Hellen Flammen standen, dann sprang cs auf die andere Straßenseite und während da wieder 3 Häuser demselben zum Opfer fielen, drehte sich plötzlich der Wind und trieb die Flammen von der Ausgangsstelle aus mit erneuter Heftigkeit der Oberstadt zu, so daß nochmals 3 Gebäude von dem verheerenden Element verzehrt wurden.
Im Ganzen sind 16 Häuser abgebrannt und 21 Familien obdachlos. (S. M.)
In einem naturwissenschaftlichen Verein in Reutlingen kam die epidemisch austretende Kirschenkrankheit zur Sprache; sie ist daran erkenntlich, daß der größte Teil der Blätter braune Fleckchen hat, welche herausfallen. Da in den alten Blättern die Fortpflanzungsorgane der Epidemie im nächsten Jahre enthalten sind, wird empfohlen, spätestens Mitte Februar die Blätter von den Kirschenbäumen zu nehmen, was allein der Krankheit Einhalt thun kann.
Ausland.
London, 24. Juni. Gestern fand in Aldershot bei herrlichem Wetter eine Truppenschau statt, an welcher 12 000 Mann Infanterie, 2500 Mann Kavallerie und eine starke Abteilung Artillerie (50 Geschütze) teilnahmen. Die Kronprinzen von Deutschland und Schweden, Prinz Wilhelm von Preußen und Prinz Ludwig von Battenberg wohnten der Truppenschau bei.
Mizellen.
Zm Urwald.
Brasilianische Erzählung von B. Riedel-Ahrens.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Aus Alvaros Antlitz leuchtete nach diesen Worten eine so schöne Begeisterung, ein so unerschütterlicher Glaube an das Gerechtigkeitsgefühl Ramiros, daß dieser sich eines milden Lächelns nicht erwehren konnte.
„Senhor," erwiederte er nach längerem Schweigen in nachdrücklichem Tone, „in diesen Fall hätte ich unmöglich jemals geraten können; ich bin Mineiro, stolz auf meine Nation, unerschütterlich in ihren hohen und ernsten Grundsätzen, aber ich verbrachte zehn lange Jahre meines Lebens iu der Kaiserstadt, in Rio; das war genug, den Horizont meiner Anschauungen bedeutend zu erweitern. Ich bin Mineiro, doch dem Geiste nach auch ein Amerikaner! Wenn Gott mir eine Tochter gegeben hätte, würde ich sie nur dem Manne ihrer Wahl verlobt haben."
Ein Ausruf der Freude entschlüpfte unwillkürlich den Lippen Alvaros, er erhob sich und reichte dem älteren Manne die Hand.
„Ich wußte es und sah sofort, daß Sie zu den Männern gehören, die sich befreit haben von den kleinlichen Vorurteilen einer Zeit, über die wir hinausgewachsen sind! Senhor Ramiro, ich komme zu Ihnen um Rat und Hilfe, ich liebe Serena, und sie ist bereit, mein Weib zu werden. Sie wissen, welch ein Abgrund uns zur Stunde trennt! Sie sind unsre einzige und letzte Hoffnung, in Ihre Hände legen wir unser Schicksal!"
Senhor Ramiro fuhr zurück; in seinen Zügen malte sich zugleich Erstaunen und Bestürzung.
„Ich weiß, es schlummern Leidenschaften in den Kindern unsrer glühenden Sonne, die so rasch und mächtig entflammen, daß sie, wie ein Sturmwind daher brausend, alles mit sich fortreißen, was sich an Hindernissen ihnen entgegenstellt. Solche