Person nicht mehr ganz genau unterscheiden konnten?"
„O, es war jedenfalls noch hell genug, um das bekannte Hinken, den Bollbart und die buschigen Augenbrauen zu erkennen. Zudem konnte für mich im Grunde kein Zweifel über die Identität der Person entstehen, da Sturm ausdrücklich erwähnte, das Weizenmehl sei zwar erst am 19. Dezember geliefert worden, der Preis also erst am 19. März fällig. Er habe aber eine wichtige Spekulation im Auge und bitte deshalb um frühere Auszahlung eventuell unter Abzug sechsprozentiger Zinsen für die fünf Tage. Das Alles konnte doch wahrlich nur Sturm selbst wissen."
„Ganz Recht," stimmte ich bei. „Sie mußten dies glauben und leisteten darauf hin auch wirklich Zahlung."
„Nun ja, aus Gefälligkeit und weil ich, wie schon gesagt, Herrn Sturm immer hoch geschätzt habe. Solchen jungen Anfängern habe ich immer gern unter die Arme gegriffen. Der Mensch bedankte sich auch schönstens für meine Gefälligkeit und ging, Denken Sie sich meinen Aerger, als nur wenige Tage später, am Tage vor dem wirklichen Fälligkeitstermine, derselbe Sturm seinen Laufburschen zu mir schickte und anfragen ließ, wann er das Geld erheben könne. Ich habe damals nicht besonders fein geantwortet, fürchte ich."
„Natürlich, ganz begreiflich, stimmte ich etwas zerstreut bei, denn meine Gedanken waren schonImit anderen Dingen beschäftigt. Sagen Sie doch einmal, Christian, wissen Sie vielleicht noch, wohin der Brief gerichtet war, den L>ie am 11. zur Post trugen?"
„Wohin? Warten Sie einmal, nach—,
nach-Ei zum Kuckuk, ich kann mich
wahrhaftig nicht darauf besinnen."
„O, um des Himmels willen, Christian, denken Sie nach. Es hängt von Ihrer Antwort mehr ab, als Sie glauben."
„Es thut mir leid, Herr, aber ich weiß es wahrlich nicht mehr, es war ein großer Ort, ja, gewiß. Aber wie er hieß-?"
Ich hätte den Vergeßlichen jetzt von Herzen gern gefragt, ob er vielleicht H—bürg meine. Aber eine solche Frage schien mir dennoch aus manigfachen Gründen bedenklich. Schon oft ist die Wahrheit durch solche Suppositionen für immer verdunkelt worden. Namentlich ungebildete Menschen, wie dieser Christian, halten dann den untergeschobenen Namen mit bedauerlicher Zähigkeit so fest, daß es später- völlig unmöglich ist, ihnen den selbst veranlagten Irrtum wieder zu benehmen.
„Christian," bat ich nochmals, „wissen Sie auch nicht, wie der Adressat hieß?"
„Der Adr — — Wer ist das?" fragte der Hausknecht dagegen.
„Nun, die Person, an welche der Brief gerichtet ist."
„Er war an keine Person gerichtet."
„An keine Person, was sagen Sie da? An Niemand schickt man doch keinen Brief."
„Ich meine, er war an keinen Menschen gerichtet, sondern, —"
„Nun? Sondern?" frug ich gespannt.
„An ein Postamt."
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„Genügt!" rief ich jubelnd. „Hurrah wir haben ihn!"
„Wen? Wie so?" fragten die Anwesenden verwundert mit Lippen und Augen.
Ich erkundigte mich rasch nach dem hiesigen Postamte und Telegraphenbureau, nahm meinen Hut und eilte dorthin.
Nachdem mir auch der Postbeamte am Schalter bestätigt hatte, daß wirklich um jene Zeit ein Brief an das Postamt in H—bürg aufgegeben und befördert worden sei, richtete ich sofort an einen meiner H—burgcr Kollegen ein Telegramm folgenden Inhaltes:
Kriminalfall. Uebermorgen Assisenver- handlung. Am elften März Brief von hier an das Postamt H—bürg abgegangen. Genaueste Auskunft hierüber erwünscht. Ist Arthur Sturm der Polizei bekannt? Kann Sturm um angegebene Zeit in hiesiger Gegend gewesen sein? Rasche telegraphische Antwort nach Lindheim Gasthof zum Lamme erbeten.
Albrecht, Polizeiinspektor.
