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Freude war es eigentlich, welche ihr im ersten Moment ihr einsames kleines Herz erwärmte. Er war so schön in seiner- jugendlichen, so ehrfurchtsvoll gedämpften Leidenschaft. Sein blasser Bronceteint war leicht gerötet, das nachtdunkle Haar fiel ihm in reichen wilden Locken in die Stirn, und aus seinen flammenden Augen leuchtete eine siegende, mutige Liebe, welche aber gleichsam vor ihrem Gegenstände demütig das Knie beugte und sich willig fesseln lassen wollte; es war die echte erste Liebe eines heißen, unberührten Herzens. Und es ist ein so wunderbar schönes Gefühl, so geliebt zu werden! Und vollends für das verlassene Herz eines alleinstehenden Kindes. Maria war gleichsam betäubt im ersten Augenblick; sie lauschte seinen Worten mit einem Gefühl unaussprechlichen Wohlseins. Es war ihr, als müsse sie seine Hand ergreifen und ihm sagen: ja, sprich fort, sprich fort, liebe mich und schütze mich! Aber mitten in dieses erste, instinktive Gefühl hinein erfaßte sie plötzlich eine jähe Angst. Eine seltsame, eine unerklärliche Angst. Nicht vor ihm, der da bat, dessen Echtheit und Bravheit sie fühlte, sondern eine Angst vor einem Unrecht, welches sie ihm an- thun wollte. Es that ihrer Seele wohl von einem Menschen geliebt zu werden, aber sie fragte sich plötzlich: kann ich denn wieder lieben? Sie fühlte, daß sic, wenn sie diese Neigung annehmen wollte, wieder wahre Neigung dafür geben müsse, daß sie sonst selbstsüchtig eine Flamme nährte, die unbefriedigt in sich selber würde erlöschen müssen in seinem Herzen unter bitteren Qualen. Und sie wehrte gleichsam seine Worte ab mit gefalteten Händen und trat rasch von ihm fort, wie zu Tode erschreckt.
Er klagte auf: „Sie zürnen mir!"
„Nein!" deutete sie mit dem Kopfe und ließ ihr Gesicht in ihre Hände sinken.
„Und das dürfen Sie auch nicht!" flehte er weiter. „Was will ich denn? Ich muß Ihnen nur sagen, was ich fühle. Bedenken Sie, daß mein Herz überströmt, daß ich noch jung bin und ich noch niemals so fühlte! Ich muß Ihnen sagen, daß Sie mich so glücklich machen zu jeder Sekunde, ohne daß Sie es wissen! Daß Sie mir meine Heimat wiederschenken, und daß ich nichts dafür kann, wenn ich Alles das nicht bekämpfen kann, nicht bekämpfen will. O, Fräulein Maria, zürnen Sie mir nicht! Ich könnte es nicht ertragen, ich verlange ja nichts, als Sie manchmal zu sehen, von Weitem, und bin schon zufrieden, daß ich Ihnen alles das sagen konnte. Denn es hätte mir sonst das Herz abgedrückt!" Es lag so viel jugendliche Demut und dabei doch so viel männliche Offenheit in seinen Worten, in seinem Ton.
Sie ließ langsam ihre Hände von ihrem Gesicht sinken. Sie war todtenblaß geworden, aber sie hatte sich auch wieder zur Ruhe gezwungen mit all der seltsamen, trotzigen Willenskraft, welche in diesem energischen Mädchen lag. „Herr Lieutenant" — sagte sie rasch, ernst, wie bittend — „Glauben Sie nicht, daß ich zürne und daß ich nicht fühle, wie brav Sie denken, während Sie so zu mir sprechen.
„Ja, ich sage Ihnen, daß es meinem Herzen wohlthat, zu finden, daß cs ein Herz geben könne auf dieser Welt, dem es nicht ganz gleichgültig sei, ob ich lebe oder todt bin. Daß ich Ihnen dies gestehe, mag Ihnen zeigen, daß ich Sie nicht mißverstanden habe und daß ich Sie achte. Aber ich bitte Sie innig: sprechen Sie nie mehr in diesem Tone zu mir. Und selbst die Freundschaft, die Sie für mich fühlen und auf die jedes Mädchen stolz sein könnte, suchen Sie sie zu unterdrücken, zu vergessen."
„Vergessen!" rief er. „Aber kann man denn das?"
„Man kann Alles", sagte sie mit unbeschreiblicher Trauer in der Stimme. „Man kann Alles, was man als recht erkennt, so viel Kraft hat Gott jedem Menschen gegeben. Und hier ist es recht. Denken Sie, Sie hätten mich nie gesehen. Kommen Sie niemals her, richten Sie nie das Wort an mich. Lassen Sie mich einsam meinen einsamen Weg gehen. Denn ich fühle, daß es unrecht, daß es abscheulich selbstsüchtig von mir wäre, Ihre herzliche Nxjgmig anzunehmen, die ich nie, niemals erwiedern kann."
Fortsetzung folgt.)
