die bisher noch zurückgebliebenen Freunde und die Fremden ab.
Hamburg, 2 Juli. Die Hamburg-Amerika- Linie teilt folgendes mit: Nach weiteren hier eingetroffenen Nachrichten ist das auf de» PierSanlagen des Norddeutschen Lloyd entstandene Feuer auf Selbstentzündung von Baumwolle zurückzuführen. Dir Ausbreitung des Feuers wurde durch auf der Brandstelle lagernde Whisky- und Oelvorräte, sowie durch einen heftigen Sturm begünstigt. Die PierSanlagen der Hamburg» Amerika-Lini« grenzen unmittelbar an die deS Norddeutschen Lloyd, haben aber keinen nennenswerten Schaden erlitten, teil» infolge der günstigen Windrichtung, teils infolge von Vorsichtsmaßregeln, die von seiten der Mannschaften mit großer Umsicht und Energie getroffen wurden. Buch durch die Mannschaften unserer Dampfer Phönicia und Kaiser Friedrich konnten viele Menschen gerettet werden; auch wurde in der zweiten Kajüte der Phönicia ein Hospital für die bei dem Unglück Verletzten eingerichtet und mit etwa 60 Personen belegt. Die Nachricht, daß ein Teil der PierL der Amerika-Linie durch Dynamit in die Luft gesprengt worden sei, um dem Feuer Einhalt zu thun, ist unbegründet.
New-Jork, 3. Juli. Der Vertreter des Nordd. Lloyd, Schwab, teilt mit, bei dem Brand im Hafen von Hoboken seien 125 bis 150 Menschen umgekommen. Der Verlust an Eigentum betrage nicht über 5 Millionen Dollars. Die Docks seien völlig versichert, di- Dampfer zur Hälfte selbst versichert. „Kaiser Wilhelm der Große* wird morgen 350 überlebende Passagiere an Bord nehmen.
New-Aork, 3. Juli. Die Morgenblätter gehen sehr auseinander bezüglich der Verlustliste. Die StaatSzeitung sagt, 360 Personen seien umgekommen, di» Times spricht von ebensoviel, während der Herold die Zahl 320 und die Tribüne über 300 angiebt. Andere Blätter sind näher an 400 als an 300. Unzweifelhaft ist, daß viele Menschen verloren sind, von denen man nie etwas erfahren wird, da bei der Polizei Meldungen von Angehörigen zahlreicher Vermißter eingehen. Von allen Leichen sind nur vier identifiziert, darunter diejenige des Kapitäns Mirow von der Saale, der auf seinem Schiffe den Heldentod starb, indem er die Rettung desselben versuchte.
Die Wirre« i« China.
Berlin, 3. Juli. In seiner Ansprache an das Seebataillon in Wilhelmshaven hob der Kaiser hervor: Die deutsche Fahne ist beleidigt und dem deutschen Reich ist Hohn gesprochen worden. Das verlangt eine exemplarische Bestrafung. Ich werde nicht ruhen, bis die deutschen Fahnen vereint mit denen der anderen Mächte siegreich über den chinesischen wehen, auf den Mauern Peking» aufgrpflanzt, und bis wir den Chinesen den Frieden diktieren. — In hiesigen militärischen Kreisen wird mit der Möglichkeit gerechnet, daß sehr bald weiter« Truppennach- schüb« nach China angeordnet werden.
Berlin, 3. Juli. Wolffs telegr. Bureau berichtet: Ein Telegramm des Chefs des Kreuzer« geschwaderS au» Taku vom 30. Juni meldet: Ich habe einen Brief von der deutschen Gesandtschaft in Peking erhalten, des Inhalts, daß dieselbe belagert wird und die Vorräte auSgehen. Dis Lage ist eine verzweifelte. Ich habe von dem Ueberbringer de» Briefe» erfahren, daß der deutsche Gesandte auf dem Weg zum chinesischen Regierungsgebäude von chinesischen Truppen angegriffen, viermal verwundet wurde und im RegierungSgebäude starb. Ein ebenfalls verwundeter Dolmetscher ist in eins Gesandtschaft entkommen. Am 25. Juni waren nur noch das deutsche, das französische und das englische Gesandtschafts- gebäude nicht zerstört und von Truppen besetzt. Der Kommandeur der Schutztruppe und die Ausländer befinden sich in der englischen Gesandtschaft. Die Chinesenstadt in Peking ist niedergebrannt. Außerhalb von Peking standen etwa 30 000 chinesische Soldaten. Di» Kaiserin-Witwe ist aus Peking entflohen. Hier ist die Lage sehr ernst, da anscheinend große chinesische Truppenmassen auf Tientsin vorrücken.
