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als ein Bild der Angst. Ihr schönes Ge- sichtchen hatte seine schärfsten Konturen angenommen und ihr Auge flammte an dem Mädchen hinauf. Sic hatte die Arme ineinander geschlungen, gleichsam sich schützend vor der jähen Berührung der Gouvernante, und sie sagte in einem starren, scharfen Tone:Sagen Sie mir nur, Fräulein, was es bedeuten soll, daß Sie sich so geberden? Sie werden mir gefälligst erklären, weshalb Sie eine solche Angst äußern? In wie weit sind Sie ver­flochten in der Nachricht von dem Unfälle, der meinen Gatten getroffen haben kann? Handelt es sich um Jemanden, der Sie kümmert? Haben Sie vielleicht unter den Jägerburschen ein Ideal, für welches Sie zittern? Denn ich will doch hoffen, daß Ihnen Graf Aquilin nicht so nahe steht, um diesen Jammer zu rechtfertigen?"

(Forts etzung fo lgt.)

Die Kanarienvögel, ihre Eigentümlichkeiten, Fütterung, Pflege und Abwartung und ihre Krankheiten.

< Fortsetzung.) ,

Besonders auffällig ist bei deu Kana­rienvögeln die Verschiedenartigkeit des Charakters. Es giebt lustige und träu­merische, friedfertige und zänkische, eigen­sinnige trotzköpfische und gelehrige Hagestolze, Eifersüchtige. Genügsame und wahre Säufer und Fresser. Fast immer pflegen sie ihren Charakter nicht nur gegen ihres Gleichen, sondern auch gegen ihre Wärter und Pfleger, die Menschen, zu bekunden. Stecken wir z. B. unseren Finger in den Käsig, so zeigt sich da mancher Ka­narienvogel ganz erboßt, während mancher eine förmliche Freude darüber zu empfinden scheint. Eine Freundin von uns besitzt einen Kanarienvogel, dem man das Prädikat gefräßig" mit vollem Rechte beilegen kann. Setzt man sich z. B. zum Frühstück oder Mittagsbrod nieder, so beginnt dieser Vogel an zu schreien, schlägt mit den Flügeln zwängt den Kopf durch das Gitter und wird nicht eher ruhig, bis man ihm etwas von der Mahlzeit verabreicht hat. Unter sich zeigen namentlich die Männchen in der Hecke sehr ihren Charakter; während manche Männchen den Weibchen fast Alles an den Augen abzusehen scheinen, ihnen namentlich beim Nestbau und Füttern helfen, sind wieder andere Männchen den Weibchen fast immerfort wahre Quälgeister.

Die Männchen singen fast das ganze Jahr hindurch, ausgenommen in der Mauserzeit; manche sind übrigens nicht besonders fleißig im Gesang, während wieder manche des Guten zu viel thun. Unsrer Ansicht nach aber sollte man weder die Trägen zu sehr zum Gesang zu reizen suchen, noch die Fleißigen durch einschüchternde Mittel und Wege zum Schweigen zu bringen suchen. Jedes Tier nach seiner Art. Wohl aber vermeide man bei den zu leidenschaftlichen Sängern alles das, was zum Gesänge zu reizen vermag. Man hat Fälle gehabt, daß Hähnchen, welche durch Reizmittel (Klang musikalischer Instrumente, Reibung harter Gegenstände und dergl.) zum an­haltenden, kräftigen Gesänge angespornt wurden, ihre Stimme so anstrengten, daß ihnen die Lungenadern zersprangen und sie mitten im Gesänge tot herabfielen.

Dasselbe ist auch schon in Hecken beobachtet worden, nämlich zur Zeit der Paarung, wo manche Männchen über ihre Kräfte singen oder schreien.

Gewöhnlich erreicht ein Kanarienvogel ein Alter von 1520 Jahren, aber auch noch älter vermögen sie zu werden; so besaß ein Gärtner in der Leipziger Gegend einen Kanarienvogel, welcher 34 Jahre alt wurde, freilich konnte zuletzt der Vogel auf keinen Stengel mehr Hüpfen, war auch ganz blind geworden, vermochte aber doch noch seinen Freßnapf zu finden. Mit zunehmendem Alter verliert der Kanarien­vogel viel vom Gesänge, und der schönen Farbe seines Gefieders, er wird von krank­haften Zuständen, als namentlich Podagra, Durchfall oder Verstopfung, hcimgesucht, verliert die Krallen und wird blind. Uebrigens hat man auch in Erfahrung gebracht, daß, je mehr der Vogel zur Hecke benutzt wird, desto mehr sich sein Leben zu verkürzen scheint; Hähne, welche regel­mäßig alljährlich zur Hecke kamen, wurden selten älter als 10 Jahre, während Weib­chen, die alljährlich Hecken sollten, schon nach 78 Jahren ihr Leben beendeten.

