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Kronik.

Deutschland.

Der Kaiser hat das kirchenpolitische Gesetz gestern vollzogen, welches der Staatsanzeiger" bereits heute publiziert.

Berlin, 29. April. Heute verlautete hier, die Verhängung des Kriegszustandes über Elsaß-Lothringen sei zu gewärtigen.

Berlin, 30. April. Der Bundesrat hat sich heute mit der Branntweinsteuer beschäftigt, doch soll über die Verhandlung wie über die Vorlage Stillschweigen be­obachtet werden. Die Letztere soll etwa Mitte der künftigen Woche dem Reichstage zugehen. (F. I.)

Berlin, I.Mai. Die neuen Zwanzig- Pfennigstücke, welche gestern in größeren Mengen an die Behörden abgegeben wur­den, treten von heute an in den öffent­lichen Verkehr. Die neue Münze, welche sich zu den bisherigen 20-Pfeiinigstücken ausnimmt, wie der Riese Goliath zum kleinen David, findet im Publikum freund­liche Aufnahme, wenngleich auch hier und da Bedenken gegen die Schwere des neuen Zahlungsmittels laut werden.

DieKöln. Ztg." schreibt:In welchem Umfange die französische Regierung in und gegen Deutschland das schmutzige Gewerbe der Spionierung betreibt und dadurch die Gefahr einer Friedensstörung immer auf­recht bleiben läßt, das tritt zutage, wenn man sich eine Liste derjenigen Spione zu- sammcnstellt, die abgesehen vor denjenigen, welche man aus politischer Höflichkeit frei­gab, in den letzten Jahren in Deutschland bei offener Thal ertappt und nach ein­gehender Untersuchung zum größten Teil von deutschen Gerichten mit erheblichen Strafen belegt worden sind. Alle Einzelnen sind uns augenblicklich nicht gegenwärtig; unsere Liste unantastbarer Fälle ist aber schon so lang ausgefallen, daß sie jedem, der unparteiisch urteilen will, vollauf ge­nügen wird. Dem gegenüber hat die französische Regierung auch nicht einen einzigen Fall aufzuweisen, der die deutsche Regierung einer ähnlichen Spionage über­führen würde. Die französischen Hetzer (und ihre geistesverwandten deutschen Helfer) thäten daher viel besser, jetzt, wo wiederum ein solcher vom amtlichen Frank­reich ausgehender Verratsfall mit voller Unzweideutigkeit aufgcdeckt ist, sich ruhig z» verhalten.

Die Straßb. Post sagt zu dem Fal Schnäbele:Das diplomatische Nach­spiel wird folgen. Der Erfolg ist ganz aus Seiten der deutschen Regierung, wei diese infolge der Festnahme und der Ueber- führung des französischen Beamten zu dem aktenmüßigen Nachweis gekommen ist, daß unter den Angen und mit dem ausge- sprochcnen Willen der Regierung der fran­zösischen Republik in den deutschen Grenz­gebieten eine Spionage unterhalten wird, von deren Umfang man erst infolge des Falles Schnäbele eine allgemeine Kenntnis erlangt hat. Es zeigt sich jetzt recht deutlich, daß dem französischen Spionengcsetze lediglich das böse Gewissen zu Grunde lag. welches niemand hinter der Thür sucht, hinter der man nicht selbst gesessen oder vielmehr in diesem Falle noch sitzt."

Metz, 30. April. Schnäbele ist auf Verfügen des Untersuchungsrichters in Straßburg freigelasseu worden. Er ist mit dem Schnellzug um Mitternacht über Ars und Novoant nach Pagny ab- gereist. Die Frcilassungsordre traf abends 9 Uhr ein. Schnäbele verkehrte bis zur Abfahrt ungehindert in der Bahnhof- Restauration und nahm dann zusammen mit dem Vertreter der Reichseisenbahn im letzten Waggon des Zuges Platz. Die Abfahrt erfolgte in ruhigster Weise, cs waren kaum zwanzig Personen anwesend.

Straßburg, 20. April. Eine der ältesten Straßburger Musikgcsellschaften, die Fanfare Scllenik, ist durch Bes­chluß des Bezirkspräsidenten aufgelöst und die Mitteilung dem Verein gestern zugestellt worden. Die Auflösung soll nach derStr. P.« mit der Kranznieder- egung am Kleberplatz im Zusammenhang tehen.

Köln, 28. April. Hier hat der Verein ür christliche Volksbildung eine Gedächt­nisfeier für Uhland gehalten. Der von der Tübinger Universität zum Ehrendoktor ernannte Div.-Pfarrer vr. Rocholl führte das geistige Bild des Meisters vor, dessen geflügeltes Wort:Für unser Volk ein Herz" der Verein sich zum Motto gestellt hat. Uhlands dichterisches Schaffen, die Pflege deutschen Wesens, seine Reinheit, Rechtschaffenheit, Unerschrockenheit, Tiefe des Gemüts und sprudelnder Humor wurden von dem geistvollen Redner in das rechte Licht gesetzt. Mit dem Rufe: Es lebe Schwaben und seine Dichter! endigte der in weiten Kreisen hochgeschätzte Schrift­steller seinen meisterhaft durchgcarbeiteten Bortrag.

