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schränken. Man vermutet, daß ein Geisteskranker den Brand veranlaßt hat.
Pforzheim, 27. Mai. Als weitere Annehmlichkeit der wieder über Pforzheim kursierenden Paris-Wiener Nachtschnell- zü ge heben wir noch hervor: Die Annahme und Beförderung von gewöhnlichen resp. Einschreibbriefen, wenn solche den Postbestimmungen gemäß rechtzeitig eingeliefert werden. Die Erreichung von Frankfurt via Mühlacker morgens 5 Uhr 45 Min., von München morgens 8 Uhr 30 Min. u. s. w.; ebenso die Rückkunft von Frankfurt, Gmünd, München u. s. w. morgens 2 Uhr 12 Min. über Mühlacker.
(Pf. B.)
Württemberg.
Die Nr. 11 des Regierungsblatts für das Königreich Württemberg, ausgegeben den 26. Mai 1884, hat folgenden Inhalt: Bekanntmachung sämtlicher Ministerien, betreffend die Bestimmungen über die Anstellung der Militäranwärter im Civil- staatsdienste. Vom 15. Mai 1884.
Die Numer 12 des Regierungsblatts für das Königreich Württemberg, ausgegeben den 27. Mai, hat folgenden Inhalt: Ausführungsgesetz zum Reichsgesetz vom 15. Juni 1883, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter. Vom 20. Mai 1884.
Die Generalversammlung des Exportmusterlagers Stuttgart fand am 26. Mai statt. Das Unternehmen hat in seinem zweiten Geschäftsjahr ein günstiges Resultat aufzuweisen. 1882 waren unter 170 Besuchern nur 26 Käufer, 1883 unter 217 Besuchern 121 Käufer. Diese 121 Käufer erteilten 598 Aufträge. Die Agenten sandten deren 162 ein, so daß die Gesamtzahl der Aufträge sich auf 760 belief, gegen nur 86 im ersten Jahre. Diese 760 Aufträge verteilten sich auf 219 Fabrikanten. Die Bestellungen erstreckten sich so ziemlich auf sämtliche Produkte der württembergischen Industrie mit Ausnahme von Maschinen. — Man beschloß die Fortdauer der Gesellschaft, deren Dauer nach den Statuten nur auf 2 Jahre festgesetzt war, auf unbestimmte Zeit auf den bisherigen Grundlagen als im Interesse unserer vaterländischen Industrie gelegen.
Die Stuttgarter Weinverbesserungsgesellschaft hielt am Sonntag ihre Generalversammlung ab. lieber den Stand der Weinberge hörte man sehr verschiedene Mitteilungen. Die Frostnacht vom 21. April hat teils gar nicht geschadet, teils bis zu 2/,o der Sproßen genommen. Im Ganzen scheinen die Aussichten quantitativ einen guten mittleren Herbst zu prognostizieren.
Stuttgart, 27. Mai. Mit dem Abholen der Gewinne ans der kunstgewerblichen Verloosung geht es langsam. Am 20. war die Ziehung; heute hat sich der Gewinner der ersten Gabe noch gar nicht gemeldet.
Das K. Betriebsbauamt Eßlingen schreibt eine größere Lieferung von eichenen und tannenen Dielen und Brettern, for- chenen Bildseiten und Latten, Dachlatten und forchenen Stangen im Submissionswege mit Termin 3. Juni aus, Lieferzeit innerhalb 4 Wochen nach Zuschlag auf eine württ. Eisenbahnstation.
Ravensburg, 20. Mai. Zum Kolportageschwindel wird dem „O. A." geschrieben: Gegenwärtig steht bei uns die Kolportage in Büchern, Zeitschriften und Bildern in Blüte, daß sie anfängt, zu einer wahren Landplage zu werden. Seit man im Norden den Kolporteuren gründlicher in die Mappe guckt, scheinen sie Süddeutschland und besonders Oberschwaben zum Terrain ihrer segensreichen Wirksamkeit auserseheu zu haben. Bei der Raffiniertheit, deren die meisten Kol- polteurc sich erfreuen, gelingt es ihnen leider in der Regel ihre Ware an den Mann zu bringen und der Abnehmer sieht zu spät ein, daß er sein Geld für Schund ausgegeben und häufig ohne Wissen verderbliche Geistesprodukte unter Dach gebracht hat. Also doppelte Vorsicht ist sehr von Nöten.
Heilbronn, 26. Mai. Wenn die günstige Witterung anhält, so steht zu hoffen, daß wie im Jahre 1834 die Traubenblüte Ende Mai allgemein eintritt. Vorläufer derselben haben sich bereits auf hiesiger Markung gezeigt.
Calw, 26. Mai. Stadtschulthciß Schuldt hat heute sein 80. Lebensjahr zurückgelegt und bis in dies hohe Alter sein Amt, welches er 1835 antrat, durch die geschäftsreichsten und schwierigsten Zeiten hindurch mit seltener Thatkraft und Geistesfrische geführt. Er hat auch als Abg. während mehrerer Perioden den Bezirk in der Ständekammer würdig und erfolgreich vertreten. Die Gebrechen des Alters scheinen jedoch auch ihn nicht verschonen zu wollen. Nach beinahe 50- jähriger Dienstzeit sah er sich daher veranlaßt sein Amt niederzulegen. Die bürgerlichen Kollegien haben ihm in einer Adresse den Dank der Gemeinde für seine langjährige Amtsführung dargebracht und in liberaler Weise eine Pension festgestellt.
