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Gold- und Silbersachen, Edelsteine, Juwelen und sonstige kostbare Gegenstände mit der Post in Briefen zu versenden, insoweit dies nicht durch die Gesetzgebung der beteiligten Länder ausdrücklich verboten ist.
Württemberg.
Se. König!. Hoh. Prinz"Wilhelm von Württemberg empfing am 23. d. M. in Berlin die daselbst anwesenden württemb. Mitglieder des Reichstages. Nachmittags wohnte Höchstderselbe in der König!. Loge den Verhandlungen des Reichstages an.
Stuttgart. Die Angriffe gegen das neue Branntweinsteuergesetz, in dessen Beratung die Kammer der Abgeordneten am 18. März eintrat, richteten sich weniger gegen die Höhe der Steuersätze, die sich an diejenigen der uorddeutschenBranntwein- steuergemeinschaft und Bayerns anschlicßen, sondern wurden von der Befürchtung diktiert, daß die in Aussicht genommenen Kontrolmaßregeln für die kleineren Brennereien, deren es etwa 13 250 in Württemberg gibt, sehr belästigend sein möchten. Da diesen kleineren Brennereien aber sämtlich die Koncession der Steuerfixation gemacht ist, so dürfte die Befürchtung unbegründet sein. Der Finanzminister von Renner parierte die Angriffe gegen das Branntweinsteuergesetz, indem er der Kammer zur Erwägung anheimgab. daß die als Ergebnis der erhöhten Abgabe des Branntweins eingestellten 700 000 sich nicht so ohne weiters aus dem Etat herausstreichen lassen würden, was so viel heißen sollte, daß, wenn das Branntweinsteuergesetz abgelehnt werde, nichts anderes übrig bleibe, als die direkten Steuern zu erhöhen. Solchen Argumenten gegenüber bleibt keine Kammer unzugänglich und man beschloß, in die Detailberatnng des Gesetzes einzutreten, dessen Bestimmungen fast wörtlich aus dem bayerischen Gesetz herübergenommen worden sind. Im klebrigen wurden denjenigen Wirten, welche nur nebenbei Branntwein ausschänken, günstigere Bedingungen eingeräumt, als den eigentlichen Branntweinschünken. — Die Nachversteuerung des ganzen in Württemberg lagernden Branntweins mit Mark 10,35 per Hektoliter 50" Dralles wurde beschlossen.
Die Stadt Ulm hat dem Drehermeister Lehmann daselbst das Ehrenbürgerrecht erteilt, weil derselbe seit 40 Jahren mit seltener Uneigennützigkeit und Treue in einer dortigen Drehersamilie, in die er 5 Wochen vor dem Tode des Meisters als Gehilfe eingetreten war, das Geschäft erst allein und dann in Gemeinschaft mit dem Sohn geführt hatte.
Ravensburg, 24. März. Im „Oberschw. Anz." lesen wir: Eine Dienstmagd in Nehmetsweiler, Gemeinde Zogen- weiler, hat ihr am letzten Samstag geborenes Kind auf grauenerregende Weise ums Leben gebracht. Sie warf dasselbe den Schweinen zum Fressen vor, die von diesen übrig gelassenen Körperteile trug sie in den nahen Bach.
Mergentheim, 19. März. Das Karlsbad dahier wurde an Dr. Herschel aus New-Aork um 160 000 M. verkauft. Dasselbe soll nun sofort durchaus neu hergerichtet und in den jetzigen Anforder
ungen entsprechenden Stand und Betrieb gesetzt werden.
Neuenbürg, 26. März. Im Gewerbeverein, welcher bemüht ist, seinen Mitgliedern von Zeit zu Zeit interessante Vorträge zu veranstalten, hatte Hr. Oberamtswundarzt vr. Süßkind gestern Abend die Freundlichkeit, vor einem zahlreichen Auditorium einen Vortrag über das „Menschliche Auge" zu halten. In verständlicher Weise führte der Hr. Doktor die anatomische Beschaffenheit des Auges, unterstützt durch schematische Darstellungen vor. An den möglichst knrzgefaßten populären Vortrag reihte sich als praktische Demonstration die Sektion etlicher „Ochsenaugen". Hr. Reall. Rivinius als Vorstand des Gewerbevereins gab dem Danke der Anwesenden an Hrn. Süßkind gebührenden Ausdruck.
Neuenbürg, 27. Mürz. Fischer Joh. Wirkte that heute früh einen guten Fang. Ein Prachtexemplar eines Fis ch- ottcr in dem bei uns seltenen Gewicht von völlig 20 Pfd. geriet in seine neue „Weber'sche Falle." Wenn man bedenkt, daß diese Sorte von Raubtieren täglich ca. 8 Pfd. Fische konsumiert, so ist solch' ein Fang wohl erwähnenswert.
II,
Bismarcks Geburtstag.
