Aronik.
Deutschland.
Der Entwurf eines Reichsver- sich ern n gsg esetzes liegt gegenwärtig dem Reichsjustizamt zur Begutachtung vor. Derselbe schlägt, wie schon früher verlautete, ein ReichsversicherungSamt zur Kontrvle der Ausführung des Gesetzes Vvr.
Geni! gthuung vvn Seiten Frankreichs. Aus der Zeit der Reise! des Kronprinzen nach Spanien wird ein interessantes Factum berichtet, das in Paris, wo mau sich von Anfang an über die Reise so viel Echauffcment machte, besonderen Grund zur Erregung gegeben hat. Auf der Ueberfahrt des deutschen Geschwaders von Genua nach Valencia begegnete den deutschen Fahrzeugen im Golf du Lyon ein französisches Kriegsschiff, das nicht nur gegen alle Regeln seinen Conrs mitten durch das Geschwader nahm, sondern auch den durch die internationale Etiquette gebotenen Salut nicht abgab, obschon die kronprinzliche Flagge gehißt war. Diese Unhöflichkeit, deren Absichtlichkeit nicht zu verkennen war, mußte auffallen, der Kronprinz berichtete über das Vorkommniß nach Berlin und von hier aus kam die Sache zur Cognition des Reichskanzlers, der darüber eine Unterhaltung mit dem französischen Botschafter hatte. Die Angelegenheit ist demnächst in Paris untersucht worden und das französische Gouvernement hat nicht gezögert, sein Bedauern über das Vorkommniß aus- zusprechcn, ein Bedauern, das dadurch noch im Besonderen dokumentirt wurde, day der betheiligte französische Kapitän seine Demission erhielt. (B. N. N.)
D i e T o d esf ä l l e in der Armee. Die parlamentarischen Widersacher unserer Hccreseinrichtungen, welche mit ganz besonderer Vorliebe auf den Resultaten der militärischen Selbstmordstatistik herumzu- reitcn pflegen, thäten gut, folgende ziffermäßige Angaben zu beherzigen, die wir in der Zusammenstellung eines Professors der Universüät Pavia über das zahlenmäßige Berhültniß der Todesfälle in den europäischen Armeen finden. Darnach kommen auf je 10,000 Mann vom preußischen Heere nur 57 Sterbefälle, in England 84, in Frankreich 92. in Oesterreich und Italien dagegen 112 resp. 116 (!). Es stellt sich bei dieser Gelegenheit der merkwürdige Umstand heraus, daß die Sterblichkeitsziffer im umgekehrten Ver- hältniß zu den bürgerlichen steht. So starben von je 10,000 Civilpersonen in England 217, in Frankreich 244, in Preußen 269. Darnach wäre also die Wahrscheinlichkeit zu sterben für einen preußischen Soldaten etwa fünfmal geringer als für einen preußischen Civilisten. Wie reimt sich damit die fortschrittlich-demokratische Fabel von der „Tyrannei" der militärischen Vorgesetzten, welche den Mannschaften ihr Dasein angeblich bis zum Lebensüberdruß verbittert? — Diese statistischen Nachweise beweisen, daß dieselben hinter denen in den Heeren anderer Länder wesentlich zuückbleiben. Bei dem Vergleiche der Todesfälle in der Civilbevölkerung mit denen des Heeres sind selbstverständlich die gleichaltrigen Stufen in Betracht gezogen. (F. I.)
Berlin. Die beiden Töchter einer Frau v. Bülow, beide als ausgezeichnete Schlittschuhläuferinnen bekannt, waren am Mittwoch nach dem Rummelsbnrger See gefahren, um dort diesem Sport obzulicgcn. Ein etwa 14jähriger Knabe, der auch dort Schlittschuh lief, näherte sich einer offenen Stelle und fiel ins Wasser. Der Junge rang bereits mit dem Tode, als die Damen durch das Geschrei des Publikums darauf aufmerksam wurden. Die jüngere, eine tüchtige Schwimmerin, eilte auf die Unglücksstätte zu, stürzte, von dem Schlittschuhlaufen erhitzt, ins Wasser und hielt den Knaben so lange über Wasser, bis ihm mit einer langen Stange Hilfe gebracht und er aufs Eis gezogen werden konnte. In demselben Augenblick, wahrscheinlich von einem Schlagfluß getroffen, verschwand die Retterin unter den Wellen. Als die ältere Schwester dies bemerkte, stürzte auch sie sich in das nasse Element, nachdem sie eine Ruthe ergriffen, diese der untersinkenden Schwester hinhaltend. Den Bemühungen beherzter Männer gelang es glücklicher Weise, jene fast leblos auS dem Wasser auf das Eis zu retten. Die ältere der Schwester» wurde in das Haus des Teppichfabrikanten Protzen gebracht, wo sie bald wieder zur Besinnung kam, so daß sic ohne Gefahr noch in der Nacht in der eigenen Equipage von Herrn Protzen dem mütterlichen Hause zugeführt werden konnte. Die Leiche der ihrem Hcldenmnthe zum Opfer gefallenen jungen Dame wurde bald aufgefunden, ebenfalls in das Haus des Herrn Protzen gebracht und am Donnerstag Abend nach der Leichenhalle der Zwölf-Apostel-Gemeinde bei Schöneberg übergeführt.