Wilhelmshaven, 3. Juli. Heute früh 4 Uhr find die Transportdampfer „Wittekind" und „Frankfurt" mit den rach China bestimmten Truppen in See gegangen. Die Mannschaften befanden sich sämtlich an Deck. Auf beiden Schiffen, und auf der Hohenzollern, auf der derKais»r und die Kaiserin, sowie die übrigen Fürstlichkeiten mit Gefolge sichtbar waren, spielten Kapellen. Am Ufer hatten sich große Menschenmengen eingefunden, die den Scheidenden Abschiedsgrüße zuwinkten. Während patriotische Liederklänge und Hurrarufe die Luft durchbrausten, verließen die Schiffs den Hafen.
London, 3. Juli. Die hier aus Shangai einlaufenden Depeschen besagen, daß der Prinz Tuanin Peking die Regiernnggewalt an sich gerissen und an sämtliche Vizekönige neuerdings ein Edict erlassen hat, alle Fremden mit Gewalt zu vertreiben.
BrrmrWes.
Zur Warnung für junge Mädchen und deren Angehörige. Der „Schweizerische Verein zur Hebung der Sittlichkeit" hielt kürzlich seine Hauptversammlung in Zürich ab; über deren Verlauf die „Neue Zürcher Zeitung" eingehend berichtet. Nach diesem Bericht mochte Frau Schneeli-Berry von Zürich Mitteilungen über den Mädchenhandel, wie er auch in der Schweiz noch getrieben wird und gegenwärtig anläßlich der Pariser Ausstellung in besonderer Blüte zu stehen scheint. Da gerade auch aus Württemberg viel« weibliche Dienstboten sich der Schweiz zuwrnden, so habm schon mehrere Blätter, worunter auch die „Blätter f. d. Armenwesen, Stuttgart, Verlag v. Ehr. Scheufele" auszugsweise diesen Bericht wiedergegeben und auch wir halten es für unsere Pflicht die darin enthaltenen Warnungen bekannt zu geben. Frau Schneeli-Berry führte in ihrem Vortrage aus, daß dir Schweiz gegenwärtig von zahlreichen Agenten der Mädchenhändler, welche unter den glaubwürdigsten Angaben weibliches Personal nach Pari» zu locken suchen, heimgesucht sei. Wie raffiniert die ahnungslosen Mädchen manchmal
in dir Falle gelockt werden, zeigt folgender Vorfall, den die Unglückliche selbst der Referentin erzählte: Sie war stellenlos und ging in ein Stellrnvermitt» lungSbureau, wo sie erklärte, zur Aushilfe jede Stelle anzunehmen, bis sich etwas fände. Die Vermittlerin wies ihr eine besser« Wirtschaft an, wo ein» Kellnerin nötig war. Sie wollte sich sofort dahin begeben und hatte kaum das Hau» verlassen, als ihr ein Mann nacheilte und rief: „Fräulein, Fräulein, wollen Sie nicht schnell in meinen Laden eintreten, meine Schwägerin ist hier auf Besuch und glaubt sie zu kennen. Sie möchte gern mit Ihnen sprechen." Das Mädchen trat mit dem Manne ahnungslos in den Laden, wo sich zwei Frauen befanden, von denen die eine sofort frug: „Sind Sie nicht Fräulein Maier aus T-Dorf?" „Nein, ich bin die und die aus dort und dort." „New, aber diese Aehnlichkeit!" und so ging rS fort in allerfreundlichster Weise, bis man aus dem Mädchen alle Familien- und sonstigen Geheimnisse herausgehorcht hatte und wußte, daß sie außer einer alten Großmutter keine Angehörigen mehr besaß, vor vor denen man sich zu hüten hatte. Vor dem Eintritt in die Wirtschaft wurde sie gewarnt, dort gehe eS nicht sehr anständig zu, man werde vielleicht etwas Passenderes für sie ausfindig machen, sie sei doch ein so netter, guterzogenes Mädchen, ob sie nicht ein GlaS Wein zur Stärkung an nehmen wolle, sie sehe so müde und blaß aus, sie solle doch mit ihnen in die anstoßende Stube mitkommen, wo man ungeniert plaudern könne. Beim Eintritt ins Nebenzimmer spürte daS Mädchen, ein eigentümliches, schweres Parfüm, das ihr die Sinne gefangen nahm, und nachdem sie noch ein Glas Wein zur Stärkung genommen, wußte sie nicht mehr, was mit ihr geschah. Am kommenden Morgen erwachte sie mit bleischweren Gliedern in einer festverschloffenen Kammer, und