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Neuenbürg.

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Jak. Mceh.

für 1884

ist zu haben bei I. Meeh.

Neucnbür g.

DH-, Kotz- u. Schivkine-Warkl

Mittwoch, 2>. Novbr

Kronik.

Deutschland.

Berlin, 14. Nov. Die Unterredung, die Herr von Giers heute Vormittag mit dem Staatssekretär Grafen Hatzfeldt hatte, war von langer Dauer. Auch die Audien­zen beim Kaiser und Kronprinzen und vollends der Besuch in Fricdrichsruhe werden für mehr als ceremonielle Em­pfänge gehalten.

Berlin, 14. Nov. Herr v. Giers ist heute Morgen nach Friedrichsruhe abge­reist. DasJournal de St. Petersburg" bemerkt dazu, die Reise finde infolge einer liebenswürdigen Einladung des illustren Chefs der deutschen Politik statt und werde unzweifelhaft dazu beitragen, die ausge­zeichneten Beziehungen der beiden Reiche zn konsolidiren.

Zur Entstehungsgeschichte des deutsch-franzö fisch en Krieges bringt der Gaulois eine pikante Enthüllung. Bekanntlich besaß der Herzog von Morny, der Halbbruder Napoleons III. und Haupt­macher der französischen Politik unter dem dritten Kaiserreich, in der Auvergne, nahe bei Clermont-Ferrant, ein Landgut, ans welchem er sich mit Vorliebe aufhielt, so oft ihm seine Thätigkeit in Paris einen Abstecher dorthin gestattete. Der betreffende Ort heißt Nades. Nun erinnern sich die Freunde des verstorbenen Herzogs, daß er ein paar Jahre vor seinem Ableben plötz­lich auf diesem Gute einen längeren Auf­enthalt nahm. Wider seine Gewohnheit zeigte er sich zu jener Zeit sehr ver­schlossen und sorgenvoll, wie wenn ein wichtiges Problem alle seine Gedanken ausschließlich in Anspruch genommen Hütte. Es mußte dies umsomehr auffallen, als Morny bei seiner kolossalen Arbeitsfähig­keit, seinem vielseitigen Talent und seiner skeptischen Anschauungsweise sonst niemals in einem Zuge seines Antlitzes zu verrathen Pflegte, was ihn innerlich beschäftigte. Das Räthsel ist jetzt gelöst. Man hat

eine ganze Reihe Morny'scher Briefe auf­gefunden, die aus Nades datirt sind und in denen sich die ganze Idee zn einem Conflikt mit Deutschland in immer be­stimmteren Umrissen entwickelt findet, jene Idee, welche fünf Jahre nach dem Tode des Herzogs v. Morny zu dem blutigen Zusammenbruch des Kaiserreichs führen sollte. Ein merkwürdiges Spiel des Zu­falls, daß das Abenteuer, welches in Sedan enden sollte, im Schlosse zu Nades ange­sponnen wurde. Man leseNades" ver­kehrt und man findetSedan." (F-J-)

Württemberg.

Stuttga rt, 15. Nov. Wie wir aus S. Remo vernehmen, ist das Befinden Sr. Maj. des Königs ein durchaus befriedigendes und es hat Sich Höchst- derselbe seit Seiner Ankunft daselbst des schönsten Wetters zu erfreuen. Der König macht täglich mehrmals Spaziergänge und hat auch schon größere Fahrten in die Umgegend unternommen. (St.-Anz.)

Vermöge Höchster Entschließung Seiner Königlichen Majestät vom 2. Oktober d. I. ist die Errichtung einer Postagentur in dem Psarrdorfe Gechingen, Oberamts Calw, gnädigst genehmigt worden.

Der Bestellbezirk der neuen Postagentur besteht nur aus dem Postorte; dieselbe tritt am 1. Dezember d. I. in Wirksamkeit und erhält ihre Verbindung mit den übrigen Postanstalten des Landes durch mit dem gleichen Tage beginnende Landpoftboten- fahrten, welche jeden Werktag zwischen Dachtel und Calw über Gechingen zur Ausführung gebracht werden.

Bei der am 5. und 6. d. Mts. in Künzclsau vorgenommenen ersten Dienst­prüfung wurde u. A. August Holl von Wildbad zur Versetzung von unständigen Lehrstellen an Volksschulen für befähigt erklärt.

Ludwigsburg, 13. Novbr. Die Werner'sche Kinderheilanstalt dahier ist mit einer reichen Gabe von Berlin aus (man spricht von 6000 >M) bedacht worden.