Karlsruhe, 3. Jan. Die „Karlsruher Ztg." theilt offiziell mit, Prinz Ludwig sei vom Papste mit großem Ceremoniell empfangen worden. Das Gespräch dauerte 25 Minuten. Der Papst habe hervorgehoben, der Besuch deS deutschen Kronprinzen habe ihn sehr erfreut. Später erfolgte die Vorstellung des Gefolges des Prinzen.
Die liberale Partei des badischen Landtags hat vvr Eintritt der Landtagspause ihren leitenden Ausschuß gewählt, und zwar besteht derselbe künftig aus den Abgeordneten Kiefer, Friderich, Pflüger, Hofmann, Roder und Hebting. Der Kammerpräsident Dr. Lamey wird dem Ausschüsse, wie bisher, als Ehrenmitglied angehören.
Württemberg.
Stuttgart, 4. Jan. Aus San Rcmo eingetroffenen Nachrichten zufolge wurde daselbst bei Seiner Majestät wie das Weihnachtsfest so auch das Neujahrsfest in heimathlicher Weise gefeiert. Der König nahm am Neujahrsmvrgen die Glückwünsche der in seinem Gefolge befindlichen Personen entgegen und empfing im Laufe des Tages theils aus schriftlichem, theils auf telegr. Wege zahlreiche Glückwünsche von Souveränen und anderen fürstlichen Personen, sowie von Behörden, Korporationen und Privatpersonen aus der Heimath. Das Befinden Seiner Majestät ist fortwährend ein befriedigendes, obgleich die Witterung an der Riviera immer noch einen rauhen und unfreundlichen Karakter zeigt.
Gestorben: 5. Januar zu Berlin Dr. Franz PH. Fr. v. Kübel, Vizepräsident des württ. Oberlandesgerichts und Mitglied der Kommission für Ausarbeitung des bürgerl. Gesetzbuchs für das deutsche Reich in Berlin, Herausgeber des württ. Gerichtsblatts, Mitglied des Verwaltungsraths der Kaiser Wilhelmsstiftung.
Der Tag zur Vornahme der Wahl von Mitgliedern der Handel s- und Gewerbekammern ist durch diese Kammern mit Gutheißung der Zentralstelle für Gewerbe und Handel in nachstehender Weise festgesetzt worden: für den Bezirk der Handels- und Gewerbekammer in Stuttgart auf den 23., Heilbronn 22., Reutlingen 10., Ulm 16., Calw 23., Heidenheim 25., Ravensburg 23., Rottweil 21. Jan. d. I.
Das württembergische Franken hat bezüglich der Strafrechtspflege die erfreuliche Erscheinung dargeboten, daß die Schwurgerichtssitzungen beim Landgericht Hall in zwei Vierteljahren ausfallen konnten und auch sonst ein Rückgang in Anzeigen und Straffällen in dem genannten Gerichtssprengel zu verzeichnen ist.
Anslan d.
Das Effektiv der stehenden A rmee Frankreichs für das Jahr 1884 beträgt nach dem Budget: Aktive Armee 491,916 Mann, Gendarmerie 26,726 Mann. Totale 518,642 Mann. Die Zahl der Pferde ist 113,334.
Eine neue orientalische Frage scheint sich in Egypten vom Sudan her zu entwickeln und es läßt sich jetzt noch nicht übersehen, welche Ausdehnung diese Frage annehmen wird.
Bei dem Brande der israelitischen Schule in Ga lata sind 19 Kinder und eine Lehrerin umgekommen.
London, 3. Jan. In der Edmond- schen Menagerie in Bolton entstand gestern Abend ein furchtbarer Schrecken. Als der Löwenbändiger Delmonico in den Löwenkäfig eintreten wollte, sprang ein junger Löwe über seinen Kopf weg mitten in den Zuschauerraum, wo alsbald das Publikum, vom Schrecken erfaßt, den Ausgängen zn- drängte. Der Löwe hatte gleichfalls Angst und lies wie toll herum. In dem Löwenkäfig selbst herrschte die größte Aufregung. Unglücklicherweise kam eine Frau auf der Flucht vor dem jungen Löwen der Löwin im Käsig zu nahe, welche sie mit einem mächtigen Tatzenhieb im Genick faßte und es versuchte, sie in den Käfig zn zerren. Die Wärter hieben mit Eisenstangen und Mistgabeln auf die Löwin ein, die jedoch erst nach einer geraumen Weile ihr Opfer fahren ließ. Der Frau wurde ein Stück der Kopfhaut abgerissen und der Hals verletzt. Der junge Löwe lief schließlich in ein leeres Faß und war froh, als er sich wieder im Käfig bei seinen Gespielen befand. Trotz des furchtbaren Gedränges sind keine ernstlichen Unfälle vorgekommen und die Besucher der Menagerie kamen mit dem Schrecken und einigen Quetschungen davon.
New York, 5. Jan. Dr. Eduard Lasker ist Nachts 1 Uhr am Herzschlag plötzlich gestorben. Lasker kehrte zu Wagen von einem Diner beim Banquier Seligmann zurück, als er vom Schlage ge-