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und die zuverläßige Aussicht auf eine kleine Jntrigue mit dem wunderschönen Weibchen und ohne Zigarren wäre ich auch vor Langeweile gestorben! Es war ein glücklicher Zufall, daß ich mit dem Pferde stürzte, denn ohne die Quetschungen wäre ich nicht mit dem Dokor bekannt geworden, und wer hätte ahnen mögen, daß ein solcher Landarzt ein so himmlisches Frauchen habe! Die Einführung bei ihr war mit einigen Beulen und Quetschungen wohlfeil genug erkauft! Laß mir Einer aber einmal einen jungen Maun in sein Haus herein, so mag's ihn herbe Mühe kosten, ihn wieder los zu werden. wenn er an der Angel einer solchen kleinen Fee angebissen. Aber wie soll das enden? Wer weiß es?" setzte er achselzuckend hinzu;ich nicht, und es kümmert mich auch nicht!"

Er kehrte nach dem Städtchen zurück. Unterwegs griff er mechanisch an die Tasche seines Oberrocks, fühlte nach einem Buche, das er zu sich gesteckt hatte und blickte dann nach einem bestimmten Hause in der langen Gasse. Ein abermaliges Gähnen überkam ihn und er schritt schneller aus und warf seinen Zigarrenstummel von sich.

Wie schade um diesen jungen Mann! hübsch, klug, kühn und stark genug, um als ein Held der Menschheit nützen zu können, vergeudete er in schnödem Müssig- gang Gesundheit und Seelenheil.

2.

Mittlerweile hatte die kleine Frau Doktorin Besuch bekommen, und zwar von Jungfer Susanne Henne, der Schwester des Doktors, die nun mindestens sechs Jahre älter als er, und eine kleine, hagere ziemlich knauserige Person mit stechenden Augen undI magerem Gesicht mit scharf markierten Zügen war.

Ich konnte nicht früher kommen, liebe Schwägerin," sagte sie mit ihrer gewohnten Wichtigthuerei;ach, ich hatte so viel zu thun so gar viel."

Aber Du bleibst doch zum Abend­brot bei uns, liebe Susanne, nicht wahr?"

Es geht nicht, mein Kind es geht nicht; ich muß zum Herrn Statthalter wir wollen wieder einen Armenverein gründen für den nächsten Winter, und man will mich überreden, Präsidentin desselben zu werden. ..

Jungfer Susanne Henne war eine sehr einflußreiche Person im Flecken, und in Sachen der Armenpflege des Herrn Pfarrers rechte Hand. Sie hatte das beste Herz und die besten Ansichten von der Welt, aber nicht den besten Kopf, und in ihrem altjüngferlichen Wesen lag etwas Sauertöpfisches, um nicht zu sagen Herbes, was die Leute auf den ersten Blick nicht gerade zu ihren Gunsten einnahm. Die Kinder aus der Sonntagsschule hatten ge­waltigen Respekt vor ihr, und die ganz Kleinen in der Kleinkinderschule fürchteten sie halb und halb, obschon sie ihnen immer Heiligenbildchen und Leckerli schenkte. In ihrem edlen Eifer für die Sache selbst ging Jungfer Susanna auch gegen Erwachsene nicht immer mit der gehörigen Umsicht und dem nötigen Takt zu Werke. Sie liebte es, kleine Traktätchen und Schriftchen des Severins- und Vincentius- und anderer Vereine in breitwürfiger Saat in ihren

Umgebungen auszustreuen und alle Klaffen damit zu beschenken; aber sie paßte Ten­denz und Inhalt dieser Schriftchen meist gar nicht den Individuen an, die sie damit bedachte. So kam es ihr vor, daß sie ihrem Bruder, dem emsigsten, unverdrossen­sten Manne in der ganzen Gemeinde, gelegentlich ein Schriftchen gegen die Träg­heit, daß sie der kleinen, hübschen Doktorin, die kaum mehr und trank als ihr Kanarienvogel, ein Traktätlein gegen die Vollerei, oder ein andermal ein Schriftchen wider die Unmäßigkeit und Lüstersucht verehrt hatte. Noch zahlreicher waren derartige Verstöße und Mißgriffe, die jedoch bei Jungfer Susannen's System nicht ausbleiben konnten, gegenüber von Andern, und man lächelte daher über die Manier der guten alten Jungfer, obschon nicht zu leugnen war, daß wenn sie bei ihrem Schristchen-Verteilen auch oft in's Blaue schoß, sie doch wohl eben so oft das Ziel traf.

Allein wenn auch hie und da bespöttelt, war Jungfer Henne doch im Grunde höchst achtbar und verdiente die Achtung, die ihr alle Guten zollten. Sie war weich und mild von Herz, und ihre Liebe für ihren Bruder hatte etwas Rührendes, etwas Ehrerbietiges. Mehr als zwanzig Jahre lang hatte sie ihm die Wirtschaft geführt, und es war in der That für sie eine harte Prüfung, als sie die Kunde von seiner bevorstehenden Heirat und somit vom nahen Ende ihrer wirtschaft­lichen Pflichten erhielt. Jakob war in Mailand und schrieb ihr so zärtlich und vorsichtig, als er nur konnte, um sie von der beabsichtigten Veränderung seines Standes in Kenntnis zu setzen.