Neuenbürg, 23. März. (Schluß.) Der Charwoche wegen und weil ganz passend, ließ sich mit der heutigen Feier auch die Feier des Gebnrtsfestes des Fürsten Bismarck verbinden. Hr. Präzeptor Wörz widmet diesem mit allen Fasern seines Herzens am Vaterland wurzelnden Patrioten den Trinkspruch: „An unseres Heldenkaisers Seite steht als treuester Ratgeber ein Mann, dessen wir am heutigen Tage ganz besonders zu gedenken haben, da er am 1. April seinen 70. Geburtstag feiert. Es ist dies Fürst Bismarck. Auch seinen Scheitel deckt schon das Grau des Greisenalters. Sein Geburtsjahr ist 1815, welches in der Schlacht von Waterloo der Herrlichkeit des ersten Napoleon vollends ein Ende machte. Das Kind, das damals in der Wiege lag, war vom Schicksal auserlesen. 55 Jahre später die Herrschaft Napoleons III, zu zertrümmern. Sein ganzes Leben war Mühe und Arbeit im Dienste seines Königs, seines Kaisers, seines Vaterlandes. Stolz kann er zurückblickcn: er hat ein großes Werk gethan, das zerstückelte Deutschland hat er zu einem großen Ganzen vereinigt. Er allein ist es, der ihm zu einer so bedeutenden Machtstellung verholsen hat. Freilich sagen nach vollbrachter That seine Neider: das hätten wir auch gekonnt, O ihr Thoren! die nationale Einheit Deutschlands ist das Werk Bismarcks. Hat er im Jahr 1848 nicht schon weiter gesehen als alle Mitglieder des Parlaments in Frankfurt? Er sah ein, daß mit Oesterreich an der Spitze ein Deutschland niemals sich gestalten könne, deshalb waren seine Ziele, Preußen zuerst mächtig zu machen und dann Deutschland zu seiner berechtigten Macht zu erheben. Auf Böhmens Schlachtfeldern ist diese Frage entschieden worden. Der schwere Krieg von 1870 half nun das deutsche Reich
begründen: Ist das der Zufall, der uns so weit gebracht? Nein, es war ein auf Jahre hinaus im Kopfe des Reichskanzlers ausgcdachter Plan. Nur seiner Politik haben wir es zu danken, daß wir trotz früherer Zerwürfniffe mit Oesterreich so gut stehen. Auch vor inneren Reformen schreckt Bismarck nicht zurück, er hat die soziale Reform begründet. Daß wir zu einem solchen Mann mit Bewunderung aufschauen, ist erklärlich. Er steht doch etwas höher als andere Erdcngeborenc, er ist keinem gewöhnlichen Menschen zu vergleichen, er ist ein Hüne an Geist, wie an Körper, so ganz geschaffen für die Riescn- last, die auf feinen Schultern ruht. Mit berechtigtem Stolze dürfen wir ihn den unfern nennen als das Ideal eines deutschen Mannes. Bis hiehcr hat er uns trefflich geleitet, wir dürfen uns vertrauensvoll auch für die Zukunft seiner Führung au- vertrauen. Mögen ihm noch viele Jahre beschicden sein zum Heil und Segen unseres Volkes zu wirken. Seine Losung ist ja: Deutschland über alles und deshalb läßt er sich auch von der Opposition nicht von seinen für richtig erkannten Plänen abbringen. Es genügt hinzuweisen auf das Kranken- u. Unfallversicherungsgesetz, dem noch die Alters- und Jnvalidenversorgung folgen soll. Den Frieden nach Außen hat er uns gegeben, auch die andere Aufgabe, den Frieden im Innern des Reichs, den Frieden der Gesellschaft herbeizuführen, hat er in die Hand genommen; möge es ihm vergönnt sein, diese Aufgabe, der er seine ganze Lebenskraft widmet, zur glücklichen Lösung zu bringen und Deutschland nach Innen wie nach Außen zu einem Reich des Friedens zu machen. Das sind die Wünsche, die wir Bismarck, dem größten Sohn unserer Zeit, dem besten Deutschen aller Zeiten an seinem 70. Geburtstag entgegenbringen. — Die mit der Wärme der Ueberzeugung gesprochenen Worte der Redner fanden begeisterte Aufnahme und erhielten die Versammlung in gehobener patriotischer Stimmung. Vaterländische Gesänge in gewählter Abwechslung, gelungene Quartette und Soli belebten dieselbe harmonisch und gaben dem Bild ein schönes Kolorit. — Nach den offiziellen Toasten nimmt Hr. Kade das Wort, den Wahlspruch Bismarcks „Recht und Gerechtigkeit w." zu Grund legend. In schlichter, anmutendcr Weise dem Volksgefühl Ausdruck gebend, rühmt er die hieraus sich stärkende Charakterfestigkeit des Reichskanzlers in all seinem Thun und Lassen, die ersichtlich ist in seinen Unternehmungen im Dienste des Kaisers und des Vaterlandes. Dieser segensreichen Thätigkeit zum Heil des Volkes, die sich durch eine selbstsüchtige Opposition vom rechten Wege nicht abbringen läßt, widmet er ein treues dankbares Hoch! — „Wenn gute Reden sie begleiten, fließt Unterhaltung munter fort" und so nimmt Hr. Reallehrer Rivinius den richtigen Moment, auch noch des Trägers der Zukunft „Unseres Fritze" des deutschen Kronprinzen, der siegreich im Felde und mannhaft im Frieden, in einem beifällig begrüßten Trinkspruch vertrauensvoll zu gedenken; womit wir die Erinnerung an den festlichen Abend beschließen wollen.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.