Karlsruhe, 28. April. Dem Bau der Volksschule in der Leopoldstraße an Stelle des alten Schlachthauses hat sich ein unerwartetes Hindernis entgegen­gestellt. Bei der Submission brachte die Maurerarbeit ein so beträchtliches Aufge­bot, daß der Stadtrat beschloß, den Bau noch zu verschieben und das Ausschrciben zu wiederholen. Der Brand des Goldenen Adlers" soll in der That durch Fahrlässigkeit des verbrannten Kellners entstanden sein. Bemerkenswert ist, daß der Hofhund beständig bellte und daß ans Befehl des Wirts nachgeschen, aber nichts Verdächtiges bemerkt wurde. Erst zwei Stunden später, als zwei Schutzmänner Rauch und Feuer durch das Dach dringen sahen, weckten diese die Hausbewohner. Sic drangen dabei auch noch bis zu dem bereits erstickten Kellner, mußten aber dann auf ihre eigene Rettung bedacht sein, ohne die Leiche mitnchmcn zu können.

(S. M.)

Baden-Baden, 27. April. Aus dem städtischen Voranschlag ist zu entnehmen, daß der durch Schneedruck in den städti­sche» Waldungen angerichtcte Schaden, sowie das Sinken der Preise von Nutz­hölzer» voraussichtlich eine Mindereinnahme von fast 47 000 <4L ergeben werden.

Ettlingen, 29. April. Gartenlieb­haber und besonders Freunde der Obst- baumpflegc machen bad. Blätter auf­merksam, daß in diesem Frühjahre im Großh. Schloßgarten dahier eine reiche Obstbaumblüte, die sich vermutlich in den ersten Tagen des Monats Mai entfaltet,

in Aussicht steht. Auf Anfrage wird der Gartenvorstand Interessenten gerne den Besuch des Gartens gestatten.

Pforzheim. Brotpreise der Bäckergcnossenschaft vom 1. Mai 1887. Schwarzbrot 1. Sorte: lange Form 2 Kilo 50 Pf. lange Form 1 Kilo 25 Pf. runde Form 2 Kilo 48 Pf. runde Form 1 Kilo 24 Pf. 1 Weißbrot 17 Pf., 1 Tafelbrot 20 Pf.

Württemberg.

Stuttgart, 29. April. Gegen das von der Regierung den Ständen vor­gelegte landwirtschaftliche Nachbarrechts­gesetz wurden bei der in der Kammer der Abgeordneten stattgchabten Generaldebatte eine Reihe ernster Bedenken geltend ge­macht. Obwohl das Bedürfnis einer ge­setzlichen Regelung der landwirtschaftlichen Nachbarrechtsverhältnisse anerkannt wurde, was nicht Wunder nehmen kann, da auf diesem Gebiete noch die Bestimmungen der Bannordnung von 1655 und des gemeinen Rechts maßgebend sind, so wurde von den Berichterstattern hervorgehoben, daß es etwas Befremdliches an sich habe, in einer Zeit, wo das allgemeine bürgerliche Gesetz­buch in der Ausarbeitung begriffen sei, einzelne Momente des Privatrcchts zu regeln, von denen voraussichtlich ein Teil wieder umgestoßen werden muß. Ein von Beutter in Verbindung mit Frhrn. Hans v. Ow eingcbrachter und auch von v. Weber und Frhrn. v. Herman befürworteter An­trag, die Frage einer erweiterten Anwend­ung ortsstatutarischer Bestimmungen in Beziehung auf Abstände rc. in Erwägung zu ziehen", ward mit 52 gegen 31 Stimmen abgelehnt und darauf beschlossen, in die Einzelberatung des Gesetzes einzutreten.

Stuttgart. (NeuesimLandes- Gewerbemuseum.) Ein Thürenschloß von Messing mit Olive und Schlüssel, durch Einwärtsdrücken der Olive zu öffnen; von Joseph Kaye u. Sons in London.

Neuenbürg. Die Musikfreunde des Enzthales machen wir darauf aufmerk­sam, daß nächsten Sonntag den 8. Mai, nachmittags 4 Uhr der hiesige Kirchen - chor in der Stadtkirche ein Kirchen - Konzert veranstaltet, in welchem ge­mischte Chöre und Männerchöre, sowie mehrere Soli für Sopran, Alt und Baß zur Aufführung kommen. Progamm folgt in nächster Nummer.

Berichtigung.

In dem Artikel:Die Gründung eines Vereins für evang. Mission in Kamerun"

in Nr. 68 d. Bl. fehlt in Zeile 11 von unten das Wortnur". Es muß der Satz also heißen:

Somit soll die Mission von Deutsch­land aus nicht nur unterstützt, sondern cs soll eine nationale Pflicht damit erfüllt wer­den, daß wir für die Mittel anfkommen."

Ausland.

Nizza, 28. April. Nachdem Ihre Majestäten der König und die Königin von Württemberg in diesem Winter bereits 1000 Fr. zum Unterhalt unserer Kirche beigcsteuert haben, so er­freute SeineMajestät unsere Gemeinde auch noch mit einer besonderen Gabe von 500 Fr. zur Wiederherstellung unserer Kirche, wofür ich hiemit im Namen unserer