gleiten, ich hielt ihn zurück; nur die Mutter sagte herzlich:

Kommen Sie morgen zu uns, daß wir Ihnen Alles erklären," und drückte mir theilnehmend die Hand.

Ich ging in meine Wohnung, setzte mich in der Dunkelheit an's Fenster und starrte hinüber auf die an der Gardine hinschwebenden Schatten. Endlich verlosch auch dort das Licht, und noch immer lehnte ich die brennende Stirn an die kalten Scheiben und starrte hinaus in die Nacht Wie verlassen, vereinsamt war ich, um alles Lebensglück betrogen! Weibertreue du bist nur eine leichte Schneeflocke, die der nächste Sonnenstrahl auftrinkt! . Aber bald wurde ich ruhiger. Würde Marie meinem Bruder die alte Liebe ge schenkt haben, überlegte ich, wenn er wirk lich schuldig war und sie vergessen hatte? Nein, nein, er liebte sie noch, und dann war's gut, dann hatte ich keine Rechte und war nun vom Schicksal ausersehen, die Brücke zu bilden, die zwei durch außer gewöhnliche Verhältnisse getrennte Herzen wieder zusammenführen mußte. Und was wollte ich denn? Hatte Marie nicht immer geschwankt, und war wohl das Verhält- niß zwischen uns über das einer herzlich­brüderlichen Freundschaft hinausgegangen Und so, meiner Stimmung und meiner Entschlüsse Herr, ging ich am andern Morgen hinüber.

Ich fand nur die Mutter und Louise anwesend und erfuhr nun, was ich ge ahnt: daß Adelheid in blinder Leidenschaft Mariens Briefe unterschlagen und, um das Verhältniß für immer zu trennen, ihre älteren Briefe zurückgeschickt, und daß Hermann dennoch der ersten Geliebten das Herz bewahrt habe.

Gerade daß meine Cousine Adelheid zu weit gegangen war und in ihrer un­glücklichen Eifersucht sich zu einer Täuschung hatte verleiten lassen, hatte ihr jetzt meines Bruders Herz völlig entfremdet. Während der Krankheit meines Bruders war es ihr leicht gewesen, sich der früheren Briefe Mariens zu bemächtigen, und durch Zurück- seudung derselben war es ihr beinahe ge­lungen, die beiden Liebenden für immer auseinander zu bringen. Jetzt war doch der Pfeil auf sie selbst zurückgeschnellt...

Und dies Aufklären, dies Ver­ständigen," setzte Louise beim Schluß ihrer Erzählung hinzu,knüpfte die zerrissenen Bande um die Liebenden wieder fest. Marie fühlte, daß sie nur Hermann geliebt, und wenn sie vielleicht in ihrem Herzen Hoffnungen erregt habe, ,sie nur durch Ihre Aehnlichkeit mit dem Bruder getäuscht worden sei."

(Schluß folgt.)

Der verhängnißvosse Tornister.

Eine lustige Sedan-Geschichte von L. Wriehner.

Nachdruck verboten.

(Fortsetzung )

Es war am 2. September 1871. Die Straßen und Gebäude der Residenz waren festlich geschmückt und überall gab sich ein freudig bewegtes Leben kund; die Erinne­rung an den großen Sieg von Sedan wurde an jenem ersten Jahrestage noch allgemeiner und großartiger gefeiert, als in den späteren Jahren. Auch von dem

Hause der Firma B. A. Wirsing L Co

in der L.straße wehte eine mächtige

Fahne herab, die mit ihren Falten bei nahe das in Gold prangende Schild der Firma verdeckte, aus welchem der Mitwelt die erfreuliche Anzeige gemacht wurde daß die Firma Wirsing L Co. eine große Niederlage echter französischer Weine halte Da oben im Comptoir sagte Herr Wirsing senior an dem heutigen Vormittage bereits zum siebenten Male zu Herrn Wirsing junior, seinem Gegenüber:

Mach', daß Du fertig wirst, mein Junge, Du weißt, daß wir heute Nach mittag die Klappe schließen."

Hm, hm," brummte Herr Wirsing sunior in seinen schüchternen Bart, und schrieb emsig weiter.

Nach einiger Zeit hob der ältere Herr von Neuem an:

Ich hoffe, mein Junge, Du wirst mir keine Dummheiten machen; die dumme französische Geschichte mit Deiner Fanchon, oder wie das Mädel hieß, konntest Du nun bald vergessen haben, und außerdem ist ja Deine Zukünftige auch eine Fran­zösin, also bleibst Du ja in der Familie."

Ja, aber Herr Wirsing," erwiderte der junge Mann, indem er die Feder hinter das Ohr steckte und sich, wie zu einer nngeren Auseinandersetzung bereit, in Positur setzte.

