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haben will, daß ich Ihnen eine Familie, ein zu Hause, eine Zukunft bieten will, das können Sie mir nicht verwehren, selbst wenn Sie mich nicht leiden mögen. Aber das thun Sie ja auch nicht, ich sehe es Ihnen an, ich sah es vom ersten Augenblick an, selbst durch Ihren Stolz hindurch. Und als Ihr Bruder, als Aquilin frage ich Sie: was haben Sie mit jenem Manne? Er interessirt sich für Sie, ich wußte das. Es ärgerte mich schon. Und jetzt hat er Sie gesprochen, allein. Er war unverschämt, nicht wahr? Er hat Sie belästigt? Aber ich bin hier, um Sie von importunen Seladons zu befreien!"
„Ich danke Ihnen, Herr Graf, für Ihren Eifer, für Ihre gute Absicht!" sagte sie erregt. „Aber sie sind hier nicht am Platze. Herr von Simoni ist weder aufdringlich noch lästig und ich bin ihm geneigt. Verscheuchen Sie mir nicht einen treuen Freund? Den Einzigen, den ich habe."
„Einen treuen Freund! Den Einzige», den Sie haben? Und was bin denn ich?"
Sie wurde sehr bleich und wie er einen Schritt näher trat zu ihr, trat sie einen Schritt zurück und machte eine hastige Bewegung, daß er ihre Hand nicht fassen konnte. „Sie, Herr Graf?" sagte sie mit leiser, mit eoncentrirter Stimme: „Sie sind der Herr dieses Hauses, welches mir ein Obdach giebt; Sie sind der Vater meiner Schülerin. Aber weiter, Herr Graf, weiter sind Sie mir nichts und können mir nichts sein, nicht Bruder und nicht Freund. Daß wir einst zusammen spielten ist vergangen und vergessen, wie ich meinen Namen vergessen habe und meine ganze Jugend. Schwer genug mußte ich das erkämpfen, aber ich habe es dahin gebracht. Jedes freundlichere Wort von Ihnen, jede teilnahmsvolle Miene thut mir weh; es ist dann, als ob Asche aufgewirbelt würde in meinem Herzen. Sie haben sich keinen Vorwurf zu machen und Sie haben nichts zu bereuen. Was geschehen ist, war unabwendbar, weil wir Beide ehrliche Herzen hatten. So, Herr Graf. Dies ist das letzte Wort, welches ich mit Ihnen in dieser Angelegenheit spreche; versuchen Sie es nicht wieder, wenn Sie mir wirklich ein Obdach gönnen wollen in Ihrem Hause, und wenn Sie wollen, daß ich meine Mission erfülle bei Ihrem Kinde, welches ich liebe. Und jetzt lasten Sie mich vorbei."
Sie schritt an ihm vorüber, wieder mit ihrem gewaltsam ruhigen Gesicht, mit ihrem einfachen dunklen Kleidchen, mit den schlichten Manschetten, dem einfach gescheitelten Haar und mit ihrer bescheidenen Haltung. Sie schritt an ihm vorüber, auf die Terrasse hinaus.
Er blickte ihr einige Sekunden hindurch nach, dann fuhr er sich über die Stirn und murmelte: „Sie hat recht. Was wollte ich denn? Sie hat immer recht."
Er folgte ihr nicht. Er hob die Portiere, welche in die inneren Gemächer des Traktes führte. Er schritt aber so langsam und so in Gedanken versunken auf diese Portiere zu, daß er nicht merkte, wie dieselbe sich heftig bewegte, als sei eine Person, welche hinter derselben gelauscht habe, rasch durch die Thür zurück
getreten. Er durchschritt das nächste Zimmer noch immer so gedankenvoll und mit den Blicken den Blumenwindungen des türkischen Teppichs folgend, daß er nicht bemerkte, wie diese Person sich rasch hinter die sich öffnende Thür gedrückt hatte. Wie er im dritten Salon der Enfilade verschwand, trat diese Person wieder hervor. Es war seine Gemahlin, Gräfin Nesti.
Die feenhafte junge Gräfin strich sich die Falten ihrer georginengelben Robe wieder glatt und nestelte an ihrer Broche. Da schaute sie sinnend ins Freie hinaus auf die spielenden Kronen der uralten dunklen Parkbäume. Ihr Gesicht verrieth nicht die mindeste Erregtheit, ihr Mund bildete die ruhige schöne Wellenlinie wie sonst, die schönen Augen waren naiv und groß offen, der ganze Ausdruck der lieblichen Miene, die durch nichts aus ihrem Modejournal-Frieden gebracht werden konnte, war höchstens der einer ruhigen Neugierde. „Was für ein Geheimnis mag wohl Aquilin haben mit diesem Mädchen?" flüsterte sie. „Was sind sie einander gewesen?" Sie war heraufgekommen, um ein Brillantenarmband aus Konstantinopel umzulegen, von welchem sie dem Fürsten Muresti erzählt hatte und das sie ihm zeigen wollte. Sie trat vor einen Spiegel und - beobachtete den Effekt der Steine und der mattgoldigen Einfassung im Sonnenlichte auf ihrem goldfarbigen Kleide. Sie lächelte zufrieden über ihr Spiegelbild und begab sich munterblickend und leichtfüßig wieder zur Gesellschaft zurück.
