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Eßlingen, 5. Nov. In der öffent­lichen Sitzung des Stiftungsrats kam heute zur Mitteilung, daß, da der Haupt-Agent Fetzer in Stuttgart infolge mehrerer un­günstig einwirkenden Verhältnisse und der konkurrierenden Volksfest-Lotterie bis Ende Oktober ca. 15 000 Frauenkirchenbaulose nicht absetzen konnte, die Lotteriekommission den Ziehungstermin endgültig auf 29. Dez. 1885 festgesetzt habe.

Marbach, 10. Nov. Schiller's Ge­burtstag wurde heute durch festliches Ge­läute der Schillerglocke angekündigt. Um 11 Uhr fand die Feier im Schillerhause statt.

Knittlingen, 10. Nov. Gestern ereignete sich ein schwerer Unglücksfall. Ein Knecht fuhr mit zwei aneinander­gehängten, mit Rüben beladenen Wagen durch die Stadt. Eine Rübe fiel vom Wagen, als eben mehrere kleine, unbeauf­sichtigte Kinder vorbeigingen. Diese wollten die Rübe erhaschen; sie stießen aneinander, dabei fiel das 3 jährige Töchterchen eines hiesigen Bürgers so unglücklich, daß ein Rad über den Unterleib des Kindes ging. Das furchtbar verletzte Kind liegt unter den größten Schmerzen hoffnungslos dar­nieder. Den Knecht trifft nach Aussage der Augenzeugen keine Schuld. Derselbe war bei seinen Pferden und fuhr langsam.

(S. M.)

Ausland.

El Liberal teilt mit, der Marine­minister habe aus Manila die Nachricht erhalten, daß der spanische Kreuzer Aragon" die Palao-Inseln angelaufen habe, daß er aber dort keine Besitzergreif­ungen habe vornehmen können, weil ein deutsches Kononenboot daselbst bereits vor der Besitzergreifung von Jap die deutsche Flagge gehißt habe.

Paris, 7. Novbr. Ein bekannter Künstler beging diese Woche feierlich die Hochzeit seines Sohnes, zu der viele Gäste von beiden Familien geladen worden waren. Nach der kirchlichen Trauung begab man sich in das Haus der Eltern des Bräuti­gams, wo der übliche Imbiß allen Glück­wünschenden angeboten war. Während die zahlreiche Versammlung plaudernd sich in den Salons erging, oder am Buffet erquickte, wurde der Hausfrau von einer alten Freundin mitgeteilt, die Börse sei ihr entwendet worden. Kaum hatte diese Zeit gehabt, ihr Bedauern darüber aus­zudrücken, als andere »Gäste die gleiche Klage laut werden ließen und die Haus­frau mitten in der Verwirrung ebenfalls um ihr Portemonnaie kam. Etwa 100 Personen waren auf diese Weise ausge­raubt worden, offenbar durch eine ganze Diebsbande, die sich mit den Geladenen und den Freunden eingeschlichen und sich benommen hatten, als gehörten sie zu ihnen. Die Familie des Bräutigams glaubte, die fremden Gesichter wären von den Verwandten der Braut geladen wor­den, und diese ihrerseits schrieben sie dem Bekanntenkreise des Malers zu.

Am Balkan hat das Schießen be­gonnen. Eine Abteilung serbischer Sol­daten in der Stärke von 50 Mann hat am Sonntag die bulgarische Grenze bei Rakita, im Bezirk Trun, überschritten und

den dort befindlichen bulgarischen Posten an­gegriffen. Die Posten erwiederten das Feuer und töteten einen serbischen Soldaten. Ein weiteres feindseliges Auftreten der Serben wird aus dem Distrikt von Kustendsche gemeldet. Man wird vermutlich Bulgaren und Serben ein wenig raufen lassen, be­vor die Pforte ihre Truppen in Marsch setzt.

Der Krieg zwischen England und Birma ist zur Thatsache geworden. Am Montag ist in Rangun die Antwort des Königs Thibo auf das englische Ultimatum eingetroffen. Dieselbe ist in feindseligem Tone gehalten. Die englischen Truppen werden die Grenze sobald als möglich überschreiten. Vier Regimenter gehen be­reits in Fkußdampfern den Jrawaddy hinauf.

In Konstantinopel ist der Ver­treter Deutschlands, Herr v. Radowitz, eifrig bemüht, zwischen England und Ruß­land zu vermitteln.

MigMcn.

Sternschnuppenfälle.

