Stuttgart, 2. Okt. Die Rückkehr I. Majestäten ist für den 15. d. Mts. in Aussicht genommen. Se. Majestät beabsichtigt sich im November nach Italien zu begeben. (W. Ldz.)

(2.6.8t.) Stuttgart, 30. Sept. (Schluß.) Der heutige Volksfesttag als der dritte und letzte hat sich durch die Gunst der Witterung zum Haupttage gestaltet, Wirthe, Verkäufer und Schaubudenbesitzer machten heute die besten Geschäfte und beim Publikum kam die echte Volksfeststimmung zum Durch­bruche. Den Hauptanziehungspunkt des Tages bildete das von der Stadt Cannstatt gegebene und von Stadtbaumeister Weber dirigirte Fischerstechen, welches von Cann- statter Fischern und von Mitgliedern des Cannstatter Turnvereins ausgesührt wurde. Das Fischerstechen begann um 2 Uhr mit einer Auffahrt sämmtlicher Boote, worauf von den gegenüberliegenden Ufern je ein Schiffchen abfuhr, bemannt mit je 2 Ru­derern in Matrosentracht und eineni Har­lekin im Costüm des 16. Jahrhunderts. Die Schiffe fuhren nun auf ein Trompeten­signal aus einander los und die mit langen Stangen bewaffneten Harlekins suchten sich nun gegenseitig in das Wasser hincinzu- stoßen, was denn auch bald dem einen derselben gelang. Jetzt fuhr das nächste Schiffchen hervor in Landsknechtkostümen, dann folgte ein französischer Stutzer nebst Frau, jedesmal wurde das gleiche Manöver wiederholt und stürmischer Beifall ertönte wenn einer der Kämpen mit dem nassen Elemente Bekanntschaft machte, eine donnernde Lachsalve brach aber los als nach kürzerem oder längerem Kampfe beide Stecher gleichzeitig in das Wasser plumpsten, was zweimal vorkam. Ein Jäger kämpfte nun gegen eine Fischerin, ein Winzer gegen eine Schnitterin; letztere 4 Figuren bildeten eine Allegorie der vierWürttem- bergischen Kreise. Sehr possierlich nahmen sich ein Cannstatter Bürger und Bürgerin in der Tracht aus dem Anfänge dieses Jahrhunderts aus, ebenso des Bezinger Bauern in Originaltracht. Lauter Jubel ertönte als das letzte Stecherpaar als Cann­statter Dickrübenkopf und Eßlinger Zwiebel gekleidet zum Kampfe anfuhr, der mit dem Siege der Eßlinger Zwiebel endete. Preise wurden an die Sieger nicht vertheilt, da­gegen erhielten sämmtliche Theilnehmer an der Aufführung von der Stadt Cannstatt je eine große silberne Medaille und eine Ehrengabe. An das Fischerstechen schloß sich unmittelbar die Regatta an, zu wel­cher sich 2 Ruder-Vereine angemeldet hatten, leider nahmen auch die Bootsrennen einen sehr langsamen Verlauf, so daß ein großer Theil des Publikums es vorzog, sich auf den Bolksfestplatz zu begeben, wo ein Gedränge und Gewoge entstand, wie es auf dem Wasen seit undenklichen Zeiten nicht mehr vorkam. Der von Sr. Maj. dem Könige gestiftete prachtvolle Pokal fiel dem Cannstatter Ruderverein als Siegespreis zu. Mit Einbruch der Dunkel­heit wurde das Wilhelmsdenkmal brillant beleuchtet, ebenso die Kursaalanlagen mit den Fontänen und dem Wasserfall, leider trat gegen 8 Uhr Regen ein, der viele der Fcstbesucher verscheuchte. So endete auch der letzte Tag des diesjährigen Volks­festes nicht ohne Regenguß, nachdem sich

die Witterung von früh an sehr gut ge­halten hatte. Montag Abend endete das Fest mit einem solennen Ball im Kursaale.

Stuttgart. Die Leder messe ist vom 16. auf Freitag den 19. Oktober verlegt.

Ravensburg, 1. Okt. Ein schweres Unglück ereignete sich heute in einem Hause am Roßbach. Es fand daselbst ein Aus­zug statt und wurden verschiedene Gegen­stände aus den Fenstern der oberen Stock­werke vermittelst eines Seiles auf die Straße herunter gelassen. Unten spielten Knaben; in einem unbewachten Angenblick näherte sich ein solcher dem Aufzug, die klebrigen riefenauf" und das Seil wurde in die Höhe gezogen, da es vom Aufzugs­ort nicht gesehen werden konnte. Am 4. Stockwerk angekommen, ließ der unglück­liche Knabe los und stürzte aus der be­trächtlichen Höhe in die Tiefe, wo er zerschmettert neben seinen Kameraden niederfiel; es ist der erst 9 Jahre alte Sohn eines hies. Zimmermanns. (S. M.)