Es blieb lange hübsch und lange hell an diesem Nachmittag. Die große Gesellschaft wurde immer lebhafter im Freien, immer ungefesselter und natürlicher. Man spielte eine Weile au eaelio-eaobö, dann naschte man wieder auf der Terrasse, dann teilte man sich wieder in kleine zwanglose Gruppen und verteilte sich in die Bosquets und Alleen und suchte im Grase umher, denn Alles war schon voller Veilchen. Der moldauische Fürst Muresti hatte eine Weile hindurch ui einer unbesuchten Allee, die dem Waldraine zuführte, seine Cigarre geraucht. Er dampfte dieselbe auf echt moldauische Art in dicken Kreiswolken von sich und schleuderte dabei behaglich vorwärts. Sein scharfes, glühendschwarzes Auge mußte aber doch scharf auslugen zwischen den Büschen nach links und rechts, denn er blieb plötzlich stehen, maß den Zwischenraum der ihn von der Terrassenweite trennte, auf welcher eben Gräfin Nesti, die Gesellschaft suchend, umherschwebte, und war mit zwei, drei zierlichen Sätzen an ihrer Seite. Der Moldauer hatte etwas unbeschreiblich Elastisches in seiner schlanken, eleganten Figur. Er war gebaut wie der Apollo vom Belvedere und von jener schmalen, bronzefarbigen Schönheit, welche gleichsam gebietet, ohne zu befehlen — selbst wo sie schmeichelt. Dieser dunkle, schlanke Cavalier in seiner knappen Sammettracht und das feenhaft zarte Wesen mit ihren Hellen knisternden Stoffen neben ihm, bildeten eine wunderhübsche Gruppe. „Und das Armband?" fragte er und schwang seine Cigarre im ersten tiefgoldigen Sonnensinken, daß das Glühen der Tabaksblätter mit dem Funkeln
seines Brillantringcs zusammen gleichsam ein Netz bildeten. Sie wies es ihm mit mädchenhafter Grazie. „Da!" sagte sie. „Sehen Sie, was für ein absonderliches altes Ding das ist!" sagte sie lachend. „So spitzig und reich und blind vor Alter!"
(Fortsetzung folgt.)
Der Sternenhimmel entfaltet gegenwärtig eine solche Pracht und bietet dabei so ungewöhnlich viel des Interessanten, daß es sich für den Naturfreund wohl verlohnt, sich einmal in seine Betrachtung zu vertiefen. Alle vier die Fixsterne 1. Größe an Helligkeit übertreffenden Planeten, welche unser Sonnensystem überhaupt aufzuweisen hat, stehen, ein seltenes Zusammentreffen, zu gleicher Zeit und ziemlich nahe bei einander am Abendhimmel und erhöhen den Glanz des Fixsternhimmels, der an sich schon um diese Jahreszeit für uns bekanntlich in seinem schönsten Schmuck erscheint. In seinem vollsten Glanze prangt der Sternenhimmel etwa von 8 bis 9 Uhr Abends. Im Westen glänzt der schönste aller Sterne, die bezaubernde Venus, die augenblicklich bei ihrem größtmöglichen Winkelabstande von der Sonne und begünstigt durch die aufgerichtete Stellung des Zodiakus im Mürz und April sich hoch über den Horizont erhebend, ihren höchsten Glanz als Abendstern entfaltet. Schon bald nach 7 Uhr, unmittelbar nach Sonnenuntergang, kann man sie hoch an dem noch stark beleuchteten westlichen Himmel als lichten Punkt mit bloßein Auge deutlich erkennen: zwischen 8 und 9 Uhr strahlt sie in ihrer größten Helle und gegen 10 Uhr geht sie bereits unter. Weiter aufwärts im Sternbild des Stiers, zwischen dem Aldebaran und den Plejaden, steht der rötlich leuchtende Saturn, der interessanteste von allen Planeten unseres Systems, der durch seinen Ring zum Verräter des großen Geheimnisses vom Aufbau der Sonnensysteme (nach der Laplace'schen Theorie) geworden ist, ferner nahe bei Castor und Pollux der Jupiter, der größte unserer Planeten, der an kubischem Inhalt alle anderen Planeten zusammengenommen um die Hälfte übertrifft, mit bläulich-weißem Licht, als bei weitem hellster Stern dieser Partie des Himmels, und diesem fast auf dem Fuße folgend, der Mars mit intensiv rotem Lichte. (F. I.)
Ein Unterschied. Landrat: Nun wie gefällt euch denn euer neuer Bürgermeister ? — Bürger: Neue Stiefel drücken, Herr Landrat. — Landrat: Wenn man alte Stiefel nicht schmiert, so drücken sie auch. _
Scherzfrage. Was ist eine standesgemäße Partie? — Wenn ein Bierbrauer eine Hopfenstange heiratet.
Das Weib ein Buch.
Man nennt das Weib ein Buch und zwar Der Schöpfung schönstes Exemplar.
Sehr schön ist der Vergleich bei meiner
Ehre!
Wenn nur — der Einband nicht so _ teuer wäre!
W cr t s e U
Es ist geteilt und teilt zugleich, jedoch nur ungeteilt.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.