als sie sich hernach über diese Behandlung beschwerte, schalt m-n sie ein undankbares Ding und präsentierte ihr für Pension und Pflege «ine horrente Rechnung. Wenn sie dies nicht bezahlen könne, dürfe sie nicht fort. Das Mädchen blieb in den Händen der Megären, konnte später einmal entfliehen und wollte sich in den See stürzen, wurde aber im Utzten Augenblick von der Frau und ihrem Helfershelfer eingeholt und wieder in ihr Gefängnis gebracht, wo die Leidens» zeit um so schlimmer wurde. Ein anderer Fall ist erst vor 4 Wochen passiert. Dis Zürcher Bahnhof- ogrntin meldete nach Genf, daß mit dem Nachtzug eine elegant gekleidete Dame mit einem hübschen fünfzehnjährige» Mädchen abgrreist sei und nächsten Morgen um sechs Uhr dorr eintrefftn werde, man möchte die Dame genau im Auge behalten. Sie wurde in Genf am Bahnhof auch wirklich erkannt, wo sie di« einzige am Bahnhof anwesende Droschke bestieg und davonfuhr, ehe man ihr folgen konnte. E» wurde alsbald dis Polizei verständigt, und alle in Frage kommenden Häuser wurden überwacht, aber die beiden Reisenden blieben verschwunden, bis man nach mehreren Stunden den Kutscher wieder fand und von ihm erfuhr, daß die Damen direkt vom Genfer Bahnhofe nach Collonges gefahren und dort di« französische Grenze passiert haben, wo sie sich nun in Sicherh-it befanden. Das Mädchen kam von Zürich oder dessen Umgebung, aber eS gelang bisher noch nicht, seine Angehörigen ausfindig zu machen. Auch der weiter« Aufenthalt des Kinde» konnte nicht ermittelt werden, und eS wird wohl wie so viele andere in der Fremde zu Grunde gehen. Diesen Beispielen ließen sich noch viele anfügen, wenn «S noch nötig wäre, den Frauen und Töchtern die furchtbaren Gefahren des Mädchenhandels zu schildern, um den Gesetzgebern darzuthun, wie notwendig für solche Delikte drakonisch strenge Strafen seien.
Amtliche Kekanvtiuachvngeu.
K. Amtsgericht Calw.
Gerichtstag
wird am Montag, de« v. J«li 100V, vormittags 10—IS Uhr, auf dem Rathau« in Neuweiler abgehalten.
Den 2. Juli 1900.
Hilf»- Gerichtsschreiber Echlirrer.
K. Amtsgericht Calw.
In das Genossenschaftsregister ist am 5. Febr. 1900 «ingetragen worden bei:
Nr. 6 Darlehenskassenverein Althengstett «. G. m. u. H. als Nummer 10:
In de, Generalversammlung vom 21. Dezember 1899 wurden an Stell« der statutengemäß ausscheidend«« Vorstandsmitglied«» Jakob Lutz und Georg Nonnenmann in den Vorstand neugewählt:
Schullehrer Reiff undGottlieb Herzog, beide in Althengstett.
Dm 2. Juli 1900.
Meklmntmackung,
detr. Aenderung einer WasserwerikSanlage.
SSgwerkSbesitzer Ernst Ludwig Waguer in Ernstmühl beabsichtigt an seinem Gebäude Nr. 26 das im Jahr 1879 ringesetzte Wasserrad durch ein« Turbine zu ersetzen; in Vrrbindung damit soll der Unterkanal bi» zur Einmündung in die Nagold tiefer gelegt und um 60 w verlängert werden.
Die Kanalsohle unter der Turbine wird von 3,34 m auf 4,60 m unter dem bestehenden Elchzeichen vertieft. Die Sohle deS Unterkanals soll am Ende des Gebäude» Nr. 26 4,06 w und am Auslauf in die Nagold deSgl. auf 4,06 m unter da» Eichzeichen zu liegen kommen.
Die Eichklamm« vom Jahr 1880 bleibt bestehe». Am Wehr an der Einlaßfalle und der Grundablaßfalle wird «ine Aenderung nicht vorgenommen.
Die» wird mit der Aufforderung zur öffentlichen Kenntnis gebracht, etwaig« Einwendungen gegen da» Unternehmen
Vinnen 14 Tage«
vom Tag« der Ausgabe diese» Blatte» an gerechnet, bei der Unterzeichneten Stelle anzubringe». Nach Ablauf der Frist können Einwendungen in diesem Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden.
Zeichnungen, Beschreibungen und Pläne liegen auf der Oberamtskanzlei zur Einsicht auf.
Ealw, de« 2. Juli 1900.
Stv. Amtsrichter. Dinkrlaker
K Ober «nt. Voelter.