Ein neues Hausmittel im besten Sinne des Wortes, ein zuverlässiger stets dienstbereiter Helfer in allerlei Nöten sind Dr. Lindenmeyers fertige Wasser-Umschläge. Die überaus segensreiche Anwendung des billigsten und wirksamsten Medikaments, des Wassers, wird durch die Umschläge, wie sie Dr. Lindcnmeyer unter gesetzlichem Schutz gegen Nachahmung in seinem Centralmagazin zum roten Kreuz in Stuttgart anfertigen läßt, erst zum Gemeingut, und seine Umschläge werden daher in jedem vorsichtig geführten Haushalt als einfachste und sicherste Nothclfer für alle Fälle gehalten werden. Zum Gebrauch wird einfach die Innenseite mit Wasser, kalt oder heiß, je nach Bedarf, oder mit Branntwein, Mutterlauge, Salzwasser re. mäßig befeuchtet und der Umschlag umgebunden, worauf er, ohne des Wechsels zu bedürfen, 48 Stunden gleichmäßig feucht bleibt. Der Patient kann damit umher-, ja sogar ausgehen. Dabei sind sie billig und haltbar, können gewaschen und desinficirt werden, um immer auf's Neue wieder zu dienen. Bei Kopfweh, Halsweh, Heiserkeit gibt es kein besser wirkendes Mittel als Dr. Lindenmeyers feuchter Umschlag. Bei Brustkatarrh und Lungenleiden katarrhalischer und entzündlicher Natur leistet der Brust- Umschlag unschätzbare Dienste, wie auch
die SpeUal-Umschläge für böse Brust
stillender Frauen. Stillende Frauen sollten diesen Umschlag, dessen Kosten nur vkL 2.50 betragen, während der ganzen Dauer des Wochenbetts tragen; sie erreichen damit, daß die Milchabsonderung viel glatter und ebenmäßiger von Statten geht und jede Härte im Entstehen vermieden wird. Bei Magen- und Unterleibsleiden, bei Schlaflosigkeit, Diarrhöe und Verdauungsbeschwerden, bei Krämpfen und Leibschmerzen, für unterleibsleidende Frauen leisten Dr. Lindenmeyers Leib-Umschläge mit Salzwasser, heißem Wasser oder Franzbranntwein befeuchtet, ganz Vorzügliches. Rheu
matismen und Gicht werden mit heißen Wasserbinden eingebunden, gequetschte, verstauchte Glieder, Krampfadern re. mit kalten Wasserbinden. (F. I.)
Kurzsichtig und doch weitsichtig. Herr Bureauchef, ich bin so frei, Ihnen mitzuteilen, daß ich kurzsichtig bin; ich habe die Vorsicht und Umsicht, meine Vorgesetzten stets hiervon zu verständigen und um Nachsicht zu bitten, wenn ich sie nicht grüße; ich thue das nicht aus Absicht und bitte daher auch Sie, Herr Bureauchef, auf meine Kurzsichtigkeit Rücksicht zu nehmen und keine falsche Ansicht über mich zu fassen. (Vetter a. S.)
Ein- und Ausbildung. Herr: Lieber Doktor, wer maltraitirt denn dort drüben so gräßlich die Violine?"
Doktor: „Das ist ein Neffe von mir, er bildet sich ein, er bildet sich aus."
(Vetter a. Schw.)
Zu viel Hülfe. Betrunkener (im Begriffe auf sein Pferd zu steigen): „Alle guten Geister helft mir auf mein Pferd." — Er nimmt einen tüchtigen Schwung, fällt jedoch auf der anderen Seite wieder herab. — „Alle guten Geister siyd doch zu viel, bloß die Hälfte."
Welcher Wert alten Briefmarken, bezw. Couverts mit eingedruckten Briefmarken beigelegt wird, beweist der Umstand, daß ein auswärtiger Händler für Couverts von Thurn und Taxis, mit lila Ueber- druck aus den Jahren 1861 bis 1863 für ganze Exemplare je 2 vlL-, für Quadratausschnitte je 75 sowie Preußen-Couverts mit achteckig eingeprägtem Kopf aus den Jahren 1852 bis 1854 je 3 ^ bezahlt.
Wie viel Kellner hat Berlin? Im „Christlichen Verein junger Männer" fand eine stark besuchte Versammlung für Kellner statt. Das „B. Fr.-Bl." theilt aus der Ansprache an dieselbe die That- sache mit, datz der Kellnerstand in Berlin 15—20 000 Köpfe zähle.
Vielen Bienenzüchtern und Bienenfreunden dürfte die von Ende März bis Mitte Mai blühende Pflanze Trabis alpinensis fast völlig unbekannt sein, und doch liefert sie in dieser blumenarmen Zeit sehr reichliche Nahrung. Durch ihre blendend weißen Blüten und honigsüßen Geruch eine Zierde jeden Gartens und der einfachen Levkoye ähnlich nimmt sie mit dem undankbaren Boden vorlieb und wird im August durch Stecklinge vermehrt. Jedenfalls ist der Anbau dieser Pflanze sehr zu empfehlen.
Erwärmung der Treibkästen. Ein billiges Ersatzmittel für den theuern Pferdedünger zur Anlage von Frühbeeten ist ausgekochter Hopfen, welcher aus größeren Brauereien fast umsonst zu erhalten ist und noch stärkere und auch anhaltendere Wärme erzeugen soll, als der Pferdedünger.
Auflösung des Rätsels in Nr. 55.
Trost, Rost. Ost, O, St.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.