Es gibt nichts zu abern," entschied nrz Herr Wirsing,Du wirst Dir doch wenigstens Deine zukünftige Frau anseheu vnnen. Gezwungen sollst Du nicht wer­den, mein Junge, dazu kennst Du mich Wohl gut genug, aber angenehm wär' es mir allerdings und von großem Vortheile wäre es für unser Geschäft, wenn Du Dich zu der von mir geplanten Verbindung entschließen könntest. Du weißt, das Haus Avrineourt L Co. in Paris ist hochfein, und Du, der Du doch einmal mein Nach- olger wirst, würdest es jedenfalls nicht bereuen, meinem Rathe gefolgt zu sein. Aber wie gesagt"

Herr Wirsing junior war ein Pflege- ohn des alten Herrn Wirsing. Er wußte, welche Summe von Dankbarkeit er dem alten Herrn, der ihn in frühester Jugend in sein Haus ausgenommen und ihn stets wie seinen rechten Sohn behandelt hatte, chuldig war. Er war stets bemüht ge­wesen, die Wünsche seines Adoptivvaters zu erfüllen, und nun mußte er grade einem Hauptwunsche desselben Widerstand leisten; wenn eben nur nicht das fatale Gelöbniß in jener Nacht bei Carignan gewesen wäre. Flüsterte ihm doch immer und immer wieder eine geheime innere Stimme zu:Warte noch, warte noch, du wirst Sie noch wieder­inden." Heute Vormittag war nun die ihm bestimmte Braut, eine junge schöne Französin, aus Paris mit ihrer Tante angekommen, und heute Nachmittag sollten ich die jungen Leute kennen lernen. Die junge Dame, eine Nichte des Herrn Avrineourt in Paris, war merkwürdiger Weise kurz nach dem Friedensschlüsse von einer seltsamen Unruhe und Sehnsucht nach dem feindlichen Deutschland ergriffen wor­den und ruhte nicht eher, als bis der iebenswürdige Onkel ihrem hartnäckigen WunschL Lerlin" nachgegeben hatte. Er hatte sich an seinen Geschäftsfreund in

Berlin gewandt, diesem zunächst die Damen freundlich empfohlen, und da Herr Wirsing dem Franzosen ebenso freundlich entgegen kam, hatte sich zwischen Beiden ein leb­hafter, äußer-geschäftlicher Briefwechsel ent­spannen, dessen Schluß-Refrain auf beiden Seiten war:Wenn die beiden jungen Leute einander mögen, bon, ich habe nichts dagegen."

Sehen Sie, bester Herr Wirsing," hob Herr Wirsing junior nach einer Weile an,die Geschichte ist gar zu gefährlich. Wenn ich nun meiner Braut von Carignan untreu werde, mich hier verlobe und nun plötzlich meine Louison vor mich hinträte was dann?"

Ach was", sagte Herr Wirsing senior, Deine Louison hat Dich längst vergessen."

Das ist nicht möglich. Wenn Sie wüßten"

(Fortsetzung folgt.)

Zu viel verlangt. Herr Meier kommt spät angesäuselt nach Hause; seine Ehehälfte empfängt ihn mit einer tüchtigen Gardinenpredigt, die schließlich, da er noch zu widersprechen wagt, in einen argen Wortstreit ausartet. Ueber diesen nächt­lichen Skandal erbost, dringt der Haus- wirth in ihre Wohnung ein, um Frieden zu stiften: Ich bitte um Ruhe, Herr Meier".

Thut mir leid, Herr Schmidt" ent- gegnete dieser,Hab selber keine."

Scharfes Urtheil. Die ihrer Schönheit ebenso wie ihres Geistes wegen berühmte Lady Montague äußerte über ihr eigenes Geschlecht die beißendste Satire, welche nur zu denken. Sie sagte:Was mich darüber tröstet, eine Frau zu sein, ist, daß ich wenigstens niemals nöthig habe, eine solche zu heirathen."

Das Anballen des Schnees an den Hufen der Pferde zu verhüten. Wenn man die Hnse der Pferde im Innern mit weicher Seife einreiben läßt, so wird das lästige Anballen des Schnees dadurch verhindert. Das Einreiben mit Fett er­füllt denselben Zweck. Lange wird indeß dieses Verfahren schwerlich nachhalten. Weit sicherer verfährt man nach derFdgr." wenn man zwischen die Hufeisen ausge­schnittene Guttachperchablätter von der Dicke des Leders einlegt. Sie werden in heißem Wasser erwärmt und beim Einlegen oder Wiederausnehmen stellt man die Füße der Pferde in gut warmes Wasser. Die Ausfüllung der Hufe mit Guttapercha wirkt auch bei solchen Pferden sehr wohl- thätig, welche weiche Füße haben.

Auflösung des Räthsels in Nr. 184.

Faustrecht.

ÄolvkurS der Staatökussenverwaltung

vom 23. November 1883. 20-Frankenstücke: . . . 16 14 L

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Können täglich Sei aken Uost- ärnlern gemacht Werden.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.