Jetzt erschien auch die Gattin des Majors, welche die Mandoline gespielt hatte, in der Thür und trat gleichfalls in das Zimmer. Eine Vorstellung war überflüssig, denn Ernst hatte in ihr auf den ersten Blick Dorothea's Begleiterin erkannt. Die Kinder Adlcrstein's wurden nun herbeigerufen und der Vater forderte sie auf, seinem Lebensretter alle mögliche Liebe zu erweisen. Das war übrigens ganz unnötig, denn Ernst Wollmann treuherziges Gesicht und seine Munterkeit eroberten ihm die Herzen der Kleinen im Sturme.
Nun nahm man am Tische Platz und sprach den leckeren Speisen und dem Weine wacker zu. Mehr als ein Glas wurde auf das Wohl des Brautpaares geleert, das sich liebte, ohne sich gekannt zu haben und welches ein so glückliches Geschick zusammengeführt hatte.
Als schließlich die Kinder noch das wirkliche, geschmückte Bildnis des Großmütterchens zur größten Freude Ernst's herbeibrachten, da sagte der Major lächelnd zu seinem Freunde: „Eigentlich war nur vom Geschenke dieses Bildes, dem allerdings meine Schwester sprechend ähnlich sieht, die Rede. Du hast noch die Wahl; willst Du nicht lieber das Original?"
„Nein, nein," entgegnete Ernst, Dorothea in seine Arme schließend, „diese Copie ist mir lieber. Ich weiß das unverdiente Glück kaum zu fassen."
„Du hast Dir's erkämpft unter dem roten Kreuze," sagte der Major. Glück und Segen Allen, die unter diesem hehren Zeichen gewirkt und künftig wirken werden. Allen diesen sei dies Glas gebracht!"
Die Gläser klirrten und gaben guten Klang. Und während die Kinder andächtig die weiße Binde küßten, welche den Arm des Gastes zierte, dankte dieser im Namen aller Samariter und schloß, seines Bräntchens Hand erfaßend, mit den Worten: „Möchten Sie alle so glücklich, so himmlisch belohnt werden, wie ich es geworden bin unter dem roten Kreuze!"
Spitzen, die einen Andern verletzen sollten, kehren sich oft genug gegen den Angreifer selbst — das hat ein Berliner Kaufmann vor einem belgischen Zollamt an sich erfahren müssen. Herr L., ein sehr wohlhabender, aber ein wenig genauer Bankier, machte jüngst mit seiner Gattin und einem Freunde eine größere Reise. Obwohl sich Frau L. trotz der Sparsamkeit ihres Gatten ganz vortrefflich amüsierte, war sie hinsichtlich der Einkäufe für ihre Toilette doch durchaus nicht zufrieden gestellt. Sie hatte wohl schon vorhergesehen, daß ihr Gemahl in dieser Beziehung überaus „knickerig" sein würde und hatte sich deshalb von ihren Ersparnissen einen Teil mit auf die Reise genommen, um zu geeigneter Zeit ihre Toilette durch vorteilhafte Einkäufe zu bereichern. Ihr sehnlichster Wunsch war auf „echte Spitzen" gerichtet. Als die kleine Gesellschaft nun in der Stadt der „echten Spitzen" verweilt, gelang es Frau L. unbemerkt, ihre Einkäufe zu machen, und damit sie die kostbare Habe unbemerkt und auch von ihrem Manne unentdeckt über die Grenze brächte, bediente sie sich des echten Schmugglerkniffs und verbarg die Spitzen auf ihrem
Körper unter den Kleidern. Ihr wäre nun dieser Konp sehr gut geglückt, wenn sich ihr Gemahl nicht einen unglücklichen Scherz erlaubt Hütte. Als sie an die Grenze kamen und der Herr Bankier mit seinem Freunde bei der Zollvisitation gerade ein gut Stück von seiner Frau entfernt stand, winkte er einem Beamten und flüsterte ihm, um seine Frau in Verlegenheit zu bringen, die Worte zu: „Die Dame dort hat Verzollbares verborgen." Der Beamte nahm die Andeutung ernst, und es half kein Bitten und keine Versicherung, Frau L. mußte sich einer genauen Visitation unterziehen. Der Erfolg war überraschend und besonders für den nichts ahnenden Gatttcn geradezu vernichtend. Es büeb ihm nichts übrig, als die hohe Strafe und den hohen Zoll für die „echten Spitzen" zu zahlen, und dies Alles wegen eines schlechten Witzes, den er sich mit seiner Frau erlaubt hatte.
