^ 70. AwtS-
usd AnzeigeVlaLI für den Uezirk Kakw. 75. Jahrgang.
GrscheiniDienStagi, Donneretag» und Samitagi. Dil «tnritikimg»gershr betriig» tm Bezirk und in nLchfter Umgebung i Psg. die Zeile, weiter entfernt IS Psg.
Donnerstag» den 14. Juni 1900.
BierteMhrlicher Abonnementipret» in der Stadt Mk. 1.10 in« Hau» gebracht, Mk. I. IS durch die Post bezogen im Bezirk. Außer Bezirk ML I. SS.
Tagesneuigkeiten.
* Calw, 11. Juni. In seinem 3. Vortrag behandelte Herr Rechtsanwalt vr. Gutbrod am letzten Sonntag den Rest des Obligationenrechts, die Bestimmungen über Dienstvertrag, Bürg schaft, Werkvertrag, unerlaubte Handlungen und einige Spezialfälle. — Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Die Vergütung braucht nicht ausdrücklich vereinbart zu werden, sie gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. DaS Dienstverhältnis hat einen persönlichen Charakter; nur derjenige, der sich verpflichtet hat, muß die Leistung in Person vollbringen. Die Verpflichtung hört mit dem Tode auf; die Erben sind nicht verpflichtet, das Dienstverhältnis fortzusetzen. Der Dienstherr kann sein« Verpflichtung nicht auf einen andern übertragen; bei großen gewerblichen Unternehmungen erlischt das Dienstverhältnis mit dem Tode des Besitzers nicht. Wenn der Dienstberechtigte durch einen triftigen Grund, z. B. durch Erkrankung, an der Einhaltung des Dienstvertrags gehindert ist, so hat er für etwaigen Schaden nicht zu haften. Neu ist die Bestimmung gegenüber dem bisherigen Recht, daß der zur Dienstleistung Verpflichtete des Anspruchs auf Vergütung nicht dadurch verlustig wird, daß er für eins verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muß sich jedoch den Betrag anrechnen lasten, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt. Norddeutsche Gerichte haben z. B. einem Arbeiter, der vor Gericht geladen war, die Zsugengebühr verweigert; dieser Standpunkt ist falsch und jede Beschwerde gegen derartige Verfügung wird nach des Redners Ansicht Erfolg haben. Wenn der Verpflichtete in die häusliche G meinschaft, wie dies bei den Dienstboten der Fall ist, ausgenommen wurde, so hat der Dienstberechtigte ihm im Falle der Erkrankung auf 6 Wochen Verpflegung und ärztliche Hilfe angedeihen zu lasten. Diese Bestimmung kann durch Vertrag nicht geändert werden. Die Verpflichtung tritt den Fällen nicht ein, wenn Fürsorge durch Versicherung oder Krankenkasten getroffen ist. Außer den Kurkosten ist dem Verpflichteten auch noch der Lohn von 6 Wochen zu entrichten. Ist die Erkrankung vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit hsrbeigeführt worden, so hat der Verpflichtete keinen Schadensanspruch. Der Dienstberechtigte hat alles so einzurichten, daß der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung e« gestattet. Da» Dienstverhältnis endigt mit dem Tage, auf den «» abgeschlossen wurde. Die Bestimmung über die Kündigung lautet: Ist die Vergütung nach Tagen bemessen, so ist di« Kündigung an jedem Tage für den folgenden Tag zulässig. Ist die Vergütung nach Wochen bemessen, so ist dir Kündigung nur für den Schluß der Kalenderwoche zulässig; sie hat spätestens am ersten Werktage der Wach« zu erfolgen. Ist die Vergütung nach Monaten bemessen,
so ist die Kündigung nur für den Schluß eines Kalendermonats zulässig; sie hat spätenstenS am 15. des Monats zu erfolgen. Ist die Vergütung nach Vierteljahren oder längeren Zeitabschnitten bemessen, so ist di« Kündigung nur für den Schluß eines Kalender- vierteljahrS und nur unter Einhaltung ^riner Frist von 6 Wochen zulässig. Während des Dienstverhältnisses kann derselbe bei wichtigem Grund aufgelöst worden, wenn der Verpflichtete z B. lange Zeit krank ist oder wenn der Arbeitgeber sein Recht mißbraucht. Wenn aus einem wichtigen Grund gekündigt wird, so steht dem Verpflichteten ein seinen bishergen Leistungen entsprechender Teil der Vergütung zu; wenn er aber selbst die Kündigung verschuldet hat, so geht er dieses Rechte» verlustig. — Bei einem Gesindevertrag genügt mündlicher Vertrag, schriftliche Form ist nicht vorgeschrieben. DaS Haftgeld braucht der Dienstbote sich nicht in seinen Lohn einrechnen zu lassen» eS ist ein Geschenk neben bei. Das Halten von Dienstboten unter 18 Jahren kann solchen Personen entzogen werden, die kriminell anrüchig sind. Die Dauer de« Dienstverhältnisses kann auf jede Zeit frei vereinbart werden, aber nicht länger als auf 5 Jahre. Die Kündigungsfrist richtet sich nach der vereinbarten Vergütung und entsprechen die Fristen denen wie beim allgemeinen Dienstvertrag. Wenn der Antrittsoder Auktrittstermin auf einen Sonn- oder Festtag fällt, so gilt erst der darauf folgende Tag, außer der Sonntag ist ausdrücklich zum Eintritt vereinbart worden. Wenn die Herrschaft den Dienstboten nicht annimmt, oder wenn dieser nicht eintritt, so ist von dem schuldigen Teil die Hälfte des Lohnes als Ersatz zu leisten. Der Lohn ist zu leisten erst nach Leistung