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„Ein neuer Tornister nützt mir nichts; denn in dem verlorenen ist — ich habe — ach Gott —"
„Donnerwetter, nun habe ich's aber satt, ist den» der Kerl ganz und gar verrückt geworden! Was sind denn für Kostbarkeiten in dem Tornister, daß du gar so unglücklich thust."
„Ach Gott, Herr Hauptmann, meine Braut ist ja in dem Tornister".
lieber des Hauptmanns bärtiges Gesicht zuckte ein Lächeln, und da bekanntlich eine gut disciplinirte Compagnie pflichtschuldigst dann lachen darf, wenn der Vater der Compagnie lächelt, so brach nun ein brüllendes Gelächter aus, das natürlich sofort verstummte, als der Hauptmann wieder seine Amtsmiene aufsetzte.
„Rapportircn, aber rasch, wir haben nur noch wenige Minuten Zeit", rief der Hauptmann dem Gefreiten zu,- der eine wahre Jammermiene zur Schau trug.
Rasch berichtete nun Heinrich, wie er Louison, während sie in Carignan in Quartier lagen, kennen und lieben gelernt, wie sie sich ewige Treue geschworen und sich nach dem Kriege heirathen wollten.
„Nun, das ist alles ganz schön, aber was hat denn Dein Tornister mit der Liebesgeschichte zu thun? fragte der Hauptmann. ^
„Ach Gott, das ist es ja eben. Ich weiß eben nicht, wie meine Braut heißt. Sie hat eben einen so schweren französischen Namen, daß ich mir denselben nicht merken konnte, und da habe ich mir ihn ausgeschrieben, und diese Notiz, nebst dem Bilde meiner Braut, ist in dem Tornister. Und wenn ich den Tornister nicht wieder finde, so finde ich auch meine Braut nicht wieder."
„Das ist freilich schrecklich," sagte der Hauptmann, aber aus den Tornister können wir leider nicht warten. Tröste Dich mein Sohn, es gibt noch mehr hübsche Mädel in Frankreich, wenn Du durchaus eine Französin haben mußt. Und nun angetreten, marsch, marsch!"
Damit setzte sich der Zug in Bewegung, und auch Heinrich konnte natürlich nicht zurückbleiben. Daß er auf dem Marsche gar manchen guten und schlechten Witz wegen der „Braut im Tornister" zu erdulden hatte, brauchen wir wohl kaum zu sagen. Schließlich konnte sich auch Heinrich des Humors in der Sache nicht erwehren und da er hoffte, später seine Louison auf andere Weise wiedcrzufinden, machte er gute Miene zum bösen Spiel und lachte mit. Der kostbare Tornister war und blieb spurlos verschwunden.
(Fortsetzung folgt.)
Praktisch. Der hochweise Gemeindc- rath von Cividale (Obcritalien), in welchem Städtchen die Wiege der Bühnenkönigin Adelaide Ristori einst stand, hat vor Kurzem den Beschluß gefaßt, seiner gefeierten Landsmännin ein Monument auf dem Marktplatze daselbst zu errichten. Da jedoch die Stadtkasse von Cividale jetzt nicht über die zur Errichtung eines Monuments erforderliche Summe verfügt, so hat der Gemeinderath zugleich beschlossen, sich an Madame Ristori zu wenden, damit sie die Auslagen für dieses Monument bestreite. Madame Ristori lachte über diesen naiven Antrag, schickte
aber doch das nöthige Geld nach Cividale. — Natürlich!
Produktion der Bienen. Hat man sich jemals, so fragt der gelehrte Correspondent der „Liberty", Hr. Lancelot, eine genaue Rechenschaft davon zu verschaffen gesucht, was einfache Bienen nicht allein als Summe einer wunderbaren Arbeit, sondern überhaupt als reelles Produkt dieser Arbeit zu leisten im Stande sind! Folgende offizielle Ziffern, welche nach den von den Präfekten der verschiedenen französischen Departements eingelieferten Berichten vom Ministerium des Ackerbaues und des Handels erhoben worden sind, können einen Beweis von der Industrie der Bienen geben. Es bestehen gegenwärtig in Frankreich nicht weniger als 1,971,868 Bienenstöcke in voller Arbeitskraft. Diese lieferten im Laufe des Jahres 1882 9.948,642 Kilogramm Honig, die einen Bruttowerth von 14,945,885 Francs, und 2,845,749 Kilogramm Wachs, die einen solchen von 8,752,290 Francs darstellen. Diese Bienenstöcke haben mithin in einem einzigen Jahre einen Werth von 23,608,134 Francs pro- ducirt. .
