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aus, der Bediente hat die Waschkasten- Toilette hcrgerichtet und sich entfernt. Wie der Graf allein ist verschwindet für einen Augenblick die frische Elasticität aus seinem Wesen und er wirft sich wie müde in ein Fauteuil.Wie ist es wieder über mich gekommen!" murmelte er zwischen den festgeschlossenen Lippen.Gerade so wie das erste Mal. Und doch ist ja Alles gut, und es ist ein Glück, daß sie hier eingezogen ist. Sie ist ruhig, gelassen, ernst wie immer, ohne Leidenschaften und Gefühle. Und es ist am besten so, wie es ist." In demselben Augenblick ertönte unten die Beethovensonate. Er erhob sich und trat ans Fenster und horchte. Die Sonate fing an mit leisen, zitternden Tonen, schwoll dann an zu fieberhafter Unruhe, endlich zur lobendsten Leidenschaft, die dann wieder müder und müder wurde und gleichsam erlosch in einem breiten, gelassenen Thema. Graf Aquilin horchte zu, aufrecht stehend, mit gekreuzten Armen, bis zum Schlüsse.

Und dabei sang und strömte der Maien­wind durch die Knospen und durch die Wolken um und über das friedlich schauende, stille Schloß.

* *

Das Souper war an diesem Abend wieder vollzähliger als sonst. Die Gräfin war von Reitenburg zurückgekehrt und war kindisch neugierig in Bezug auf die kleinen Reiseabenteuer ihres Gatten; sie sah ihn erst im Souperzimmer wieder. Es lag nichts in dieser Neugierde, was auf gatten­hafte Besorgnis und auf herzliche Wieder­sehenslüst schließen ließ die hübsche Gräfin war für beides zu kindisch und bequem. Sie saß am Soupertisch in ihrem Lehnstuhl, die Füßchen hoch ans ein kleines Tabvuret gestützt, in bunte Schärpen ge­hüllt und mit ihrem reizenden Lächeln ge­dankenlos hin und herschnatternd wie ein Colibri von seinem Baumaste zwitschert.

Graf Aquilin war frischatmig wie sonst und seine roten Wangen glühten wie ehe­mals, wenn er sprach; Fräulein Maria am Ende des Tisches machte die Honneurs des Thees und handhabte die Maschine; Comtesse Mirza war überall und nirgends und wenn sie einmal auf ihren Stuhl hopste, so knieete oder stand sie auf dem­selben, vibrirend vor Lust wieder herab­zuspringen.

So toll gieng es zu auf der Reise", sagte der Gras und endete damit die Er­zählung einer Bahnhofsaventüre.Und hier im Schlosse ist wohl ein Tag ge­wesen wie der andere?"

Das kannst Du Dir denken, Aquilin!" plauderte die Gräfin.Ich konnte natür­lich keine Abende arrangiren, denn ohne die Garnison sind sie fade und ich mußte doch die Strohwitwe markiren. Ich war dafür alle Tage in Reitenburg drüben. Denke Dir, die Ripoldi hat einen neuen Anbeter und weißt Du, wen? Den alten Marquis aus Görniz weißt Du, der immer in steirischer Tracht geht und Schulden macht beim Kaufmann. Uebrigens hat ihn ja auch auf der Zunge der Schlag gelähmt. Der Major war einmal Vor­mittags hier mit dem Hauptmann Schmettis und Grafen Kühling. Sie führten unr­einen neuen Offizier auf, einen Italiener

einen bildschönen jungen Mann nicht wahr, Fräulein?"

Diese unvermutete, direkte Frage an die Gouvernante klang so seltsam, daß Graf Aquilin erstaunt von seiner plaudern­den Frau ans das Fräulein blickte. Die Gouvernante war eben so überrascht und ein rosiger Schimmer floß ihr bis ans die Stirn hinauf. Ihr Blick wurde für einen Augenblick größer als sonst, wie sie ant­wortete:Schön! Ich glaube, ja."

(Fortsetzung folgt.)

Der letzte Vers desWalfisch zu Askalon". DieTägliche Rund­schau" fügt dem jüngst von derDidas- kalia" mitgeteilten humorvollen Schreiben Scheffels folgende interessante Mit­teilung bei: Wir sind zufällig in der Lage, ein auf denselben Vers bezügliches Er­eignis zu erzählen, welches den Lesern wieder einmal den besonders augenfälligen Beweis liefern wird, wie seltsam oft im Leben der Zufall spielt. Der Verfasser jenes Verses, durch den das Scheffel'sche Lied die angenehme Eigenschaft eines Dinges ohne Ende erhalten hat, ist Dr. B., ehemals Student in Göttingen, jetzt Pro­fessor an der argentinischen Universität zu Cordoba. Einst auf einer wissenschaftlichen Reise begriffen, kehrte er am Fuße der Cordilleren in eine Farm ein, in deren Besitz er alsbald einen Landsmann aus nächster Nähe seines Heimatsortes erkannte. Die Freude des wunderbaren Zusammen­treffens machte sich alsbald in gemein­schaftlich gesungenen Liedern Luft. Man sang n. A. denSchwarzen Walfisch zu Askalon", und zu großem Erstaunen Dr. B's intonirte der Landsmann in der Fremde auch den unechten Schlußvers. Woher kennen Sie den Vers?" fragte Dr. B.,von Scheffel stammt er nicht." Weiß ich", antwortete der Andere, ein Göttinger Student hat ihn gemacht, er hieß B., ich habe ihn persönlich ge­kannt!"Wie was?" Dr. B. springt auf und ergreift die Hand des Landsmanns. So erlauben Sie mir, daß dieser Göttinger Student sich Ihnen persönlich vorstellt es ist der Nämliche!" Und diese Be­gegnung fand statt im argentinischen Ur­wald, weit, weit von der Musenstadt, wo der Student einst ahnungslos dem Scheffel'sche» Liede den lustigen Streich angethan hatte!