Tübingen. Als Geschworene für das IV. Quartal sind aus dem Bezirk Neuenbürg berufen: Revierförster G. Hiller, Herrenalb. Holzhändler Lust­nau er, Höfen. Kaufmann H. Lerch, Höfen.

Tübingen, 14. Nov. Auf der Straße von Dettenhausen nach Weil im Schön­buch wurde heute früh ein etwa 24jähriger junger Mann aus letzterem Orte erstochen aufgefunden. Die That geschah bei Rauf­händeln. Die Thäter sind ermittelt und werden noch heute hier eingeliefert.

Gmünd, 12. Nov. In einer hies. Wirthschaft bekamen zwei junge Leute Samstag Nachts Streit, welcher dadurch endete, daß ein hies. Goldarbeiter einen solchen aus Dillstein bei Pforzheim beim Nachhausegehen überfiel und ihm zwei Messerstiche beibrachte, so daß der Ver­letzte lebensgefährlich darniederliegt. Der Thäter ist verhaftet. (S. M.)

Mit Eintritt der kälteren Witterung haben sich, wie Nachrichten aus den ver­schiedensten Landestheilen melden, die Schaaren der ohne Arbeit Umherziehenden gemehrt. Mit Vorliebe wenden sie sich den Städten zu.

Stuttgart, 13. Nov Kartoffel- und Krautmarkt. Leonhardsplatz: 150 Säcke Kartoffeln ä 2 ^ 50 bis 3 vkL per Ctr. Marktplatz: 3000 St. Filder- kraut ä 8 vkL bis 12 per 100 Stück.

Schweiz.

Biel (Schweiz), 13. Novbr. Der General Ochsenbein wollte heute Morgen auf die Jagd gehen. Indem er zu Hause mit seinem Gewehr umging, fuhr plötzlich ein Schuß los, der die Frau des Generals tödtete.

Ausland.

New-Uork, 11. Nov. Zum Luther­tage fanden heute in allen protestantischen Kirchen von New-Aork, Brooklyn und Philadelphia, sowie im übrigen Theil der Bereinigten Staaten Festgottesdicnste statt.

MisMen.

Aas Gegenüber*)

Mein Freund, der Assessor Schubert, feierte im engsten Familienkreise den Jahres­tag seiner Hochzeit. Die Bowle dampfte noch auf dem Tische. Wir waren in der heitersten und in jener Stimmung, wo die Zunge gelöst und jedes Herz mittheilsamer wird.

Es war schon spät, und mit dem letzten gefüllten Glase ließen wir noch einmal das junge Ehepaar hochleben, und dabei rief der ganze Kreis aus:

Aber, Fritz, heute könntest Du uns erzählen, wie Du zu Deiner Frau ge­kommen; Das war ja die mysteriöseste Geschichte von der Welt." ^

Nichts von Erinnerungen, die Gegen­wart allein hat recht!" riefen mehrere der Gesellschaft dagegen protestirend.

Nein, Freunde!" entgegnete der Asses­sor,ich will erzählen, heute gerade, wo wir so gemächlich beisammen sitzen; gilt es doch auch, ein gewisses Gerücht über meine Berheirathung aufzuklären."

Die Widersprechenden waren über­stimmt; man rückte näher zusammen, und der Assessor entschuldigte sich vorerst, daß er nichtsRomantisches" zu erzählen hätte und Jedem, der sich langweilte, den Rück­zug an den Spieltisch gestatte.

Ein Lächeln, dem einige Verlegenheit beigemischt, war die Antwort Aller, und er begann:

Ich war in das kleine oberschlesische Städtchen N. versetzt worden, hatte ein hübsches Zimmer und blickte zum ersten Male aus dem Fenster nach meiner Nach­barschaft; die war so nah, fast mit den Händen zu greifen. Heute war ich und mein Tisch noch von lästigen Aktenstücken frei und ich konnte behaglich meine Cigarre rauchen und gedankenvoll den Rauch in die Luft kräuseln lassen. Meine Augen folgten den leichten Wölkchen, die in immer schwächeren Ringen fortzogen, bis sie end­lich auf dem gegenüberliegenden Fenster ausruhten die Blicke nämlich. War es ein Bild meiner Phantasie oder Wirk­lichkeit? Aus den Rauchwolken trat mir plötzlich ein schöner blasser Mädchenkopf entgegen, und ein Paar blaue Augen

*) Aus der NoveUensammlvngIrrwege" von Ludwig Habicht, Verlag von Ed. Trewendt.