mittelbar, nachdem er die in gewaltiger Höhe über die Iller führende Brücke bei Kempten passiert hatte, an der Stelle, wo die Landstraße nach Kottern über die Bahn führt. Die Maschine und drei Personen­wagen wurden rechts und links hinaus- geschlcudert, wonach auch das parallel laufende Augsburger Geleise, auf dem zur selben Zeit ein Güterzug einfahren soll, gesperrt wurde. Es gelang, diesen Zug noch rechtzeitig zum Stehen zu bringen. Der Lindauer Postzug (hier ab nach Mün­chen und Augsburg 8,25) konnte ebenfalls nicht passieren und hatte, bis die Bahn wieder freigemacht wurde, eine Verspätung von 2 Stunden. Verletzungen von Per­sonen kamen zum Glück keine vor. (S. M.)

Alsfeld, 7. Mai. (Wozu ein Füß­chen Branntwein nützt!) In dem benach­barten OrteOber-Breidenbach wurde Nachts bei dem wohlhabenden Ortsbürger E. von der Scheuer aus eingebrochen und dem­selben 16,000 Mark in Staatspapiercn und sämtliche Kaufbriefe gestohlen. In der Stube, in welcher die Effekten aufbe­wahrt wurden, lagerte auch ein Füßchen Branntwein. An der Quelle zu sitzen und den Durst nicht gründlich zu löschen, schien dem kundigen Spitzbuben wohl un­rühmlich. Er trank und trank, bis ihm, wie dem Wolf in der Fabel, das Loch, durch welches er gekommen, zu enge ward und er vor demselben regungslos nieder­fiel. Seine Spur verfolgend, fand man ihn hier im Besitz des Geldes stark be­rauscht liegen.

Pforzheim. Es verlautet, daß die Einweihungsfeier des Büchenbronner Aus­sichtsturms im Falle günstiger Witterung an Christi Himmelfahrt stattfiuden soll.

Württemberg.

Ludwigsburg, 8. Mai. Wenn die gegenwärtige günstige Witterung noch einige Zeit anhält, so wird die Baumblüte vollends rasch vorübergehen; dieselbe hat trotz Frost und Nässe wenig Not gelitten, wie sich zur allgemeinen Freude ergiebt, und es ist immer noch gegründete Hoff­nung auf eine gesegnete Obsternte vor­handen. Selbst die Kirschen, welche während ihrer Blütezeit am meisten zu leiden hatten, wachsen lustig heran, ebenso die Birnen. (L. Z.)

Hon au, 7. Mai. Durch Vermitt­lung der Königl. Zentralstelle wurden St. Tröster z. Rößle hier aus St. Ludwig im Elsaß auf sein Ansuchen am vorigen Freitag 500 junge lebende Aale, welche in Moos, Eis und Leinwand in einer Kiste verpackt waren, zugesandt. Dieselben sind je etwa 10 em. lang. Tröster will versuchen, die Fischart in der Echatz ein­zubürgern.

Vaihingen a. E., 8. Mai. Der Schaden, den die Aprilfröste angerichtet hatten, hat sich in Folge der seitherigen günstigen Witterung derart reduciert, daß wir wieder Aussichten auf einen guten Jahrgang haben. Die Birnblüte ist zu Ende; die Aepfelbäume sind zur Blüte gekommen. Eine Untersuchung an vielen Obstbüumcn ergab, daß die Blüten und Fruchtansätze durchweg gesund sind. Die Futterkräuter sind in Folge mehrmaliger Regenwitterung zu erwünschtem Wachstum gelangt. Der Dinkel erholt sich wieder.

Das Gleiche ist bei den von den Frösten betroffenen Rebstöcken der Fall, indem statt der abgegangenen neue Triebe er­schienen. Die meisten Weinberge sind von Frostschaden verschont geblieben.

(St.-Anz.)

Der beschleunigte Personenzug Nr. 181 der Nagoldbahn für den Sommerdienst wird außer den seitherigen Stationen auch in Teinach, Hirsau, Unterreichenbach und Brötzingen (an letzterer Station wegen des Anschlusses nach Wildbad) anhalten.

Derulte Posthalter" in Calmbach.