Hierüber läßt sich ein astronomischer Mitarbeiter des Fr. I. also vernehmen: In den Nächten vom 11. bis 14. Novbr. werden zahlreiche Sternschnuppen, die zumeist aus dem Sternbilde des Löwen kommen, zu beobachten sein. Bekanntlich kehren diese November-Meteore regelmäßig wieder, und zwar sind sie nach Ablauf von je 33'/i Jahren besonders häufig. Aus diesem Umstande und aus der Thatsache, daß der Punkt, in welchem die Meteore die Fläche der Erdbahn kreuzen, jährlich um einen gewissen Betrag vorrückt, hat man die Bahn zu berechnen vermocht, welche dieser November-Schwarm im Welt­raum beschreibt. Es fand sich, daß diese Bahn eine sehr lang gestreckte Ellipse ist, in welcher die Meteore retrograd, d. h. der Bewegung der Planeten entgegengesetzt laufen. Sie nähern sich in dieser Bahn der Sonne bis auf 18 Millionen Meilen, entfernen sich aber auch von ihr bis auf 390 Millionen Meilen. In diesem ent­ferntesten Teile ihres Laufes kommen sie dem Planeten Uranus zu gewissen Zeiten ziemlich nahe. Leverrier in Paris fand, daß die November-Meteore, astronomisch gesprochen, noch eine sehr jugendliche Er­scheinung sein müssen, und er kam im Laufe weiterer Untersuchung zu dem Schluffe, daß der November-Schwarm unserem Sonnensystem aus den Tiefen des Weltraumes zugehe und bei dieser Gelegen­heit durch die Anziehung der großen Planeten in die Bahn geworfen werde, die er gegenwärtig beschreibt. Im Jahre 126 unserer Zeitrechnung näherte sich der Schwarm dem Planeten Uranus so sehr, daß hauptsächlich dieser ihn am Zurück­gehen in den Weltraum verhinderte. Auch Schiaparelli erblickt in diesem Schwarm eine Art Eroberung unseres Planeten­systems, doch schreibt er den Haupteinfluß den Planeten Jupiter und Saturn zu. Merkwürdig ist nun. daß sich in der gleichen Bahn mit dem Sternschnuppen-Schwarm auch ein Komet bewegt, nämlich der erste von 1866, und damit hat sich eine Ver­wandtschaft zwischen diesen beiden Klassen

von Himmelskörpern herausgestellt, deren nähere Erforschung Aufgabe der Zukunft ist. Nach neueren Üntersuchungen von Kirk- mood ist es wahrscheinlich, daß auf der in Rede stehenden Sternschnuppen-Bahn außer der Hauptmeteorwolke noch zwei andere Anhäufungen vorhanden sind. Mit der dichtesten Wolke dieser Meteore wird die Erde in den Jahren 1899 bis 1901 Zusammentreffen, und es wird sich dabei das großartige Schauspiel von 1866 wieder­holen. Die beiden anderen Gruppen, welche jedoch viel weniger reich an Meteoren sind, sollen nach Kirkwood der Erde in den Jahren 1886 bis 1889 und 1912 bis 1915 begegnen. Die erste dieser zwei Gruppen nähert sich also gegenwärtig der Erdbahn mehr und mehr, und vielleicht erscheinen bereits am 13. und 14. Novbr. dieses Jahres die Vorposten des Schwarmes. In den Nächten vom 24. bis 26. Novbr. wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch, ein anderer, sehr merkwürdiger Meteorschwarm erscheinen, und zwar wird der Strahlungs­punkt dieser Meteore nahe bei der Andro­meda liegen. Diese Sternschnuppen stehen in enger Beziehung zu dem verloren gegang­enen Bielaschen Kometen, ja, sie werden von einigen Astronomen geradezu als die Trümmer dieses Kometen betrachtet. Nach der Meinung des ausgezeichneten Beobach­ters Denning in Bristol sollen sogar im gegenwärtigen Jahre die Sichtbarkeitsver­hältnisse dieses Sternenschnuppenschwarmes noch günstiger sein, als gelegentlich der großartigen Erscheinung von 1872. In­dessen läßt sich mit Gewißheit nichts hierüber Voraussagen, weil es möglich ist. daß die Erde, als sie im Jahre 1872 den Schwarm durchschnitt, die Bahn desselben völlig umgestaltet hat. Darüber werden nun die Beobachtungen im letzten Drittel des gegenwärtigen Monats Aufschluß geben.

Eine englische medizinische Zeitung ver- sichert, daß sich ein lästiger Hustcnanfall sehr leicht dadurch beseitigen lasse, daß man während des Ausatmens die Nase mit dem Daumen und Zeigefinger fest zu­halte, dagegen frei einatme. Dasselbe Mittel, nämlich das Zuhalten der Nase be­freit bekanntlich auch von dem Schlucken, der bisweilen so beschwerlich wird. Ein italienischer Arzt, Guastamachia, empfiehlt das allbekannte Katzenkraut als unfehl­bares Mittel gegen Zahnschmerzen, die­selben mögen von Erkältung oder schadhaften Zähnen herrühren. Man soll Blätter dieser Pflanze zwischen den leidenden Zahn und den daneben stehenoen drücken, und nach zwei oder drei Minuten würden die heftigsten Schmerzen Nachlassen. Ist das Kraut mit dem leidenden Zahn nicht in Verbindung zu bringen, so soll man es kauen, was dieselbe Wirkung hervorbringt. Wir hörten übrigens dasselbe Kraut auch als ein Mittel rühmen, welches den verlorenen Geruch wieder herzustellen im Stande sei, wenn man täglich mehrmals Blätter dieser Pflanze zwischen den Fingern reibe und den Duft stark in die Nase ein- ziche. ^

Auflösung der Charade in Nr. 180.

Herrenalb

(vergl. Karl GerokDer letzte Strauß" S. 199204.)

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.