(Das Alter der Wurst.) Zu der unsere Hausfrauen sicher interessierenden Frage: „Wie lange wird schon Wurst gegessen?" weiß die „Rom.-Ztg." einen hübschen kleinen Beitrag zu liefern. Schon die alten Griechen und Römer kannten und schätzten die Wurst als beliebtes Nahrungsmittel. Martial und Seneca erwähnen bereits des rumänischen Wursthändels, „dutularias" genannt, und die griechische Benennung von Wurst scheint durch ihre Aehnlichkeit mit „allium" (Knoblauch) darauf hinzudeuten, daß man im Alter die Würste mit Knoblauch zubereitetc. Besonders interessant ist die Lebensgeschichte der allbekannten Blutwurst, welche bei ihrer Entstehung im frühen Mittelalter ein Gesetz zu ihrem Verbot hervorrief. Es war der morgenländische Kaiser Leo IV. (886—911), der folgende Verordnung gegen die Blutwurst erließ: „Wir haben in Erfahrung gebracht, daß die Menschen so toll geworden sind, teils des Gewinnes, teils der Leckerei willen, Blut in eßbare Speise zu verwandeln. Es ist uns zu Ohren gekommen, daß man Blut in Eingeweide, wie in Röcke, einpackt, und so als ein gewöhnliches Gericht dem Magen zuschickt. Wir können dies nicht länger dulden und nicht zugeben, daß die Ehre unseres Staates durch eine so frevelhafte Erfindung blos aus Schlemmerei freßlustiger Menschen geschändet werde. Wer Blut zur Speise umschafft — er mag nun dergleichen kaufen oder verkaufen — der werde hart gegeißelt und zum Zeichen der Ehrlosigkeit auf die Haut geschoren. Auch die Obrigkeit der Städte sind wir nicht gesonnen, frei ausgehen zu lassen, denn hätten sie ihr Amt mit mehr Wachsamkeit geführt, so wäre eine solche Unthat nicht begangen worden. Sie sollen ihre Nachlässigkeit mit 10 Pfund Goldes büßen." — Andere Zeiten, andere Sitten!
(Aus Kindermund.) Es wird ein Gast zu Tisch erwartet, dessen Nase gelegentlich einer Feuersbrunst in hoffnungsloser Weise beschädigt worden. Die Mama, welche der kleinen Olga, einem sehr geweckten und beobachtenden Dämchen von 6 Jahren, irgend eine unliebsame Bemerkung über den Nasen-Torso des Gastes befürchtet,
nimmt klugerweise das Töchterchen vorher ins Gebet, indem sie demselben für den Schluß des Diners eine-doppelte Portio» Fruchteis verheißt, wenn es versprechen wolle, sich jeder Aeußerung über die Nase des zu Tische erwarteten Onkels zu enthalten. Das Diner geht denn auch insofern glücklich vorüber, als Olga sich damit begnügt, den Gesichts-Defekt des Gastes auf's Unabläßlichste zu betrachten, ohne jedoch ein Wort darüber fallen zu lassen. Nun kommt das Fruchteis, und Olga erhält richtig, von einem anerkennenden Blick der Mama begleitet, ihre doppelte Portion. Kaum hat sie jedoch damit aufgeräumt,, als sie auch in die fragenden Worte ausbricht: „Aber warum hast Du mir nur verboten, von der Nase des Onkels zu sprechen? Er hat ja gar kein e Nase, Mama!"
Ein zur prinzipiellen Opposition gehörender Abgeordneter , der zuweilen an starker Zerstreutheit leidet, trat jüngst mit seiner reizenden Braut vor den Altar. Als der Geistliche die übliche Frage an ihn richtete, antwortete er mit einem kräftigen „Nein!", da der Anblick der vielen Hochzeitsgäste die Vorstellung in ihm erweckte, daß er sich im Reichstage befinde und über eine Regierungsvorlage abstim- men solle. Staunen und Bestürzung bemächtigten sich der Versammelten, während die entsetzte Braut in eine wirkliche Ohnmacht verfiel. Natürlich klärte sich das Misverstündnis bald auf, und schon beim sechsten Gange hatte die Hochzeitsgesellschaft ihre heitere Stimmung wiedergewonnen.
(Eine angenehme Amme.) Die junge Mutter: „Sie Kathi, Sie müssen immer den Thermometer in die Kinderwanne stecken, bevor Sie den Buben baden!" — Kathi: „Ja, wegen was denn, gnä' Frau?"
— Mntter: „Damit Sie sehen, ob das Wasser zu heiß oder zu kalt ist." — Kathi: „Ah! Das machen wir bei uns ganz anderscht, gnä' Frau. Dös Thermometer is ja gar net nöthi. Wann 's Kind rot wird, nacha is's Wasser z'heiß, und wann's blau wird, nachdem is's z'kalt!"
Hör' mal, Bruder, die Tante hat mir nicht einen Pfennig vermacht, Alles Anderen. Kann ich nicht das Testament anfechten?
— Konsulent: Das Testament schwerlich, aber die Erben kannst anfechten.
Charade.
Die ersten Zwei verbreiten großen Schrecken, Oft thut es Wunder, wenn man nur mit ihnen droht;
Die Träumenden mit ihnen aufzuwecken In vielen Füllen schon die Pflicht gebot.
Mit edlem Anstand trägt das Haupt die Dritte
Und zeigt mit Stolz die schön geschmückte Brust;
Sie bleibt bei jedem ihrer Schritte Sich ihres hohen Wertes wohl bewußt.
Das Ganze, glaub' ich, wird ein jeder haben, Erwachsne freilich meistens ideell;
Die ersten Zwei genügen kleinen Knaben, Sie machen draus das Ganze auf der Stell.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.