^Heilbronn, 30. Septbr. (Aus - stellun g.) Wer bis jetzt noch Zweifel hatte, ob der diesjährige Wein gut wird, der besuche unsere Trauben- und Obstaus­stellung und er wird sich sofort über­zeugen, daß ein guter Wein gesichert ist; bei fernerer günstiger Witterung aber noch ein Ausstich in Aussicht steht. Der Wein­gärtnerverein Heilbronn hat ein die Zahl 100 überschreitendes Sortiment vollkommen reifer Trauben ausgestellt. Schaalen mit Trauben gefüllt, und eine aus nahezu 1000 Stück gefertigte, über dieser Aus­stellung hängende Riesentraube verkünden es laut, daß solch' edle Früchte in Hülle und Fülle vorhanden sind. Noch mehr Sorten zählt die Ausstellung der König!. Weinbauschule in Weinsberg. Hier sind alle bis jetzt gekannten Wein- und Tafel­trauben in den schönsten Exemplaren ver­treten, und die Eigenschaften jeder Sorte beschrieben. Die Ausstellungen des Güter­besitzervereins Stuttgart und des Wein­gärtnervereins Neckarsulm sind ebenfalls sehr reichhaltig. An diese reihen sich würdig die Sammlungen des Freiherrn v. Weiler, Gutsbesitzer Betz in Eschenau, Stadtschultheißen Seifferheld in Weins­berg und viele andere. Betritt man die Obstausstellung, so glaubt man sich durch den Anblick der prachtvollen wachsgelben bis purpurrothen Aepfel und Birnen unter den milden Himmel Italiens ver­setzt, und eine Ausstellung von Süd­früchten vor sich zu haben. Schöneres hat man wohl in unserem Lande noch nicht gesehen.

Vom Algäu, 30. Sept. Nachdem schon seit über einer Woche die Spitzen der höheren Berge der bayerischen Alpen mit Schnee bedeckt sind, erglänzen nun seit heute auch die Algäuer Alpen (Hoch­grat, Rindalphorn, Stuiben rc.) theilweise bis zur Thalsohle herab im prächtigsten Weiß.

(Ein gesendet.) Bekannt ist, daß viele junge Leute, welche die Kaufmann­schaft erlernen, nach ihrer Lehre herrenlos werden; Schuld daran ist aber wohl nicht allein die Ueberproduktion in dieser Branche, sondern bei manchem mehr die an's Schülerhafte grenzende Stilfertigkeit der­

selben. Hievon nur folgendes Beispiel, welches dem Einsender dieses vor einigen Tagen zugeschickt wurde:

Sie wollen mir die Adresse des Mannes, welcher das Holz, welches morgen fertig wird, bekommt, gefl. angeben.

Sie grüßend ^ S. ll."

Stuttgart, 29. Sept. Kartoffel- Obst-u. Krautmarkt. Leonhardsplatz: 300 Säcke Kartoffeln ä 2 30 ^ bis 2 ^

80 ^ pr. Ztr. Wilhelmsplatz: 2000 Säcke Mostobst ä 4 40 bis 5 ^ ^

pr. Ztr. Marktplatz: 3000 Stück Filder- kraut ä 12 bis 16 Pr. 100 Stück,

Neuenbürg, 3. Okt. Kartoffel- markt. Weiße aus der Rastatter Gegend 2 -,»6 und 1 okö 80 pr. Ctr.

Oesterreich.

Die Wiener Blätter haben die Feier am Niederwald mit höchst sympatischen Kundgebungen begrüßt, welche, wie ja überall geschehen, die Friedeusbedeutung der Feier betonen.

Ausland.

Paris, 1. Oktober. Grovy machte gestern dem König Alfons im Namen Frankreichs eine Entschuldigungsvisite wegen der gestrigen Kundgebung und bat den König, Frankreich einen neuen Be­weis seiner Sympathie zu geben durch die Annahme der Einladung zu einem Bankett im Elysäe, wo er die wahren Gefühle Frankreichs gegen ihn kennen lernen werde. Der König von Spanien antwortete, er sei von freundlichen Gefühlen für Frank­reich beseelt nach Paris gekommen und wolle zum Beweis dessen die Einladung annehmen. Der König von Spanien wird einen gewissen Unterschied bemerkt haben zwischen der Aufnahme, die er in Deutschland fand, und der in Paris. Auch anderen Souveränen mag allmählich die Lust vergehen, diese Stadt, die nach Viktor Hugo geradezu die ganze Welt repräsentirt, (Paris ist die Welt") aufzusuchen. (Gegen­wärtig wäre auf Frankreich überhaupt die Sentenz anwendbar:.der schreck­

lichste der Schrecken, das ist der Mensch in seinem Wahn."j

Paris. DerFigaro" nimmt die Summe der scandalösen Vorgänge, welche sich an den Besuch des Königs von Spanien knüpfen, als Ausgangspunkt für einen heftigen Ausfall gegen die französische Demokratie, welche immer nur Gewalt- thätigkeiten und Taktlosigkeiten begangen habe. In die Herrschaft der Demokratie wird das erste und zweite Kaiserreich ein­begriffen und den Franzosen zugerufen, wie sie die Stirn haben können, von Völkern und Fürsten besondere Rücksichten für Frankreich zu fordern, sich über Miß­achtung und Jsolirung zu beklagen, nach­dem die Revolution und die beiden Bona- parte's Völker und Fürsten nach Kräften beraubt, mißhandelt und beschimpft haben. DerFigaro" schlägt einen Ton an, der bei der heutigen Stimmung der Bevökerung kühn genannt werden darf.

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können täglich bei allen Postämtern ge­macht werden.

Mit einer Beilage.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.