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Ausflug ius Nagoldthal projektiert. Von den durch den Verein herznstcllcnden 5 Schwarzwaldkarten: 1. Baden, Bühl, Gernsbach, Rastatt, Herrenalb; 2. Ncnen- bürg, Calw, Wildbad, Nagold; 3. Freudenstadt, Offenau; 4. Horb, Oberndorf; 5. Schramberg, Haußach, Alpirsbach, sind bereits Nr. 3 ganz fertig, Nr. 1 der Vollendung nahe, und es wurde beschlossen, diese beiden sofort an die Mitglieder zu verabfolgen. Die Mitglieder können die Karten nur durch die Vorstände ihrer Vereine und zwar gratis erhalten.
Stuttgart. (Neues im Mustcrlager.) Eine elektrische tragbare Laterne mit vier Elementen in Holzkasteu von Wolfs und Ricks in Berlin.
Calw, 22. Juni. Nachdem der Bezirksfeuerlöschinspektor, Herr E. Georg«, sein Amt niedergelegt, wurde diese Funktion dem Oberfeuerschauer, Hrn. Oberamts- baumeister Claus hier, übertragen, mit der Voraussetzung, daß die Visitationen in der Regel mit der Vornahme der Oberfeuerschau verbunden werden.
Neuenbürg, 28. Juni. Am Samstag vormittag wurde im Kanal der oberen Sensenfabrik die Leiche eines unbekannten Mannes in ländlicher Kleidung gefunden, welche schon einige Tage im Wasser gelegen haben mochte. Die Legalinspektion soll ergeben haben, daß der Tote ein von Arnbach gebürtiger, in letzter Zeit etwas herabgekommener Mann gewesen, der seit einigen Tagen vermißt wurde. Verdächtiges liegt nicht vor; entweder ein Unglücksfall, oder hat er selbst den Tod gesucht.
Neuenbürg, 28. Juni. Heute abend geben auf ihrer Ferienkunstrcise zwei Mitglieder des kaiserl. Theaters in Straßburg, Herr und Frau Geleng, und Herr Kapellmeister Starke von der deutschen Oper in Rotterdam ein Konzert im Saale des Hotel Röck. Die Berichte ans den verschiedenen Städten des Landes erwähnen übereinstimmend (die bewundernswerten Leistungen der Gesellschaft, was gewiß manche ächte Musikfreunde zum Besuch des Konzertes auch hier veranlassen wird.
Die Aussichtswarte bei Schwann,
deren festliche Uebergabe wir in letzter Nummer beschrieben, wollen wir uns mit ihrer Umgebung nun etwas näher ansehen. Der Bau, von Hrn. Regierungsbaumeister Stahl entworfen, in eichen Rundholz aufgeführt, bietet einen hübschen malerischen Anblick, er steht auf 4 starken Steinquadern (Postamenten) 1 m stark, 1 m breit und hoch, die 4 Standbäume sind mit starken Ankerschrauben an diesen Postamenten befestigt, der bequeme Trcppen- Äufstieg ist von starkem Forchenholz, das Geländer und alles übrige von Eichen- Schälholz, das Dach ist verzinkt, so daß es bei günstiger Beleuchtung aus weiter Ferne sichtbar sein wird; die Spitze desselben soll noch eine kleine schwarz-wciß- wte Fahne krönen. Im unteren Raum sind einige hübsche Bänke und ein Tisch angebracht. Die ganze Höhe ist 9 Meter, die Plattform, welche den denkbar weitesten Ausblick gewährt, ist 6 Meter hoch über dem Boden. Alles in allem wird die Warte, die unter den Händen des Bau
meisters beinahe zum Turm hcrangcwachsen ist, auf 600 ^ zu stehen kommen. Die Steine gab die Gemeinde Schwann nnent- gelAich ab; die Ausführnng in Eichenholz wnrde vor allem dadurch ermöglicht, daß die Gemeinde gestattete, daß das notwendige Holz in ihrem Walde ausgcwählt und gehauen werden durfte; andernfalls wäre die Ausführnng in Eichenholz mit Schwierigkeiten verbunden gewesen wegen Beschaffung der paffenden Sorten. Das Holz wurde dann von der Gemeinde dem Schwarzwald-Berein um mäßigen Anschlag überlassen; außerdem bewilligte dieselbe zu den Baukosten einen Beitrag von 25 ^ Die Bcifuhr des Holzes wurde von Frau Adlerwirt Kappler, Mitglied des Schwarz-' waldvereins, unentgeltlich geliefert, so weit die Beifuhr mit einem Pferde bewerkstelligt werden konnte. GemeiudewaldschützeWank- müller ist Hrn. Revierförster Hirzel bei den mancherlei Geschäften während des Baues mit Eifer und Bereitwilligkeit an die Hand gegangen.