(Schw. M.1
Neuenbürg, 28. Mai. Im obern Reutwald wurden reife Heidelbeeren gepflückt.
Miszellen.
Dom Strande.
(Fortsetzung.)
Eines Abends, cs war im März, war die Sonne glühendrot untergcgangen. Kaum war sie unter dem Horizont verschwunden, als eine dunkle Wolke das Abendrot mit einem undurchdringlichen Schleier verhüllte. Rasch breitete sie sich über den westlichen Himmel aus, griff mit ihren finsteren Armen nach Süden und Norden hinüber, hob das uuheildrohcnde Haupt bis zum Zenith. Das Licht der Sterne erlosch, der ganze Himmel bedeckte sich in kurzer Zeit mit einer schwarzen Wolkendecke, und der Sturm erhob seinen verwüstenden Atem. Tief aus Nordwcsteu tobte er daher, anfangs nur mit einzelnen heftigen Stößen, die in längeren Zwischenräumen erfolgten. Dann aber raste er ununterbrochen fort, riß die Wogen des Meeres haushoch empor, und schleuderte sie brüllend an die Dünen. Von Zeit zu Zeit zuckten leuchtende Blitze und rollte der Donner, der Regen floß in dichten Strömen vom Himmel.
Schon am Nachmittage war Niels gemeldet worden, daß sich am fernen Horizont ein Fahrzeug zeige, welches man für eine Schoonerbrigg halte. Bis zum Eintritt der Nacht war es aufmerksam betrachtet worden, es näherte sich der Küste, jedoch nur, wie es schien, um vorüberzusegeln, das rechte Fahrwasser führte kaum eine Seemeile entfernt an den Dünen vorbei.
Als nun der Sturm anhub, legte Niels die langschößige kalmankene Schifferjacke an, setzte den breitkrempigen Südwester auf den Kopf, steckte Messer und Pistolen in den Gürtel: so trat er zu Margarethe, und begehrte einen Imbiß.
„Um Gott, Vater," rief das erschreckte Mädchen, „wohin willst du?"
„An den Strand!" erhielt sie zur Antwort.
„In solchem Wetter!" rief sie aus. Aber schnell sich besinnend, weshalb ihr Vater trotz des furchtbaren Sturmes an die Küste wollte, setzte sie hinzu: „Thue es nicht, Vater, beflecke deine Hände nicht mit Raub und Mord, ich beschwöre dich, bleibe zu Hause."
„Ich begehrte einen Imbiß, ehe ich ginge," erwiederte Niels kalt und strenge. „Ich denke, du wirst mich nicht lange warten lassen, ich habe Eile."
Das Mädchen entgegnete nichts. Weinend, aber die Thränen verbergend, ging sie, des Vaters Wunsch zu erfüllen. —
Als Niels an den Strand kam, fand er bereits die übrigen Insulaner dort versammelt. Hinter einem Dünenberge vor dem Winde geschützt, zugleich verdeckt nach der Seeseite hin, brannte ein loderndes Feuer, um welches die Männer sich gelagert hatten und ihre Waffen in Stand setzten. In einer Schlucht, die nach dem Meere hinausgiug, lag unter einem aus- gespannten Segeltuch ein Mann auf den Auslug. In der Hand hielt er ein Nacht- Fernrohr, mit dem er über das Meer hinausspähte — lange Zeit vergebens.
Niels trat in den Kreis zum Feuer.
„Ein vielversprechender Sturm!" redete er die Gesellschaft an. „Habt Ihr Alles bereit?"
„Alles!" war die Antwort. „Nur fehlt noch das Beste, das Schiff!"
„Wird schon kommen!" entgegnete Niels. „Wer einmal so nahe in solchem Wetter, der entrinnt uns nicht."
„Die Prise, da ist sie!" rief der Mann, der anslugte, dazwischen. „Ein Ostindienfahrer, glaube ich," setzte er hinzu, als Niels ihm nahe getreten. „Er macht verzweifelte Kreuz- und Quersprünge, um das Ruder frei zu halten. Aber umsonst, bald ist er unser!"
„Gieb mir das Glas!" forderte Niels.
Der Augeredete reichte es ihm. „Richtig, eine prächtige Schoonerbrigg," lächelte Niels höhnisch, „sie fällt gut vor dem Winde ab, bald sitzt sie auf der Bank."
„Jan." sagte er nach einer Weile zu Einem Nebenstehenden, du mußt die Kuh hervorziehen, cs ist die höchste Zeit."
Die Kuh war eine wunderliche, aber schon oft erprobte Erfindung, welche Niels die Insulaner gekehrt hatte. Auf einem kleinen Dünenvorsprung, der unmittelbar am Strande lag, stand ein Pfahl. Daran wurde eine Kuh gebunden, an deren Hörner