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„Unis eomuwvt äone, et äe Zranä eoeur!" rief Graf Aquilin. Ich bin froh einen Jagdcompagnon gefunden zu haben. Meine hiesigen Freunde sind sämtliche Bett- Faullenzer. Aber Sie...
„O, ich möchte mich gern rächen hier an allem Wild, das ich in meinen Karpathenrevieren versäume!" rief der Fürst kräftig. „Sie geben mir also Jägerherberge?"
„Ja, von heute an!" entgegnete Graf Aquilin. „Vorausgesetzt, daß ich Sie morgen schon um drei Uhr wecken darf!"
Gräfin Nefti schalt jetzt freundlich dazwischen: „Lll bien! Und mich läßt mau dastehen, wie den armen Vogel, der geschossen werden soll. Nein, nein, ich meine das nicht im Ernste. Willkommen, Prinz, und Adieu zugleich, denn ich muß Ihnen Ihre Zimmer Herrichten lassen."
Es lag jetzt wieder etwas so Distin- guirtes, echt Hausfrauliches in der Rede der schönen kleinen Gräfin, daß es eine Lust war, zu sehen, wie sie dem neuen Gaste das Händchen reichte.
Bald darauf sank die Sonne unter, die Gäste scharten sich mit großem Geschrei zusammen, wie Schwalben im Nebel, um sich zur Heimkehr zu rüsten. Fürst Muresti aber blieb da und winkte den Abfahrenden im Vereine mit dem Hausherrn ein Adieu zu. Und seinem bisherigen Gastfreunde Graf Seeberg rief er nach: „Nicht wahr, Sie sind nicht böse... aber die Jagd . . .!" Der Graf nickte fest zurück. Er kannte ja den Fürsten ebenfalls nur aus der Empfehlung seines wiener Banquiers.
Die Nacht brach an. Auf Schloß Wasserwald glimmten die Lichter auf in den verschiedenen Fenstern. In den Fenstern des Grafen, der Gräfin, der Gouvernante, des fremden Gastes und der Dienerschaft. Und auf dem Parkwiesengrunde unten erblühten alle Duftknospen und hauchten all ihren Parfüm zu den geschlossenen Fenstern auf, wo er in der Gestalt von zitternden Thautropfen hängen blieb. Denn überall im Grase blühten schon Veilchen.
(For tsetzung fo lgt.)
Die Kanarienvögel, ihre Eigentümlichkeiten, Fütterung, Pflege und Abwartung und ihre Krankheiten.
Der Kanarienvogel führt seinen Namen bekanntlich wegen seiner Abstammung von den kanarischen Inseln, von wo man ihn zu Anfang des 16. Jahrhunderts nach Europa brachte. Es wurde aber dieser beliebte Vogel bald allerorts so leidenschaftlich gezüchtet (und dies ja heute noch), daß nunmehr alle unsere Kanarienvögel einheimische Vögel und zwar geborene Stubenvögel genannt werden können. Gemeinhin pflegt man auch unsere gezüchteten Cana- rienvögel als zahme zu bezeichnen, und unterscheidet man von ihnen gewöhnlich: Glattköpfe und Gekoppte oder Haubenvögel; außerdem Kakerlaken (weiß oder hellgelb mit roten Augen), Throlersänger (welche Triller schlagen) und Englische (welche den Gesang der Baumlerche nachahmen).
Obgleich man sich unter einem Kanarienvogel immer nur einen gelben Vogel
darstellen wird, so variirt aber die Farbe dieser Vögel doch recht sehr. Sv z. B. haben manche blos eineHauptfarbe, während sie bei anderen aus mehreren zusammengesetzt ist; je seltener die Zeichnung ist, desto höher pflegt man sie zu schätzen. Insgemein unterscheidet man gewöhnlich bezüglich der Farbe fünf Varietäten: 1, hochgelbe (mit grüngraner oder auch schwarzer Abzeichnung); 2. grüngelbe (mit dunkler Abzeichnung); 3. weißlich-gelbe; 4. weiße (mit Jsabellfarbe) und 5. die richtigen Isabellfarbigen mit grüngrauer Koppe und mit solchem Schwänze und Flügel. — Einen wesentlichen Farbenunterschied zwischen Alten und Jungen giebt cs nicht, jedoch sind die noch nicht' vermanserten Kanarienvögel immer weniger schön als die Vermanserten, indem ihr Gefieder noch nicht ausgebildet ist. Ebenso sind die Männchen von den Weibchen nicht an der Färbung des Gefieders zu unterscheiden, und ebenso trügerisch ist die Annahme, daß die Weibchen immer etwas kleiner wären als die Männchen — denn auch die Männchen sind unter sich sehr verschieden in der Größe. Eher möchte vielleicht noch eine größere Lebhaftigkeit der Männchen eine Erkenntnis für dieselben sein, indessen das einzige sichere Kennzeichen für Männchen wird doch wohl der sich bald äußernde Trieb zum Singen sein.
Wenn das junge Hähnchen 14 Tage bis 4 Wochen aus dem Neste und völlig flügge ist, fängt es anhaltend an zu zwitschern, und schon in einem Alter von '/r Jahre beginnt sein Schlag schön und durchdringend zu werden, während das Weibchen nur immerfort zwitschert; man hat zwar auch unter den Weibchen manchmal eins, welches laut und ausdauernd singt, jedoch sind solche Exemplare nur selten.