Die Warte steht auf der geeignetsten Stelle an der Waldesecke der Eichgasfc (Schwanncr Thor) Kreuzung der Straßen Neuenbürg - Schwann - Dobel - Neusatz, 15 Minuten südlich von dem am nördlichen Saum des Schwarzwalds liegenden Dorfe, ist von Neuenbürg aus in ^/.4 Stunden bequem zu erreichen. Eine ausgebreitete und anziehende Rundsicht bietet sich hier dem Auge dar über eine von lieblicher Scenerie belebte Landschaft; man steht einem seltenen Panorama gegenüber. Der nördliche württembergischc und badische Schwarzwaldteil dacht sich hier ab; nette Ortschaften, gesegnete Fruchtfelder wechseln ab mit waldigen Hügeln. Der markierte Durlacher Turm schließt den Vordergrund der Landschaft malerisch ab. Hinter diesem Panorama sind sichtbar die Ausläufer der Vogesen (mit Scharfencck, Lützelstein u. s. w.) Hieran reiht sich das Hardtgebirge und untere Neckargebirgc, bis ins Hessische reicht der Blick. Drei Lücken öffnen die Aussicht in's Rhcinthal: der Dom von Speyer ist bei besonders Hellem Wetter ersichtlich. Rechts liegt das badische Unterland mit dem Stromberg, Heuchclbcrg re. Bon Osten her winkt der zierlich-schlanke Büchen- bronner Vetter seinen Gruß herüber, zu der ersten größeren Schöpfung des Neuenbürger Schwarzwald-Vereins. — Wer an einem Sonntagmorgen in dem Momente hier oben vorüber kommt, in welchem aus den verschiedenen Ortschaften die Glocken zum Gottesdienste rufen, der wird sich unwillkürlich von der hehren Idee in Uhlands „Schäfers Sonntagslied" angeregt fühlen.
Das Werk hat unzweifelhaft unserer Gegend, deren mancherlei Naturschönheiten auswärts noch nicht so bekannt sind, wie sie es verdienen, eine» weiteren hübschen Anziehungspunkt geschaffen. Hieran reihen wir noch einen Wunsch und berechtigte Bitte. Die Warte ist im Interesse des Publikums errichtet und seinem Schutze anvertraut; möge es diesen ihr auch allen Ernstes zu teil werden lassen und damit den im Anschauen der Statur liegenden veredelnden Einfluß bethätigcn.
Ausland.
Paris, 25. Juni. Der Graf von Paris hat, unbekümmert darum, ob er die iu Frankreich verbleibenden Mitglieder
seines Hauses damit ebenfalls dem Schicksal der Verbannung weihe, gegen die Ausweisung einen Protest erlassen. Dieser ist gewissermaßen eine Rechtfertigung der Austreibung, denn er führt vollkommen die Sprache eines Prätendenten.
MiüjM'n.
Vierzehn Jahre wahnsinnig.
Eine Erzählung aus der amerikanischen Wildnis.
I. Das Haus im Gebirge.
Es gab vielleicht nirgend auf Erden ein Plätzchen, wo der Engel des Friedens, der über den Heimstätten schwebt, mehr geliebt und höher geschätzt worden wäre, als in dem Thale des Platte River oder den angrenzenden Ebenen von Laramie, wie sie im Schatten des Rocky Mountains liegen, wo die wilden Pawnees und Sioux »och schrankenlos herumstromen und zu einem geringcrn Preise für alle Schlechtigkeiten gekauft werden können, als Judas für den Verrat seines Herrn erhielt.
Es war in dem balsamischen Maimond des Jahres 1846. Das Eis, welches alles Blätterwerk auf den hohen Felsrückcn Monate lang bededeckt und den Bergen das Aussehen riesiger glitzernder Diamanten gegeben hatte, war hinweggeschmolzen, frisches Grün hatte seine Stelle eingenommen und webte in der milden Morgenluft und im glänzenden Sonnenschein einen durchsichtigen Esmeraldaschlcier.
Nahe am Zusammenfluß des Platte River und Swcetwatcr, gerade am Fuße von „Medicin Bowridge," lag eine kleine Cottage, fast ganz versteckt in dem sie ringS umgebenden Buschwerk. Dicht hinter dem Rücken der Gebäude steigen schroff und rauh die scharfen Klippen empor, während an der Front sich die Wiese gleich eimein mit Blumen gestickten grünen Teppich aus- breitcte, durch welchen sich die Flüßchen und Bäche gleich Silberfäden hinzogen.
Vor der Thür oer Cottage spielte ein kleines Mädchen, mit blauen Augen und goldenem Haar. Bald huschte sie über den Rasen, um einen Schmetterling zu fangen, bald wieder wendete sie sich nach dem Vorhaus des kleinen, schlichten Daheim, wo ein Mann von ernstem Aussehen gedankenvoll saß, umklammerte seine Knice und jubelte: „Da bin ich, Papa!" und dann flog der kleine Schelm wieder davon, den schillernden Insekten nach.
Der Vater blickte seinem Liebling nach und es schien in seinem Auge eine Thräne zu zittern.
Seine Gedanken schienen ihn so vollständig in Anspruch zu nehmen, daß er die Annäherung einer dritten Person nicht eher bemerkte, bis diese eine sanfte Hand auf seine Schulter legte und eine zarte Stimme sagte: „Nun, Howard, bist Du so glücklich wie unsere kleine Lulu sich zu fühlen scheint?"
Der so angeredete Mann fuhr zusammen, blickte der Sprecherin eine kurze Zeit ins Antlitz und erwiederte tief errötend: „Glücklich, Kate! Warum sollte ich nicht glücklich sein — wie unser Kind?"
„Isis aber auch wahr, Howard? Ich sehe oft gerade dann einen finstern Schatten auf Deiner Stirn, wenn Du die größte Ursache zur Freude haben solltest. Ich fürchte, daß Dich die Erinnerung an —"