der Dienste. Etwaige Uniformen gehören bei Lösung de» Dienstverhältnisse» im Zweifelsfall der Herrschaft. Beim Tode der Herrschaft erlischt das Dienstverhältnis nicht, dies ist nur bei persönlichen Dienstverhältnissen der Fall. Jeder Dienstbote kann bei seinem Austritt ein schriftliches Zeugnis verlangen, das Angaben über Dienstleistung und Betragen enthalten und von der Polizei unentgeltlich unterzeichnet werden muß. Die Dienstherrschaft ist für jeden Schaden verantwortlich, der aus einem unwahren Zeugnis sich ergiebt; jede Herrschaft hat sich daher gewissenhaft vor falschem Zeugnis zu hüten. — Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung deS versprochenen Werke», der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Wie ist nun hier die Haftung bei Mängeln? Ist diese vollständig übereinstimmend mit dem Kaufvertrag? Im allgemeinen ist diese Frage zu bejahen, da beide Verträge oft kaum von einander zu unterscheiden sind. Sie unterscheiden sich aber dadurch von einander, daß beim Kaufvertrag die Sache bei mangelhafter Lieferung ohne Weiteres zurückgegeben werden kann, beim Werkvertrag dagegen handelt eS sich in erster Linie um Beseitigung deS Mangels; nur wenn di« Beseitigung unmöglich ist, tritt der Vertrag außer Kraft. Wenn z. B. ein HauS fehlerhaft gebaut ist, so kann ich nicht verlangen, daß da» Haus wieder vollständig abgebrochen wird; dagegen kann ich di« Beseitigung deS Mangels oder Schadenersatz fordern. Wenn der Unternehmer dm Mangel nicht beseitigt, so kann der Besteller den Mangel selbst beseitigen oder damit eine» ander« Baumeister beauftragen. Zur Beseiti
gung des Mangels habe ich eine bestimmte Frist zu setzen, erst nach Verfluß derselben kann ich klagbar werden. Ich kann also dem Betreffenden erklären, wenn du nicht bis zu der und der Frist den Mangel beseitigt hast, so verlange ich Preisminderung oder trete ich von dem Vertrag zurück. Ist ein Bau allen Regeln der Baukunst zuwider ausgeführt worden, so muß der AuSführende für allen Schaden einstehen. Zu beachten ist, daß die Ansprüche auf Entschädigung sehr bald verjähren, bei gewöhnlichen Werken in 6 Monaten, bei Arbeiten an einem Grundstück in 1 Jahr, bei Gebäuden in 5 Jahren. Ein wichtiger Rechtssatz ist noch der, daß der betreffende Unternehmer klagen kann, daß ihm das Werk abgenommen wird, wenn eS tadelfrei ist. Dieser Satz hat z. B. große praktische Bedeutung bei einem GaSlieferungS- vertrag. Eine GaSfabrik kann verlangen, daß die Stadt mit der sie einen Vertrag abgeschlossen hat, da» GaS auch wirklich bezieht und verbraucht. Neu ist nach dem bürgerlichen Gesetzbuch, daß der Unternehmer für seine Forderungen auS dem Vertrag ein Pfandrecht an dem »on ihm hergestcllten oder auS- gebesserten beweglichen Sachen des Bestellers hat und zwar nicht bloß für einzelne Teile sondern für das Ganze. Wichtig ist auch das Pfandrecht de» Gastwirts. Bisher hatte der letzter« kein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen der Gäste. Nun aber kann der Wirt für seine Forderung «in Pfandrecht an den Sachen der Gäste beanspruchen. — Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines dritten für die Erfüllung der Verbindlichkeit deS Dritten einzustehen. Zur Gültigkeit deS Bürgschaftsvertrags ist schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung erforderlich. Bürgschaft liegt schon dann vor, wenn der Bürge den betreffenden Schein unterschrieben hat. Wenn die Sache auch noch so unbedeutend ist, so ist schriftliche Form notwendig, eS genügt nicht zu sagen: „Ich stehe dir dafür gut". Der Bürgt haftet für Kapital und sämtliche Nebenkosten; er kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Wenn mehrere Bürgen vorhanden waren, so stand nach dem früheren Recht Teilung zu, jetzt kann einer der Bürgen auf di« ganze Schuld belangt werden. Ein« Einrede der VorauSklage ist nur dann ausgeschlossen, wenn der Bürge sich als Selbstschuldner verbürgt hat oder wenn über das Vermögen des Hauptschuldners der Konkurs eröffnet ist. — Unter unerlaubten Handlungen oder Delikten versteht man ein vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten, durch da« ich einem andern Schaden zufüge. Objekte de» Delikt« sind: das Leben, der Körper, Freiheitsberaubung, Patentrecht u. s. w. Wer nun in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weis« einem andern vorsätzlich Schade« zufügt, ist dem andern zum Ersatz« deS Schadens verpflichtet. Ein Geisteskranke« oder ein Kind unter 7 Jahren ist für den »«gerichtete» Schade« nicht verantwortlich. Wer zwischen dem 7. und 18. Lebensjahr steht und «inen Schaden anrichtet, ist «u« dann nicht verantwortlich, wenn er nicht di« erforderliche Einsicht hat. Ein Knabe von 10 Jahren aber, der stiehlt, weiß gut, daß die« »erboten ist, er wird d«»halb für de« Schaden verantwortlich gemacht. Ein Betrunkener, der im Rausch einen Schaden zu- gefügt hat, ist für letztere» in gleicher Wesse verant-