(Fortsetzung folgt.)
Der Mörtel der Alten. Die Denkmäler der Baukunst aus dem Altertum, die hie und da noch zu sehen sind, erregen gewöhnlich unsere Bewunderung über die lange Dauer und ihre voraussichtlich noch fernere Jahrhunderte währende Haltbarkeit. Während später erbaute Burgen, Kirchen, Häuser u. dgl. bereits vom Zahn der Zeit zermalmt und zerbröckelt sind, stehen die Werke unserer Altvordern noch da, so fest wie geschmiedetes Eisen. Worin liegt wohl die Ursache? Immer hat man dieselbe in dem Bindungsmittel der Steine, in dem Mörtel vermutet, und mit Recht; aber in Vergessenheit ist geraten, wie der Mörtel der Alten die ihm ganz eigentümliche Stärke und Festigkeit erhalten hat. Ein altes polnisches Gesetz bestimmte die Strafe des Stranges für denjenigen Maurer, der überwiesen wurde, daß er einen Kalk gebrauchte, der noch nicht volle sieben Jahre in der Grube gelegen hatte. Wer bauen wollte, mußte demnach in Folge dieses Gesetzes den nötigen Kalk etwedcr sieben Jahre zuvor löschen und Herrichten lassen, oder ihn von einem mit schon so altem Zeuge versehenen Maurer nehmen. Jeder Maurer mußte also stets sieben gefüllte Gruben besitzen. Spätere Jahrhunderte milderten die Strafe des Stranges in eine schwere
Geldstrafe um. Dadurch kam es aber auch, daß die frühere Haltbarkeit der Gebäude immer geringer und ihre Erneuerung immer frühzeitiger nötig wurde; denn es ist natürlich, daß der gelöschte Kalk durch das Liegen in der Grube besser und bindender wird und daß frisch gelöschter und gebrauchter Kalk weit weniger kittet und nicht so haltbar ist. Es ist ein altes Sprichwort, daß Alles seine Zeit haben müsse, um zu reifen, mithin auch der Kalk.
Zu spät. Die Cotta'sche Buchhandlung hatte dem dahingeschiedcnen Emanuel Geibel eine seltene Freude und Ueber- raschnug zugedacht, indem die hundertste Auflage von dessen Erstlingsgedichten, in einer der Gelegenheit würdigen, hoch eleganten Großoktavausgabe, die soeben fertig wird und, nachdem dem Dichter, dem sie geheim gehalten war, das Erstlingsexemplar in der Frühe des ersten Osterfeiertags durch Enkelhand überreicht worden wäre, am 19. April im Buchhandel versandt werden sollte. Die Cotta'sche Buchhandlung hatte auch eine Aufforderung an die Schriftsteller- und literarischen Vereine Deutschlands gerichtet, die, was ohnehin schon von mehreren Seiten, z. B. der Schiller-Stiftung, beabsichtigt war, dadurch angeregt werden sollten, den seltenen Tag insofern festlich zu begehen, als sie dem greisen und kranken Dichter eine Ovation darbrächten. Nachdem dieses Vorhaben durch das plötzliche Hinscheiden Geibel's in bedauerlicher Weise vereitelt worden, wird die Jubelausgabe schon Ende dieser Woche erscheinen.
Ein e j n n g e D a m e brach ihre Verlobung ab, weil sie in gewissen Mitteilungen über ihren Ex-Zukünftigen noch zur rechten Zeit genügende Gründe für diesen Schritt gefunden hatte. Aus Rache drohte der Abgedankte mit Veröffentlichung ihrer Briefe an ihn. „Nur zu", antwortete das Mädchen, „ich habe mich des Inhalts dieser Briefe nicht zu schämen, sondern nur der Adresse, an welche sie gerichtet waren."
Auch etwas. Klient (entrüstet zu seinem Rechtsanwalt): „Aber, Herr Rechtsanwalt, Sie haben ja, wie ich eben höre, meinen Prozeß in dritter Instanz verloren!" Rechtsanwalt (gemütlich): „Sind Sie aber ein unverschämter Mensch! Haben Sie nicht genug daran, daß Sie ihn in zwei Instanzen gewonnen haben?!"
Mißverständnis. Prinzipal (von einem Geschäftsgänge zurückkehrend): „War in meiner Abwesenheit jemand hier?" Lehrling: Ja, der Bote von Hirsch n. Co. mit einem Wechsel zum Accept." Prinzipal: „War er kurz sichtig?" Lehrling: „Ich glaube; er trug eine Brille:"
Mein Herr, Sie sind sehr sonderbar! L. Ach leider bin ich immer sonder baar!
Auflösung des Rätsels in Nr. 60.
Die Uhr; ihr Zifferblatt ist eingeteilt, sie teilt die Zeit, aber nur so lange, als sie nicht auseinandergenommen ist.
Goldkurs der K. Staatskassenverwaltung
vom 15. April 1884. 20-Frankcnstücke: . . . 16 16 L
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.