Ein Roman aus dem Leben wird aus Philadelphia berichtet. Vor zwei Jahren überwarf sich ein Schotte, William Anderson, mit seinen Eltern und gieng nach Amerika. Da er ein Nichtsnutz war, so behielt er nirgends eine Stelle und gieng als Vagabund durch das ganze Land. Er war Kuhhirt in Colorado, Aufwärter in Chicago, dann wieder Bettler. Bor einigen Tagen war er in Philadephia und bettelte in einem wohlhabenden Hause; man reichte ihm Brod und Fleisch, in einemLedger" (dem bedeutendsten Blatt Philadephias. Red.) eingewickelt; er las die Briefliste einer Zeitung, fand seinen Namen und erhielt auf der Post einen Brief von dem Advokaten seiner Familie, in welchem ihm die Mitteilung wurde, daß sein Vater und seine Schwester gestorben

seien und daß er 150,000 Doll, geerbt habe. Anderson gieng mit dem Briefe zu A. W. Childs, dem Herausgeber des Blattes, welcher ihn nun einkleidete und ihm die Mittel gab, nach Hause zu fahren und seine Erbschaft zu erheben.

Bierkonsum. Nach der neuesten Statistik des Weltdurstes stellt sich der Bierkonsum per Kopf und Jahr in den einzelnen Staaten sich folgendermaßen: Baiern 240,6 Liter, Württemberg 154, Belgien 145, Großbritannien 118, Baden 63 , Sachsen 60,5 , Elsaß-Lothringen 48, Preußen 39,5, Niederlande 37, Oesterreich 4,5, Nordamerika 29, Frankreich 19,5, Norwegen 14,5, Schweden 12,5, Rußland 1,75 Liter. Oesterreich nimmt in dieser Rangliste den zehnten Platz ein, Bayern den ersten, lieber Bayern steht aber dessen Hauptstadt München, wo jährlich nicht weniger denn 445 Liter auf den Kopf kommen, mehr als ein Liter täglich auf jeden Einwohner, Mann oder Frau, Greis oder Säugling. Beiläufig berechnet, trinkt ganz Oesterreich nur neunmal so viel wie München, Frankreich nur fünf­mal so viel, und wenn einmal das Hof­bräuhaus ein gutes Jahr hat und der Durst der Münchener sich ein klebriges erlaubt, dann konsumiert die einzige Stadt in einem Jahre fast ebensoviel Bier wie Rußland das Achtzigmillionen-Reich.

Der Bauchredner Comte aus Genf begegnete auf dem Wege nach Rumly, wo eben Jahrmarkt war, einer Bauersfrau, die ihr Schwein dorthin brachte. Wie teuer wollt Ihr das Schwein ver­kaufen?" fragte Comte.Fünfzig Francs", antwortete die Frau.Spricht Euer Schwein?" fragte er wieder.Ei, wer weiß, vielleicht lernt es noch einmal so gut plaudern, als Ihr", sagte sie. Das wollen wir gleich sehen", versetzte er, und faßte das Schwein bei den Ohren, welches ganz deutlich folgende Worte zu grunzen schien:Das Weib lügt, ich bin nur zehn Livres wert." Die Frau wäre beinahe vor Schrecken umgefallen; sie mit vielen Anderen glaubte, ihr Schwein sei verhext, und Niemand wollte es kaufen trotz aller nachherigen Versicherungen des Bauchredners, daß er und nicht das Schwein geredet habe.

Ein aufgefundenes Schiff. Bei Port Penn, Del., ist ein Schiss auf dem Grunde des Meeres entdeckt worden, wel­ches vor 150 Jahren gesunken ist. Ein Theil der Ladung besteht aus Flachssamen und ist gut erhalten.

GeboteneVorsicht.Sie! Nehmen Sie sich in acht, daß der Herr da drüben mit seinem Taschenmesser Ihrer Nase nicht zu nahe kommt."Warum denn?"Er ist Kupferstecher."

Gute Auskunft. Amtsrichter: War er beim Militär?" Bauern­bursche:Ja!" Amtsrichter:Wie

lang?" Bauernbursche:5 Fuß 10 Zoll." (V. a. Schw.)

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.