Sehen Sie, Hochwürden," hatte sie damals dem Kaplan, ihrem Vertrauten, er­zählt; anfangs war ich offengestanden recht sehr böse auf ihn. Es wollte mir gar nicht in den Kopf, daß er in seinen Jahren sein bequemes, behagliches Haus­wesen aufgeben und ein wahres Kind zur Frau nehmen sollte, das gar nichts vom Hauswesen verstehen und noch weniger ihn und seine Weise kennen konnte, wenigstens ließ sich dies erwarten! Ja, glauben Sie mir, ich war sehr böse und zornig auf ihn; es mag Sünde gewesen sein, aber ich konnte nicht anders. Wenn ich so dachte, daß Jakob und ich uns trennen mußten, nachdem wir so lange zusammengelebl hatten, daß dieses Mädchen zwischen uns treten und mir seine Liebe rauben sollte das ging mir schmerzlich nahe, und ich mußte den Abend und die ganze Nacht darüber weinen. Aber am andern Morgen hatte ich eine andere Ansicht von der Sache, und sah ein, daß ich sündhaft und thöricht gewesen war. Ich sprach mit Niemand darüber, sondern schnürte in aller Stille mein Bündel und reiste selber nach Mailand zu Jakob und sagte ihm: da ich sein Glück zuerst erfahren, so wollte ich auch die Erste sein, die ihm dazu gratuliere. Ich mußte freilich dazu weinen, allein ich fühlte mich dadurch er­leichtert, und auch Jakob schien es leichter um das Herz zu sein, als er mir Alles mündlich erzählen konnte, und er stellte mich seinem zukünftigen Weibchen vor einem Ding so zart und frisch wie eine

Blume, einem wahren Rosenknöspchen! Und sie machten Hochzeit und zogen in das Haus unserer Eltern, und ich zog aus demselben aus aber ich habe es nicht bereut, dem Frauchen Platz gemacht zu haben!"

(Fortsetzung folgt.!

(Verfehlter Retourwitz.) Ein Bäcker begegnete einem Fleischhauer.Hollah, lieber Freund!" sagte der Bäcker,wo kommst Du her?"Ich komme soeben aus Deiner Bäckerei, wo ich mir einen Laib Brod gekauft habe."Einen Laib Brod?" fragte der Bäcker verwundert, wo hast Du ihn denn?"In der Westentasche!" sagte der Fleischhauer lachend und ging seiner Wege. Der Bäcker ärgerte sich ungemein, daß sich der Fleischhauer über sein anerkannt kleines Brot lustig machte, und er beschloß sich zu rächen. Bald begegnete er dem Fleisch­hauer wieder. Er geht auf ihn zu und sagt freundlich:Weißt Du, wo ich jetzt herkomme?"Nein!" antwortet der Fleischhauer.Ich komme aus Deiner Fleischbank, wo ich einen Kalbskopf gekauft habe."Und wo hast Du ihn denn?" fragte der Fleischhauer.Unter meiner Mütze!" schrie der Bäcker und lachte dann übermäßig, in der Meinung, dem Fleischhauer eins versetzt zu haben.

Unnachsichtigen Lesern, die über jeden kleinen Druckfehler in der ihnen gebrachten Lektüre außer sich geraten, die da behaup­ten: So etwas dürfte nicht Vorkommen! mögen folgende Verse zur Beherzigung dienen, die ein Autor auf dem Titelblatt seines von ihm herausgegebenen viel ge­lesenen Kalenders bringt; diese lauten: Gieb Leser nicht so scharf Auf alle Fehler Acht!

Es ist noch nie ein Buch Und der, der es gemacht,

Und der, der es gekauft,

Und der, der es gelesen,

Von Fehlern frei gewesen!

(Aus der Schule.) Lehrer: Peter, nenne mir einige Wurzelwörter. Schüler: Pastinak, Sellerie, Mohrrübe. Lehrer: Dummkopf, wir haben nicht Naturlehre sondern deutsche Sprache! Welches sind die gebräuchlichsten Zahlwörter? Schüler: Mietzins und Gewerbesteuer. Peter kommt eine Bank hinunter.

Charade.

Wer den Befehlen sich gehorsam fügt, Gar leicht der beiden Ersten Gunst gewinnt; Doch dem, der seinen Pflichten nicht genügt, Sind sie begreiflich auch nicht wohlgesinnt.

In blaue Luft empor die Dritte ragt; Ihr dankt den Ursprung manches Wässerlein. Dem Wandrer, der auf ihre Höhn sich wagt, Zeigt sie manch lieblich Bild im Sonnen­schein.

Das ganze liegt, ein wunderschöner Ort, In stillem Thal, ein zweites Paradies, Das voll Begeisterung mit Dichterwort Ein Gast, der seinen Reiz erkannte, pries.

R. >V.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.