ID Calmbach, 7. Mai. Der Enz- thäler hat vor einigen Tagen dieses Mannes freundlich gedacht. Möge es auch einem nahen Bekannten gestattet sein, seinen Ge­fühlen für ihn in nachstehender Lebens- scizze Ausdruck zu geben. In dem am letzten Sonntag zu Grabe getragenen Will). Lutz, demalten Posthalter" ist eine jener Original-Typen dahingegangen, wie sie in unserem Zeitalter des Um­schwungs und der rastlosen Thätigkeit immer seltener zn werden pflegen, eine jener Persönlichkeiten, welche der alten oder besser gesagt, uralten Zeit entsprungen und ihren Ueberlieferungen treu geblieben ist; es sei gestattet, diesem Manne und seinem rechtlichen Biedersinn, den er nahezu 9 Jahrzehnte seines Erdenwallens hindurch an den Tag legte, einen bescheidenen Denk­stein in diesen heimatlichen Blättern zu setzen; hat er doch hierauf schon als ältester regelmäßiger Leser derselben einen ge­wissen Anspruch! Wer sich noch des Post- burcaus im Erdgeschoß des Gasthauses zumRößle" erinnert, in dessen Andenken werden auch noch einige sogen. Postkuriosa schweben, deren eines die Fehlspedierung einer Schachtel mit Ballstaat betreffend der damalige Gerichtsaktuar Ganzhorn in trefflichen Versen imEnzthäler" besungen hat und dessen Schlußstrophen lauteten: das war einmal wieder ein Naßkitiel- spuck"*). In noch besserem Andenken aber stehen seine mannigfaltigen Jagderlebnisse, die er mit Vorliebe zum Besten gab und die bis in die Zeiten des Grafen Mandels­lohe rc. zurückdatirten, natürlich entbehrten dieselben auch des üblichenJägerlateins" nicht. Uebrigens sei hier bemerkt, daß er ein leidenschaftlicher Jäger und nach Aus­sage seiner Zeitgenossen namentlich des hierin competenten ff Friedr. Kepplcr hier ein vorzüglicher Schütze war. Doch nicht allein als Nimrod genoß er ein Renomme, auch Küche und Keller seines Gasthauses das er bis in die 50er Jahre innc hatte erfreuten sich gleichzeitig mit demLamm" eines ausgezeichneten Rufes und diese beiden Gasthäuser bildeten einen sehr beliebten Vcreinigungspunkt der damaligen Gesell­schaft des Enzthals, wobei auch seine Klaviervorträge antiker aber kerniger Ländlermelodien Anerkennung fanden und die er noch lange fortsetzte, nachdem er durch einen ihm zugestoßenen Unfall 2 Finger verloren. Noch möchten wir das mechanische Talent erwähnen, das der

*) Den BeinamenNaßkittel" erhielt L. von dem ck Dr. Weiß in Neuenbürg, wohl mit Rück­sicht auf seinen gjährigen Aufenthalt auf dem Lehmannshof und einen Waldteil gleichen Namens in dessen Nähe.

Verstorbene besaß und dessen Pflege ein Steckenpferd von ihm bis in sein hohes Alter war, das Modell einer Sägmühle die er s. Z. in seinem Garten mit Wasser­kraft in Betrieb setzte und dann nach Rußland verkaufte legte ein Zeugnis seiner Fertigkeit imBestellt" ab. und in den Sammlungen in Hohenheim befinden sich jetzt noch von ihm verfertigte Modelle von Flößer- und Holzhauerwerkzeugen die mit großer Pünktlichkeit und Fachkenntnis gearbeitet sind. Als Beweis seiner Rüstig­keit sei noch angeführt, daß er im 70sten Lebensjahre eine größere Reise nach Ungarn und Wien ausführte; erst in den letzten Jahren hatte er unter den Beschwerden des Alters zn leiden, deren Ende er sich selbst wünschte; er war einer der wenigen Menschen von denen man sagen kann, daß er im Leben keine oder wenig Feinde hatte. Möge ihm die Erde leicht sein!

Ausland.

Mailand, 5. Mai. Die Freimaurerei in Italien ist die Antwort auf die be­kannte Enzyklika des Papstes nicht schuldig geblieben. Der Groß-Orient Italiens ent­gegnen in Form eines Rundschreibens an die allgemeinen Freimaurervereine der Erde. Diese Antwort, vom Großmeister» Progroßmeister u. vom Großsekretär unter­zeichnet, wurde in vielen Zeitungen abge- drnckt und hat mit der Erinnerung an die heiligen Grundsätze der Toleranz und Bruderliebe, welche die Gesellschaft zu verbreiten sucht, einen sehr günstigen Ein­druck gemacht.

Quebec, 9. Mai. Die 24 Geretteten des DampfersState of Florida" sind vom DampferTitania" hier gelandet worden. Der dritte Offizier desState of Florida" sagt aus: die Geretteten seien 35 Stunden im Rettungsboot ohne Nah­rung und Wasser gewesen, mehrere nur in leichter Nachtkleidung. James Nennet ist der einzige gerettete Passagier erster Kajüte. Von den Frauen ist die Stewardeß die einzige Gerettete: alle anderen wei­gerten sich, das Schiff zu verlassen.

MisMkn.

Irack und Marika.

Von Friedrich Trieb el.

(Fortsetzung.)

O! ich weiß! leider!" seufzte Amelie. Ihr alten Militärs wollt Eure Töchter immer wieder zur Truppe. Du denkst an Bandweben!"

Nun ja! was soll ich's leugnen. Er ist gesnnd, tüchtiger Offizier, noch nicht dreißig und schon Rittmeister! in spätestens zwei Jahren erster Klasse, steht sehr gut angeschrieben, war auf Kriegsakademie, war Generalstabsoffizier, hat glänzende Carriore in Aussicht!"

Ja! Ja! Alles recht schön, aber ich glaube, mit ihm würde mein Kind nie glücklich werden. Er ist so ruhelos, so aufgeregt, hat einen Ehrgeiz wie wie nun ja! wie alle diese Herren Streber! Seine zukünftige Frau beneide ich nicht, sie wird wenig von ihm haben und wenn er ihr einmal eine Stunde schenkt, unter­hält er sie wahrscheinlich von Strategie, Operationsbasis, Fortification und anderen schwer begreiflichen Dingen."