Wie ein jeder Stubenvogel, so ver­langt auch der Kanarienvogel zu seinem guten Gedeihen eine reinliche und sorg­fältige Abwartung, Fütterung und Pflege, und daß hierbei frisches, Helles Wasser und eine öfters erneute Sandlage auf den Boden (Kasten) des Käfigs mit eine Haupt­rolle spielen, weiß wohl Jedermann; nur möchten wir betreffs des Sandes vor weißem, sowie auch dem sogenannten gelben, als namentlich dem hochroten Sand warnen, indem er den Augen der Vögel nachteilig ist; der beste Sand, den man in die Käfige streut, wird immer der Fluß- oder Wasser­sand sein, der natürlich in nicht zu nassem Zustande eingebracht werden darf. Die Stcngelchen oder Springhölzer sollten nicht gar zu glatt sein. Spriughölzer von Rohr pflegt man anzuwenden, wenn die Vögel von Ungeziefer hcimgesucht sind, wo dann das Ungeziefer in die Rohr- stcngel hineinkriecht; es darf jedoch hierbei nicht außer Acht gelassen werden, daß dann solche Rohrstengel täglich durch andere ersetzt oder doch gründlich gereinigt werden.

(Fortsetzung folgt.)

In Paris beginnen die Herren im Salon in Fräcken von karminroter Farbe zu erscheinen, da der schwarze Anzug als zu kellner- oder leichcnbestattuugsmäßig befunden zu werden anfängt. Diese Mode findet in einem Teile der engl. Presse warme Befürwortung. Die elektrische Beleuchtung macht in Paris sichtliche Fort­schritte. Der Preis für den Wohnungs- gebrauch des elektrischen Lichts ist auf 5 Zentimes für Stunde und Lampe festge­setzt.

V ermi t t lu u g s v o rs ch l a g. Ein junger Christ liebt die Tochter eines jüdi­schen Millionärs und hat an der gehörigen Stelle um deren Hand angehalten. Ob­wohl der junge Mann nicht reich, zeigt man sich dennoch geneigt ihn anzunehmen, doch will man, daß er sich zum Judentum bekehre. Zuerst schlägt er dies rund ab,

darauf macht er folgenden Vorschlag zur Güte: Ich will B ank ier werden.

Probate Wertschätzung. Karl: Papa, ist es schwer, das echte Gold vom unechten zu unterscheiden? Papa: Ganz und gar nicht; man trügt es einfach in das Pfandhaus, wird es angenommen, ist es echt, andernfall s ist es unecht.

Ein Herr, der sich selbst einer jungen Dame vorstellt:Entschuldigen Sie, mein Fräulein, wenn ich mir erlaube, mich selbst vorzustellen: Mein Name ist Schaaf." Backfisch:O bitte, das schadet ja nichts."

Der g e b e s s e r te L o r e n z. A.: Wie ich gehört habe, hast Du jetzt reaktionäre Gesinnungen? B.: Wer als Aktionär so reingefallen ist, wie ich, wird schließlich ganz von selbst Reaktionär.

Gardinen zu waschen. Um das für alle Hausfrauen so sehr unangenehme Zerreißen der weißen Gardinen in der Wäsche möglichst zu verhüten, habe ich folgende Behandlung als sehr empfehlens­wert ausprobiert. Nachdem sie tüchtig ausgestaubt sind, legt man jeden Flügel in vier Teile zusammen, reiht ihn so fest, und legt die Gardinen dann einige Stun­den in kaltes, klares Wasser. Dann macht man ganz lauwarmes Seifenwasscr, legt die vorsichtig ausgedrückten Gardinen hin­ein, und läßt sie daraus langsam ziehen, indem man die Temperatur nach und nach noch steigert, doch nicht bis zum Sieden kommen läßt. Hat man dasselbe noch einmal mit frischem Seifenwasscr wieder­holt, so sind die Gardinen meist völlig rein. Man spült, stärkt und blaut sie wie alle Wäsche, und trennt die Fäden erst vor dem Plätten heraus.

Zur Konfirmation.

Nicht nur für die religiöse Befreiung und Weihe des Gemüts von irdischen Ver­irrungen und Anfechtungen steht das Oster­fest als Rettungsanker da; dasselbe ist auch ein hochbedeutsames Familienfest. Jedes Jahr um die Osterzeit ist es. wo Tausende und aber Tausende junger, den Kinder­jahren entwachsener Christen nach er­haltenem Unterrichte in Schule und Kirche die christliche Weihe erhalten und dann sich weiter bilden müssen für das eigent­liche, praktische Berufsleben. Was sind dies für bedeutungsvolle Abschnitte im Menschenleben für Eltern und Kinder, Lehrer und Vormünder! Und wie viele Mahnungen treten um diese Zeit nicht an Alt und Jung heran und wie viele Hoff­nungen erfüllen die Herzen! Die junge Saat ist herangewachsen und soll nun weiter gedeihen, blühen und Früchte tragen. Und wie wird dereinst die Ernte ans­fallen?! Möchten doch alle jungen Seelen, die nun wieder hinausziehen auf den stürmischen und klippenreichen Ozean des Lebens, niemals vergessen, was wahr­haft notwendig ist für ein glückliches Leben: ein sittlicher Charakter und ein auf Glaube, Liebe und Hoffnung bauen­des Gemüt. Dann werden sich auch alle jene Verheißungen erfüllen, welche der Stifter der christlichen Religion, zu dessen Gedächtnis wir das Osterfest feiern, der Menschheit versprach!

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.