Mittel gegen Husten. Ein wirksames Mittel gegen Husten, sobald derselbe von Erkältung, resp. aus dem Magen herrührt, besteht darin, daß mau Abends vor dem Schlafengehen und des Morgens nüchtern je eine halbe oder ganze Tasse Abkochung von Wermuth trinkt. Schon Biele hat dies Mittel binnen wenigen Tagen von ihrem Uebel befreit.
W ä t H s e c.
Wie schildert doch mein erstes wahr und treu
Den Menschen dir, sein Streben und sein Ringen.
Begeist'rung wecken wird es stets auf's neu.
Durch Lebenswahrheit oft Genuß dir bringen.
Gieb dem, der's hat, mein zweites immerdar,
So bist ein Richter Du, gerecht und bieder.
Muß der Gewalt es weichen, dann für- wahr
Erleben wir die Zeit des Ganzen wieder.
Auflösung des Räthsels in Nr. 183.
Offenbach.
Ein sttphamßrtts Concert-Programm
Großes
Instrumental- und Vocal-Concert in der Singakademie.
Programm:
1. Ouvertüre zu „Fra Diavolo" für großes Orchester, von Ander.
2. Phantasie über Motive aus „Norma" für Cello, vorgetragen vom Kummer- Musikus Herrn Mose Conini.
3. Duo für Pianoforte und Contrebaß in ^-moll von Stein.
(kreste uniiuuto — ^.äugio cantabile — 8cberr:o Aiocoao — Thema und Variationen.)
4. Berceuse für 50 Trompeten in Ois-iuoll von Richard Wagner.
5. Potpourri über Melodien aus „Don Juan" vorgetragen vom Orchester.
6. Recitativ und Arie für Sopran aus der Oper „Der Freischütz", von Weber.
7. Finale aus dem Streichquartett für 2 Violinen, Viola und Cello in I'-äur von Haydn.
8. Terzett für Sopran, Tenor und Baß von einem anonymen Componisten.
Das Concertpiano ist ans der Hof-Piano- fortefabrik von C. Bechstein.
Anfang 7 Uhr. Entrebillets L 4 Mark sind in der Hof-Musikalienhandlung von Bote n. Bock zu haben.
Große
Klang- und Gesangmachungs-Aufftthrung in der Singehochschule.
Aufzu führendes:
1. Eröffnungsstück zu „Bruder Teufel" für 25 Darmstreicher, 8 Holzbläser, 8 Blechbläser und 3 Schlagklangwerkzeuge mit Klinge-Dreieck (Triangel) von Äuber.
2. Einbildung über Beweggründe ans „Norma" für Kniegeige, Vvrgetragen von dem Kammer-Klangmacher Herrn Moses Cohn.
3. Zwei-Zusammenklang für Leisestark und Dickdarmstreichholz in A-weich v. Stein.
(Mit schneller Lebendigkeit — Gesangreich Langsames - Freudiger Scherz — Gegebenes und Veränderungen.)
4. Wiegengesang für 50 Blechschmetterröhre in Cis-weich von Richard Wagner.
5. Düftetopf für Wohlklänge ans „Don Juan", vorgetragen vom Tonspielplatz.
6. Sprechartiges und Gesungenes für Höchststimme aus der Reihe von aufeinanderfolgenden Klangstücken „Der Freischütz" von Weber.
7. Endspiel aus dem Vierspielstück in F-Hart für 2 hohe Dünndarmstreich. Hölzer, 1 Tiefdarmstreichholz und 1 Dickdarmstreichholz von Haydn.
8. Dreisang für Höchststimme, Hochmannsstimme und Grundstimme von einem ungenannten Klangsangdichter.
Die Aufführnngsleisestark ist aus der Hof- leisestarkmacherei von C. Bechstein.
Anfang 7 Uhr. Eintrittskarten zu 4 Mark sind in der Hofklangsanghandlung von Bote u. Bock zu haben.
(B. Fl. Bl.)
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.