Sobald ich mich von dem Abgänge der Depesche überzeugt hatte, begab ich mich nach dem Gasthofe zurück, verzehrte in Aufregung und Eile mein Mittagsbrot, ohne eigentlich zu wissen, was ich aß und trank, und fuhr dann ohne Aufenthalt mit meinen Schutzbefohlenen nach Lindheim weiter, nachdem mir vorher der Wirt das Versprechen gegeben hatte, sich übermorgen rechtzeitig im Lamme zu Lindheim einstellen zu wollen. Ich wüßte selbst, wenn man mich auf das Gewissen befragte, schwerlich etwas Anderes über diese weitere Reise zu berichten, als daß der arme Sturm zerknickt und stumm wie vorher zwischen mir und den Gendarmen saß, und daß ich doch, so voll mein Herz war, in ihm nicht Hoffnungen erregen durfte, die immerhin noch möglicher Weise in grauen Nebel zerflattern konnten. Das aber weiß ich genau, daß ich mir nach meiner Ankunft in Lindheim kaum die Zeit ließ, um die Angeklagten an den Inspektor des dortigen Gefängnisses abzuliefern. Alle meine Nerven zitterten und bebten in Folge einer Aufregung, wie ich sie bis dahin nur selten empfunden hatte. Denn schon war der Abend hereingebrochen und es nahte bereits die Stunde, zu der die Telegraphenämter ohne Nachtdienst geschlossen zu werden pflegen. Zwar sagte ich mir selbst, daß ich heute schwerlich auf Antwort rechnen dürfe, aber die heiße Begierde bleibt stets eine Gegnerin des kühlen Verstandes. Die Hoffnung wächst und wächst, mag ihr auch die Vernunft selbst das Recht der Entstehung bestreiten. So bereitete es auch mir einen wahren Schmerz, als ich das bestätigt fand, was doch meine Erfahrung erwartetet hatte. Ich fand keine Depesche aus H—bürg vor und erhielt auch, obwohl ich bis zum Schluffe des Schalters verweilte, an diesem Tage überhaupt keine Antwort.
(Fortsetzung folgt.)
(Ein Hund als Briefträger.) Ein Gutsbesitzer bei Freienwalde erhielt seine Briefe durch den Briefträger nicht so früh wie er wünschte; da kam er auf die Idee, seinen Hund als Briefträger in die Lehre zu geben. Unter Begleitung eines Guts
arbeiters mußte der Hund die Posttasche tragen. Dann erfolgte der Versuch der Postbeförderung durch den Hund ohne Begleitung. Der Postbeamte schnallte dem Hunde die Posttasche um den Hals, selbstverständlich auf die eigene Gefahr des Absenders, und das treue Thier legte die Strecke von einer Meile in kurzer Zeit zurück. Seitdem benutzt der Gutsbesitzer seinen Hund regelmäßig als pünktlichen und schnellen Briefboten.
(Holzkohlen als Dungmittel in der Gärtnerei.) Der Hauptwert derselben liegt in ihrer Eigenschaft, die Erde locker zu halten und kalten undurchlässigen Boden im Allgemeinen zu verbessern. Man behauptet auch, daß sie düngende Stoffe, namentlich Ammoniak, aus der Luft an- ziehen und zurückhalten, und insofern können sie auch als ein wirkliches Dungmittel betrachtet werden. Der Staub aus den Kohlenmeilern wird deshalb auch mit Vorteil zur Konservierung des Stalldüngers verwendet. Am nützlichsten erweisen sich aber die Holzkohlen in der Topf-Kultur, indem sie die Erde nicht nur porös und durchlässig machen, sondern auch vor Versäuerung bewahren. Sie dienen demnach dazu, die Pflanze gesund zu erhalten; ein Zusatz von Holzkohlen in Pulver oder kleinen Stückchen zur Topferde ist deshalb, wie auch die Erfahrung lehrt, in jeder Beziehung empfehlenswert. Zur Beförderung des Wasserabzngs empfiehlt es sich besonders, auch mit einer Lage Holzkohlenbrocken den Boden der Töpfe zu bedecken.
(Lungenpudding.j Eine Kalbslunge wird in Salzwasser weich gekocht; wenn sie nicht erkaltet, wird das Knorpelige her- ausgeschnitten, mit Zwiebeln und Citronen- schale fein gewiegt. Nun werden 100 Z Butter flaumig gerührt, 4 Eiergelb, die gewiegte Lunge, ein wenig Salz, der steifgeschlagene Schnee von 4 Eiweiß und abgeriebene, in Milch eingeweichte und fest ausgedrückte Mundbrötchen darunter gemengt, die Masse in eine dick mit Butter bestrichene und mit Semmelbrösel ausgefütterte Puddingsorm eingefügt und 1^/, Stunde langsam gesotte n.
(Chaudeau.j Man schlägt 5 Eier in 1 Litertopf, gießt '/s I weißen Wein dazu, wie auch 6 Lot Zucker, 1 Kaffeelöffel Kartoffelmehl, recht zerquirlt, dann auf Kohlen oder in der Röhre bei 2 Grad Hitze recht abgequirlt; wenn die Masse dick wird und den Topf ziemlich füllt, nimmt man letzteren vom Feuer und setzt ein Lot Zitronenzucker zu. Dies wird sogleich aus Tassen oder gewärmten Gläsern getrunken, nur muß es recht schaumig gequirlt werden.
(Saurer Rahmauflauf.j 100 K Zucker und 6 Eigelb werden schaumig abgerührt, dann 3 Kochlöffel Mehl, 1 Eßlöffel Vanille- Zucker nebst '/4 1 gutem saurem Rahm glatt angerührt, das zu Schnee geschlagene Eiweiß darunter gemengt und das Ganze in eine gut mit Butter ausgestrichene Auflaufform gefüllt und langsam '/» Stunde im Ofen aufgezogen.
Auflösung des Rätsels in Nr. 22.
Kolmar. Kalmar.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.